Integration in Deutschland 2/2005, 21.Jg., 15. Juni 2005

ARBEITSPLATZ DEUTSCHLAND

*) Dieser Beitrag wurde im Druck-Exemplar nicht veröffentlicht!


Hilfe aus dem Osten

Saisonarbeitnehmer stützen Deutschlands Landwirtschaft

Wenn die Deutschen im Frühsommer zarten Spargel und frische Erdbeeren "aus deutschen Landen" genießen, wenn sie dazu ein Flasche Riesling von Rhein oder Mosel öffnen, dann denkt kaum einer daran, wem sie diese Köstlichkeiten verdanken: nicht nur den einheimischen Obst- und Gemüsebauern und Winzern, sondern ganz wesentlich auch Tausenden von Erntehelfern aus Osteuropa, die jedes Jahr für einige Monate nach Deutschland kommen, um hier ihr Einkommen zu verbessern. Allerdings - dies ist kein leicht verdientes Geld: für harte Arbeit gibt es nur kargen Lohn. Doch der ist immer noch deutlich höher als in den meisten Herkunftsländern.


Harte Arbeit für 5,42 Euro in der Stunde

Erntezeiten verursachen "Spitzen" in der Arbeitskräftenachfrage. In wenigen Wochen im Frühjahr, im Sommer oder im Herbst müssen Obst, Gemüse und die Traubenernte eingefahren werden, andernfalls drohen die Produkte zu verderben und damit existenzgefährdende Verluste für die Betriebe. Obwohl auch im Obst- und Weinbau die Mechanisierung der Erntearbeit fortschreitet, bleibt in bestimmten Kulturen die Handarbeit bei der Ernte unverzichtbar. Die Bauern sind also auf zusätzliche Arbeitskräfte angewiesen.

Über 300.000 Arbeitserlaubnisse für Saisonarbeitnehmer pro Jahr

Im Jahr 2004 wurden 333.710 Arbeitserlaubnisse für Saisonarbeitnehmer aus Osteuropa erteilt. Die allermeisten Arbeitskräfte (über 90 %) arbeiten in der Landwirtschaft. Das ist der vorläufige Höhepunkt einer "temporären Arbeitsmigration", die bereits in den 70er Jahren aufgrund bilateraler Regierungsvereinbarungen begonnen und sich insbesondere nach dem Wegfall des "Eisernen Vorhangs" seit 1990 deutlich gesteigert hat. Den weitaus größten Anteil der Saisonarbeitnehmer stellten immer die Polen: zuletzt waren es rund 86 %. Die nächst größeren Gruppen waren Rumänen (8,1 %) und Slowaken (2,7 %). Die übrigen kommen aus Ländern wie Ungarn, Slowenien, Kroatien und Bulgarien. Wenn man die Zahl der Erwerbstätigen in der deutschen Landwirtschaft dagegenhält (rund 900.000, darunter knapp 25.000 Ausländer), dann wird deutlich, welches Gewicht den auf maximal 4 Monate im Jahr befristeten Saisonarbeitsverhältnissen zukommt.

Die Beschäftigung von Saisonarbeitnehmern in diesem Umfang ist durchaus nicht unumstritten. Ist es sinnvoll, so wird gefragt, bei 5 Millionen Arbeitslosen im eigenen Land (darunter 1,8 Millionen Langzeitarbeitslose) noch zusätzliche Arbeitskräfte zu importieren, wenn auch zeitlich eng befristet? Schließlich gilt für die neuen EU-Mitglieder noch keine Freizügigkeit der Arbeitskräfte nach Westeuropa, sie wird erst 2011 - nach einer siebenjährigen Übergangszeit - in vollem Umfang eingeräumt. (Nur Schweden, Großbritannien und Irland gewähren schon jetzt den freien Zugang zu ihren Arbeitsmärkten.) Werden durch die Saisonarbeitnehmer nicht deutsche Arbeitskräfte verdrängt bzw. Arbeitslose von einer Beschäftigung ferngehalten? Politiker unterschiedlicher Couleur forderten noch in diesem Frühjahr, dass die Bundesagentur für Arbeit mehr deutsche Erntehelfer in die Betriebe vermitteln solle.

Keine Verdrängungseffekte?

Doch die Landwirte winken ab. Die meisten deutschen Arbeitslosen seien hartes und ausdauerndes Arbeiten nicht gewohnt: 8 - 10, nicht selten 12 Stunden täglich, meist in gebückter Haltung, Sonne und Regen ausgesetzt, das Ganze bei einem tariflichen Stundenlohn von 5,42 €€€EUR - da seien die meisten Deutschen nicht in der Lage oder nicht bereit, diese Strapazen durchzustehen. Spätestens nach zwei Tagen meldeten sie sich krank, so die Funktionäre des Bauernverbandes. Deswegen seien die Obst- und Gemüsebauern auf die Polen und anderen Osteuropäer als Saisonarbeitnehmer geradezu angewiesen, ohne sie könnte die Ernte in Spitzenzeiten nicht rechtzeitig bewältigt werden. Insoweit könne von Verdrängung keine Rede sein - im Gegenteil: durch die Ausdauer, Geschicklichkeit (auch die gehört zum Spargelstechen!) und Zuverlässigkeit seien ausländische Saisonarbeitnehmer geradezu eine unverzichtbare Stütze der meist hoch spezialisierten Betriebe. Sie sicherten damit deren Existenz und letztlich die vorhandenen Arbeitsplätze in der Landwirtschaft.
Deswegen bemühten sich viele Landwirte, "ihre Leute" immer schon für das nächste Jahr zu engagieren, das heißt Saisonarbeitnehmer, deren Zuverlässigkeit sie kennen. Nicht selten geht es dabei um größere Kontingente: 20, 50 oder über 100 Arbeitskräfte pro Betrieb.

"Verteuerung" durch Sozialversicherungspflicht

Durch den Beitritt Polens zur EU am 1. Mai 2004 hat sich an der Lohn- und Kostenfront Gravierendes verändert. Eine EU-Verordnung schreibt nämlich vor, dass Saisonarbeitnehmer aus einem EU-Mitgliedsland dem Sozialrecht des Heimatlandes unterliegen. Das bedeutet für die Polen, dass auf die ohnehin niedrigen Löhne hohe Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten sind: insgesamt 47,85 %, von denen die Arbeitgeber 20,64 % und die Arbeitnehmer 27,21 % zu tragen haben. Während sie früher nach deutschem Sozialrecht als "geringfügig Beschäftigte" bis zu 50 Tagen im Jahr praktisch sozialbabgabenfrei waren und ihren Stundenlohn brutto wie netto einbehalten konnten, bleiben dem polnischen Erntehelfer jetzt nur noch knapp vier EUR netto pro geleisteter Arbeitsstunde. Ob sie dafür auch in Zukunft die Knochenarbeit leisten werden, daran bestehen erhebliche Zweifel - zumal dann, wenn sich das allgemeine Lohn- und Einkommensniveau in Polen und den anderen neuen EU-Staaten in den nächsten Jahren erhöhen wird. Dann wird sich gering bezahlte Saisonarbeit für die Polen nicht mehr "lohnen", und einer realen Lohnerhöhung setzt der Markt in Deutschland enge Grenzen.

Was bleibt? Entweder werden die Deutschen für heimische Produkte noch tiefer in die Tasche greifen müssen, oder die billigere Konkurrenz aus Spanien, Griechenland und anderen Ländern wird deutsche Agrarprodukte mehr und mehr vom Markt verdrängen. Vielleicht aber werden auch die Arbeitsmärkte reagieren, und die Migration der Saisonarbeitnehmer wird sich weiter in Richtung Osten verlagern: in wenigen Jahren - so erwarten Branchenkenner - könnten Ukrainer, Weißrussen und Moldawier - also Saisonarbeiter aus Nicht-EU-Ländern - den deutschen Spargel stechen. Ein starkes Lohngefälle zwischen Ost und West und die Mobilität der Arbeitskräfte hätten dann ein weiteres Mal für den Ausgleich von Angebot und Nachfrage nach Arbeit gesorgt. Man darf gespannt sein, wie sich die Dinge bis zum Jahr 2010 entwickeln werden.


Autor: Martin Zwick, isoplan

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Viele "Illegale" arbeiten in Schlachthöfen

 

Düsseldorf. Jeder fünfte Schlachthof und große Fleischzerlegebetrieb in Nordrhein-Westfalen steht im Verdacht der illegalen Beschäftigung von Arbeitnehmern aus Osteuropa. Dabei geht es um mehr als 2.100 Beschäftigte, wie aus dem am 18. Mai 2005 in Düsseldorf vorgelegten Abschlussbericht zu den landesweiten Schlachthofkontrollen der vergangenen Monate hervorgeht. Die Ermittler hatten zwischen dem 21. März und dem 6.Mai alle 105 Schlachthöfe, Fleischereigroß- und Fleischzerlegebetriebe mit mehr als 50 Beschäftigten in Nordrhein-Westfalen überprüft. Das Ergebnis: Bei 22 Betrieben besteht der Verdacht auf illegale Beschäftigung osteuropäischer Arbeitnehmer. Verwickelt sollen 51 Subunternehmen sein. Alle Verdachtsfälle seien an die dafür zuständigen Hauptzollämter und an die Abteilung Finanzkontrolle Schwarzarbeit bei der Oberfinanzdirektion Köln weitergegeben worden, berichtete das Ministerium. Bei ihren Kontrollen stießen die Fahnder außerdem in neun Betrieben auf erhebliche Verstöße gegen die Arbeitszeitvorschriften. Dazu gehörten werktägliche Höchstarbeitszeiten von bis zu 19,5 Stunden. (esf)

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Migranten in der Automobil-
industrie

Bei BMW ist die Nationalität zweitrangig

Dass in der Kantine bei BMW in München Kebap mit Schweinshaxe konkurriert, ist nicht zuletzt den kulinarischen Gewohnheiten der Ausländer zu verdanken, die 10 % der rund 80.000 Beschäftigten an deutschen Standorten des Konzerns stellen. Damit liegen die Bayerischen Motorenwerke etwas unter dem Durchschnitt; bundesweit waren im Juni vergangenen Jahres 11,6% der rund 871.000 Arbeitnehmer im Fahrzeugbau ohne deutschen Pass. Hinzu kommen Personen mit Migrationshintergrund, die mittlerweile eingebürgert sind, und daher in der Statistik nicht mehr erscheinen.

Die Rekrutierung ausländischer Arbeitnehmer begann bei BMW "im großen Stil" 1962. Durch die Anwerbung von Italienern, Spaniern, Griechen und Türken stieg deren Anteil im Unternehmen innerhalb eines Jahres von 3,3 % auf 18,6 % sprunghaft an. Fünf Jahre später waren bei dem Automobilhersteller bereits Arbeitskräfte aus insgesamt 40 Nationen beschäftigt.

Auch heute noch sind entscheidende Kriterien für die berufliche Eingliederung von Zuwanderern die Rekrutierungsstrategien der Betriebe sowie die konkrete Integration ihrer Beschäftigten in den betrieblichen Alltag. Für Michael Bommes vom Institut für Migrationsforschung und interkulturelle Studien der Universität Osnabrück waren die Migranten in den 1960er- und 1970er-Jahren auf dem Arbeitsmarkt vor allem deshalb relativ erfolgreich, weil sie ein vergleichsweise niedriges Anspruchsniveau und keine Karriereambitionen hatten.[1] Die Voraussetzung für ihre Eingliederung war die Hinnahme ihrer "Ungleichheit" im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern. Mittlerweile sind die Migranten Bestandteil einer wohlfahrtsstaatlichen Integrationsprogrammatik; in den Blick geraten dabei die typischen Schwellen beim Zugang zum Arbeitsmarkt sowie überdurchschnittliche Arbeitslosenquoten - vor allem der zweiten und dritten Generation von Einwanderern.

In der Automobilindustrie, so fand Bommes heraus, werden diese Schwellen oftmals durch Verwandtschaftsbeziehungen überwunden. Bei der Rekrutierung von Auszubildenden und neu Einzustellenden greift man gerne auf den Nachwuchs der "eigenen Gastarbeiter" zurück. Und so beerben Migrantenjugendliche ihre Väter am Fließband und in der Fertigungshalle.

Doch wem es gelingt, die Werkstore zu durchschreiten, der begibt sich aus den Händen staatlicher Integrationsbemühungen in den Betriebsalltag zukunftsorientierter internationaler Konzerne.

Während man noch in den 1980er-Jahren dem hohen Anteil türkischer Beschäftigter in der Fertigung bei BMW im Rahmen eines neuen Lernkonzepts begegnete, hat man heute von derlei Maßnahmen Abstand genommen. "Nicht die Nationalität steht im Vordergrund, sondern der Mensch mit seinen Kompetenzen" erklärt Martina Hatzel, zuständig für Unternehmenskommunikation bei BMW. "Jeder wird ausschließlich nach seinen Fähigkeiten eingesetzt." Um eine reibungslose Verständigung im Arbeitsablauf zu gewährleisten, ist das Beherrschen einer der Konzernsprachen, Deutsch oder Englisch, Voraussetzung für die Einstellung jener Menschen, die Autoteile unter weiß-blauem Himmel montieren. Maßnahmen zur Integration oder Förderung interkultureller Begegnungen im Unternehmen existieren nicht. Hier wird vielmehr an die Eigeninitiative und -verantwortung der Betroffenen appelliert.

Alt- und Neumigranten

Dass die deutsch-türkische Freundschaftsföderation (DTF) der BMW Group für ihre langjährigen Bemühungen zur Integration ausländischer Mitarbeiter im Jahr 2004 den Wirtschaftspreis verliehen hat, belegt in den Augen des Unternehmens, dass damit der richtige Weg eingeschlagen wurde. Der Konzern sei nicht nur "leistungsstarker Arbeitgeber, sondern gleichzeitig ein Musterbeispiel dessen, wie man Menschen aus unterschiedlichen Kulturen und Glaubensrichtungen friedlich und würdevoll miteinander vereinigen kann", heißt es in der Begründung der Preisverleihung.

Der Blick auf die Geschichte der "klassischen Gastarbeiter" und deren Nachkommen allein würde für einen modernen Weltkonzern in Zeiten interkontinentaler Geschäftsbeziehungen jedoch zu kurz greifen. Gerne verweist man daher auch auf die Manager und Kreativköpfe aus "aller Herren Länder", die heute als Leistungs- und Imageträger für die BMW-Group und auch anderswo in der Branche agieren.

Diese neue Gruppe von Migranten hat der Prozess der Globalisierung hervorgebracht. Sie sind unabhängig von klassischen push- und pull-Faktoren und "wandern" weitgehend außerhalb staatlicher Restriktionen. Für die hochqualifizierten Arbeitskräfte spielen Faktoren wie Arbeitsmarktlage, gesellschaftliche Ausgrenzung oder betriebliche Integration keine Rolle. Konzerninterne Karriereüberlegungen stehen im Vordergrund.

Und so stellen werksinterne Gebetsräume für muslimische Beschäftigte oder der Kebap-Stand in der Kantine bei BMW kleine Insignien von Interkulturalität dar, die das große "crossbordering" auf Managementebene auf volkstümliche Weise ergänzen.


[1] Quelle: Integration und Intergrationsförderung in der Einwanderungsgesellschaft / Forschungsinstitut der Friedrich-Ebert-Stiftung, Abt. Arbeit und Sozialpolitik. - [Electronic ed.]. - Bonn, 1999.

Autorin: Delia Schröder

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Gründerzentrum umwirbt Migranten

 

"International Setting-up in Business", "Création International d'entreprise": Mit diesen Slogans und anderen in türkischer, russischer und spanischer Sprache wirbt das Technologie- und Gründerzentrum (TGZ) Kaisersesch Existenzgründer aus der ganzen Welt an. Damit gehört das 1800 Quadratmeter große Areal in Kaisersesch (Kreis Cochem-Zell in Rheinland-Pfalz) zu den ersten Gründerzentren, die auch und vor allem Migranten ansprechen. Ewald Mattes, Geschäftsführer des TGZ, erklärt die Beweggründe: "Mit diesem Konzept kann ein Beitrag zur Integration der Migranten in Deutschland geleistet werden. Arbeit schafft gesellschaftliche Akzeptanz, fördert die Unabhängigkeit und schafft eine Wertschätzung zwischen den unterschiedlichen Kulturen." Und TGZ-Projektbeauftragte Martina Vogel ergänzt: "Migranten haben es in allen Lebensbereichen schwerer. Wir wollen, dass sie mit einer beruflichen Selbstständigkeit eine echte Chance bekommen."

Dieses Konzept ist allerdings nicht nur für die ausländischen Existenzgründer von Vorteil, sondern von beiderseitigem Interesse. "Wir setzen darauf, dass sich dadurch auch Geschäftsbeziehungen zu anderen Ländern ergeben", erklärt Mattes und ergänzt: "Auch vor dem Hintergrund demographischer Entwicklungen ist es erforderlich, Migranten für unsere Wirtschaft zu gewinnen, um so am internationalen Wettbewerb teilnehmen zu können."

Um das Konzept zum Erfolg werden zu lassen, wurden nicht nur Flyer in verschiedenen Sprachen verfasst, sondern auch Dolmetscher verpflichtet. Diese können helfen, Sprachbarrieren bei der Existenzgründungsberatung, die ebenfalls zum Tätigkeitsspektrum des TGZ zählt, abzubauen. Zudem arbeitet das TGZ mit der rheinland-pfälzischen Landesbeauftragten für Ausländerfragen und dem Landeswirtschaftsministerium zusammen - mit erstem Erfolg: Es gibt einen Interessenten, der asiatische Lebensmittel anbieten will. (kd)

Infos unter: www.tgz.kaisersesch.de, Tel. 02653/913520.

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286.000 ausländische Selbständige

 

Mannheim/Essen. Nach einer im April 2005 veröffentlichten Studie des Instituts für Mittelstandsforschung der Universität Mannheim (IMF) hat die Zahl ausländischer Selbständiger stark zugenommen. Unternehmen, die von Migranten gegründet wurden, beschäftigten 2003 etwa 1 Million Arbeitskräfte. 2003 wurden insgesamt 286.000 ausländische Selbständige gezählt. Die größten Gruppen sind Italiener (46.000), Türken (43.000), Griechen (26.000), Ex-Jugoslawen und Österreicher (jeweils 21.000). Unter Berücksichtigung der Eingebürgerten bilden Türken mit 60.500 die größte Gruppe, vor Italienern (49.500) und Griechen (27.500). Die Selbständigenquopte ist bei den Griechen mit 15,5 % am höchsten, bei Italienern beträgt sie 13,1 %, bei Türken nur 5,8 %.

Von einer noch höheren Zahl türkischer Selbständiger geht die Stiftung Zentrum für Türkeistudien (ZfT) aus. Nach einer imApril veröffentlichten Studie gab es im Jahr 2003 in Deutschland 61.300 türkische Unternehmen mit einem Jahres-Umsatz von 28,9 Mrd. Euro. Dies sind 4.500 Unternehmen mehr als noch im Jahr 2002. Der Schwerpunkt der türkischen Selbständigen in Deutschland liegt noch immer in den Bereichen Einzelhandel (34,1%) und Gastronomie (23,0%). "Allerdings schrumpften diese Sektoren in den vergangenen Jahren zugunsten des Dienstleistungsbereichs, wo ein klares Wachstum auf einen Anteil von 22,8% (Jahr 2000: 19,2%) der Betriebe zu verzeichnen ist," so ZfT-Direktor Faruk Sen. Mit ihrer Geschäftstätigkeit sichern die Unternehmer nicht nur ihre eigene Existenz und die ihrer Familie, sondern sie geben auch anderen Menschen eine berufliche Perspektive.

Heute haben 319.000 Personen eine Beschäftigung in türkischen Unternehmen. bessere Vernetzung mit Wirtschaftsförderung gefordert. Allerdings sei die Entwicklung des türkischen Unternehmertums in Deutschland nicht nur eine Erfolgsgeschichte, so Sen weiter: "Diejenigen Unternehmen, die sich noch in den klassischen Branchen der Migrantenökonomie bewegen, insbesondere in Gastronomie und Einzelhandel, sehen sich zunehmendem Wettbewerbsdruck ausgesetzt, auch durch die türkischen Mitkonkurrenten." Zugleich könne die Branchendifferenzierung in der Migrantenökonomie noch deutlich schneller vonstatten gehen, wenn die Gründer nicht nur verstärkt auf innovative Branchen setzten, sondern auch in größerem Maße in die Strukturen der Wirtschaftsförderung eingebunden wären und von ihnen Kenntnis hätten. Zudem stünden die deutschen Banken vielen Gründungsvorhaben von Zuwanderern verhältnismäßig skeptisch gegenüber. "In jedem Fall muss es in Zukunft nicht nur um Gründungs- sondern auch um Nachhaltigkeitsförderung in der türkischen Zielgruppe gehen", blickt Sen auf die kommenden Herausforderungen. Es gelte, die Gründungsmotivation der Türkinnen und Türken, die durch die Möglichkeiten der Ich-AG weiter beflügelt wurde, in langfristige unternehmerische Konzepte zu überführen und die Fluktuation türkischer Unternehmungen zu senken. (esf/dh)

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