Integration in Deutschland 4/2004, 20.Jg., 30. November 2004

GLOSSE

Serie: Was Migranten an Deutschland schätzen

Dass es funktioniert ...

 

 Endlich Heimaturlaub. Und dann der Kulturschock: Nichts läuft, wie man es aus Deutschland gewöhnt ist. Die Abfertigung am Flughafen, die Hotelreservierung und erst recht der öffentliche Nahverkehr... Wann werden die es endlich lernen! Um gleich zu erschrecken: Ist man selbst schon so deutsch geworden?

Eigentlich wollte Leonie Fonseca da Silva nur etwas Geld von ihrem Konto abheben. Die Bonnerin war auf ihrer Heimatinsel Cap Verde in Urlaub und reihte sich vor die Bank in die Schlange ein. Das war am Morgen, und am Nachmittag stand sie immer noch da. Obwohl viele Bankangestellte hinter ihren Schaltern anscheinend emsig arbeiteten. Aber da kamen immer welche, preschten nach vorne, riefen der Kassiererin zu "Oh hallo Maria! Wie geht es? Und die Familie?" und wurden bedient. Der Ehemann von Leonie, ein Deutscher, regte sich nicht im Mindesten auf. Für ihn gehörte das zum afrikanischen Flair. Locker sein, in den Tag hinein leben… Sie selbst aber kochte vor Wut: Nix Lokalkolorit, so kommen diese Leute nie voran! Nicht nur in der Schlange, im Leben!

Was guter Service ist, weiß Leonie Fonseca genau, schließlich ist sie gelernte Hotelfachfrau. Sie lebt seit 14 Jahren in Bonn, träumt aber davon, mit 50 nach Cap Verde zurückzukehren und ein Hotel zu eröffnen. Und dann werde sie schon dafür sorgen, dass zumindest in ihrer Gegend alles so läuft, wie sie es in Deutschland lieb gewonnen hat. Nur, bis dahin dauert es noch lange. Erst mal baut das Ehepaar ein Haus im Dorf von Leonies Eltern, aber auch das geht nur mit Mühe voran. Denn auf die Handwerker ist kein Verlass: Sie kommen, wann sie wollen oder auch gar nicht. Das Geld aber bitte im Voraus.

Einer ist sogar mit der Anzahlung abgehauen. Zum Glück ist Leonies Bruder Polizeichef im Ort: Er hat den flüchtigen Meister gefasst und verpflichtet, die Summe abzuarbeiten. In Deutschland dagegen, sagt sie, muß man nicht mit dem Polizeichef verwandt sein, um sein Recht zu bekommen: Wenn hier die Handwerker pfuschen, verlangt man Rabatt und Nachbesserung. Und wenn alles nicht hilft, gibt es Gesetze und Gerichte, die ihnen zur Geltung verhelfen.

Und die gebürtige Capverderin zögert nicht, sich - wie gute Deutsche - ihrer zu bedienen. Vor einiger Zeit hatte das Paar eine Wohnung im Rheinland gekauft. Die Mieter zogen aus, hinterließen jedoch nur Chaos. Da hatten sie aber nicht mit Leonie Fonseca gerechnet! Die resolute Frau fotografierte die verwüsteten Räume, dann brachte sie die Bilder zu ihrem Anwalt.


Autorin: Matilda Jordanova-Duda

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