Ausländer in Deutschland 1/2001, 17.Jg., 30. März 2001

recht

Aktuelle Gesetzesänderungen, Urteile und Publikationen

*) Diese Beiträge wurden im Druck-Exemplar nicht veröffentlicht!


Minarett und Nachbarn

 

Koblenz. Fügt ein zu einer Moschee gehörendes Minarett sich in die Eigenart seiner näheren Umgebung ein, so kann ein Nachbar sich nicht grundsätzlich gegen den Bau dieses Minaretts wehren. So hat Ende November 2000 das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Koblenz entschieden. In dem anstehenden Fall hatte die Türkisch-Islamische Gemeinde in Wittlich (Eifel) neben ihrem als Moschee genutzten Haus ein achtzehn Meter hohes Minarett samt einer Lautsprecheranlage errichten wollen, aus der einmal in der Woche bei "leisem Betrieb" zum "Freitagsgebet" gerufen werden sollte. Die Klage eines Nachbarn gegen den Bau wies das OVG zurück. Das Minarett füge sich nach Art und Maß der Nutzung in seine Umgebung ein. Unzumutbarer Lärm sei nicht zu erwarten. In der Begründung hieß es nach Angaben der F.A.Z. vom 29.11.2000, "das Baurecht diene nicht der Gewährleistung eines Milieuschutzes, sondern müsse die Bedürfnisse der gesamten Bevölkerung berücksichtigen. Wenn ein Minarett auch von weiten Teilen der nichtmuslimischen Bevölkerung als 'fremd' empfunden werde, so sei es für die islamische Glaubensgemeinschaft andererseits Ausdruck ihres religiösen Selbstverständnisses." Demzufolge entschied das Gericht, dass die Nutzungsmöglichkeiten für das Nachbargrundstück unter den gegebenen Umständen nicht unzumutbar beeinträchtigt würden. (Az 8 A 11739/39/00.OVG)

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Landes-
erziehungsgeld auch für Türken

 

Mannheim. Neben EU-Bürgern haben auch türkische Familien einen Rechtsanspruch auf das Landeserziehungsgeld, eine Beihilfe von 400 Mark im Monat, die das Land Baden-Württemberg gewährt. Bis zur Vollendung ihres zweiten Lebensjahres erhalten Kinder das Bundeserziehungsgeld, im Anschluß daran zahlt das Land zwölf Monate Landeserziehungsgeld, wenn die Eltern weniger als 2.699 Mark im Monat verdienen. Der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim hat Anfang Februar 2001 der Klage eines türkischen Ehepaares stattgegeben, dem die Landeskreditbank Baden-Württemberg die Auszahlung verweigert hatte. Das Gericht verwies darauf, dass nach dem Assoziationsabkommen zwischen der Türkei und der EU (3/80 Art. 3) türkische Staatsangehörige sozialrechtlich gleich zu behandeln sind wie EU-Bürger. Das Diskriminierungsverbot umfasse auch Leistungen wie das Landeserziehungsgeld (Az 1 S 287/00). Die türkischen Ehepartner, die die Klage eingereicht hatte, sind als Flüchtlinge anerkannt und verfügen über eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Sie arbeiten in Deutschland und haben drei Kinder. Für ein vor vier Jahren geborenes Kind wurde zwar Bundeserziehungsgeld gewährt, nicht aber das Landeserziehungsgeld. In erster Instanz gab das Verwaltungsgericht Karlsruhe den Klägern recht, die sich nun auch in der nächsten Instanz durchgesetzt haben. Nach den Richtlinien könnten neben deutschen Familien auch EU-Bürger sowie Angehörige der Staaten der Europäischen Freihandelszone (Island, Norwegen und Liechtenstein) Landeserziehungsgeld erhalten. Nicht einbezogen seien dagegen Kinder aus dem übrigen Ausland. Baden-Württemberg hat 1986 als erstes Bundesland das Erziehungsgeld eingeführt. Bayern, Thüringen und Sachsen sind dem Beispiel gefolgt. Nach Angaben von Memet Kilic, Vorsitzender des Bundesausländerbeirats, hat sich das Land "jahrelang geweigert", Kindern türkischer Eltern Landeserziehungsgeld zu zahlen: "Die Kinder, die in der dritten oder vierten Generation in diesem Land zur Welt kamen, deren Eltern aber nach Meinung der Landesregierung den falschen Paß besaßen, wurden von der viel gepriesenen Chancengleichheit ausgenommen." Anträge seien bislang mit der Begründung abgelehnt worden, daß das Landeserziehungsgeld eine "freiwillige Leistung" des Landes sei. Der Verwaltungsgerichtshof hat gegen sein Urteil Revision beim Bundesgerichtshof zugelassen. Die Landesregierung erwägt diesen Weg.

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Liberalere Asylpraxis gefordert

 

Karlsruhe. Ungewohnt deutlich hat das Bundesverfassungsgericht im Januar 2001 die Amtsführung des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten, Klaus Blumentritt kritisiert. Der seit 1994 amtierende Beamte werde fast nur zu Lasten von Asylbewerbern tätig, monierten die Verfassungsrichter. "Das entspricht nicht seinem gesetzlichen Auftrag". Der Bundesbeauftragte soll die Entscheidungen des Nürnberger Bundesamts für die Anerkennung von Flüchtlingen (BAFL) überprüfen. Theoretisch kann er gegen alle Entscheidungen des Bundesamts Einspruch erheben. In der Praxis hat er jedoch meist gegen Entscheidungen geklagt, die für Asylbewerber positiv ausfielen. Diese Linie sei ihm durch die Innenminister der Länder vorgegeben worden, sagte Blumentritt gegenüber der Berliner "tageszeitung". Schon im Sommer 2000 war er durch Bundesinnenminister Otto Schily angewiesen worden, in Zweifelsfällen auch zu Gunsten abgelehnter Asylbewerber zu intervenieren. Im ersten halben Jahr seit dieser Anweisung ist Blumentritt nach Angaben der "tageszeitung" in 16 Fällen "pro Asylbewerber tätig" gewesen - bei über 1.300 Klagen "contra Asylbewerber" im gleichen Zeitraum sowie mehr als 1.000 Anträgen auf Zulassung der Berufung zu Ungunsten der Flüchtlinge. Bei seinem Engagement "pro Asylbewerber" konzentriere sich Blumentritt auf "bestimmte Fallgruppen", insbesondere bei Folter, frauenspezifischer Verfolgung und Minderjährigen. Verbessern will Blumentritt auch die Zusammenarbeit mit dem BAFL. "Manches könnte man sicher schon abklären, bevor es zur Klage kommt." Denn seitdem Albert Schmid das BAFL leitet, will das Amt "transparenter" werden und vor Entscheidungen Rat von außen holen. Dazu wurde ein "Expertenforum" eingerichtet.

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Entschädigung von Opfern Rechtsextremer

 

Berlin/Karlsruhe. Menschen, die auf dem Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland Opfer einer Gewalttat werden, können Ansprüche nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) geltend machen. Dieses Gesetz regelt eine eigenständige staatliche Entschädigung über die allgemeinen sozialen Sicherungssysteme und die Sozialhilfe hinaus für diejenigen, die der deutsche Staat mit seinen Polizeiorganen nicht vor einer vorsätzlichen Gewalttat hat schützen können. Leistungen nach dem OEG werden auf Antrag gewährt, eine Antragsfrist gibt es nicht. Ziel des OEG ist es, die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen von Gewalttaten auszugleichen. Anspruchsberechtigt nach diesem Gesetz sind Personen, die durch einen vorsätzlichen, rechtswidrigen Angriff eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben (Geschädigte) oder die Hinterbliebene von Personen sind, die infolge der gesundheitlichen Schädigung gestorben sind.

Umfang und Höhe der nach dem Opferentschädigungsgesetz zu erbringenden Leistungen richten sich nach den Regelungen des Sozialen Entschädigungsrechts. Kennzeichnend für dieses Leistungssystem ist, dass sich die Versorgung nach Umfang und Schwere der Schädigungsfolgen und dem jeweiligen Bedarf aus mehreren Einzelleistungen zusammensetzt und so in schweren Schadensfällen zu beachtlichen Leistungen kumulieren kann, die im Prinzip einem vollen Ausgleich des gesundheitlichen Schadens gleichkommen. Auch ausländische Staatsangehörige können OEG-Leistungen erhalten, wobei Staatsangehörige von EU-Mitgliedstaaten dieselben Leistungen wie Deutsche erhalten, während bei anderen Ausländern der Leistungsumfang grundsätzlich von der Dauer ihres Aufenthalts in Deutschland abhängig ist.

Für die Gewährung einer Entschädigung nach dem OEG ist eine besondere (kriminelle, rassistische oder sonstige) Motivation des jeweiligen Täters nicht erforderlich. Dies liegt gerade auch im Interesse der Opfer, denn ansonsten müßte die Versorgungsverwaltung bei der Antragsprüfung eine (ihren Aufgaben sachlich völlig fremde) "Motivforschung" betreiben, was das Verwaltungsverfahren auch zeitlich belasten würde. Zudem kämen die Opfer dann - bei entsprechendem Leugnen der Täter - in die mißliche Lage, eine rassistische, fremdenfeindliche etc. Motivation des Täters nachweisen zu müssen, um eine Entschädigung zu erhalten.

Darüber hinaus hat der Deutsche Bundestag im Rahmen des Haushaltsgesetzes 2001 nun Mittel zur Entschädigung von Opfern rechtsextremistischer Übergriffe zur Verfügung gestellt. Diese freiwillig übernommene Leistung auf die kein Rechtsanspruch besteht, sei "als Akt der Solidarität des Staates und seiner Bürger mit den Betroffenen" zu verstehen, heißt es in einem Merkblatt des Generalbundesanwaltes beim Bundesgerichtshof vom Januar 2001. Zugleich solle mit ihr ein deutliches Zeichen für die Ächtung derartiger Übergriffe gesetzt werden. Im Einzelfall sei aus humanitären Gründen rasch Hilfe zu leisten. Die Entscheidung über die Gewährung und die Bemessung von Leistungen erfolgen nach sogenannten Billigkeitsgrundsätzen. Leistungen werden als einmalige Kapitalzahlungen gewährt. Unter rechtsextremistischen Übergriffen werden verstanden insbesondere fremdenfeindlich oder antisemitisch motivierte Körperverletzungen. Ein Übergriff kann auch in Fällen massiver Bedrohung oder Ehrverletzung gegeben sein. Ein Härteausgleich kann als Geldentschädigung für Körperschäden und für Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Schmerzensgeld) geleistet werden. Gegenstand der Leistungen können auch Unterhaltsschäden und Nachteile beim beruflichen Fortkommen sein. Sachschäden werden von der Ausgleichsregelung nicht erfasst. Opferim Sinne dieser Regelungen können auch Hinterbliebene und sogenannte Nothelfer sein, also Personen, die bei der Abwehr eines rechtsextremistischen Übergriffs auf Dritte einen gesundheitlichen Schaden erlitten haben. Ein Ersatz kommt in der Regel nur in Betracht, wenn das Opfer insoweit keinerlei Ansprüche gegen Dritte hat oder solche Ansprüche zwar bestehen, aber nicht kurzfristig realisiert werden können. Härteleistungen können nur gewährt werden, wenn - wie es heißt - "zumindest eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen rechtsextremistischen Übergriff spricht". Entschädigungsleistungen werden grundsätzlich nur auf Antrag und nur bei Übergriffen gewährt, die nach dem 1. Januar 1999 erfolgt sind. Der Antrag auf Gewährung einer Entschädigung ist erhältlich beim Generalbundesanwalt und an diesen zu richten.

Kontakt: 
Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof, Postfach 27 20, 76014 Karlsruhe

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"EU-Sozial-
leistungen nach Herkunftsland"

 

Berlin. Die Sozialleistungen für Bürger der Europäischen Union (EU) sollten für eine Übergangsperiode nach dem Herkunftsland bemessen werden und nicht nach dem Land, in dem der Bürger beschäftigt ist. Das schlägt der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesfinanzministerium in einem Gutachten zur "Freizügigkeit und sozialen Sicherung in Europa" vor, das er Anfang Februar präsentiert hat. Eine derart "verzögerte Integration" verringere den Anreiz zu solchen Wanderungsbewegungen, die allein dadurch motiviert seien, höhere Sozialleistungen zu bekommen, argumentiert der Beirat. Erwerbstätige und Nichterwerbstätige würden die Wahl ihres Wohnortes dann weniger von sozialrechtlichen Auswirkungen abhängig machen. Dagegen sei es nicht sinnvoll, die Sozialsysteme auf EU-Ebene auf absehbare Zeit anzugleichen, weil dem unterschiedliche wirtschaftliche Verhältnisse und politische Prioritäten entgegenstünden. Die Wissenschaftler bringen auch grundsätzliche Kritik daran vor, die soziale Sicherheit des einzelnen mit seiner Erwerbstätigkeit zu verknüpfen. Abgabenverpflichtung und Anspruch auf soziale Leitungen folgten (mit Ausnahme der Sozialhilfe) dem Beschäftigungslandprinzip. Dies gebe Beziehern hoher Einkommen einen Anreiz, sich besonderen Belastungen durch Abwanderung zu entziehen. Umgekehrt hätten Maßnahmen, die die Bezieher geringer Einkommen begünstigten, internationale Sogwirkungen, die nicht gewollt sein könnten. Der Beirat mahnt daher an, dass es gewichtige Gründe gebe, die europäische Politikkoordinierung im Bereich der sozialen Sicherung zu überprüfen. Allerdings sei eine Änderung der politischen Koordinierung allenfalls auf längere Sicht denkbar, da mit ihr weitreichende Reformen verbunden seien. Der Beirat schlägt daher eine Reihe von kurzfristig umsetzbarer Maßnahmen vor, beispielsweise die Einführung von Zuzahlungsregeln, um das Kostenbewußtsein der Versicherten zu stärken.

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Keine Sozialhilfe nach Umzug

 

Karlsruhe. Ausländern, die in ein anderes Bundesland umziehen, kann die Sozialhilfe versagt werden, auch wenn sie eine räumlich unbeschränkte Aufenthaltsbefugnis haben. Nicht zur Entscheidung angenommen hat das Bundesverfassungsgericht (BVG) am 13. März 2001 die Verfassungsbeschwerde einer Familie, die sich gegen die Einstellung der Hilfen für ihren Lebensunterhalt wehrte. Wie die F.A.Z. (14.03.01) berichtet, hatten die Familienmitgleder in Niedersachsen eine räumlich nicht beschränkte Aufenthaltsbefugnis erhalten. Nach dem Umzug nach Berlin stellte die dortige Behörde die Zahlung von Sozialhilfe ein, weil sich die Familie nicht in dem Bundesland aufhalte, in dem die Aufenthaltsbefugnis erteilt worden sei. Die Fachgerichte gaben der Behörde recht: Die Regelung des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) habe den Zweck, eine Verlagerung von Sozialhilfelasten in andere Bundesländer dauerhaft zu verhindern. Das BVG hatte das Land Berlin zunächst vorläufig verpflichtet, der Familie bis zu einer Entscheidung Hilfe zum Lebensunterhalt zu gewähren. Nun entschieden die Karlsruher Richter, das BSHG sei nicht willkürlich ausgelegt worden. Zwar stehe die Regelung faktisch dem Umzug von Ausländern in ein anderes Bundesland entgegen; die Betroffenen seien aber nicht daran gehindert, innerhalb des Landes umzuziehen, das die Aufenthaltsbefugnis erstmals gewährt habe. Vorrang vor einem räumlich nicht beschränkten Bezug von Sozialhilfe habe das Interesse, die dauerhaft hohen Sozialleistungen auf die einzelnen Bundesländer zu verteilen. Hierdurch würde die Integration der Ausländer erleichtert und eine mehrfache Inanspruchnahme von Sozialhilfe erschwert. Das Grundrecht der betroffenen Ausländer auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit werde in verfassungskonformer Weise eingeschränkt. Wenn der Gesetzgeber sich dazu entschlossen hätte, eine Aufenthaltsbefugnis räumlich zu beschränken, wäre das ein weitaus stärkerer Eingriff in die Bewegungsfreiheit der Betroffenen, entschieden die Verfassungsrichter. In Härtefällen könne statt Hilfe zum Lebensunterhalt die "unabweisbar gebotene Hilfe" gewährt werden (Az 1 BvR 781/98).

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Abkommen mit der Schweiz zur Freizügigkeit

 

Berlin. Das Bundeskabinett hat Ende Februar 2001 den Entwurf eines Gesetzes zum Abkommen über die Freizügigkeit zwischen der Europäischen Union (EU) und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits beschlossen. Grundsätzlich werden Arbeitnehmer, Selbständige, Studenten, Rentner und andere nicht erwerbstätige Personen sowie ihre nachzugsberechtigten Familienangehörigen die gleichen Rechte in der Schweiz wie beim Zugang zu den Mitgliedstaaten der EU genießen. Grenzüberschreitende Dienstleistungen können an bis zu 90 Arbeitstagen pro Jahr erbracht werden, der Erwerb von Immobilien wird im Zusammenhang mit der Freizügigkeit liberalisiert. Diplome, Zeugnisse und Befähigungsnachweise werden entsprechend den EG-Regelungen gegenseitig anerkannt, Leistungen der sozialen Sicherheit werden entsprechend den EG-Regelungen über die Koordinierung der sozialen Sicherheit behandelt. Für EU-Bürger, die in der Schweiz ihren Aufenthalt nehmen, entfallen mit dem Inkrafttreten des Abkommens bisherige Beschränkungen in der Familienzusammenführung, im Niederlassungsrecht, der Berufsausübung und insbesondere die bisherige Verpflichtung, nach kurzfristiger Beschäftigung die Schweiz wieder zu verlassen.

Der Schweiz sind bestimmte Übergangsregelungen des Zugangs zum schweizerischen Arbeitsmarkt zugestanden worden. Nach Ablauf von zwei Jahren wird der Vorrang schweizerischer Staatsbürger beim Zugang der Arbeitnehmer zu Arbeitsplätzen in der Schweiz aufgehoben. Für die bereits in der Schweiz tätigen Arbeitnehmer gilt dies vom Inkrafttreten des Abkommens an. Während der ersten 5 Jahre nach Inkrafttreten des Abkommens kann die Schweiz noch den Zugang von EU-Arbeitnehmern und Selbständigen kontingentieren, wobei der EU Zugangsquoten garantiert sind, die auch für die Übergangszeit schon erheblich über den Zahlen des gegenwärtigen Zugangs zur Schweiz liegen. Nur für den Fall eines übermäßigen Zugangs darf die Schweiz danach höchstens zwei Mal für zwei Jahre erneut den Zugang begrenzen. Die Zugangsbeschränkungen gelten nicht für Grenzgänger. Alle Kontingentierungen werden am Ende einer insgesamt 12jährigen Übergangszeit aufgehoben. In der Schweiz arbeiten derzeit rd. 98.000 Bundesbürger (einschließlich Grenzgängern), rd. 3.300 Schweizer arbeiten in Deutschland.

Das Abkommen über die Freizügigkeit ist eines von insgesamt sieben Sektorenabkommen zwischen der EU und der Schweiz. Im Einzelnen handelt es sich dabei um Abkommen: 1. über den Luftverkehr, 2. über den Güter- und Personenverkehr auf Schiene und Straße, 3. über das öffentliche Beschaffungswesen, 4. über die wissenschaftliche und technische Zusammenarbeit, 5. über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen, 6. über den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, 7. über die Personenfreizügigkeit.

Alle sieben Abkommen enthalten jeweils eine Klausel, die gewährleistet, dass alle Abkommen nur parallel in Kraft treten können und ebenso alle Abkommen beendet sind, sofern ein Abkommen gekündigt oder nicht verlängert werden sollte. Die Abkommen zu 1-6 regeln Bereiche, die in die Zuständigkeit der Gemeinschaft fallen. Diese Abkommen wurden am 4. Mai 2000 von der EU angenommen. Das Abkommen über die Personenfreizügigkeit fällt als gemischtes Abkommen sowohl in EU- als auch in nationale Kompetenz und muss daher - als einziges der sieben Abkommen - sowohl im Namen der EU vom Europäischen Parlament als auch von den Mitgliedstaaten ratifiziert werden. Grundlage des Abkommens über die Freizügigkeit ist die gemeinschaftliche Gesetzgebung auf diesem Gebiet mit der grundsätzlichen Verpflichtung der Gleichbehandlung der schweizerischen Bürger in der EU und der EU-Bürger in der Schweiz. Der Gesetzentwurf wird nun dem Bundesrat zugeleitet, um diesem - vor der Beschlussfassung durch den Bundestag - Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

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Bleiberecht für arbeitende Bosnier

 

Frankfurt/Main. Flüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina, die seit mindestens sechs Jahren in Deutschland leben und seit mindestens zwei Jahren eine feste Arbeit haben, dürfen auf Dauer in Deutschland bleiben. Das haben die Innenminister der Länder am 15.02.2001 in Frankfurt/Main beschlossen. Bedingung ist, dass die Familien ihren Lebensunterhalt ohne Sozialhilfe bestreiten können und die Arbeitgeber "dringend" auf sie angewiesen sind. In diesem Fall dürfen die Flüchtlinge mit ihren Familien bis Ende Juni 2001 eine Aufenthaltserlaubnis beantragen, die ihnen dann für zwei weitere Jahre erteilt wird. Anschliessend erhalten sie ein endgültiges Bleiberecht, sofern sie auch dann noch finanziell auf eigenen Beinen stehen. Über die Gruppe der Kosovo-Flüchtlinge soll im Mai erneut beraten werden.

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EU-Kommission regt breite Debatte über Asyl und Einwanderung an

 

Brüssel. Auf Initiative des für Justiz und innere Angelegenheiten zuständigen Kommissars Vitorino hat die Kommission am 22.11.2000 zwei Mitteilungen aus dem Bereich Asyl und Einwanderung angenommen. Mit den beiden Mitteilungen möchte die Kommission konkret zu den Bemühungen der Mitgliedstaaten beitragen, ein gemeinsames System für Asyl und Einwanderung zu schaffen. Bereits im Vertrag von Amsterdam ist die Schaffung einer gemeinsamen Asyl- und Einwanderungspolitik bis 2004 vorgesehen. Im Oktober 1999 war auf dem Sondergipfel von Tampere dazu ein Zeitplan und ein Mechanismus zur Überprüfung der Fortschritte (Fortschrittsanzeiger/"coreboard") beschlossen worden. Bei den Kommissionsmitteilungen handelt es sich weder um Richtlinien- noch um Verordnungsvorschläge, sondern um eine Diskussionsgrundlage für die Aufnahme einer erweiterten Debatte mit den Gemeinschaftsinstitutionen und der Bürgergesellschaft. Unter belgischer EU-Ratspräsidentschaft soll auf dem Gipfel in Brüssel im Herbst 2001 die angeregte Debatte eine Schlussfolgerung finden.

Die Kommissionsmitteilung zu Asyl (KOM(2000)755) zielt darauf ab, ein gemeinsames Asylverfahren festzulegen, das die Verfahren und die Formen von Schutz einbezieht, um die Probleme zu klären, die die abgeschotteten einzelstaatlichen Politiken in sich bergen. Die Kommissionsmitteilung über Einwanderung (KOM(2000)757) impliziert eine Überlegung auf Seiten der Mitgliedstaaten über ihre derzeitige Asylpolitik, die in enger Verbindung mit der Beschäftigungs-, Sozial- und wirtschaftlichen Entwicklungspolitik stehen, insbesondere mit der demographischen Entwicklung Europas. Das Konzept der "Null-Einwanderung" aus der Vergangenheit widerspreche der Realität, so die Kommission in ihrem Papier. Zielsetzung der Kommission ist es, dass die legalen Einwanderer den EU-Bürgern vergleichbare Rechte und Pflichten haben. Die Aufnahmeländer sollten die Unterschiede akzeptieren und die kulturelle Bereicherung durch die Zuwanderer würdigen. Demgegenüber sollen die Einwanderer die gemeinsamen Werte der Europäischen Union wie Menschenrechte, Demokratie, Pluralismus und Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau respektieren. Dagegen sollte streng gegen Schlepper und andere Kriminelle vorgegangen werden.

Die Kommissionsmitteilungen sind im Internet einsehbar: www.europa.eu.int/eur-lex/
de/com/greffe_index.html
 


Autor: Ekkehart Schmidt-Fink, isoplan

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