Ausländer in Deutschland 3/2001,17.Jg., 30. September 2001

SOZIALE STADT


Wettbewerb Soziale Stadt 2000

Preisträger ausgelobt

Erfolge bei der Arbeit am Gemeinwesen und bei der Stabilisierung von Nachbarschaften standen im Mittelpunkt der Preisvergabe des Wettbewerbs "Soziale Stadt 2000". Besonders erfolgreiche Projekte zeichneten sich hierbei in den Augen der Jury durch lebendige Kooperationen von Akteuren und Bewohnern auf Quartiersebene aus.


Wohnblock in Dortmund: Gedanken und Schmierereien von Jugendlichen in der Hofdurchfahrt, 1997

Seit 1999 werden durch das Bund-Länder-Programm "Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf - die soziale Stadt" rund 200 Quartiere in mehr als 150 bundesdeutschen Städten gefördert. Ziel ist es, den zunehmenden Polarisierungstendenzen in diesen Gebieten mit einem ganzheitlichen Ansatz zur Stadtteilentwicklung entgegenzutreten (vgl. AiD 03/00). An dem Wettbewerb zur sozialen Stadt 2000 beteiligten sich 95 Einrichtungen, Städte und Gemeinden mit insgesamt 101 Projekten.

Aus allen eingereichten Ansätzen hat eine 12-köpfige Jury, die sich aus hochrangigen Vertretern der Fachöffentlichkeit, des Bundes, der Bauministerkonferenz der Länder und der Auslober zusammensetzte, 10 Preisträger ausgewählt und weiteren 5 Projekten besondere Anerkennung ausgesprochen. Die Urkundenvergabe soll die Bemühungen der Projektträger um ein soziales Miteinander im Stadtteil würdigen und einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen. Entscheidend für die Auszeichnung von beispielhaften Ansätzen waren folgende Kriterien: ganzheitliche, integrierende Projekte, die unterschiedliche Akteure zusammenführen; Projekte, die die betroffenen Bürger in den Quartieren möglichst umfassend in die verschiedenen Phasen der Programmumsetzung mit eigenen Gestaltungsmöglichkeiten einbeziehen; Projekte, die nicht auf einmalige Aktionen, sondern eine nachhaltige Verbesserung der sozialen Situation in den Quartieren abzielen; Projekte mit einer "tragbaren" Kosten-Nutzen-Relation und Projekte mit innovativem Charakter, denen neue, ungewöhnliche Ideen zugrunde liegen.

Migranten in der Sozialen Stadt

Das soziale Miteinander in den betroffenen Stadtteilen steht und fällt nicht zuletzt mit der Integration der dort lebenden Migranten. Denn die Mehrzahl der Quartiere weist einen vergleichsweise hohen Anteil an Ausländern (vor allem in Westdeutschland) oder sog. Spätaussiedlern (vor allem in Ostdeutschland) auf. Das Programm "Soziale Stadt" bietet eine Fülle von Möglichkeiten und Maßnahmen, die dazu beitragen können, die Lebenssituation dieser Migrantengruppen zu verbessern und deren Integration zu fördern.

Auch bei den Preisträgern des Wettbewerbs spiegeln sich die Bemühungen um die Integration von Zuwanderern wider. Die Jury lobte unter anderem das soziale Engagement und die besondere Hinwendung zu Nachbarn ausländischer Herkunft der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft "Glückauf" in Lünen, die gelungene Kooperation von Bewohnern deutscher und türkischer Herkunft bei der Vermietungsgenossenschaft Ludwig-Frank eG in Mannheim (Treffpunkt Neckarstadt-Ost) und die bewohnergetragene, multi-ethnische Stadtteilarbeit im Planerladen in Dortmund (siehe nachfolgenden Text).

Die Vergabe des Preises Soziale Stadt 2000 stellt einen wichtigen Beitrag zur Öffentlichkeitsarbeit des Programms dar. Die Transparenz und die Bekanntgabe von "guten Praxisbeispielen" soll auch andere Städte und Gemeinden anregen, den Pfad der integrierten und integrierenden Stadteilentwicklung einzuschlagen und damit allen Bewohnern die Chance auf gleichwertige Lebensbedingungen zu eröffnen.


Autorin: Delia Schröder, isoplan

Der Text nimmt Bezug auf folgende Dokumentation: GdW Bundesverband deutscher Wohnungsunternehmen e.V. (Hrsg.): Dokumentation des Wettbewerbes Soziale Stadt 2000, Berlin 2001.
Auslober des Preises sind die Arbeiterwohlfahrt - Bundesverband e.V. (AWO), die Bielefelder Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft mbH (BGW) der Deutsche Städtetag; der Bundesverband deutscher Wohnungsunternehmen e.V. (GdW), die Schader-Stiftung sowie das Deutsche Volksheimstättenwerk e.V. (vhw).

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Dortmunder "Planerladen" ausgezeichnet

 

Das Image der Dortmunder Nordstadt ist nicht attraktiv: Wer es finanziell schafft, zieht weg, Deutsche ebenso wie mittelschichtige ausländische Haushalte. Hier engagiert sich der Planerladen e.V. Dortmund seit vielen Jahren. Im Rahmen des Bundeswettbewerbs "Soziale Stadt 2000" wurde der Verein nun mit einem Preis gewürdigt.

Auf den knapp 330 Hektar Fläche der Nordstadt - Industrieflächen nicht mitgezählt - leben knapp 55.000 Einwohner, fast die Hälfte von ihnen (43 Prozent) sind Migranten. Die meisten Bewohner der Nordstadt sind arm, die Arbeitslosenquote liegt bei 25 - 30 Prozent, fast jeder Fünfte ist auf Sozialhilfe angewiesen. Die Mehrzahl der Wohnungen ist klein und unterdurchschnittlich ausgestattet, vor allem bei kinderreichen Familien herrscht drangvolle Enge. Im Durchschnitt muss jeder mit weniger als 28 Quadratmetern Wohnraum auskommen. Auch die Wohnumgebung war bzw. ist auf den ersten Blick nicht besonders attraktiv. Verkehrsreiche Straßen durchziehen den Stadtteil, die Industrie hat über Jahrzehnte deutliche Spuren hinterlassen. Freiräume dagegen sind eher gering und ihre "Aufenthaltsqualität" dürftig.

Der Planerladen, 1982 von StudentInnen der Abteilung Raumplanung der Universität Dortmund gegründet, ist ein eingetragener Verein, der sich für die Verbesserung der Wohn- und Lebensbedingungen in der Dortmunder Nordstadt einsetzt, einem "sozialen Brennpunkt der Stadt". Konzept war dabei niemals "bevormundende Integrationsarbeit", sondern mündige Mitarbeit der Betroffenen. Im Laufe der Jahre entstanden auf diese Weise zahlreiche engagierte Bürgergruppen und Begegnungsmöglichkeiten, darunter Mieterinitiativen, der türkische Elternverein, ein Anti-Diskriminierungsprojekt und Jugendtreffs. Eine ortsnahe Mieterberatung und das Nachbarschaftsforum haben zum Ziel, das Zusammenleben von Bewohnern unterschiedlicher Herkunft und die Wohnsituation der MigrantInnen zu verbessern. Im kleinen Rahmen arbeitet man gemeinsam an der Verbesserung des Wohnumfelds. So wurden unter anderem mehrere Spielplätze, Schul- und Nutzgärten angelegt und Hofbegrünungen in Mieterselbsthilfe durchgeführt. Profis, Ehrenamtliche und Bewohner des Stadtteils arbeiten dabei stets zusammen. Ziel sind stets selbst tragende Strukturen, denn die Mittel sind begrenzt.

Mit "BASTA", dem Büro für Architektur und Stadtplanung, der GrünBau GmbH und der GrünBau Fairkehrssicherungsdienst GmbH bildet der Planerladen gemeinsam den "Projektverbund Nordstadt". Denn die immer vielfältiger werdenden Aufgaben und Initiativen der Stadtteilerneuerung und Beschäftigung lassen sich aus einer Hand besser planen und umsetzen. Das Angebot des Verbunds reicht von Sozial- und Gemeinwesenarbeit, Bewerbungs- und Hausaufgabenhilfe für deutsche und ausländische Kinder und Jugendliche über Stadtplanung, Hochbau und Freiraumplanung bis hin zu Beschäftigungs- und Qualifizierungsangeboten für auf dem Arbeitsmarkt benachteiligte Gruppen. Viele Initiativen sind dabei aufs Nützlichste verknüpft: So finden in den JAWOLL-Projekten (Jugend-Arbeiten-WOhnen-Leben-Lernen) arbeitslose junge Leute nicht nur Ausbildung und Beschäftigung. Die Projekte dienen gleichzeitig der Modernisierung oder dem Neubau von Wohnraum für die jungen Leute selbst.

Mit dem Preis beim Wettbewerb "Soziale Stadt 2000"wurde der Planerladen insbesondere für seine "Bemühungen um das soziale Miteinander im Stadtquartier und die Einbeziehung der Betroffenen" ausgezeichnet.

Kontakt: 

Planerladen e.V. Verein zur Förderung demokratischer Stadtplanung und stadtteilbezogener Gemeinwesenarbeit, Rückerstraße 28, 44147 Dortmund, 
Telefon 0231 - 828362, Fax 0231-828312, eMail: planerladen@gmx.net 

Projektverbund Nordstadt, Borsigstraße 1, 44145 Dortmund, Telefon 0231 - 833225


Autorin: Andrea Dietrich

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