Ausländer in Deutschland 4/2003, 19.Jg., 31. Dezember 2003

Beschäftigung


Saisonarbeit-
nehmer

eine Stütze der Landwirtschaft

In Deutschland werden bereits heute in nicht unerheblichem Umfang Arbeitskräfte aus den osteuropäischen Beitrittsländern insbesondere als Saisonarbeitnehmer (SAN) beschäftigt. Dabei konzentriert sich die SAN-Beschäftigung in mehrfacher Hinsicht:? über 90% aller SAN sind in der Landwirtschaft bzw. verwandten Bereichen tätig; ebenfalls über 90% der SAN arbeiten in Westdeutschland und? ca. 80% aller SAN kommen aus Polen.


Polnische Saisonarbeiter beim Spargelstechen in Brandenburg

Die Vermittlung (und Beschäftigung) von SAN ist seit 1974 kontinuierlich und zum Teil sehr deutlich angestiegen, wohingegen die Erwerbstätigkeit in der Landwirtschaft - einem langjährigen Trend folgend - stetig zurückgegangen ist. Die Zahlen am aktuellen Rand verdeutlichen die mittlerweile immense Bedeutung der SAN-Beschäftigung für die Landwirtschaft (278.000 SAN-Vermittlungen bei einer Gesamterwerbstätigkeit in der Landwirtschaft von ca. 684.000 Personen). Allerdings muss berücksichtigt werden, dass SAN nur bis zu drei Monaten pro Jahr arbeiten dürfen. Dies reduziert rein rechnerisch das durchschnittliche Jahresvolumen der SAN-Beschäftigung auf ca. 70.000 Personen. Doch auch dies ergäbe einen recht hohen Beschäftigungsanteil der SAN an der Erwerbstätigkeit in der Landwirtschaft von knapp 10%.

Diese Entwicklungen und der hohe Anteil der SAN könnten die Frage aufwerfen, ob nicht hierdurch ungünstige Auswirkungen auf die Arbeitsmarktsituation inländischer Arbeitskräfte entstanden sein könnten, dass Inländer also in diesem Kontext in größerem Umfang arbeitslos geworden sein könnten. Ein Vergleich der Tendenzen von Erwerbstätigkeit, Arbeitslosigkeit und SAN-Vermittlung scheint jedoch eher positive Effekte der SAN-Beschäftigung anzudeuten: gleichgültig, auf welcher regionalen Ebene diese Zusammenhänge betrachtet werden (etwa Westdeutschland insgesamt oder für Rheinland-Pfalz oder auch Brandenburg), ist nirgendwo eine Auswirkung in Richtung Erhöhung der landwirtschaftlichen Arbeitslosigkeit zu erkennen. Im Gegenteil: trotz des deutlichen Anstiegs der SAN-Beschäftigung ist die Arbeitslosigkeit in der Landwirtschaft in den letzten Jahren eher zurückgegangen. Insbesondere gilt diese Aussage für Rheinland-Pfalz mit einem über dem Bundesdurchschnitt liegenden Anteil der SAN-Vermittlung (bzw. -beschäftigung). Es scheint eher so zu schein, dass die Landwirtschaft durch die Verfügbarkeit von relativ günstigen Arbeitskräften aus den Beitrittsländern gestützt wird.


Autor: Elmar Hönekopp, Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB), Nürnberg

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"Schwarzarbeit"

- ein Osteuropäer-
phänomen?

Woran denken die Deutschen beim Stichwort Osteuropäer und Beschäftigung? Sicherlich an den Saisonarbeiter, der in der Landwirtschaft beschäftigt ist. Aber auch an den Osteuropäer, der illegal auf Berliner Baustellen oder die polnische Putzfrau, die jenseits der Landesgrenze ohne Sozialversicherungsnachweis arbeitet. Das Vorurteil, dass viele Ausländer und insbesondere Osteuropäer "schwarz" arbeiten, ist weit verbreitet. Dabei zeigt die Statistik, dass gerade viele inländische Arbeitskräfte Schwarzarbeit einer legalen Beschäftigung vorziehen.

Unter Schwarzarbeit versteht man selbständige oder unselbständige Tätigkeiten, mit denen gesetzliche Anmelde- oder Anzeigepflichten (z.B. Steuern, Sozialversicherung etc.) umgangen werden. "Da man im Dunkeln schlecht sehen kann, gibt es keine genauen Zahlen, sondern nur mehr oder weniger gute Schätzungen", heißt es seitens des Instituts für Arbeitsmarkt- Berufsforschung (IAB). Laut einer Schätzung der Universität Linz belief sich der Anteil der Schattenwirtschaft in Deutschland in 2001/2002 auf durchschnittlich 16,3 % des "offiziellen" Bruttoinlandsprodukt. Von 1989 bis 2002 ist die Schattenwirtschaft nach Schätzung der Linzer Schwarzmarktforscher in Deutschland um 38 % angestiegen - sie wird als der in den letzten 10 Jahren dynamischste Wirtschaftszweig bezeichnet. In den Jahren 1997/1998 belief sich der Anteil der Schwarzarbeiter auf etwa 22 % der offiziellen Arbeitsbevölkerung. Geschätzt wird, dass rund neun Millionen Inländer und rund eine Million Ausländer schwarz arbeiten. Somit sind 11,5 Prozent der Schwarzarbeiter Ausländer. Schwerpunkte der Schwarzarbeit liegen im Bausektor, in vielen Gewerbe- und Industriebetrieben (z.B. im KfZ-Bereich), im Hotel- und Gaststättengewerbe sowie in der Unterhaltungs- und Vergnügungsbranche.

Von zwei Dritteln der Bevölkerung wird Schwarzarbeit als "Kavaliersdelikt" gesehen. Viele Personen würden, wenn sie auch nicht selbst schwarz arbeiten, diese in Anspruch nehmen. Nach einer repräsentativen Umfrage haben 43 % der Deutschen dies bereits schon mal getan.

Durch Schwarzarbeit werden dem Staat Steuereinnahmen in großer Höhe vorenthalten. Zusätzlich muss er erhebliche Ressourcen aufwenden, um durch Kontrollen und andere Aktivitäten diese einzudämmen. Und so wundert es nicht, dass verstärkt Stimmen laut werden, Schwarzarbeit verstärkt strafrechtlich zu verfolgen und zu ahnden. Dennoch werden der Schwarzarbeit nicht nur negative Konsequenzen zugeschrieben: Ein Teil der Arbeiten wird nur zu Schwarzmarktpreisen durchgeführt, da sie sonst zu teuer wären. Das Einkommen aus der Schattenwirtschaft fließt zudem, da bar ausgezahlt, schnell in den Wirtschaftskreislauf zurück.

Den Nährboden für das Phänomen der wachsenden Schwarzarbeit bildet die in der Bevölkerung weit verbreitete Akzeptanz der Schwarzarbeit als Reaktion auf zu hohe Steuerbelastungen und Arbeitskosten. Diese Akzeptanz stößt jedoch schnell an ihre Grenzen, wenn es um Ausländer geht. Dass sie zahlenmäßig nur eine "Randgruppe" der Schwarzarbeiter sind, wird dabei übersehen.


Autorin: Vanessa Franz, isoplan

Quellenhinweise: 

  • IAB, Rüdiger Cyprian: Informationsmappe Schwarzarbeit, illegale Beschäftigung; 
  • Vortrag von Prof. Dr. F. Schneider, Universität Linz: Schattenwirtschaft und Schwarzarbeit: beliebt bei vielen jedoch (und) (k)ein Problem für alle?, Linz 2002

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