Integration in Deutschland 4/2006, 22.Jg., 15. Dezember 2006

NOTIZEN

*) Diese Beiträge wurden im Druck-Exemplar nicht veröffentlicht!


Integration im Tabakschuppen

Ein Viertel der Deutschen im Stadtteil Bombogen sind Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion. Die Stadt und der Ortsbeirat haben verschiedene Integrationsprojekte ins Leben gerufen. Unter anderem einen Jugendraum in einem ehemaligen Tabakschuppen.

 


In einem außergewöhnlichen architektonischen Ambiente, dem leer stehenden Tabaktrockenschuppen des Ortes, ist der Jugendraum enstanden.

Eine Eckcouch mit Fernseher, laute Musik, einige Jugendliche am Billardtisch und eine kleine Schulungsecke, ein Jugendraum wie es sie tausendfach in Deutschland gibt. Dennoch ist hier etwas Besonderes. Im Stadtteil Bombogen treffen 22 Nationen aufeinander, dazu kommen Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion, die 25% der Bevölkerung im Stadtteil ausmachen. Für den Ort, der 1976 noch 490 Einwohner hatte und in dem die Landwirtschaft, insbesondere der Tabakanbau eine wichtige Rolle spielte, eine gewaltige Herausforderung. "Wir haben vor sieben Jahren einen Runden Tisch gegründet, an dem Institutionen und Vereine beteiligt sind, die mit Integration, Jugend- und Familienarbeit zu tun haben, um verschiedene Integrationsmöglichkeiten auszuloten", erklärt Hermann- Josef Krämer, Ortsvorsteher Bombogen.


Max Aksenow, Maxim Prieb und Waldemar Rotermel sind Stammgäste im Tabakschuppen Wittlich- Bombogen. Spätaussiedler und einheimische Jugendliche verbringen hier ihre Freizeit zusammen und lernen daneben die Kultur des anderen kennen.

Mit dem Programm des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit "Viva Familia" konnte ein wichtiger Baustein, die Integration der Familien, vorangetrieben werden. Eine hauptamtliche Pädagogin mit Migrationshintergrund leitet den Jugendraum und bietet Hilfe für Familien. "Wir versuchen den Jugendraum themenbezogen zu gestalten, so dass nicht nur Cliquen unter sich etwas machen, sondern die Zeit gemeinsam verbracht wird", erklärt Palina Fantes, Deutsch und Russisch sprechende Pädagogin, die Konzeption. Gemeinsame Ausflüge zu Sehenswürdigkeiten im nahegelegenen Trier, eine Filmreihe zum Thema Gewalt und Heimatlosigkeit, Diskoabende und gemeinsam erarbeitete Informationsreihen zu Aids, Sexualität und Drogen setzten das Projekt um. "Wir wollen nicht krampfhaft den Dialog herstellen, unter dem Motto bring doch das nächste Mal deinen ausländischen Freund mit, sondern ein Kennenlernen beim Billardturnier oder im Strickkurs ist unser Ziel", berichtet Palina Fantes. Bisher wird der seit 2005 bestehende Jugendraum sehr gut angenommen. Geöffnet ist er wochentags außer mittwochs von 15-20 Uhr für die Altersgruppe von 12 bis 27 Jahre. Durchschnittlich 17 Jugendliche nehmen das Angebot täglich war, davon etwa 60 % einheimische Jugendliche und 40 % Spätaussiedler.

Dass die Dorfgemeinschaft das Projekt unterstützt, konnte man bei der Eröffnung sehen. Musikverein, Feuerwehr, Kirchengemeinde und Grundschule gestalteten zusammen mit dem Sport- und Kulturverein der Russischsprechenden in Wittlich die Feier. "Im Sportverein sind schon einige Spätaussiedler aktiv, im Musikverein beginnt gerade der Integrationsprozess und ich hoffe, dass in anderen Vereinen ebenfalls der Anteil an Spätaussiedlern wächst", sagt Herrmann- Josef Krämer. Kulturelle Stadtteilfeste, Vortragsreihen unter dem Titel "Meine Heimat, Deine Heimat", tragen ebenfalls zum Zusammenwachsen Bombogens bei. "Wichtig ist uns, dass wir von unten nach oben arbeiten, bei den Kindern und Familien ansetzen. Insgesamt kann man feststellen, dass die Vernetzung kommt", erzählt der Ortsvorsteher.

Christina Bents

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Deutschlands beste Schule

 

Stuttgart. Am 11. Dezember 2006 erhielt die Grundschule Kleine Kielstraße in Dortmund von Bundespräsident Horst Köhler den Deutschen Schulpreis. Vier weitere Preise gingen nach Kassel (Gesamtschule Waldau), Braunschweig (Integrierte Gesamtschule Franzsches Feld), Jena (Jenaplan-Schule) und Hamburg (Max-Brauer-Schule). Der erstmals vergebene Deutsche Schulpreis wurden im Rahmen eines Wettbewerbs der Robert Bosch Stiftung und der Heidehof Stiftung in Kooperation mit dem stern und dem ZDF vergeben. Das Besondere an der Dortmunder Schule ist, dass sie auf dem Papier nach einer Problemschule aussieht: Hier lernen 420 Schülerinnen und Schüler aus über 20 verschiedenen Ländern, für vier von fünf ist Deutsch nicht die Muttersprache, viele kommen aus mehrfach belasteten Familien.

Gemeinsam kreativ arbeiten und auf unterschiedlichem Niveau zusammen lernen - so lautet die Devise der 1994 gegründeten Ganztagsschule. In einem jahrgangsübergreifenden und offenen Unterricht werden die Kinder nach ihren Bedürfnissen und Interessen gefördert und lernen selbstständig. Statt Frontalunterricht steht kreatives Arbeiten in Klein- und Großgruppen auf dem Programm. Konkret heißt das: Jedes Kind hat einen individuellen Wochenplan mit Einheiten zum Schreiben, Lesen und Rechnen. Zudem können die Kinder zum Beispiel anhand von Lesetagebüchern über das Gelesene reflektieren. Sie haben auch die Möglichkeit, eigene Lernwege zu beschreiten und Projekte zu starten, die auf ihre Interessen abgestimmt sind. In der Laudatio hieß es: "Hier ist klar, dass Deutsch lesen, sprechen und schreiben zu können, vorrangige Bedeutung hat. Hier ist klar, dass, Gewalt geächtet wird und dass Leistung gefragt ist. Die Elternarbeit sucht ihresgleichen. Und die Schule nimmt die Eltern in die Pflicht, aber auch in ihre Obhut. Sie handelt als öffentliche Institution mit eigener Verantwortung und schützt die Kinder vor Gefährdungen und Belastungen - wenn es sein muss, auch gegen ihre Umgebung. Mitten in den Spannungsfeldern einer sozial komplexen, multinationalen, multiethnischen, multikulturellen Lebenswirklichkeit ermöglicht sie Kindern, Selbstvertrauen, Leistungsfreude, Zusammenhalt und demokratischen Geist zu erfahren und dadurch auch bei sich selbst auszubilden." (esf)

Infos: http://schulpreis.bosch-stiftung.de/
content/language1/html/8788.asp
 

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Vorbereitungs-
kurse für türkische Zuwanderer

 

Berlin. Die Staatsministerin im Bundeskanzleramt und Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Prof. Dr. Maria Böhmer, ist Ende Oktober 2006 mit der türkischen Staatsministerin für Frauen, Kinder und Soziales der Republik Türkei, Frau Nimet Çubukçu, im Bundeskanzleramt zusammengetroffen, um über Deutsch-Vorbereitungskurse in der Türkei, Bildungspaten, Ausbildungsförderung von Frauen sowie Frauenfragen zu sprechen. Beide Staatsministerinnen, die sich bereits anlässlich der Türkeireise der Integrationsbeauftragten Mitte September getroffen hatten, waren übereinstimmend der Ansicht, dass eine gelungene Integration der im Rahmen des Familiennachzugs nach Deutschland kommenden Frauen und Männer hohe Priorität habe und hierfür das Beherrschen der deutschen Sprache entscheidend sei. Die türkische Regierung will daher über Vorbereitungskurse sicherstellen, dass Grundkenntnisse der deutschen Sprache bereits vor der Einreise nach Deutschland erworben werden. Frau Çubukçu teilte hierzu mit, dass der türkische Ministerpräsident bereits den Erziehungsminister, Herrn Hüseyin Celik, angewiesen habe, die Vorbereitungskurse in den nächsten Monaten auf den Weg zu bringen. Als besondere Integrationsleistungen der deutschen Seite wies Frau Dr. Böhmer auf die Weiterentwicklung der Integrationskurse unter dem Schwerpunkt Frauen und Mütter sowie auf die parallel zur frühkindlichen Sprachförderung stattfindenden Mütterkurse hin.

Die Staatsministerinnen vereinbarten, in Deutschland lebende Persönlichkeiten türkischer Abstammung als Bildungspaten zu gewinnen, die den Jugendlichen bei der Integration zur Seite stehen sollen. Sie einigten sich weiter auf eine gemeinsame Veranstaltung in Deutschland zu Frauenrechten, um ihre Positionen auch den hier lebenden türkischen Familien zu vermitteln. "Frauen kommt eine Schlüsselrolle im Integrationsprozess zu", betonten Böhmer und Çubukçu. Dazu müssten alle Anstrengungen unternommen werden, dass neben dem Erlernen der deutschen Sprache auch die Bildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten gerade bei jungen türkischstämmigen Frauen in Deutschland erfolgreich genutzt werden. "Wir brauchen Brückenbauer", betonten beide Staatsministerinnen. (esf)

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Filippo Maturi 80 Jahre

 

Köln. Dr. Giacomo Filippo Maturi, der im Jahr 2006 achtzig Jahre alt geworden ist, hat die Sammlung seines umfangreichen Lebenswerks an das Dokumentationszentrum und Museum über die Migration in Deutschland e.V. (DOMiT) gegeben. Dr. Maturi, wurde in Pinzolo in der italienischen Provinz Trento geboren und kam 1959 als Gastassistent am Max-Planck-Institut für Völkerrecht nach Deutschland. 1960/61 richtete er für den Deutschen Caritasverband das Netz der Sozialbetreuungsstellen für italienische Arbeiter und ihre Familien ein. Von 1961 bis 1967 war er im Bereich "Labor Relations" bei den Ford-Werken in Köln verantwortlich für die Förderung der Eingliederung ausländischer Mitarbeiter in Betrieb und Gesellschaft. Mehrere Jahrzehnte gestaltete er als Journalist bei den Italienischen Redaktionen des WDR und der Deutschen Welle Sendungen für italienische Hörer. Mit einem Team von Redakteuren und Übersetzern gab Herr Dr. Maturi mehr als zwei Jahrzehnte lang Zeitschriften und Publikationen zur Information ausländischer Arbeitnehmer und ihrer Familien in italienischer, spanischer, portugiesischer, griechischer, serbokroatischer und türkischer Sprache heraus. Zudem war er freiberuflich als Referent in der interkulturellen Fortbildung tätig.

Der Bestand Dr. Giacomo F. Maturi umfasst alle seine Publikationen aus den Jahren 1960 bis 1995. Ferner finden sich darin Kostbarkeiten wie die an den WDR gesandten italienischen Hörerbriefe aus den Jahren 1965 bis 1975, die einen unmittelbaren Eindruck der Sorgen, Nöte und Hoffnungen italienischer Arbeiter in Deutschland vermitteln, Manuskripte von Vorträgen und Rundfunksendungen, die die Erforschung der Anfänge der interkulturellen Schulung in Deutschland gestatten, und vieles mehr. Durch die Übergabe an DOMiT werden diese Materialien nun der Forschung und der interessierten Öffentlichkeit nach Voranmeldung zugänglich. DOMiT wurde 1990 als Selbstorganisation von Migranten und Migrantinnen gegründet. In den vergangenen 16 Jahren ist es gelungen, eine deutschlandweit einzigartige Sammlung an sozial- und kulturgeschichtlichen Zeugnissen der Einwanderung nach Deutschland zusammengetragen. Darunter befinden sich eine Vielzahl von Leihgaben, Schenkungen und Nachlässen politisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich oder künstlerisch aktiver MigrantInnen. Der Schwerpunkt der Sammlung liegt auf der Arbeitsmigration seit 1955. DOMiT beherbergt eine Spezialbibliothek, ein Bildarchiv, ein Medienarchiv, ein Schriftgutarchiv sowie eine museale Sammlung. Ziel der Sammlungsaktivitäten von DOMiT ist es, das historische Erbe der Einwanderer für künftige Generationen zu bewahren und es einer breiten Öffentlichkeit zu Zwecken der Forschung und der Selbstvergewisserung zugänglich zu machen. Das Dokumentationszentrum versteht sich als ein Ort, an dem Deutschland sich als Einwanderungsland entdecken und verstehen lernen kann. (DOMiT)

Kontakt: DOMiT - Dokumentationszentrum und Museum über die Migration in Deutschland e.V., Bonner Str. 211, 50968 Köln, Tel: 0221-80028-30, Fax:-31, info@domit.de, www.domit.de 

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Mouratidis gegen Kilic

 

Bad Krozingen. Die baden-württembergischen Grünen haben auf ihrem Landesparteitag Mitte November 2006 den 29-jährigen Daniel Mouratidis zu ihrem neuen Landesvorsitzenden gewählt. Er gilt als Wunschkandidat der Landtagsfraktion und der Parteiführung. Seine Wahl sei ein "Zeichen", dass auch "Einwanderer in der Politik" eine Chance hätten, sagte er. Mouratidis ist Sohn eines Griechen und einer Deutschen. In seiner Bewerbung hatte der bislang unbekannte Nachwuchspolitiker geschrieben, es sei sein Vorteil, "nicht aus einer urgrünen Familie" zu kommen. Der Wahl war eine innerparteiliche Kontroverse vorausgegangen. Die bisherige Landesvorsitzende hatte sich negativ zur fehlenden Erfahrung von Mouratidis und eines weiteren kandidierenden Kandidaten geäußert, woraufhin die Parteilinke mit Memet Kilic (39) einen dritten, eigenen Kandidaten nominierte. Kilic ist ein auf ausländerrechtliche Fragen spezialisierter aus Heidelberg stammender Anwalt. Im ersten Wahlgang bekam er - offenbar auch aufgrund einer Absage an mögliche schwarz-grüne Koalitionen - ein respektables Ergebnis. Den zweiten Wahlgang gewann Mouratidis mit 119 Stimmen gegen Kilic, der 85 Stimmen erhielt. (esf)

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Jawed Karim - Beispiel eines Brain Drain

 

Der Kauf des führenden Internetportals für Videos, YouTube, durch Google machte Mitte Oktober 2006 Schlagzeilen. 1,65 Milliarden Dollar zahlte der weltweit dominierende Anbieter einer Internet-Suchmaschine für eine Firma, die gerade erst anderthalb Jahre existierte. Ihre Geschichte begann mit einem 18 Sekunden langen Experimentalfilm, der in einem Zoo gedreht und probehalber auf die Internetplattform geladen worden war. Jawed Karim hatte sich vor das Elefantengehege gestellt und in die Videokamera gesagt: "Das Coole an diesen Elefanten ist, dass sie sehr, sehr, sehr lange Rüssel haben. Und das ist cool". Karim drehte sich noch mal kurz zu den Elefanten und schloss mit den Worten: "Das ist eigentlich auch schon alles". Die ZEIT hat ihm noch im Oktober (Nr. 43, 19.10.06) ein eigenes ganzseitiges Porträt gewidmet, stammt doch Karim - einer der drei Gründer der Plattform, auf der sich Internet-Nutzer heute täglich etwa 100 Millionen kostenlose Videoclips herunterladen und täglich 65.000 neue einspeisen -, ursprünglich aus der DDR. Heute steht der 27-Jährige nicht mehr im Vordergrund, über das Geld freuten sich seine damaligen Kompagnons des Gründertrios, Chad Hurley und Steven Chen. Karim wurde 1979 in Merseburg als Kind einer deutschen Mutter und eines aus Bangladesch stammenden Vaters geboren. Sein Vater war über ein Stipendium in die DDR gekommen, an der Universität lernte er seine Frau kennen, eine spätere Professorin für Biochemie. 1982 konnte die wenig erwünschte binationale Familie in den Westen - nach Neuss - ausreisen. Die zunehmende, auch für sie spürbare Ausländerfeindlichkeit führte 1992 zum Entschluss, ins amerikanische Minnesota weiter zu wandern. Der Vater hatte in Neuss beim Technologiekonzern 3M gearbeitet, jetzt konnte er eine Stelle in der Zentrale annehmen. YouTube war bereits der zweite New-Economy-Coup des erstgeborenen Sohnes des Paares. Zuvor hatte er die Firma PayPal mit aufgebaut, mit dem Zahlungssysteme für das Internet entwickelt worden waren. PayPal wurde zwei Jahre später, 2002, von eBay gekauft - ebenfalls für 1,5 Milliarden Doller. Zur Zeit holt er an der Stanford University sein - wegen der Entwicklung von YouTube unterbrochenes - Studium der Computerwissenschaften nach. Die ZEIT resümiert: Seine Geschichte sei eine Illustration all dieser Schlagworte: Integration, Innovation, Migrationshintergrund, Bildung, Wettbewerbsfähigkeit und Brain Drain - kein gutes Bild auf Karims alte Heimat werfend.

In YouTube aber lohnt es sich einmal hinein zu schauen, findet auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z. vom 12.10.06). Auf Platz 20 der originellsten und daher am häufigsten angeschauten Filmchen liegt zum Beispiel "ntropie" mit "next big thing, really" (http://www.youtube.com/
watch?v=pYak2F1hUYA
). Der Titel (auf Deutsch: Längst nicht mehr das nächste große Ding, wirklich nicht) ist schon ein echter Klassiker, so die F.A.Z.: "Ein hipper Blogger lädt im März 2006 eine selbst produzierte Liebesballade der deutschtürkischen Band ‚Tekkan' aus dem pfälzischen Germersheim bei YouTube hoch und setzt einen Hype in Gang. So bilden digitale Avantgarde und Unterschichtkultur reinsten Wassers eine fruchtbare Symbiose." Das am Rheinufer gedrehte Video ist unbedingt sehenswert, findet die Zeitung. "Wir liefen Hand in Hahahand / Am großen Meeresstrahahand" singt es dort in pfälzischem Orientalisch, "Isch suche Disch und vermisse Disch!". (esf)

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Frauen und Integration

 

Wiesbaden. "Frauen in der Integration - und die Menschenrechte…?", unter diesem Titel hatte das Hessische Sozialministerium am 28. September 2006 in das Kulturforum nach Wiesbaden geladen. Nach der Eröffnungsrede der Sozialministerin Silke Lautenschläger referierte Frau Prof. Böhmer über die Ergebnisse der ersten Sitzung der Islamkonferenz, die sich intensiv der Frage gewidmet hatte: "Was ist ein deutscher Muslim, was ist eine deutsche Muslima?". Auch wenn sich alle Teilnehmer der Islamkonferenz klar zum Grundgesetz bekannten, "knirschte es an vielen Ecken und Kanten, insbesondere wenn es um die Frauenfrage ging". Frau Prof. Böhmer betonte, dass man in der Integrationsfrage keinen Schritt vorankäme, würde die Frage nach der Integration von Frauen nicht beantwortet. Integration sei daran zu messen, inwieweit man sich mit Deutschland identifiziere. Ausgehend davon formulierte sie die zentrale Frage, inwieweit es gelungen sei, dass sich ausländische Frauen bzw. Frauen mit Migrationshintergrund in Deutschland heimisch fühlten. Eine Arbeitsgruppe der Islamkonferenz wird sich explizit dem Thema Frauenrechte widmen. Sie betonte weiter, dass der Schlüssel für eine gelungene Integration und die Durchsetzung von Frauenrechten in einer ausreichenden Bildung läge. Der wichtigste Integrationsort sei daher die Schule. "Frauen sind stark, wenn sie als Mädchen gestärkt werden", so Prof. Böhmer.

"Brautpreis Deutschland"


Dr. Necla Kelek

Dr. Necla Kelek knüpfte in ihrem Impulsreferat unmittelbar an die Schulthematik an und forderte ein generelles Kopftuchverbot in Grundschulen. Sie widmete sich intensiv dem Thema Zwangsheirat. Jährlich kommen nach ihren Angaben ca. 15.000 bis 20.000 Frauen zur Zwangsheirat nach Deutschland - Dr. Kelek nennt dies "Brautpreis Deutschland". Sie betonte, es gebe keinen wesentlichen Unterschied zwischen arrangierten Ehen und Zwangsehen. Bei beiden Formen der Eheschließung seien Frauen von einer freien Willensentscheidung weit entfernt. Als Konsequenz aus der Tragweite des Problems forderte sie, das Mindestalter zur Familienzusammenführung auf 21 Jahre zu erhöhen. Dr. Kelek erörterte das unterschiedliche Welt- und Menschenbild des Islam einerseits und der westlichen Demokratien andererseits: Während der Islam klar die Kollektivgemeinschaft schütze, insbesondere die Familie, und das Individuum nicht als selbständiges Wesen angesehen würde, stünde in Deutschland der einzelne Mensch im Vordergrund. Nach Ansicht von Dr. Kelek ist - nicht zuletzt aus diesem Grund - ein Großteil der muslimischen Werte nicht mit der Demokratie vereinbar.


Prof. Dr. Christian Pfeiffer

Prof. Dr. Christian Pfeiffer, der als Kriminologe bereits seit mehreren Jahren die Gewaltbereitschaft von Migrantenjugendlichen untersucht, aber auch zum Thema häusliche Gewalt forscht, appellierte daran, neben diesen Betrachtungen gleichermaßen die Erfolgswege von Migranten zu erkennen. Derzeit laufe diesbezüglich eine qualitative Interviewreihe.

Prof. Pfeiffer betonte, dass die Integration ganz wesentlich in den Kindergärten stattfinde. Gleichzeitig verwies er auf die "destruktive Wucht des massiven Medienkonsums auf Migrantenjugendliche". Seine Forderung lautete demnach: "Eine Ganztagsschule für alle" als Mittel Nr. 1 gegen Gewalt von Migrantenjugendlichen - jedoch keine "Verwahranstalten", sondern qualitativ hochwertige Einrichtungen, die vormittags Unterricht anbieten und nachmittags die "Lust am Leben wecken", durch die Vermittlung von sozialem Lernen, dem Interesse an Kultur und Sport etc.

In den anschließenden Podiumsdiskussionen wurde immer wieder der Wunsch nach verstärkter Differenzierung laut. So wurde u.a. betont, dass Zwangsverheiratung nicht ein rein islamisches und auch kein rein türkisches Thema sei, sondern Ausdruck eines traditionellen, patriarchalen Familienbildes, wie es auch in Deutschland lange Zeit existiert habe. Die Veränderung patriarchalen Denkens sei ein langer Prozess, der nicht unter Druck gelänge. Gleichzeitig wurde auch dafür sensibilisiert, dass sich viele türkische Männer und Frauen angesichts mangelnder Differenzierung diskriminiert fühlten. Frau Cornelia Spohn, Vorsitzende des Verbandes binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V., plädierte für mehr Toleranz: "Es gibt Formen der Eheanbahnung, die uns absurd erscheinen, aber das gilt umgekehrt genauso. Eine Marokkanerin kann auch nicht nachvollziehen, dass in Deutschland Partnersuche im Internet stattfindet." Frau Spohn zitierte darüber hinaus eine Marokkanerin mit folgender Aussage: "Ihr heiratet aus Liebe, und nach der Eheschließung bleibt die Liebe oder sie geht. Wir heiraten, und die Liebe kommt oder sie kommt nicht".

Vanessa Franz

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Böhmer: Migranten in Medien beachten

 

Berlin. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Prof. Maria Böhmer, hat von den deutschen Medien eine stärkere Beachtung der Migranten gefordert. Im Jahr 2010 werde die Hälfte aller Menschen unter 40 Jahren in Deutschland einen Migrationshintergrund haben. Zurzeit liege ihr Anteil bei 19 Prozent. Dies müsse sich stärker im Programm und in der Berichterstattung spiegeln, sagte Böhmer. Sie forderte neben einer anderen "Themensetzung" auch "mehr Medienvertreter ausländischer Herkunft vor und hinter der Kamera" sowie in den Redaktionen und im Management. (esf)

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Böhmer zur 15. Shell-Jugend-
Studie

 

Berlin. 76% der ausländischen Jugendlichen sind mit der Demokratie in Deutschland zufrieden - so lautet ein Ergebnis der Mitte September 2006 veröffentlichten 15. Shell-Jugend-Studie. Diese "gute Nachricht für die Politik, die Gesellschaft und die Zukunft Deutschlands" hob Staatsministerin Prof. Dr. Maria Böhmer, Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, in einer Presseerklärung hervor. Zugleich unterstreiche die Studie auch die großen Herausforderungen, vor denen wir stehen, sagte Böhmer: "Sie belegt den Bildungsaufstieg der Mädchen, der sich aber noch zu wenig in beruflichem Erfolg niederschlägt. Sie belegt zugleich, dass wir ein besonderes Augenmerk auf die männlichen Jugendlichen und hier besonders diejenigen mit Migrationshintergrund richten müssen, bei denen Zukunftswünsche und Zukunftschancen weit auseinander klaffen." Zudem werde deutlich, so Böhmer weiter, "dass wir angesichts der hohen Religiosität christlich-orthodoxer wie muslimischer Jugendlicher, die aus der Studie hervorgeht, die Kenntnis der Weltreligionen und Konfessionen und das wechselseitige Verständnis für die Glaubensüberzeugungen des jeweils anderen stärken müssen".

Gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung betonte Böhmer am 15. Oktober 2006 zudem die Problematik, dass immer weniger junge Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland einen Ausbildungsplatz bekommen. 40 Prozent von ihnen erhielten keinerlei berufliche Qualifizierung, sagte sie. Die Chancen junger Menschen aus Zuwandererfamilien auf dem Ausbildungsmarkt hätten sich "dramatisch verschlechtert". Böhmer verdeutlichte diese Einschätzung mit einem Vergleich der Zahlen von 1994 und 2005. Während damals noch 126.000 Jugendliche mit ausländischer Abstammung einen Ausbildungsplatz erhalten hätten, sei es nun mit 67.000 nur noch die Hälfte. Dies sei alarmierend. Die Lage von Zuwanderern und ihren Kindern auf dem Arbeitsmarkt war auch Thema eines am 16. Oktober folgenden Gesprächs von Arbeitsminister Müntefering, Bildungsministerin Schavan und Wirtschaftsminister Glos mit dem Präsidenten des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Braun. (esf)

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Saarbrücker Tagung Bildung und Migration

 

Saarbrücken. Am 7./8. Dezember 2006 hat der Ausländerbeirat der Landeshauptstadt Saarbrücken eine Tagung "Bildung und Migration" durchgeführt. An der Veranstaltung nahmen Lehrerinnen und Lehrer, Bildungsorganisationen, interkulturell tätige Vereine und Politiker teil. Ein Referat von Dr. Mechthild Gomolla (Universität Münster) führte in die Thematik der Schulentwicklung in der Einwanderungsgesellschaft ein. In einem folgenden Vortrag stellte Dr. Markus Ottersbach (Universität zu Köln) die These vor, dass die Unterrepräsentation der Migranten in hochqualifizierten Berufen vorrangig als ein "Unterproblem" der ungleichen Beteiligung von Migranten im deutschen Bildungs- und Ausbildungssystem zu betrachten sei. Im Anschluss berichtete die Theaterpädagogin Vera Kalb über die Arbeit des Theaterpädagogischen Zentrums und Peter Nagel, Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer, stellte Initiativen für eine bessere Ausbildung von Migranten aus wirtschaftspolitischen Motiven vor. Zum Abschluss der Veranstaltung ging es in Vorträgen um den subjektiven Stellenwert der Schulerfahrung und Schullaufbahn für die Identität junger Migrantinnen und Migranten und um das interkulturelle Konzept der S.T.E.R.N. Schule in Daarbrücken-Dudweiler. (esf)

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Kampagnen gegen das Tatmotiv Ehre

 

München/ Düsseldorf. Die Begriffe "Ehre" und "Schande" dienen in vielen Ländern als Rechtfertigung für Menschenrechtsverletzungen an Mädchen und Frauen. Eine am 15. Januar 2007 öffnende Ausstellung von Terre des Femmes "Tatmotiv Ehre" im Anton-Fingerle Bildungszentrum in München zeigt die ganze Spannbreite dieser weltweit verübten Verbrechen. Sie will aber auch einen Beitrag zum Verständnis für die Konflikte der Betroffenen leisten. Ein breiter Unterstützerkreis hat darüber hinaus ein vielfältiges Rahmenprogramm erstellt, in dem deutlich wird, dass auch in unserem unmittelbaren Umfeld in Deutschland Mädchen gegen ihren Willen verheiratet oder wegen ihres Lebensstils ermordet werden. Neben Fachreferaten von Seyran Ates, Liane Lehnhoff, Ahmet Toprak und Sevinc Yada, Prof. Dr. Werner Schneider, Prof. Dr.Gaby Straßburger und Sharaf Hjältar werden parallel zur Ausstellung bis zum 13. Februar 2007 Filmvorführungen, musikalische Komödien und Kabarettveranstaltungen geboten. Ein Opfer weiblicher Genitalverstümmelung stellt darüber hinaus ihre Arbeit zur Verbesserung der Gesundheitsbedingungen von Frauen in Afrika vor.

Auch das nordrhein-westfälische Integrationsministerium führt zusammen mit Migrantenorganisationen seit November 2006 eine Kampagne durch, die sich gegen jede Art von "Gewalt im Namen der Ehre" richtet. Die Kampagne wendet sich unter dem Motto "Ihre Freiheit - seine Ehre" mit einer Postkartenaktion, Theateraufführungen und Informationsveranstaltungen auch gegen Zwangsverheiratungen. Nach Angaben von Integrationsminister Laschet sind von 1996 bis 2005 neben 55 Fällen schwerer Gewalt bis zum so genannten "Ehrenmord" auch eine Vielzahl weiterer Fälle von Zwang und Angst bekannt geworden. Dazu zählen auch Zwangsverheiratungen, die zwar heute schon unter den Paragrafen der Nötigung falle, aber nur schwer zu ahnden sei. Laschet betonte, dass Probleme von häuslicher Gewalt auch in deutschen Familien anzutreffen sei. In dieser frage dürfe es jedoch weder Toleranz geben, noch einen "kulturbedingten Kredit". Gewalt im Namen der Ehre sei keine exotische Geschichte, sondern auch nordrhein-westfälische Geschichte, unterstrich auch Gülseren Celebi von der Bochumer Migrantenvereinigung Ifak. (esf)

Kontakt: Dr. Chong Sook Kang, Landeshauptstadt München, Schul- und Kultusreferat, Pädagogisches Institut, Herrnstraße 19, 80539 München, Tel.: 089/233-26547

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Wettbewerb "Kreativ für Toleranz"

 

Berlin. "Kreativ für Toleranz" lautet das Thema des diesjährigen Victor-Klemperer-Jugendwettbewerbs. Teilnehmen können Einzelpersonen, Vereine und Schulklassen. Unter dem Motto "Mach' mit und lasse deiner Kreativität freien Lauf!" will der Wettbewerb Schülerinnen und Schüler, Jugendliche und junge Erwachsene (Einzelpersonen, Klassen, Gruppen usw.) anregen, sich mit den Themenbereichen Demokratie und Toleranz kreativ zu beschäftigen. Die Themen und Darstellungsformen können frei gewählt werden. Das Thema soll jedoch so aufbereitet werden, dass auch andere daraus etwas lernen können. Die für den Wettbewerb eingerichtete Website bietet zur Anregung einige Beispiele. Einsendeschluss ist der 31. März 2007. (esf)

Infos: www.victor-klemperer-wettbewerb.de 

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Dritter Berliner Integrationstag

 

Berlin. Am 16. November 2006 hat der Berliner Landesbeirat für Integrationsfragen zum dritten Mal den "Berliner Integrationstag" durchgeführt. In diesem Jahr lautete das Motto "Berlin gemeinsam gestalten - Jugendliche aktiv gegen Rassismus". Im Mittelpunkt der Veranstaltung in der Werkstatt der Kulturen stand die Vorstellung des großen Schulnetzwerks "Schulen ohne Rassismus - Schulen mit Courage". Die Initiatoren präsentierten Projekte und berichteten von ihren Erfahrungen. Am Nachmittag fanden verschiedene Workshops statt, bei denen es um Anti-Rassismus-Trainings, Strategien gegen Rechtsextremismus und Forderungen von Flüchtlingen an die Landesregierung ging. Ferner las Zafer Senocak aus seinem neuen Buch "Das Land hinter den Buchstaben - Deutschland und der Islam im Umbruch" und der ehemalige Regierungssprecher Uwe Karsten Heye, Vorsitzender von "Gesicht zeigen - Aktion weltoffenes Deutschland", stellte den Stand des Projekts vor. (esf)

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Stuttgarter Kongress Integration durch Sport

 

Stuttgart. Stuttgart trägt 2007 den Titel "Europäische Sporthauptstadt". Die Stadt nimmt dies zum Anlass, zu Beginn des Jahres die Integration und Partizipation von Migranten in den Städten Europas im Dialog zu diskutieren. Ein Kongress vom 22. - 23. Januar 2007 in der Landeshauptstadt widmet sich dem Thema "Integration durch Sport". Er soll, so Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Schuster, "Gelegenheit bieten, anhand von good-practice Beispielen in einen Erfahrungs- und Informationsaustausch einzutreten, den Sport als ideale Brücke für gelebte Integration zu begreifen und neue Impulse für die kommunale Integrationsarbeit zu erhalten". In zwei Foren zum Thema "Sport als Medium für soziale Integration" sollen insbesondere erfolgreiche Projekte vorgestellt werden: das Programm "Integration durch Sport" des Deutschen Sportbundes, Integrationsmaßnahmen des Deutschen Fußballbundes sowie das integrative Projekt "Start - Sport überspringt alle Hürden" zur Förderung von Zuzwanderermädchen und Frauen" des Landessportbunds Hessen. Die europäische Dimension des Themas wird anschließend durch Projekte der früheren Europäischen Sporthauptstädte Glasgow, Rotterdam und Kopenhagen und das Projekt "All different - all equal" aufgezeigt. Ferner ist die Verabschiedung einer Stuttgarter Deklaration als Start für den so genannten "Stuttgart-Prozess" zu "Integration von Migrantinnen und Migranten durch Sport in den Kommunen Europas" vorgesehen. (esf)

Infos: www.integration.sport.stuttgart.de 

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"Stigmatisierung ausländischer Studierender"

 

Trier. Der Bundesverband Ausländischer Studierender (BAS) und der "freie zusammenschluss von studentInnenschaften" (fzs) lehnen "eine Verschärfung des AusländerInnenrechts und eine Generalverdächtigung internationaler Studierenden als potenzielle TerroristInnen strikt ab", heißt es in einer Ende Oktober 2006 veröffentlichten gemeinsamen Pressemitteilung. Sie kritisieren Pläne der großen Koalition, internationale Studierende zukünftig verschärften Kontrollen zu unterziehen und auch eine Überprüfung sämtlicher Bürgenden bei der Visa-Antragstellung zu veranlassen. Die Dauer der Aufenthaltserlaubnis soll von derzeit zwei auf höchstens ein Jahr verkürzt werden. Antragsteller sollen ferner "identitätssichernden" Maßnahmen unterzogen werden können. Darüber hinaus sollen Ausländerbehörden internationale Studierende auf "Ungereimtheiten" in den jeweiligen Lebensläufen kontrollieren können. Beide Verbände bezeichnen diese "Forderungen nach einer massiven Verschärfung der rechtlichen Rahmenbedingungen gegen internationale Studierende" als "verantwortungslos und rassistisch". Sie würden die Attraktivität Deutschlands als internationalem Studien-und Wissenschaftsstandort gefährden. Bemängelt wird das Schüren "unberechtigter Verunsicherungen und Ressentiments gegenüber internationalen Studierenden". Ihnen werde das Signal gegeben, "in Deutschland nicht willkommen zu sein und noch mehr Hindernisse und Bürden auferlegt zu bekommen".

Katharina Binz vom Vorstand des fzs sagte hierzu: "Internationale Studierende werden in Deutschland schon jetzt massiv diskriminiert". Eine weitere Verschärfung des Aufenthaltsgesetzes sei nicht zumutbar. Insbesondere die aktuellen arbeits- und aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen schreckten internationale Studienbewerber schon jetzt von einem Studium in Deutschland ab. Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern sei internationalen Studierenden in Deutschland beispielsweise eine Erwerbstätigkeit zur Finanzierung neben dem Studium nur sehr stark eingeschränkt erlaubt. Die Verkürzung des Zeitraums der Aufenthaltsdauer erschwere das Studium und erhöhe den Druck und die Angst der Studierenden. Der Weg zu den Ausländerbehörden sei auch für "unbescholtene Studierende" ein belastender Gang. Das Bundesministerium des Inneren schüre mit seinen Plänen in der Gesellschaft bereits vorhandene Ressentiments gegenüber internationalen Studierenden.

Die Verbände wiesen darauf hin, dass es sich bei den Fällen der beiden "Kofferbombenleger" um zwei Beispiele aus einer Gesamtmenge von über 246.000 internationalen Studierenden in Deutschland handele. "Diese zwei Fälle sollen nun zum Anlass für eine Einführung weiterer restriktiver aufenthaltsrechtlicher Bestimmungen gemacht werden: Hier folgt Herr Schäuble dem Irrglauben, durch restriktive rechtliche Rahmenbedingungen entschlossene TerroristInnen abhalten zu können." Dies zeuge von Naivität, da es ein Trugschluss sei, davon auszugehen, dass sich hoch motivierte TerroristInnen nicht an solche Maßnahmen anpassen könnten. Nach Auffassung von Martin Menacher vom Vorstand der BAS, könne die Bundesregierung zur Zeit nicht glaubhaft vermitteln, dass eine Integration internationaler Studierender angestrebt werde.

Der BAS und der fzs fordern daher die Bundesregierung auf, "von ihren Plänen zur Änderung des Aufenthaltsgesetz abzusehen und stattdessen alle diskriminierenden und restriktiven Maßnahmen gegenüber internationalen Studierenden abzubauen". Von der Politik müsse das Signal ausgehen, dass internationale Studierende in Deutschland willkommen seien. Sie dürften nicht "als potenzielle Gefahr stigmatisiert werden". Die derzeitige Politik konterkariere alle bisherigen Bemühungen, den Studien- und Wissenschaftsstandort Deutschland international attraktiver zu gestalten. (esf)

Kontakt: http://www.bas-ev.de 

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Hamburg übernimmt Vorsitz der Argeflü

 

Hamburg. Die Länderarbeitsgemeinschaft für Integration und Flüchtlingsfragen (Argeflü) ist ein Fachgremium auf der Ebene der obersten Landesbehörden. Hier werden die Länderpositionen im Bereich Zuwanderung und Integration fachlich erörtert, geklärt und abgestimmt. Die Argeflü setzt sich aus Vertretern der Innen- und Sozialressorts der Länder zusammen. Als sachkundige Gäste nehmen Vertreter aus Ministerien und Ämtern des Bundes teil. Dies ermöglicht einen übergreifenden fachlichen Austausch. Der Vorsitz und die Geschäftsführung der Argeflü werden im dreijährigen Wechsel von jeweils einem Bundesland wahrgenommen. 2006 hat die Hamburger Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz (BSG) diese Aufgaben von Schleswig-Holstein übernommen. Vorsitzender der Argeflü ist nunmehr Staatsrat Dietrich Wersich. Seine Vertretung erfolgt durch die Leiterin des Amtes für Soziales und Integration, Senatsdirektorin Maria Maderyc.

Um den aktuellen Herausforderungen im Bereich der Integration gerecht zu werden und eine gezielte Auseinandersetzung mit allen wichtigen Themenfeldern zu gewährleisten, hat die Argeflü vier Arbeitsschwerpunkte gebildet, die jeweils von einem Bundesland betreut werden. Sofern es erforderlich ist, können zudem ad-hoc-Arbeitsgruppen eingerichtet werden. Arbeitsschwerpunkte sind im Einzelnen: 1. Integration von bleibeberechtigten Migranten einschließlich der Spätaussiedler, 2. Angelegenheiten der Aufnahme, Verteilung und sozialen Versorgung von ausländischen Flüchtlingen mit vorübergehendem Aufenthaltsrecht sowie der Rückkehrhilfe und Reintegration, 3. Rechtsfragen, Aufnahme und Verteilung von Spätaussiedlern und 4. Angelegenheiten der Vertriebenen, insbesondere nach § 96 Bundesvertriebenengesetz.

Das Hauptgewicht der Arbeit hat sich in den letzten Jahren immer stärker zum Schwerpunktbereich "Integration" verlagert. Zunehmende Bedeutung gewinnen EU-Themen, da sich die EU-Kommission seit einiger Zeit verstärkt mit Zuwanderung und Integration befasst. In der Zeit des Hamburger Vorsitzes sind mehrere fachliche Entwicklungen zu begleiten und zu koordinieren, unter anderem das bundesweite Integrationsprogramm nach § 45 Aufenthaltsgesetz, die Klärung der Integrationsziele sowie die Messung von Integrationserfolg. Zu den Sitzungen der Argeflü wird anlassbezogen eingeladen. Die erste Sitzung fand am 6. April 2006 im Hamburger Rathaus statt. (esf)

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Migranten besuchen Deutschen Bundestag

 

Rostock. Vom 19. bis 20. Oktober 2006 besuchten in Rostock lebende Migrantinnen und Migranten über den Verein Diên Hông sowie andere Interessierte den Deutschen Bundestag in Berlin. Die Bildungsreise fand auf Einladung des Rostocker Abgeordneten Dr. Harald Terpe, MdB (Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen), statt. Auf dem Programm standen unter anderem Gespräche im Bundesministerium für Gesundheit und in der Heinrich-Böll-Stiftung. Den Besuchern wurden dabei eine Menge wertvoller Informationen zum Ausbau und zur Gestaltung von Demokratie gegeben. Als beeindruckend erlebt wurde die Teilnahme an einer Plenarsitzung des Deutschen Bundestages im Reichstagsgebäude. Besonders für die Zugewanderten war dies "eine wichtige Erfahrung, wie in der zweiten Heimat Politik und Verwaltung funktioniert", so Vereinsmitarbeiter Dr. Maher Fakhouri. (esf)

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Aktionen gegen Rechtsextremis-
mus

 

Berlin. Der Bund will im kommenden Jahr mit mehr Geld die Programme im Kampf gegen Rechtsextremismus verstärken und dabei die Kommunen stärker als bisher "in die Pflicht" nehmen. Insgesamt sollen etwa 24 Millionen Euro in Projekte, Aktionen und Initiativen fließen, sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Familienministerium, Hermann Kues, am 21. November 2006. 19 Millionen Euro stehen im Aktionsprogramm "Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie - gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus". Zudem stellt der Bund weitere fünf Millionen Euro zur Verfügung, um Beratungsmodelle gegen Rechtsextremismus dauerhaft zu fördern. Die Bundesregierung setze darauf, dass Bund, Länder und Kommunen künftig erheblich enger zusammen arbeiten als zuvor. "Der zentrale Schlüssel zum Erfolg" sei, "dass sich die Kommunen mit dem Präventionsprogramm und dessen Zielen identifizieren", sagte Kues. Der Staatssekretär im Arbeitsministerium, Kajo Wasserhövel, sagte mit Blick auf jüngste Wahlerfolge der NPD, dass die Arbeit verstärkt werden müsse. Kern des Programms sind die Mittel für so genannte lokale Aktionspläne, für die allein zehn Millionen Euro bereitgestellt werden. Dafür sollen Kommunen oder Landkreise ab 10.000 Einwohnern jährlich bis zu 100.000 Euro bekommen können. Zudem sollen Modellprojekte und die ständige bundesweite Auswertung finanziert werden. Beide Staatssekretäre zogen eine positive Bilanz der bisherigen Programme, mit denen die Regierung seit 2001 bislang rund 4.500 Projekte mit etwa 192 Millionen Euro förderte. (esf)

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"Integration fördern - Schulabbrüche verhindern"

 

Berlin. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, Peter Altmaier, hat am 23. November 2006 die fünf besten Projekte eines europäischen Wettbewerbes "Integration fördern - Schulabbrüche verhindern" ausgezeichnet. Der von der Europäischen Kommission finanziell unterstützte Wettbewerb fand zeitgleich in Deutschland, Spanien, den Niederlanden und Italien statt. In der Bundesrepublik hatte das Bundesinnenministerium die Federführung für den Wettbewerb.

Altmaier wies bei der Preisverleihung in der Landesvertretung Baden-Württemberg in Berlin darauf hin, dass die Integration der Zuwanderer und speziell der jugendlichen Zuwanderer eine der größten und wichtigsten Aufgaben der europäischen Staaten sei. Ein Schulabschluss sei für jugendliche Zuwanderer nicht nur entscheidende Einstiegsvoraussetzung in das Ausbildungs- und Berufsleben, sondern verhindere gleichzeitig ein Abdriften in Parallelwelten und die soziale Isolation. "Statt Abschottung müssen Neugier und Kommunikation den Schulalltag prägen. Die Vielfalt der Schüler und ihre unterschiedlichen Erfahrungen sind dabei eine große Bereicherung für unsere Gesellschaft", betonte Altmaier.

Der Wettbewerb "Integration fördern - Schulabbrüche verhindern" habe vorbildliche Projekte und Konzepte ans Licht gebracht, die dazu beitragen, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund ihren Schulabschluss schaffen, sagte Altmaier. Er unterstrich, dass der europäische Wettbewerb auch ein Beitrag dazu sei, die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu stärken, indem in die Zukunft der Jugendlichen investiert werde zur Verbesserung derer Bildungschancen.

Den Wettbewerb gewonnen hat ein italienisches Projekt. Den zweiten Preis teilen sich Projekte aus Spanien, den Niederlanden und Deutschland. Ob mit "Theater an Bord" oder einem "Kletterturm" - mit viel Kreativität sorgen die Projekte dafür, dass sich die jugendlichen Migranten anerkannt fühlen und ein gesundes Selbstbewusstsein entwickeln. Insgesamt wurden knapp 300 Projekte eingesandt. Der weitaus größte Teil der Einsendungen kam aus Deutschland. Den Wettbewerb hat der Zeitbild Verlag mit Partnerorganisationen in den beteiligten Ländern für das Bundesinnenministerium durchgeführt. Weitere Informationen zum Wettbewerb und zu den Preisträgern sind zu finden unter www.innoschool.info.

Der erste Preis (2.000 Euro) ging an das Projekt "Theater an Bord" / "Teatro a bordo" - Neapel/Italien. Es wendet sich an alle Schüler/innen ab der 9. Klassenstufe, speziell aber an Schulverweigerer und Schulabbrecher. Das Nautisch-Technische Institut von Neapel (ITNS "Luigi di Savoia Duca Degli Abruzzi") bietet den Schüler/innen ein interessantes, kombiniertes Angebot von einerseits Theaterworkshops und andrerseits einer handwerklich-technischen Berufserkundung. Die Schulverweigerer üben im Rahmen eines Vollzeit-Praktikums Theaterstücke mit verschiedenen Charakteren ein, sie lernen Aufführungen vorzubereiten und mit Bühnentechnik umzugehen. Abends führen sie die Stücke auf Kreuzfahrtschiffen auf. Morgens lernen sie auf diesen Schiffen die Grundlagen der Schiffstechnik, die Funktion der verschiedenen Navigationssysteme und die Berufe im Bereich des Maschinenraumes kennen.

Den zweiten Preis (jeweils 1.500 Euro) teilten sich vier Projekte, unter anderem die "Freiwilligenagentur JoJo" - Friesland/Niederlande. Sie bildet zur Vermeidung von Schulabbruch Student/innen als ehrenamtliche Jugendcoachs aus, die von den Schüler/innen und der Region nachgefragt werden. Die Coachs erhalten eine fundierte Ausbildung und werden professionell begleitet. Die ehrenamtlichen Jugendcoachs tragen deutlich zur Stabilisierung der Jugendlichen und zur Verbesserung ihrer Chancen beim Übergang in den Beruf bei. Der besondere Charme des Ansatzes beruht darauf, dass die ehrenamtlichen Coachs und die Schüler/innen keine große Altersdifferenz aufweisen, dass das Coaching an den Ressourcen und nicht an den Problemen der Jugendlichen ansetzt und dass die Jugendlichen lernen, eigenständige Entscheidungen zu treffen und die Verantwortung dafür zu übernehmen.

Ebenfalls ein zweiter Preis ging an das "Proyecto Asiste" - Sevilla/Spanien. Polígono Sur ist eine städtebaulich prekäre Wohnsiedlung am Rande der südspanischen Großstadt Sevilla. Der Stadtteil ist geprägt von Verfall, sozialer Ausgrenzung, Stigmatisierung und Gewalt. Die Kooperation der Sekundärschule Polígono Sur mit einem Träger sozialer Arbeit (CIMA) setzt auf regionale Projekte mit Eltern und Schüler/innen, in denen es neben der Stärkung der Schulmotivation der Jugendlichen und der Verbesserung ihrer Beschäftigungschancen auch um die familiäre Gesamtsituation und Themen wie Konfliktbewältigung, Hygiene, Ernährung und Schlafgewohnheiten geht. Schwerpunkt ist die Arbeit mit Sinti und Roma Familien, die in sonst in sehr großer Distanz zum Schulsystem stehen. Für die regelmäßige Teilnahme am Kurs "Verbesserung der Sozialen und der Arbeitssituation von Familien" erhalten die Mütter eine Entschädigung von bis zu 35 Euro pro Woche.

Einen Preis erhielt auch das "Sprachenzentrum" - Esslingen/Deutschland. Drei von vier Schüler/innen der Schillerschule in Esslingen kommen aus Familien mit Migrationshintergrund. Zusammen mit der Hochschule für Sozialwesen hat die Schule mit dem "Sprachenzentrum" bereits 1999 ein Konzept entwickelt, das Angebote für alle Schüler/innen und für deren Familien umfasst. Das "Sprachzentrum" ist heute eigenständiger Dienstleister innerhalb der Schule, der Sprache und Kommunikation in einem sehr weiten Sinne versteht und befördert. Neben obligatorischen Unterrichtsinhalten zu Sprache, Gender und Kompetenzentwicklung gibt es eine Vielzahl von freiwilligen Angeboten, wie Sprachworkshops und Theaterprojekten, die auch in das soziale Umfeld der Schule hineinwirken.

Last - but not least: Auch das Projekt "Kletterturm" aus Offenbach/Deutschland erhielt einen zweiten Preis. Die Ernst-Reuter Schule Offenbach ist eine Grund- Haupt- und Realschule mit Förderstufe. Ausgangspunkt für das einjährige Schul-Projekt ist eine sehr ambitionierte Idee: "Wir wollen einen Kletterturm auf dem Schulgelände bauen". 12 Schüler/innen (8 von ihnen mit Migrationshintergrund aus 6 verschiedenen Ländern) durchlaufen dann alle Stufen von der Suche nach Kooperationspartnern, über die Planung bis zur Fertigstellung dieses Kletterturmes: sie erfahren und erproben ihre eigenen Fähigkeiten, sie gewinnen an Selbstvertrauen, sie arbeiten mit Azubis der beteiligten Firmen zusammen, sie haben nachweisbare berufliche Grundqualifikationen erworben und sie haben am Ende ein Produkt erstellt, das öffentlich präsent ist und von vielen geschätzt und genutzt wird. (BMI)

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