Ausländer in Deutschland 3/2002, 18.Jg., 30. September 2002

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Studien und Sachbücher

Belletristik

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*) Diese Beiträge wurden im Druck-Exemplar nicht veröffentlicht!


Studien und Sachbücher

FIST-Studien zur multikulturellen Stadt

Es wird schlecht geredet über die heutige Stadt. Der urbane Diskurs schafft Feindbilder, zu denen auch die eingewanderte Bevölkerung gehört. Doch die Rede vom Zerfall übersieht, dass die Aneignung der Stadt nicht nur in Abnutzung, sondern auch in Wandel und Erneuerung besteht. Zu dieser Erneuerung und Entwicklung der metropolitanen Gesellschaft tragen Migranten entscheidend bei. So entstehen neue Identitäten und Lebensstile, die in das Leben der Städte "eingemischt" werden. Die Forschungsstelle für interkulturelle Studien in Köln (FIST) ist Herausgeberin der Buchreihe "Interkulturelle Studien" im Verlag Leske + Budrich. Zwei Veröffentlichungen aus dem Jahr 2001 beschäftigen sich mit der multikulturellen Stadt "zwischen globaler Neuorientierung und Restauration".

Die Beiträge von Wolf-Dietrich Bukow u.a. in dem Buch "Auf dem Weg zur Stadtgesellschaft" beleuchten diesen Wandel unter verschiedenen Blickwinkeln. Ein Schwerpunkt ist den Jugendlichen gewidmet und der Frage, wie sie sich - kollektiv oder individuell - die Stadt oder das Quartier aneignen. Andere Beiträge diskutieren, ob und inwiefern diese Aneignung für "Migrationsgezeichnete" unter den Bedingungen der Ausgrenzung und der damit verbundenen Mechanismen von Ethnisierung und Selbstethnisierung tatsächlich möglich ist. Im letzten Teil entstehen zwei ganz unterschiedliche Bilder von der Zukunft des urbanen Lebens. Während der Bericht über ein Forschungsprojekt in Köln Ehrenfeld zu dem Schluss kommt, dass das Zusammenleben besser funktioniert als gemeinhin angenommen, lässt der Blick auf die französischen Vorstädte erahnen, welche Befunde zu erwarten sind, wenn die Struktur einer Stadt Züge annimmt, die ein gemeinsames Aneignen durch die Bevölkerung gerade nicht mehr erlauben.

Das Forschungsprojekt in Köln Ehrenfeld wird detailliert in "Die multikulturelle Stadt" beschrieben. Die Autoren Wolf-Dietrich Bukow, Claudia Nikodem, Erika Schulze und Erol Yildiz untersuchen darin die Selbstverständlichkeit im städtischen Alltag aus unmittelbarer Nähe. Trotz Konflikten und Risiken, trotz Ausgrenzung und Rassismus, so ihr Resümee, gibt es sehr wohl ein funktionierendes Miteinander im städtischen Alltagsleben, und gerade die urbane Bevölkerung hat Kompetenzen entwickelt, um miteinander umzugehen. Der Kölner Forschungsansatz hebt sich wohltuend von anderen ab, die dem herrschenden Diskurs, wonach MigrantInnen das entscheidende Problem in den Städten seien, mit den üblichen Strategien entgegentreten: Die einen streichen den wirtschaftlichen und demographischen Nutzen von Zuwanderung heraus, die anderen betonen die kulturelle Bereicherung unserer Städte durch die "Fremden". Die vorliegende Studie mit ihrem nüchternen Blick auf die Arrangements im Alltag ist dagegen zu einer beeindruckenden Dokumentation des Quartierslebens geworden, die ohne wohlmeinende Positionierungen auskommt. (vka)

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Köln. Der historisch-topografische Atlas

So handlich wie andere Produkte, die sich gemeinhin "Städte-Atlas" nennen, aber nicht mehr als ein Straßenplan sind, ist diese Publikation nicht gerade: "Köln. Der historisch-topografische Atlas" ist ein großformatiges gebundenes und mit einem Schmuckschuber versehenes Werk, dessen luxuriös leuchtendes Blau bei Liebhabern der Domstadt einen sofortigen Kaufreflex auslöst beziehungsweise auslösen soll. Als "ideales Geschenk" preist der Verlag Emons denn auch dieses Ende 2001 erschienenen 208-seitige Werk an. "Noch nie gab es einen derart ausführlichen Atlas über eine deutsche Stadt" heißt es - wohl zu Recht. Das besondere aber ist, dass hier in vielen gut illustrierten Einzelkapiteln ein ganz neuartiger Blick auf eine der ältesten deutschen Städte möglich wird. Standesgemäß bietet der Atlas eine Vielzahl - aber nicht nur - historischer und aktueller Karten. Dazu kommen zahlreiche Luftbildaufnahmen, Fotos und Tafeln sowie Texte von 43 Wissenschaftlern. Er ist aber bei weitem nicht nur etwas für Historiker und Geographen, sondern spricht in seinen Themen alle an, die sich für die Domstadt interessieren - "Imis" wie Alteingesessene, Touristen wie Geschäftsleute. Erstaunt stellt der Betrachter fest, wie vielfältig die "Gesichter" der Stadt sind - eben wie die Menschen, die in ihr leben und arbeiten. Pulsierende Geschäftsstraßen und beschauliche Gässchen, überfüllte Stadtautobahnen und stille Oasen im Grünen, graue Industrieviertel und vornehme Villenviertel, hochmoderne Medienstandorte und quirlig-traditionelle Subzentren wie der türkisch geprägte Eigelstein - all das ist Köln.

Der Atlas stellt Unbekanntes vor und rückt vermeintlich Wohlbekanntes in ein neues Licht. So zeigt er, dass im Eigelstein von den insgesamt rund 130 Läden nur 19 % in türkischer Hand sind und 5 % von anderen ethnischen Gruppen genutzt werden. Unter den Restaurants liegt der türkische Anteil bei rund einem Viertel und der anderer ethnischer Gruppen bei 12 %. Man hätte in "Klein-Istanbul" erheblich höhere Anteile erwartet, zumal 40,9 % der Bewohner des Viertels ausländischer Herkunft sind. Weitere ausführlich behandelte Themen mit Migrationsbezügen sucht man vergeblich. Die Migrantenbevölkerung wird in den Texten zur Südstadt und zur Vorstadt Nippes nur kurz erwähnt - viel zu kurz, gemessen an einem Bevölkerungsanteil von rund 18 %. Immerhin werden im Kapitel zum Szeneleben die "Multi-Kulti"-Lokale genannt und das Kartenblatt zu Friedhöfen zeigt zwei muslimische Gräberfelder. Der von Dr. Dorothea Wiktorin, Dr. Jürgen Blenck, Prof. Dr. Josef Nipper, Dr. Manfred Nutz und Dr. Klaus Zehner herausgegebene Atlas (ISBN 3-89705-229-6) kostet 48 Euro. (esf)

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Ausländerkinder später eingeschult

 

In Hessen werden immer mehr ausländische Kinder von der Einschulung zurückgestellt. Das geht aus dem "Migrationsreport 2002" des Landes hervor, den Sozialministerin Lautenschläger Anfang August 2002 in Wiesbaden vorgestellt hat. Im Landesdurchschnitt wurden 21 % der ausländischen Kinder nicht mit sechs Jahren eingeschult. Erstmals überstieg diese Zahl damit die 20 %-Marke. Lautenschläger rechnet damit, dass durch die neuen Einschulungsregeln mit ihren verschärften Anforderungen an die Sprachfähigkeit die Quote der Kinder, die zurückgestellt werden, noch steigen wird. Problematisch seien auch die schlechteren Schulabschlüsse der ausländischen Jugendlichen, sagte die Ministerin. Auch dadurch habe sich ihre Ausbildungssituation in den vergangenen Jahren verschlechtert. Hierbei gibt es dem Bericht zufolge große Unterschiede im Nationalitätenvergleich: Während kroatische und spanische Jugendliche mit je 89 % fast genau so häufig eine Lehrstelle finden wie deutsche Jugendliche, macht der Anteil bei Türken nur 68 % aus. Besorgt zeigte sich Lautenschläger aber auch über die Situation ausländischer Arbeitnehmer: Ihre Erwerbstätigenquote lag im Jahr 2000 um 12 % unter dem Wert für deutsche Arbeitnehmer. Die Arbeitslosenquote war unter Ausländern mit 14 % mehr als doppelt so hoch wie in der deutschen Bevölkerung (6 %). Aus dem Migrationsbericht geht außerdem hervor, dass die in Hessen lebenden Ausländer generell gegenüber der deutschen Bevölkerung benachteiligt sind. (esf)

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Türkische Männer in Deutschland

 

Im Februar 2002 ist beim Verlag transcript die Publikation "Türkische Männer in Deutschland - Familie und Identität. Migranten der ersten Generation erzählen ihre Geschichte" (ISBN: 3-933127-87-4) von Dr. Margret Spohn erschienen. In dem 474-seitigen Buch wird versucht, dem Klischeebild des traditionalistischen türkischen Gastarbeiters der ersten Generation entgegenzuwirken. Trotz einer Vielzahl unterschiedlicher Studien über Türken/innen in Deutschland ist über die erste männliche Generation kaum etwas bekannt. Bisher wurden die Männer lediglich aus der Sicht der Jugend- und Frauenforschung betrachtet. In diesen Studien wurden sie bisher als konservative Bewahrer von überholten Werten und Normen dargestellt, die sich gegen die Integration wehren. Für Spohn, eine promovierte Soziologin, ist dies ungerechtfertigt. Sie weist darauf hin, dass die türkische Gesellschaft eine komplexe und multireligiöse ist. Daher könne die erste Generation nicht einfach so in eine "konservative" Schublade geworfen werden. Das Buch möchte die Leser zu einem besseren Verständnis der türkischen Männer führen. Weiterhin lässt die Autorin die befragten Männer zu Wort kommen, um den Lesern zu verdeutlichen, wie vielfältig das Leben und die Identitäten der ersten Generation ist. Das Buch kostet 26,90 Euro.

Ali Sirin, Dünya-Deutschland

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190.000 ausländische Studenten 2001

 

Bonn. Die Zahl ausländischer Studenten an deutschen Hochschulen ist in den letzten Jahren stetig gestiegen. Im Jahr 2001 gab es 187.027 ausländische Studenten, das waren knapp ein Viertel mehr als vor fünf Jahren und gut doppelt so viele wie vor zehn Jahren. Das geht aus einer Studie des Deutschen Akademischen Austausch Dienstes (DAAD) hervor, die am 25. Juni 2002 vorgestellt wurde. Bei der Zahl ausländischer Studenten im Erststudium führt die TU Berlin knapp vor den Unis in Frankfurt und Köln. Beim Promotionsstudium liegt die Uni Köln vorne. Diese Entwicklung bedeutet gleichwohl nicht unbedingt, dass die Attraktivität deutscher Hochschulen zugenommen hat. Aus einer Anfang des Jahres veröffentlichten Untersuchung der Betriebswirtin Dr. Stefanie Jensen (Universität Mannheim) ging hervor, dass ausländische Studenten neben der mangelnden Betreuung während des Studiums besonders die mit der Ausbildung verbundenen Kosten und die in der Bevölkerung wahrgenommene Ausländerfeindlichkeit bemängeln. (esf)

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Traumatisierte Flüchtlinge

 

Als Band 9 der Schriftenreihe "Asylpraxis" (vgl. AiD 2/02) hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Ende Juli 2002 eine Publikation "Traumatisierte Flüchtlinge" herausgegeben. In einem einführenden Text beschreibt zunächst Fetsum Mehari das Thema Trauma im interkulturellen Kontext. Anschließend untersuchen Elise Bittenbinder und Dietrich F. Koch in zwei getrennten Aufsätzen das schwierige Thema der Verifizierung von psychischen Folgeschäden nach Extremtraumatisierung von Flüchtlingen. Es folgen Texte von Waltraud Wirtgen zu Krankheitsbildern und Diagnostik bei der Untersuchung und Begutachtung von posttraumatischen Belastungsstörungen und anderen Folgekrankheiten, von Ferdinand Haenel zur Begutachtung psychischer Folter- und Haftfolgeschäden sowie von Gerald Hüther zum Stand der neurowissenschaftlichen Forschung zu traumatischen Erinnerungen. Hans-Jochen Zenker erläutert anschließend Fragen der Psychotherapie und Medizin im Rahmen des Ausländerrechts. Das Schlusskapitel des 188-seitigen Bandes besteht aus einer von Helge Margaret Knipping erarbeiteten Dokumentation der Fachtagung "Traumatisierte Flüchtlinge im Asylverfahren". Band 9 der Schriftenreihe "Asylpraxis" gibt es nicht als Druckversion, sondern nur als PDF-Dateien auf der Homepage www.bafl.de. (esf)

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Politische Brandstiftung?

 

Der rassistischen Ausschreitungen von Rostock-Lichtenhagen 1992 sorgten weltweit für Schlagzeilen und sind bis heute Gegenstand vieler Mutmaßungen und Spekulationen über die Hintergründe. Mitte August 2002 ist eine vom Politikwissenschaftler und Fernsehjournalisten Jochen Schmidt verfasste Publikation "Politische Brandstiftung - Warum 1992 in Rostock das Asylbewerberheim in Flammen aufging" (ISBN 3-360-01040-X) erschienen. Schmidt gehörte zu den Menschen, die im August 1992 gemeinsam mit vietnamesischen VertragsarbeitnehmerInnen und einigen deutschen UnterstützerInnen im brennenden Sonnenblumenhaus als Mitglied eines ZDF-Fernsehteams waren und das menschenverachtende Treiben am eigenen Leibe erfahren mussten. Später recherchierte Schmidt, sprach mit Politikern, PolizeibeamtInnen, JuristInnen und Betroffenen und griff auf bis dato veröffentlichte Quellen zurück. In seiner Publikation kommt er zu dem Ergebnis, dass die damals politisch Verantwortlichen die Ausschreitungen in Szene setzen ließen, weil diese für die Änderung des Asylrechts gebraucht wurde. Eine sehr gewagte These. Das bei der Berliner Edition Ost erschienene Buch kostet 12,90 Euro. (esf)

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Deutsche Konfliktbewältigung auf dem Balkan

 

Welche Erfahrungen haben deutsche Mitarbeiter internationaler Organisationen bei ihren Einsätzen auf dem Balkan - ob in Bosnien-Herzegowina oder im Kosovo - gemacht? Rafael Biermann hat als Herausgeber einer beim Nomos-Verlag erschienenen Publikation "Deutsche Konfliktbewältigung auf dem Balkan - Erfahrungen und Lehren aus dem Einsatz" (ISBN 3-7890-7943-X) entsprechende Texte zusammengestellt. Die als Band 37 der Schriften des Zentrums für Europäische Integrationsforschung erschienene Publikation richtet sich an Politikwissenschaftler, die sich für Sicherheitspolitik, Militär-, Friedens- und Konfliktforschung interessieren. Das Werk soll einen Beitrag dazu leisten, diese Erfahrungen transparent zu machen und Schlussfolgerungen für künftige Einsätze zu ziehen. Die im Juli 2002 erschienene 376-seitige Publikation kostet 68 Euro. (esf)

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50 Jahre Lastenausgleichs-
gesetz

 

Vor 50 Jahren, am 1. September 1952, trat das Lastenausgleichsgesetz in Deutschland in Kraft. Aus diesem Anlaß hat der Präsident des Bundesausgleichsamtes eine Broschüre mit dem Titel "50 Jahre Lastenausgleichsgesetz - Bilanz einer einmaligen Solidarleistung des deutschen Volkes" herausgegeben. Bundesinnenminister Otto Schily würdigt darin die Integrationsanstrengungen, die Westdeutschland bei der Eingliederung von Millionen von Flüchtlingen und Vertriebenen in den Nachkriegsjahrzehnten geleistet hat. Das Gesetz war, so Schily, "notwendig, um die verheerenden materiellen Folgen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft für deren Opfer zu mildern". Allein bis 1950 suchten mehr als 8 Millionen Menschen nach Flucht und Vertreibung aus ihrer Heimat Zuflucht in den damaligen westlichen Besatzungszonen. Hinzu kamen die Flüchtligen aus der damaligen sowjetischen Besatzungszone. Mit den Leistungen aus dem Gesetz wurden diese Opfer, von denen viele kaum mehr als ihr nacktes Leben hatten retten können, beim Neuanfang unterstützt. Bis heute wurden nach Angaben von Schily 127 Milliarden DM an Leistungen erbracht. "Die Empfänger dieser Leistungen haben im Gegenzug von Beginn an zum wirtschaftlichen Aufschwung der Bundesrepublik Deutschland beigetragen", betont der Minister. (esf)

Bezug: 
Bundesausgleichsamt (BAA), 
Norsk-Data-Str 1, 61352 Bad Homburg, bundesausgleichsamt@bva.bund.de

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Einführung in den Islam

 

In einer Sonderauflage für die Bundeszentrale für politische Bildung ist 2001 beim Reclam Verlag die Publikation "Der Islam. Eine kurze Einführung" von Malise Ruthven erschienen (ISBN 3-15-018057-0). Das sparsam bebilderte Büchlein konzentriert sich auf die aktuell im Westen diskutierten politischen Fragestellungen von Sharia bis Djihad sowie Themen wie "Frauen und Familie", die in eine Beschreibung der wesentlichen Aspekte des Islam eingebettet wurde. Der vom Autor selbst bedauerten Unmöglichkeit einer kurzen Darstellung dieser facettenreichen Weltreligion zum Trotz gelingt ihr eine behutsame und präzise Darstellung ohne vereinfachende Verallgemeinerungen, die dennoch nicht zu wissenschaftlich geschrieben ist. Bei der Publikation handelt es sich um eine Übersetzung des 1997 in Englisch erschienenen Originals. Ruthven ist Dozent für vergleichende Religionswissenschaft an der Universität Aberdeen. (esf)

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Der Islam und die westliche Welt

 

Als Sonderausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) ist Ende 2001 beim Primus Verlag die Publikation "Der Islam und die westliche Welt. Religiöse und politische Grundfragen" von Adel Theodor Khoury (ISBN 3-89678-437-4) erschienen. Khoury war von 1970 bis 1993 Professor für Religionswissenschaft und Leiter des Seminars für Religionswissenschaft an der Universität Münster. In der kostenlos bei der bpb oder für 16,50 Euro im Buchhandel erhältlichen 223-seitigen Publikation beschreibt Khoury die Religion, Kultur, Lebensordnung und politischen Ordnungsvorstellungen des Islam im Vergleich zu den politischen und gesellschaftlichen Vorstellungen des demokratischen Westens. In Teil I beispielsweise antwortet er auf die Frage "Wer ist Muhammad, der Verkünder des Islams?", indem er zunächst Muhammad und seinen prophetischen Anspruch erläutert und anschliessend differenziert beschreibt, wer Muhammad für die Muslime ist und wer für die Christen. In Teil IV beschreibt er die Auseinandersetzung zwischen traditionellem Islam und der modernen Welt, insbesondere mit Themen wie Demokratie und Religionsfreiheit. Hier geht er auch auf die islamische Wiedererweckungsbewegung, als als deren radikaler Teil einige islamistische Gruppen im Westen verschüttete Angstgefühle wachrufen. Schliesslich zeigt Khoury in Teil V "Dialog oder Konfrontation?" Perspektiven des Dialogs auf. (esf)

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Belletristik

Die Flüchtlinge der "Niemands Tochter"

Die Lebensgeschichte einer fränkischen Frau beschäftigt derzeit die französische Diplomatie. Der 416-seitige Band "Niemands Tochter - Auf den Spuren eines vergessenen Lebens" von Gunter Haug (ISBN 3-455-09359-0). "Niemands Tochter" ist die Beschreibung des schweren, mutigen Lebens einer einfachen Frau hinter den romantischen Fassaden des fränkischen Städtchens Rothenburg ob der Tauber. Haug rekonstruiert das Schicksal seiner 1966 verstorbenen Großmutter Maria Staudacher. Neun Kinder hat sie zur Welt gebracht, das erste schon im Jahr nach seiner Geburt verloren, die anderen in widrigen Zeiten großgezogen. Trotz aller Entbehrungen gewährte sie im Zweiten Weltkrieg Flüchtlingen Unterschlupf und gab weiteren Kindern in ihrem Haus eine Heimat. Nach 1945 galt sie als weise Frau, zu der die Menschen aus der Umgebung kamen, um sie um Rat zu fragen. Und doch: Als Ende der fünfziger Jahre die Mutter und kurz darauf der Vater starb, fehlte ihr Name auf den Todesanzeigen. "Gerade so, als hätte es mich nie gegeben. Gehöre ich denn zu niemandem?" Das Buch ist spannend wie ein Kriminalroman - und dazu noch authentisch. Kurz nach seinem Erscheinen wurde auch der ehemalige französische Außenminister Roland Dumas auf das Buch aufmerksam und beschäftigt nun die französischen diplomatischen Kreise. Denn vermutet wird, dass auch der spätere französische Präsident Mitterrand bei Maria Staudacher unterkam. Mitterand war auf seiner dreiwöchigen Flucht im März 1941 aus dem thüringischen Kriegsgefangenen-Arbeitslager Schaala bei Rudolstadt an die 600 Kilometer entfernte Schweizer Grenze auch durch Rothenburg gekommen und hatte sich hier versteckt. Das im Juli 2002 bei Hoffmann & Campe erschienene Sachbuch kostet 21,90 Euro. (esf)

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Broschüren / Zeitschriften / Zeitungen / Internet

Migration und Kommune

Kommunale Integrationspolitik umfasst zahlreiche Aspekte. Eine Fachtagung der Bundesstadt Bonn vom September 2001 hat drei davon herausgegriffen und ausführlich diskutiert: Sprache und Integration, Kulturarbeit und kommunale Antirassismusarbeit. Sowohl die Vorträge als auch die Diskussionsprozesse in den Arbeitsgruppen sind sorgfältig dokumentiert und können als Beispiel für die allmähliche Öffnung von Stadtverwaltungen für Einwanderungsfragen und die Vernetzungsansätze in Richtung auf freie Träger, Migrantenselbstorganisationen und Mehrheitsbevölkerung dienen. (vka)

Bezug: 
Bundesstadt Bonn, Amt für Soziales und Wohnen, Referat für Multikulturelles, 
Rathausstr. 3, 53225 Bonn, 
Tel. 0228/774872 oder per e-mail: judith.brinkmann@bonn.de 

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Familienleben im Ausnahmezustand

Binationale Familien und Paare erfahren Diskriminierungen in der praktischen Anwendung von Gesetzen und Vorschriften, die nicht nur den ausländischen Partner betreffen, sondern auch die Lebensgestaltung der ganzen Familie einschränken - in Österreich nicht anders als in Deutschland. Unter dem Titel "Familienleben im Ausnahmezustand" hat die Fraueninitiative Bikulturelle Ehen und Lebensgemeinschaften (FIBEL) im Juli 2002 den Österreich-Beitrag des transnationalen Projekts "fabienne- Strategien zur Bekämpfung und Vermeidung von Diskriminierung" vorgelegt. "Fabienne" steht hierbei als Abkürzung für "Familles et couples binationaux en Europe" (Binationale Familien und Lebensgemeinschaften in Europa). Im Rahmen des Projektes wurden in Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Österreich Diskriminierungsmomente bei der behördlichen Praxis des Eheschließungsverfahrens (Scheinehen-Verdacht), der Familienzusammenführung sowie im Zusammenleben unverheirateter Paare untersucht. Mit der 47-seitigen FIBEL-Broschüre wird eine überarbeitete und ergänzte Fassung des Ende 2001 vorgelegten Endberichts vorgelegt (vgl. AiD 4/01). Neu sind unter anderem zahlreiche Ausschnitte aus Zitaten Interviewter. "Sie sagen", so die FIBEL-Mitarbeiterinnen Petruska Krcmar und Gertrud Schmutzer, "mehr über ihren alltäglichen ‚Ausnahmezustand', als viele der uns bekannten Rassismustheorien". Weitere Informationen zu dem vom Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V. im Auftrag der EU-Kommission koordinierten Projekt finden sich unter www.fabienne-iaf.de. (esf)

Bezug:
FIBEL, Heinestraße 43, 1020 Wien, Österreich, Tel + Fax: ++43-1-2127664, fibel@eunet.at

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Ein Jahrzehnt rechtsextremistischer Politik

Im Juli 2002 hat das Bundesministerium des Inneren eine Broschüre "Ein Jahrzehnt rechtsextremistischer Politik. Strukturdaten - Ideologie - Agitation - Perspektiven 1990 - 2000" herausgegeben. Analysiert werden die bestimmenden Koordinaten eines (noch nicht abgeschlossenen) Formwechsels im Rechtsextremismus, der für diesen Zeitraum konstatiert wird. Der Zusammenbruch des Kommunismus führte auch bei den deutschen Rechtsextremisten zu einem Wandel. Sie haben mit der Wiedervereinigung eines ihrer wichtigsten Agitationsthemen - die gespaltene deutsche Nation - verloren, gleichwohl fühlen sie sich seitdem im Aufwind. Die Renaissance des Nationalismus insbesondere in Osteuropa stärkte ihr Selbstbewusstsein. An die Stelle des Kommunismus trat als neuer Hauptgegner der demokratische Rechtsstaat mit seinen Werten: den universellen Menschenrechten und der dem Individualismus verpflichteten politischen Kultur. Die rechtsextremistische Aufbruchstimmung ergänzten partielle Wahlerfolge rechtsextremistischer und -populistischer Parteien in Westeuropa, die bei den ersten freien Wahlen in Ostdeutschland und im wiedervereinigten Deutschland aber keine Fortsetzung fanden. Die 40-seitige Broschüre läßt sich auf der Website des Bundesamtes für Verfassungsschutz downloaden (http://www.verfassungsschutz.de/
publikationen/gesamt/page.html
) oder online einsehen unter http://www.verfassungsschutz.de/
publikationen/gesamt/page17.html#1a
. (esf)

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Aussiedlerintegration: best practice

Das Bundesministerium des Inneren (BMI) hat im März 2002 eine Publikation zum 4. Bundeswettbewerb: "Vorbildliche Integration von Aussiedlern in der Bundesrepublik Deutschland" herausgegeben. Dokumentiert werden der Wettbewerb, seine Teilnehmer und Preisträger sowie die prämierten beispielgebenden Leistungen im Bereich der Eingliederung von Aussiedlern. Mit der 76-seitigen Dokumentation will das BMI Anregungen und Impulse für die künftige Integrationsarbeit geben. (esf)

Bezug: 
Bundesministerium des Innern, 
Alt-Moabit 101D, D-11014 Berlin, 
Tel.: 01888-681-0, Fax: -2926, poststelle@bundesinnenministerium.dewww.bmi.bund.de

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Leitfaden für Spätaussiedler

Die Ministerin für Inneres und Sport des Saarlandes, Annegret Kramp-Karrenbauer, hat am 5. September 2002 gemeinsam mit dem Leiter des Referates für Zuwanderung und Integration von Aussiedlern, Klaus Kunz, einen vom Ministerium für Inneres und Sport herausgegebenen "Leitfaden für Spätaussiedler" vorgestellt. Als hilfreicher Ratgeber soll dieser zweisprachige (deutsch und russisch) Leitfaden Möglichkeiten aufzeigen, die es Spätaussiedlern und ihren Familien erleichtern, sich in ihrer neuen Umgebung zurechtzufinden und einzuleben. In Form einer einfach kopierfähigen Loseblattsammlung gibt die Publikation wichtige Hinweise, wie Aussiedler bestehende Hilfsangebote, insbesondere das vielfältige Angebot der öffentlichen und nichtöffentlichen Beratungsstellen und deren Unterstützung, in Anspruch nehmen können. Der Gang zur Gemeinde- und Kreisverwaltung mit den jeweiligen Zuständigkeiten wird ebenso beschrieben wie die Anmeldung beim Arbeitsamt, der Krankenkasse, dem Kindergarten und der Schule. Der Leitfaden beantwortet damit in der Eingewöhnungszeit all die großen und kleinen Fragen, die sich den Aussi edlern im Alltag stellen. (esf)

Bezug: 
Ministerium für Inneres und Sport,
 Abteilung B6, Zuwanderung und Integration von Spätaussiedlern und jüdischen Immigranten, Mainzer Str. 136, 
66121 Saarbrücken, Tel.: 0681/ 962-1660 oder -1659, Fax: - 1645

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"Deutsch als Zweitsprache"

Der Sprachverband Deutsch e.V. gibt eine neue Zeitschrift "Deutsch als Zweitsprache, DaZ" heraus. Sie ist aus den Zeitschriften "Deutsch lernen" und "Bildungsarbeit in der Zweitsprache Deutsch" hervorgegangen. Die DaZ bringt aktuelle Informationen und Hinweise, Beiträge zu Themen, die für Deutsch als Zweitsprache relevant sind, Unterrichtsbeispiele und Materialien für den Unterricht sowie wissenschaftliche Analysen. "Deutsch als Zweitsprache" ist für alle gedacht, die sich für die Verbesserung des Deutschunterrichts für jugendliche und erwachsene Zuwanderinnen und Zuwanderer einsetzen und interessieren. Ein kostenloses Extraheft kann beim Schneider Verlag Hohengehren bestellt werden. (esf)

Bezug:
Tel.: 07153-41206, Fax: 07153-48761, schneider-verlag-hohengehren@t-online.de

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Online-Akademie der FES

Bonn. Im September 2001 hat die Friedrich-Ebert-Stiftung eine OnlineAkademie in das Netz gestellt (http://www.fes-online-akademie.de). Die Themenmodule sind Rechtsextremismus, Geschichte-Erinnerung-Demokratie, Internet und Bildung. Das bestehende Angebot ist im Juli 2002 durch ein viertes Themenmodul, den "Dialog der Kulturen" erweitert worden. Damit möchte die OnlineAkademie den interkulturellen Dialog fördern und Interesse an dieser wichtigen Zukunftsfrage wecken. Im Zentrum stehen Texte, Dokumente und Informationen über die theoretischen Voraussetzungen und den konkreten Vollzug von interkulturellem Dialog in Deutschland. Unter anderem wird auf folgenden Fragen eingegangen: Was ist unter Dialog der Kulturen eigentlich zu verstehen? Welche Voraussetzungen und Ziele hat er? Stellt das "Fremde" das "Eigene" in Frage? Was bedeutet Integration für den Einzelnen und für die Gesellschaft? Wie sieht ein Zusammenleben in kultureller Vielfalt aus? Ferner werden Materialien bereitgestellt, die in der politischen Bildungsarbeit oder zum Selbststudium verwendet werden können. Thematisch strukturierte und kommentierte Linksammlungen bieten die Möglichkeit, die Themenfelder umfassender zu recherchieren. Ein Glossar, aktuelle Meldungen und ein zentrales Diskussionsforum runden das Angebot ab. Die Datenbank der OnlineAkademie ist komplett durchsuchbar. Die Inhalte der Themenmodule werden permanent aktualisiert und erweitert. (esf)

Kontakt: 
Peter Hurrelbrink, Friedrich-Ebert-Stiftung, OnlineAkademie, Godesberger Allee 149, 53170 Bonn, Tel.: 0228/883-218 und -325, Fax: -695, Peter.Hurrelbrink@fes.de

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Ein Raum - viele Kulturen

Im Oktober 2001 lud der Verein TALIDE e.V., Lateinamerikanische Werkstatt für Forschung und Entwicklung, zum Seminar "Ein Raum - viele Kulturen" nach Rostock ein. Eine Dokumentation der Vorträge ist nun erschienen. Die Beiträge beschäftigen sich mit der Frage von Multikulturalismus und nationaler Identität (Ligia Chiappini), Interkultureller Bildung (Wolfgang Nieke), Lateinamerika und die Globalisierung (Rubén Cárdenas). Wer sich für das Nachbarland Frankreich interessiert, dem sei der Beitrag von Yves Bizeul ans Herz gelegt, der einen gut strukturierten Überblick über das republikanische Integrationskonzept liefert. Dabei diskutiert er anschaulich die Konsequenzen, die sich in Einwanderungs- und Integrationsfragen aus dem französischen Verständnis der Nation als politischem Gemeinwesen ergeben, und grenzt diese zum deutschen Verständnis der ethnisch-kulturellen Gemeinschaft ab. Aufschlussreiche Einblicke gibt er auch in die mitunter hart geführten Diskussionen, die sich in den letzten Jahren mehrfach an der "Kopftuch-Frage" entzündet und auf der einen Seite zu einer erneuten Mobilmachung für die Grundprinzipien der Republik geführt haben sowie auf der anderen Seite zur verstärkten Einforderung von Minderheitenrechten und einer moderateren Auslegung des Prinzips der Laizität, das nicht mehr jede religiöse Ausdrucksform verbieten dürfe. (vka)

Bezug: 
TALIDE e.V., Waldemarstr. 33, 18057 Rostock, Tel.: 0381-2003028, tadeline@t-online.de 

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CD-ROMs / Filme / Kalender / Ausstellungen

Cross-Over D11

Kassel. Die am 15. September in Kassel beendete Documenta 11 hat sich, wie es ihr künstlerischer Leiter Okwui Enwezor formuliert, den kulturellen und politischen Veränderungen geöffnet, die durch globale Transformationen herbeigeführt werden. Zu diesen gehören auch die Veränderungen durch Migrationsprozesse, die kulturellen Vermischungen und die Blickwechsel einer neuen Weltgesellschaft - den dominierenden Themen dieses "Museums der 100 Tage. Bei der Auswahl favorisiert wurden Künstler, deren Biografie und Kunstpraxis vom "Cross-Over" geprägt sind. Die Video-Installation "From the other side" von Chantal Akermann, einer in Paris lebenden Belgierin, spielt in der Grenzregion zwischen Mexiko und den USA. Ihr Thema ist das Elend mexikanischer Auswanderer, die versuchen, illegal den Grenzzaun zu queren - während auf der anderen Seite die Grenzpatrouillen mit Jeeps und Infrarotgeräten warten. Die Installation "ID: A journey through a solid sea" der italienischen Künstlergruppe "Multiplicity" beschäftigt sich mit einem ähnlich weiten Grenzraum: dem Mittelmeer. Aus dem einstigen Tummelplatz sich produktiv vermischender Kulturen und Traditionen ist ein Ort des illegalen Handels mit Menschen und Identitäten geworden. Die Arbeiten veranschaulichen Überschneidungen im Leben von Fischern, Touristen, Seeleuten, Einwanderern oder auch Polizeibeamten. So etwa in einer Videoinstallation aus einem Dutzend kreisförmig angeordneter Fernseher, in dessen Mitte stehend man zunächst nur eine Kakophonie von Geräuschen, Texten und Bildern wahrnimmt. Konzentriert man sich auf ein Gerät, hört man beispielsweise einen sein Netz flickenden Fischer darüber sinnieren, wie schnell das Meer die Spuren der 1996 gekenterten 283 Flüchtlinge eines Fischerbootes getilgt haben wird. Auf einem anderen Kanal schildert ein Nordafrikaner die Umstände seiner gelungenen Überfahrt und seines heutigen Lebens. Auch das Black Audio Film Collective arbeitet mit Überschneidungen. Die in den 1980er-Jahren in London entstandene Filmemachergruppe, setzt sich ein für eine Teilhabe der Schwarzen an britischer Politik und Kultur. Ihr Film "Handsworth Songs" thematisiert die unterschiedliche Wahrnehmung der "Unruhen" bzw. Demonstrationen gegen Diskriminierung und Arbeitslosigkeit 1986 in Handsworth bei Birmingham. Die dokumentarischen Aufnahmen sind zwischen Interviews mit Anwohnern geschnitten, unterlegt von inneren Monologen und atmosphärischer Musik. Als ironische Zitate werden Sequenzen aus der Mainstream-Berichterstattung gegenübergestellt. Scharfsinnig und humorig thematisiert Destiny Deacon in ihren "Postcards from Mummy" und dem Video "Forced into images" die rassenspezifischen Gegensätze, die einst die künstlerische Produktion der australischen Ureinwohner bestimmten und begrenzten. Fragen der Identitätsspolitik stehen im Mittelpunkt ihrer Arbeiten. Eindrucksvoll hat die D11 gezeigt, wie sehr das Politische in Zeiten der Globalisierung wieder zu einem Territorium für die Kunst geworden ist. Zuweilen fast schon agitatorisch antiwestlich, meist aber in erfrischend neuer Form haben transnationale Künstler Elemente unterschiedlicher Kulturen zur Kollision gebracht. So wurde von der in Berlin lebenden Indonesierin Fiona Tan gerade nicht der Dokumentarfilm ausgewählt, in dem sie dem Erbe ihrer Eltern als chinesische Einwanderer und dem Zerfall von Familienwerten in der Migration nachgeht. Stattdessen gezeigt wurde ihre Filmcollage "Countenance", mit der sie in gut 200 Filmporträts West- und Ostdeutsche analysiert und typologisiert, als handele es sich um eine bislang unbekannte Spezies. Der ethnologisch-soziologische Blick auf die Dritte Welt kehrt sich um und richtet sich auf uns. (esf)

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Campus 2002

Die Kokerei Zollverein I Zeitgenössische Kunst und Kritik hat bis zum 29. September 2002 das Projekt "Campus" durchgeführt, bei dem diesmal die Bereiche Bildende Kunst, politische Bildung, Wissensproduktion, HipHop, Jugend- und Stadtteilkultur verbunden wurden. Im Mittelpunkt von "Campus 2002" standen neue Wege und Modelle der Vermittlung von Wissen, Ausbildung und politischer Mündigkeit. Der Begriff "Campus" wurde wörtlich genommen. Interessierten besonders aus der unmittelbaren Nachbarschaft der ehemaligen Kokerei, die 1993 stillgelegt wurde, wurde ein umfangreiches Bildungsangebot vermittelt. Es fanden über das Sommersemester verteilt künstlerische Projekte, Aktionen, Konzerte, Seminare, Workshops, Vorträge, Lesungen und Diskussionen für SchülerInnen, StudentInnen, BesucherInnen, Interessierte und Laien statt. Es fanden unter anderem eine HipHop-Werkstatt, das Projekt "Ketty und Assam" der türkischen Künstlerin Ayse Erkmen, Seminare, Workshops und Diskussionen statt. Allen Projekten gemeinsam war die Auseinandersetzung mit wissensbasierten Vermittlungsmodellen sowie der Bezug zum Areal und zum Stadtteil.

Die Kokerei als historischer Ort spielte dabei vor allem in Ayse Erkmens Arbeit eine Rolle. Die Künstlerin ließ auf 700 qm in der ehemaligen Mischanlage ein Tigergehege aufbauen. Wo Besucher sonst einen Einblick in die Architektur der Mischanlage bekommen, lag nun das Tigerpaar Ketty und Assam. Die Tiere gehören einem Privatmann aus Lübeck und seien, so die Aussteller, artgerecht untergebracht. Die Besucher sollten vor den Gittern ihre Ausgeschlossenheit aus der Welt der Natur erfahren. Im Anschluss an "Campus 2002" erscheint ein "Handbuch Rassismus", entstanden aus einer Podiumsdiskussion "Rechtsradikalismus" im Jahr 2001. (esf)

Infos: www.kokereizollverein.de

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