Ausländer in Deutschland 4/1999, 15.Jg., 20. Dezember 1999

SCHWERPUNKT: SOZIALBERATUNG


Neuregelung der Sozialberatung für Ausländer


Libanesisch-polnisches Paar in Berlin-Neukölln

Gemeinsam mit den Ländern fördert die Bundesregierung im Rahmen ihrer Integrationspolitik gesonderte Maßnahmen zur Sozialberatung für ausländische Arbeitnehmer und deren Familienangehörige. Seit 1968 hat das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (BMA) als zuständiges Ministerium für die Ausländersozialberatung hierfür rund 820 Mio. DM zur Verfügung gestellt. Zum 1. Januar 1999 haben Bund und Länder eine Neuordnung der Aufgaben und Organisation der Ausländersozialberatung vereinbart.

In den vergangenen Jahrzehnten hat das BMA gemeinsam mit den Ländern einen gesonderten Sozialberatungsdienst für ausländische Arbeitnehmer und deren Familienangehörige in Trägerschaft von drei Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege (Arbeiterwohlfahrt, Caritasverband und Diakonisches Werk) bezuschusst.

Mit der Ausländersozialberatung wird ein wichtiger Beitrag zur sozialen Integration der Ausländer und zur Lösung von Problemen im Zusammenleben mit der einheimischen Bevölkerung geleistet. Schwerpunkte der Beratung sind u.a. Arbeit und soziale Versorgung, indivuduelle Lebensprobleme, Erziehung und Ausbildung von Kindern und Jugendlichen, Familien- und Generationenkonflikte, Altwerden in der Fremde. In den letzten Jahren haben sich die Anforderungen an die Sozialberatungsstellen dabei grundlegend geändert. Viele Ausländerinnen und Ausländer sind im Zuge ihrer fortschreitenden Integration auf die Ausländersozialberatungsstellen nicht mehr wie in den früheren Jahren angewiesen. Andere Ausländergruppen sind aufgrund ihrer kulturellen Prägung, ihrer Zuwanderung und der daraus resultierenden Konflikte trotz langer Aufenthaltszeiten weiterhin vor spezifische Probleme gestellt. In erheblichem Maße reisen auch weiterhin Personen im Zuge des Familiennachzuges in die Bundesrepublik Deutschland ein und bedürfen damit spezifischer Hilfen bei der Integration.

Schwierige wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedingungen, Änderungen des Aufenthalts- und Rückkehrverhaltens, Aufwachsen der zweiten und dritten Generation sowie Zuwanderung von Ausländerinnen und Ausländern, die nicht aus den ehemaligen Anwerbestaaten stammen, beeinflussen zunehmend die Anforderungen an die Ausländersozialberatung und haben Auswirkungen auf ihre Aufgaben, Arbeitsweise und Organisation.

Vor diesem Hintergrund haben sich Bund und Länder im "Bund-Länder-Ausschuss Ausländerpolitik" auf eine Fortschreibung der Grundsätze geeinigt, die zum 1. Januar 1999 in Kraft getreten sind. Diese Grundsätze legen die Rahmenbedingungen für die Durchführung der Ausländersozialberatung fest. Zu den wesentlichen Eckpunkten gehören:

Zielgruppenerweiterung

Der anspruchsberechtigte Personenkreis wurde auf alle Ausländer, die über einen auf Dauer angelegten Aufenthaltsstatus verfügen und damit grundsätzlich ein Zugangsrecht zum Arbeitsmarkt besitzen, erweitert. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Zielgruppen:

- in Deutschland lebende, früher angeworbene ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,

- ehemalige Vertragsarbeitnehmerinnen und Vertragsarbeitnehmer aus der früheren DDR, die aus Vietnam, Mosambik und Angola stammen,

- Ausländerinnen und Ausländer, die über einen auf Dauer angelegten Aufenthaltsstatus verfügen und
- deren Familienangehörige.

Damit wurde die vorherige Beschränkung auf Personen aus den ehemaligen Anwerbeländern und ehemalige Vertragsarbeitnehmer aus der früheren DDR aufgehoben.

Ziele der Ausländersozialberatung

Ausländersozialberatung ist innerhalb der Sozialdienste ein eigenständiges und komplexes Feld der Sozialarbeit und bedarf einer engen Zusammenarbeit mit anderen Diensten der sozialen Versorgung.

Ausländerinnen und Ausländer werden bei ihrer Integration mit dem Ziel einer gleichberechtigten Teilhabe am sozialen und gesellschaftlichen Leben in Deutschland beraten und unterstützt. Im Vordergrund steht dabei das Bemühen,

- die Ausländerinnen und Ausländer in die Lage zu versetzen, ihr Leben eigenverantwortlich zu gestalten (Hilfe zur Selbsthilfe)

- Unterstützung bei der Inanspruchnahme anderer Sozialdienste innerhalb und außerhalb der Verbände sowie anderer öffentlicher und privater Institutionen zur Förderung der Integration zu geben (Mittlerfunktion) und

- komplexere Leistungen sozialer Beratung und Unterstützung, bei denen es auf interkulturelle Kompetenz ankommt, zu erbringen (Ergänzungsfunktion).

Trägerlandschaft geöffnet

Hinsichtlich der Trägerlandschaft sehen die neuen Grundsätze Öffnungsmöglichkeiten vor. Künftig können - in Abstimmung zwischen dem Bund und dem jeweiligen Land - zusätzlich zu den bisherigen "traditionellen" Trägern wie Arbeiterwohlfahrt, Deutscher Caritasverband und Diakonisches Werk auch andere in der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtsverbände vertretene Verbände Träger der Ausländersozialberatung sein.

Nationalitätenübergreifende Beratung

Neben der bisherigen nationalitätenorientierten und muttersprachlichen Beratung lassen die geänderten Grundsätze künftig auch eine nationalitätenübergreifende Beratung zu.

Stärkere Kooperation mit anderen Sozialdiensten

Die Ausländersozialberatung ist ein spezifischer Dienst der Sozialberatung, der die anderen Dienste der sozialen Versorgung und Beratung ergänzt, die Nichtdeutschen ebenso zur Verfügung stehen wie Deutschen. Damit Zuwanderer möglichst früh zur Inanspruchnahme dieser anderen Sozialdienste befähigt und motiviert werden, und diese Dienste für die Belange der Ausländer geöffnet und sensibilisiert werden, soll eine enge Kooperation und Vernetzung der Ausländersozialberatung mit den anderen Diensten der sozialen Versorgung angestrebt werden.


Autorin: Hanne Johé-Kellberg, isoplan

Foto: Paul Glaser

Hinweis:
Die Grundsätze für die Ausländersozialberatung (6 Seiten) können per Internet abgerufen werden unter www.bma.bund.de, Rubrik "Ausländer".

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Träger der Ausländersozial- beratung

 

In Deutschland besteht eine politisch gewollte Partnerschaft zwischen dem Sozialstaat und den Trägern der Freien Wohlfahrtspflege, die in dieser Form einzigartig in Europa ist: Soziale Aufgaben werden von Wohlfahrtsverbänden übernommen, im Auftrag des Sozialstaats, der auch finanzielle Fördermittel zur Verfügung stellt, um Eigenmittel der Institutionen zu ergänzen. Deren Herkunft und Strukturen sind recht unterschiedlich: Seit den 60er Jahren gehört die "Ausländersozialberatung" zu ihren Aufgaben. Wir stellen Ihnen hier zunächst die drei traditionellen Träger der Ausländersozialberatung vor.

Die drei traditionellen Träger der Ausländersozialberatung:

Arbeiterwohlfahrt - AWO

Die Anfänge der AWO liegen in den Notzeiten der 20er Jahren, als eine Vielzahl von Einrichtungen der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung entstand. Die Migrationssozialdienste und Fördermaßnahmen der AWO wollen dazu beitragen, die "gewaltige Lücke zwischen rechtlicher und tatsächlicher Integration" zu schließen. Seit den 60er Jahren bietet die AWO Sozialberatung für Arbeitsmigranten an, v.a. für Familien aus der Türkei und dem ehemaligen Jugoslawien, außerdem aus Tunesien und Marokko, heute in 199 Beratungsstellen. Sie helfen beim Umgang mit Behörden, bei Problemen in der Familie, ggf. vermitteln sie an spezialisierte Dienste weiter.

Eine Loseblattsammlung zum Thema "Qualitätsstandards der AWO im Arbeitsfeld Migration" ist zu beziehen beim Bezirksverband Westliches Westfalen, Kronenstr. 63-69, 44139 Dortmund, Tel.: 0231 - 54 83 - 0, Fax: - 209.

Kontakt: AWO Bundesverband e.V., Oppelner Str. 130, 53119 Bonn, Tel. 0228 - 6685 - 0, Fax: 209, www.arbeiterwohlfahrt.de

Caritasverband

Der Deutsche Caritasverband wurde 1897 von dem katholischen Priester Lorenz Werthmann gegründet. In seinem Handeln orientiert sich der Verband an "den Grundsätzen der christlichen Sozialethik und der Soziallehre der Kirche". Die Caritas unterhält in Deutschland knapp 25.000 Einrichtungen. Im Bereich "Hilfen für ausländische Arbeitnehmer" betreibt sie 319 Sozialberatungsstellen, 28 Sozialpädagogische Dienste für ausländische Kinder, Jugendliche und Eltern sowie 93 Kultur- und Freizeitzentren für Ausländer. Ihrer katholischen Orientierung gemäß fiel der Caritas schwerpunktmäßig die Beratung von Zuwanderern aus Italien, Spanien, Portugal und teilweise dem ehemaligen Jugoslawien zu.

Kontakt: Deutscher Caritasverband e.V., Karlstr. 40, 79104 Freiburg, Tel.: 0761 - 200-0, Fax: - 572, www.caritas.de

Diakonie

Das Diakonische Werk geht auf die Gründung des "Centralausschusses für Innere Mission der Deutschen Evangelischen Kirche" zurück, vorgeschlagen auf dem Kirchentag 1848. Im arbeitsteiligen Angebot der Sozialberatung für ausländische Arbeitnehmer und ihre Familien hat die Diakonie schwerpunktmäßig die Beratung griechischer Migranten übernommen. In rund 70 Schwerpunktberatungsstellen und weiteren Außenstellen arbeiten 110 Beraterinnen und Berater. Dabei hat, bedingt durch die EU-Freizügigkeit für Griechen, der Bedarf an Erstberatung zugenommen. Wie andere Verbände legt auch die Diakonie Wert darauf, dass ihre Sozialberatung eingebettet ist in Gruppen-, Bildungs- und Gemeinwesenarbeit.

Kontakt: Diakonisches Werk der Evangelischen Kirche Deutschland, Stafflenbergstr. 76, 70184 Stuttgart, Tel.: 0711 - 2159 - 457, Fax: - 566

Weitere Wohlfahrtsverbände

Durch die neuen Grundsätze der Ausländersozialberatung können künftig - in Abstimmung zwischen dem Bund und dem jeweiligen Land - zusätzlich zu den bisherigen "traditionellen" Trägern wie Arbeiterwohlfahrt, Deutscher Caritasverband und Diakonisches Werk auch andere in der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtsverbände vertretene Verbände Träger der Ausländersozialberatung sein. Zwei davon stellen wir Ihnen vor.

Der Paritätische

1924 gründete sich die "Vereinigung der freien privaten gemeinnützigen Wohlfahrtseinrichtungen Deutschlands", ein Zusammenschluss nicht-konfessioneller sozialer Einrichtungen. Nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgt die Neugründung unter dem Namen Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband (DPWV). Heute gehören ca. 9.000 Institutionen zum Paritätischen; er ist der größte Dachverband von Selbsthilfeinitiativen im Gesundheits- und Sozialbereich. Rund 600 Institutionen sind in den Bereichen ausländische Arbeitnehmer, Flüchtlige und Aussiedler tätig, darunter besonders viele Selbstorganisationen von Migranten. Auf Bundesebene gehören der Verband binationaler Familien und Partnerschaften, die Bundesarbeitsgemeinschaft der Immigrantenverbände (BAGIV) und weitere prominente Institutionen zum DPWV.

Kontakt: Der PARITÄTISCHE Gesamtverband, Heinrich-Hoffmann-Str. 3, 60528 Frankfurt M., Tel.: 069 - 67 06 - 0, Fax: - 204, www.paritaet.org

Deutsches Rotes Kreuz - DRK

Das Deutsche Rote Kreuz ist vor allem bekannt für seine Arbeit in akuten Notsituationen. Doch mit über 500 Beratungsstellen und Wohnheimen für Flüchtlinge und Aussiedler ist es auch Dachverband für Träger von Migrationsarbeit, mit etwa 2.500 haupt-, ehren- und nebenamtliche Kräften. Regional unterschiedlich gewichtet gehören u.a. Sozialberatung, Sprachkurse, Ferien-, Freizeit- und kreative Aktivitäten sowie Beratung bei geplanter freiwilliger Rückwanderung zu den Angeboten. In seiner Migrationsarbeit will das Deutsche Rote Kreuz "Betroffene befähigen, ihr Alltagsleben in die eigene Hand zu nehmen ('Hilfe zur Selbsthilfe') und ihre Chancen auf Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu verbessern." Als "Migrationsarbeit der Zukunft" strebt das DRK integrierte und vernetzte Angebote an, die sich auf alle Migrantengruppen beziehen: Arbeitnehmer, Flüchtlinge und Aussiedler. Zudem soll insbesondere die Integrationsbereitschaft der einheimischen Bevölkerung gefördert werden.

Kontakt: DRK Generalsekretariat, Friedrich-Ebert-Allee 71, 53113 Bonn, Tel.: 0228 - 541 - 290, www.drk.de/generalsekretariat/inhalt.html  

Internationaler Bund - IB

Der Internationale Bund feierte zu Jahresbeginn 1999 sein 50jähriges Bestehen. Rund 12.000 Mitarbeiter betreuen an 300 Orten über 350.000 Menschen. Die drei zentralen Arbeitsbereiche des IB werden mit dem Slogan "Betreuen - Bilden - Brücken Bauen" umrissen. Migrationsarbeit findet auf allen drei Ebenen statt. Hier seien nur die über 100 IB-Jugendgemeinschaftswerke genannt, die sich seit Jahrzehnten um die Integration von jungen Spätaussiedlern bemühen. Klassisches Beispiel für die Bildungsarbeit mit Migranten sind Deutschkurse für ausländische Arbeitnehmer oder Integrationskurse für ausländische Frauen. Weniger bekannt ist die Betreuung von Flüchtlingen, um die sich der IB nun verstärkt bemüht. Außerdem arbeitet der IB in Bereichen wie Berufsvorbereitung, Lernkollegs, zahlreichen Aktivitäten der Internationalen Arbeit mit Migranten. Die Herbstausgabe der Mitgliederzeitschrift "IB intern" widmet sich dem Schwerpunkt Migration, unter besonderer Berücksichtigung der interkulturellen Kommunikation - eine aktuelle Übersicht über die IB-Publikationen zu diesen Themenkomplexen liegt vor.

Kontakt: Internationaler Bund, Zentrale Geschäftsführung, Burgstr. 106, 60389 Frankfurt M., Tel.:069 - 9 45 45 - 11, Fax: - 280, www.internationaler-bund.de


Autorin: Marie-Luise Gries, isoplan

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Portraits

 

In der Ausländersozialberatung sind bundesweit 777 Stellen mit 855 Personen besetzt, die über eine Ausbildung als Sozialarbeiter oder Sozialpädagoge oder eine vergleichbare Qualifikation verfügen. Zum Beispiel Gülseren Suzan-Menzel, früher auch Stjepan Herceg. Auch Sozialarbeiter und -pädagogen in einer Vielzahl anderer Einrichtungen nehmen Beratungsaufgaben wahr und ergänzen so die institutionalisierte Sozialberatung. Zu ihnen gehören Luisa Hulich und Jorgos Luizos. Dazu kommen engagierte Einzelpersonen, Ehrenamtliche und Freiwillige. Nicht zu vergessen die durch Migranten geleistete Beratungs- und Betreuungsarbeit in hunderten von Vereinen, Initiativen oder kirchlichen Gruppen. Als ein Beispiel porträtieren wir Faruk Özkan. Bei der Bundesanstalt für Arbeit schließlich arbeiten die ersten Migranten als Arbeits- und Berufsberater - zum Beispiel Ahmed Kutlu.

Gülseren Suzan-Menzel

Gülseren Suzan-Menzel ist eine vielseitige Frau. Sie arbeitet nicht nur seit 1978 als Sozialberaterin beim Interkulturellen Beratungszentrum der AWO in Nürnberg (früher: Türk Danis). Sie ist auch Mitbegründerin und Vorsitzende des Deutsch-Türkischen Frauenclubs Nordbayern e.V.. Zudem arbeitet sie seit einigen Jahren inhaltlich beim Produktionsbüro transfers-film mit. In deren Filmen zum Thema Migration in Deutschland, fliesst viel von ihren Erfahrungen als Sozialberaterin ein. Zuletzt entstand der Videofilm "Starke Mädchen": Nürnberger Mädchen verschiedenster Herkunft proben in einem Jugendzentrum ein Tanzstück und tauschen sich aus über den idealen Mann, Familie und Ehe, Liebe und Sexualität. Jede zeichnet ihr eigenes Bild, hat einen eigenen Entwurf vom Glück. Neben den Gemeinsamkeiten beharren sie auf manchen Unterschieden, auf ihren durch Biographie und Herkunft ihrer Eltern geprägten Identitäten. Für Suzan-Menzel, die sich in der Beratung auf Frauen und Mädchen konzentriert, sind solche Filme eine gute Möglichkeit, ihre Berufserfahrungen und Erkenntnisse über gesellschaftliche Veränderungen an deutsche Kolleginnen weiterzugeben. In ähnlicher Weise hat sie mit dem Frauenclub praktische Lösungsansätze in die Türkei transferiert: Auf ihre Initiative hin gibt es in Antalya nun ein Frauennotruftelefon. Infos: transfers, Tel.: 0911-7905288, Fax: -7903230, e-mail: transfers-film@t-online.de. Internet: www.transfers-film.de.

StjepanHerceg

StjepanHerceg (47) wurde in Zagreb geboren. Nach zwei Kurzaufenthalten kam er 1976 endgültig nach Deutschland, um in Benediktbeuern sein Theologiestudium und später ein Sozialpädagogikstudium abzuschliessen. Von 1981 bis 1988 arbeitete Herceg als Sozialberater für Arbeitnehmer aus Jugoslawien bei der Caritas in Bad Säckingen. Seit 1988 ist er in der Zentrale des Deutschen Caritasverbandes in Freiburg tätig. Bis 1994 war die Koordinierung der Sozialdienste für Arbeitnehmer aus dem ehemaligen Jugoslawien vor Ort die Hauptaufgabe des Kroaten. 1994 hat die Caritas dann ein neues Rahmenkonzept erarbeitet und beschlossen. "Wir sind langsam weggegangen von der Organisation in nationalitätenbezogenen Diensten, wobei eine kulturspezifische Komponente weiter eine wichtige Rolle spielt", erklärt Herceg - "aber nicht mehr die Hauptrolle, weil ein großer Teil der Probleme bei allen Migranten gleich ist". Beispielsweise für Polen gab es jedoch keine spezifischen Dienste: "Die alten Grundsätze von 1984 banden uns die Hände. Das ist jetzt anders, wir können den Adressatenkreis auf alle Ausländer die über einen auf Dauer angelegten Aufenthaltsstatus verfügen, erweitern." Die Aufgaben des Fachdienstes für Migranten werden von einem Team wahrgenommen, wobei einzelne Mitarbeiter eine gruppen- und themenspezifische Aufgaben wahrnehmen. Ferner sollen die Fachkräfte über eine interkulturelle Kompetenz verfügen. "Unser Ziel in Zukunft ist, eine nationalitätenübergreifende Beratung anzubieten, wo Vernetzung und interkulturelle Öffnung wesentliche Elemente darstellen. Diese Veränderung in der Beratung ist ein wichtiges Anliegen für das zuständige Fachreferat in der Zentralstelle des Deutschen Caritasverbandes, was auch Veränderungen in der Struktur und den Kompetenzen des Referates mit sich bringt ", sagt Herceg.

Luisa Hulich

(Dieser Beitrag wurde im Druck-Exemplar nicht veröffentlicht!)

Die Marokkanerin Luisa Hulich arbeitet beim Internationalen Familientreff der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Düsseldorf. Dort leitet sie einen der vielen Sprach- und Integrationskurse für Frauen, die das BMA seit Jahren bundesweit finanziert. "Die meisten Marokkanerinnen hier brauchen keine Unterstützung mehr", erzählt sie. "Sie waren alle auf der Schule, können Arabisch und Französisch, sind selbstbewußt. Viel schwieriger ist das mit Berberfrauen. Sie haben meist keine Schule besucht, können oft weder lesen noch schreiben, verlassen das Haus nicht und sind isoliert." Viele sind als Heiratsmigrantinnen gekommen und sprechen meist nur Berberisch. In den Beratungsstellen spricht man aber nur Deutsch oder Arabisch. "Weil es für sie hier keine Anlaufstelle gab, ich aber Berberisch spreche, haben sie sich in meinen Kursen gleichzeitig auch beraten lassen. Ich bin zu einer Anlaufstelle geworden, obwohl das nicht meine eigentliche Aufgabe ist", sagt Hulich. "Jetzt integriere ich das in die Kurse. Ich begleite sie auf Ämter, fülle Formulare aus, zeige ihnen eine Schule oer das Arbeitsamt, fertige Übersetzungen an - lauter solcher Kleinigkeiten." Die Mutter zweier Mädchen kennt die Probleme muslimischer Frauen zwischen traditioneller Herkunft und westeuropäischer Umgebung. Trotz der enormen Integrationsprobleme dieser Frauen fehlen ähliche Angebote. So ist sie "Schritt für Schritt in diese Aufgabe hineingerutscht".

Jorgos Luizos

Jorgos Luizos arbeitet seit 1983 beim Verein für Internationale Jugendarbeit, einem Fachverband der Diakonie, als Ausländersozialberater in Stuttgart. 1970 kam der Grieche als "klassischer Arbeitsmigrant" von der Insel Samos. Sein Ziel war es, eine Ausbildung zu machen und dann zurückzukehren. Doch auf Grund der ungünstigen politischen Situation in Griechenland verzögerten sich die Rückkehrpläne von Jahr zu Jahr. Louizos wurde Erzieher und machte später eine familientherapeutische Zusatzausbildung. Über die Betreuung von Jugendlichen kam er zur Ausländersozialberatung für Familien. Inzwischen arbeitet der 52-jährige auch mit der ersten Migrantengeneration, die das Rentenalter erreicht hat. Diese Migranten leben hier, obwohl ihr eigentliches Lebensziel ein sorgloses Alter ind er Heimat war. Louizos bemüht sich im Rahmen des Projekts ISIS (Interkulturelle Seniorenarbeit in Stuttgart), für diese Senioren die Begegnungsstätten für Altere zu öffnen, durch interkulturelle Veranstaltungen Ängste und Vorurteile zwischen Migranten und Deutschen abzubauen und Perspektiven für ein gemeinsames Leben im Alter zu entwickeln. So treffen sich seit 1994 "Unter dem Regenbogen" mehrmals jährlich SeniorInnen aus Deutschland, Griechenland, Italien und der Türkei zu einem internationalen Seniorennachmittag. Im Alten Feuerwehrhaus der Arbeiterwohlfahrt sind die Angebote der Gruppe griechischer Senioren und Seniorinnen fester Bestandteil des Programms geworden. Einer der nächsten Schritte ist eine "Versöhnungsreise" von türkischen, griechischen und deutschen Senioren zu Louizos' Heimatinsel Samos und dem nahegelegenen türkischen Küstenort Kusadasi.

Faruk Özkan

 

Faruk Özkan wurde in der türkischen Schwarzmeerstadt Samsun geboren. Nach dem Abitur kam er 1978 nach Deutschland: "Ich habe zunächst fünf Jahre in verschiedenen Stuttgarter Betrieben gearbeitet, dann an der Universität Stuttgart ein Studium der Politologie begonnen und abgeschlossen." Noch während des Studiums hat Özkan beim Internationalen Bund für Sozialarbeit türkische Jugendliche betreut und anschließend als Sozialberater bei der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Stuttgart gearbeitet. Die AWO hat hier - wie in anderen Großstädten auch - einen türkischsprachigen Beratungsdienst (Türk Danis) aufgebaut. Nach vier Jahren wurde Özkans Stelle jedoch gestrichen. "Das war sehr enttäuschend", sagt er heute. Nach einer Umorientierungsphase begann er an der Fachhochschule Reutlingen sein zweites Studium, Fachrichtung "Sozialarbeit", in dem er nun kurz vor dem Abschluß steht. Im Oktober 1999 startete das Projekt einer "muttersprachlichen Drogenberatung für MigrantInnen aus der Türkei" in Stuttgart, dessen Konzeption er mit der Drogenberatungsstelle Release e.V. Stuttgart zusammen erarbeitet hat. Der Bedarf ist groß, denn die Zahl der Drogenkonsumierenden und -abhängigen MigrantInnen aus der Türkei nimmt auch in Stuttgart stetig zu. "Als muttersprachlicher Sozialarbeiter und -berater habe ich es leichter, an die Klientel heranzukommen", sagt er. "Dabei spielt aber nicht nur die Sprache eine wichtige Rolle, sondern auch die sozio-kulturelle Vertrautheit mit den besonderen Problemen der Betroffenen und ihrer Bezugspersonen. Ich werde als Landsmann, ja sogar manchmal in der Rolle eines Bruders gesehen, dem man sich bei diesem schwierigen und tabuisierten Thema anvertrauen kann". Ihm geht es auch darum, MigrantInnen für die Drogenproblematik zu sensibilisieren und ihnen den Zugang zum existierenden Hilfesystem zu erleichtern.

Ahmed Kutlu

Ahmed Kutlu ist etwas Besonderes: der bundesweit erste und lange Jahre einzige türkische Berufsberater der Bundesanstalt für Arbeit. Seit 14 Jahren hilft der 43jährige Schülern in Berufswahlfragen. "Wie jeder andere Kollege auch, mache ich Einzelberatung, gehe in Schulen und vermittle Lehrstellen", sagt Kutlu, "zusätzlich bin ich aber auch Beauftragter für Ausländerfragen". Wenn türkische oder ausländische Jugendliche in seine Dienststelle, das Arbeitsamt in Oberhausen, kommen, sind seine Ratschläge besonders gefragt. "Meine deutschen Kollegen wollen dann schon mal, daß ich während der Beratung übersetze oder den Eltern die Unterschiede des deutschen Bildungssystems erkläre." Gerade 16 Jahre war Ahmed Kutlu, als er selber in die Lehre ging. Auf sich allein gestellt und ohne deutsche Sprachkenntnisse hatte er seine Heimatstadt im Südosten der Türkei verlassen, um bei der Ruhrkohle AG in Kamen den Beruf des Bergmechanikers zu lernen. "Das war eine sehr harte Zeit", erinnert er sich. Nach drei Jahren hatte er zwar seinen Gesellenbrief in der Tasche, stellte sich aber mittlerweile etwas anderes vor, als unter Tage zu arbeiten. So ging er nach Münster, machte die fachgebundene Hochschulreife und studierte nach einem Umweg über Duisburg an der Fachhochschule des Bundes in Mannheim. Nach drei Jahren hatte er es geschafft und bekam 1985 auch gleich in Oberhausen eine Planstelle als Berufsberater.


Autor: Ekkehart Schmidt, isoplan

Fotos: privat

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