Integration in Deutschland 3/2006, 22.Jg., 30. September 2006

EDITORIAL


Editorial

ursprünglich sollte sich dieses Editorial anderen Themen widmen: der zunehmenden Abwanderung deutscher Fachkräfte ins Ausland und der Frage, wie dem zu begegnen sei. Doch aktuelle Entscheidungen in Nürnberg veranlassen uns, Sie – unsere Leserinnen und Leser – in eigener Sache direkt anzusprechen und zu fragen: Soll „AiD“ weiter existieren und, wenn ja: Sind Sie bereit, dafür einen Kostendeckungsbeitrag zu leisten?

Zum Hintergrund: Der Informationsdienst „AiD“ – die Abkürzung leitet sich her vom früheren Titel „Ausländer in Deutschland“ – erscheint seit 1984 viermal im Jahr, nunmehr also im 22. Jahrgang. Er wendet sich vorrangig an die „Multiplikatoren der Ausländerarbeit“: an Mitarbeiter in Kommunen und Fachbehörden, Aktive in Vereinen, Initiativen und Netzwerken – kurz: an alle, die sich der großen Aufgabe der Integration von Migranten in Deutschland verschrieben haben. Das Redaktionsteam von „AiD“ hatte stets den Anspruch, objektiv, sachlich und verständlich über die komplexen Fragen der Migration und Integration zu berichten, und zwar nicht nur über die problematischen Seiten, sondern auch über positive Beispiele und Erfolge der Integrationsarbeit, die es zweifellos gibt und die im alltäglichen Nachrichtenstrom oft übersehen werden. „AiD“ verstand sich immer auch als Plattform des Informationsaustauschs, die auch von den vielen Projekten und Initiativen an der Basis, in den Städten und Gemeinden, berichtet.

Seit dem Start 1984 wurde „AiD“ aus Bundesmitteln finanziert: bis 2002 aus dem Etat des Bundesarbeitsministeriums, seit 2003 aus dem Titel für Öffentlichkeitsarbeit des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Nürnberg. Dort ist im Sommer die Entscheidung gefallen, dass diese Förderung mit dem Jahr 2006 zu Ende geht. Die entsprechenden Mittel werden für originäre Zwecke im Rahmen der Informations- und Öffentlichkeitsarbeit des BAMF benötigt, die sich schwerpunktmäßig an die Migranten selbst richten soll.

Damit, liebe Leserin, lieber Leser, ginge eine „Erfolgsstory“ nach 22 Jahren zu Ende, sollte es nicht gelingen, alternative Finanzierungsquellen zu erschließen. Denn dass „AiD“ seinen festen Platz in der „Szene“ der bundesdeutschen Integrationsarbeit gewonnen hat, davon sind wir – das Redaktionsteam und die Herausgeber – fest überzeugt.

Zur Zeit sind wir dabei, alternative Finanzierungsquellen auszuloten. Allenfalls ein Mischmodell der Kofinanzierung aus verschiedenen Bausteinen bietet die Chance, „AiD“ im Jahr 2007 (und darüber hinaus) am Leben zu erhalten. Dazu müssten aber auch die Leser ihren Beitrag leisten. Nur wenn eine ausreichende Zahl von Jahresabonnements zusammenkommt – die Schwelle liegt bei rund 5.000 Beziehern –, hat das Mischmodell Aussicht auf Erfolg.

Absichtserklärung
JA zu AiD: hier online

Dieser Ausgabe liegt eine „Absichtserklärung: JA zu AiD“ bei. Wenn Sie uns dieses Blatt bis 15.11.2006 unterschrieben zurücksenden und damit erklären, für ein Jahresabonnement (4 Ausgaben) im Jahr 2007 12 EURO bezahlen zu wollen, dann ist dies Ihr persönlicher Beitrag zur „Rettung“ von AiD. Ob der Rettungsversuch gelingt oder fehlschlägt, darüber wird in der nächsten Ausgabe an dieser Stelle zu berichten sein. Wir hoffen immer noch und arbeiten daran, dass „AiD 4/06“ nicht die letzte Ausgabe gewesen sein wird.

In diesem Sinne grüßen Sie

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Kommentar:
Integration durch Gipfel?

 

Bewegung in die Zuwanderungs- und Integrationspolitik ist durch die Große Koalition auf jeden Fall gekommen. Die Regierung hat die Integration zu einem Schwerpunktthema erklärt, eine Integrationsministerin ernannt und den ersten deutschen Integrationsgipfel veranstaltet. Nun kommt noch der „Islamgipfel“. Durch Gipfel allein lässt sich freilich die viel beschworene Integration nicht erreichen. Viel mehr besteht die Gefahr, dass man falsche Hoffnungen weckt und das Thema damit sozusagen abhakt. Frei nach dem Motto „Über allen Gipfeln ist Ruh ...“ des Dichterfürsten Johann Wolfgang von Goethe, der selbst – kaum zu glauben, aber wahr – türkische Vorfahren, also einen Migrationshintergrund hatte. Gipfel sind richtig und wichtig. Die Integrationsarbeit muss aber vor Ort vor allem in den Schulen teilweise mühsam und langfristig erarbeitet werden. Hinzu kommt jetzt, dass das Zuwanderungsgesetz dringend reformiert werden muss – jenseits aller Gipfel. Der rote Teppich sollte ausgerollt werden, um die besten Köpfe der Welt nach Deutschland zu locken. Aber es kommt keiner. Kein Wunder, die Hürden sind einfach zu hoch: Wer als Selbständiger eine Million Euro investieren und zehn Arbeitsplätze schaffen kann, der muss nicht unbedingt zu uns kommen, der kann sich das Land seiner Wahl aussuchen. Der geht lieber mit seinen Englischkenntnissen nach Kanada, Australien oder in die USA. Nun denken SPD und CDU darüber nach, die Zuwanderung von Selbständigen oder gesuchten Spezialisten zu erleichtern. Ein Punktesystem nach dem Vorbild klassischer Einwanderungsländer wie Kanada könnte dabei hilfreich sein. Im Paragrafen 20 im Entwurf zum Zuwanderungsgesetz von 2003 war eine solche „Zuwanderung im Auswahlverfahren“ bereits verankert. Sang- und klanglos wurde diese Möglichkeit auf Wunsch der Union aus dem Zuwanderungsgesetz gestrichen. Vielleicht sind jetzt in der Großen Koalition die Voraussetzungen besser, das Einwanderungsland Deutschland voranzubringen. Gerade im Hinblick auf die Bevölkerungsentwicklung sind wir in Zukunft verstärkt auf Migranten angewiesen. Eine Erkenntnis, die sich auch ohne Gipfel im Zuwanderungsgesetz der Großen Koalition niederschlagen sollte.

Prof. Karl-Heinz Meier-Braun

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