Ausländer in Deutschland 3/1999, 15.Jg., 30. September 1999

ÄLTERE MIGRANTEN


Kulturträger Senioren

Wertschätzung wird allmählich entdeckt

"Es ist spannend zu lesen, wie es den Einwanderern in unserem Land ergangen ist. Es ist spannend zu lesen, wie bunt unser Land nach 40 Jahren Einwanderung geworden ist," heißt es im Vorwort zur Dokumentation "Heimat hier und dort" (s.u.). Das schreibt ein Migrant, der selbst die Geschichte und aktuelle Situation der Migranten bestens kennt: Cem Özdemir, Mitglied des Bundestags. - Es gibt in der Tat viel Spannendes zu entdecken, und viel(e) Geschichte(n) können wohl nur diejenigen erzählen, die sie erlebt haben - allen voran die älteren Migranten in Deutschland. Einige Projekte - von ihnen selbst oder von interessierten anderen entwickelt - machen dies deutlich. Ob die Beispiele zur Nachahmung anregen?

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Schreibprojekt "Heimat hier und dort"

Tübingen. Eine neue lesenswerte Dokumentation über das Leben von Migranten der ersten, zweiten und dritten Generation liegt vor. Ausländische Jugendliche befragten ältere Migranten über ihr Leben in Tübingen, und sie erfuhren dabei von den eigenen Eltern, Großeltern, Tanten und Onkeln so manches, was ihnen im alltäglichen Zusammensein bisher verborgen geblieben war. Mitgemacht haben Junge und Ältere aus Finnland, Griechenland, Italien, Kasachstan, Polen, der Türkei und Vietnam - ein wahrhaft internationales Projekt im Rahmen des "Internationalen Jahres der Senioren". Die Idee stammte von Nicola Gehrke, Leiterin von "Hirsch" e.V., einer Tübinger Begegnungsstätte für Ältere.

Das lesenswerte Buch mit vielen Fotos kostet 10 DM und ist im Buchhandel erhältlich:
Heimat hier und dort. Älter werden in der Fremde - Jugendliche ausländischer Herkunft berichten von ihren Eltern und Großeltern. Verlag Schwäbisches Tageblatt 1999

Kontakt:
Stadt Tübingen, Kulturamt, Postfach 2540, 72014 Tübingen, Fax: (07071) 204 1739

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Deutsche und Kroaten, Alt und Jung


Kroatische Kulturgesellschaft - nicht nur für Kroaten

Frankfurt. Zwei alteingesessene Frankfurter Vereine haben sich zusammengetan und mit der gemeinsamen Nutzung von Räumen und mit bi-nationalen Aktivitäten begonnen: Die vor 30 Jahren gegründete Kroatische Kulturgesellschaft e.V. (der älteste Migrantenverein dieser Art in Europa) und der fünf Jahre jüngere Seniorenclub Frankfurt-Eckenheim. Alleine waren beide finanziell nicht stark genug, ein eigenes Dach über dem Kopf zu finanzieren. Zusammen geht alles besser - angefangen mit der Renovierung gemeinsamer Räume bis hin zum gemeinsamen Konzert. Auf zwei (Herkunfts-)Kulturen hat man sich konzentriert: So gelinge es auf unkomplizierte Weise, im Miteinander auch eigene kulturelle Identitäten zu wahren. Zum Ziel generationenüberschreitender Integration deutscher und kroatischer Migranten tragen nicht nur einzelne große Kulturveranstaltungen bei, sondern auch regelmäßige Angebote wie Beratung, Kurse und Treffen sowie eine Leihbibliothek.

Kontakt: Kroatische Kulturgesellschaft e.V. - Seniorenclub, Steinkleestraße 39,60435 Frankfurt-Eckenheim, Tel. + Fax: (069) - 54 03 96

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An die Zukunft denken!

 

Nürnberg. Als der Ausländerbeirat der Stadt Nürnberg sich 1992 erstmals mit dem Thema "älter werdende ausländische Arbeitnehmer" befaßte, zeigt er Weitblick: Etwa 2.400 Seniorinnen und Senioren ausländischer Herkunft über 60 Jahren lebten in der Stadt - bis heute ist die Zahl noch nicht erheblich gestiegen. Dennoch begann man mit Vorarbeiten zu einem eigenen "Nürnberger Ansatz". Auch die größeren Migrantengruppen sind bisher nicht zahlreich genug, um eigene Versorgungs- und Pflegeangebote bereitzustellen; also macht man die existierenden Dienste für eine neue und wachsende Klientengruppe "fit". Eigens entwickelte Unterrichtsmaterialien bringen das Thema "Ausländische Senioren" in die Ausbildung an Altenpflege-Fachschulen ein; sie sind auch für Fortbildungen nutzbar. Derzeit werden muttersprachliche Informationen vorbereitet, damit ausländische Senioren und ihre Familien sich im komplizierten System der Altenhilfe zurechtfinden. Zum "Nürnberger Ansatz" gehören auch Kulturveranstaltungen.

Kontakt:
Stadt Nürnberg, Amt für Kultur und Freizeit, B. Fischer-Brühl, Tel.: (0911) 231 - 46 76, Fax: - 81 66 / Seniorenamt, S. Delith, Tel. und Fax: -65 62


Autorin: Marie-Luise Gries, isoplan

Foto: privat

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Altenheim ohne Zwangsintegration

 

Was, wenn ein muslimischer Opa um 5 Uhr früh beten will und den Zimmernachbarn den letzten Schlaf raubt? Noch sind Migranten im Altenheim Einzelfälle. Mit dem dreijährigen Pilotprojekt "Ethnischer Schwerpunkt Altenhilfe" hat das Deutsche Rote Kreuz einen Vorstoß bei den stationären Einrichtungen gemacht. Die Zwangsintegration im Alter muß nicht sein, also wurde im Frühjahr 1997 in Duisburg das erste Altenheim gebaut, in dem das multikulturelle Element gehegt und gepflegt wird. Unter den rund 90 Bewohnern des "Haus am Sandberg" befinden sich bisher sieben Türken - die sich nun in einen eigenen Wohnbereich zusammenschließen wollen - und ein Italiener. Weitere Bewerbungen soll es reichlich geben. Lange vor dem Umzug von einem baufälligen ins neue moderne Gebäude wurden die deutschen Heimbewohner auf die Ankunft der fremden Nachbarn vorbereitet. "Sie haben sich als offen erwiesen", sagt der wissenschaftliche Leiter des Projekts, Manfred Hielen, vom Rhein-Ruhr-Institut für Sozialforschung und Politikberatung an der Universität Duisburg. Im Alter werden Migranten nicht mehr als Konkurrenten um Arbeitsplätze und Wohnungen empfunden. Selbst gegen den Besuch lärmender Scharen türkischer Enkelkinder gab es keine Proteste. Dafür daß sich die Heimbewohner nicht in die Quere kommen, sorgt die großzügige Wahrung der Privatsphäre mit Einzel- bzw. Familienzimmern und Wohngruppenbereichen. Im Keller ist eine kleine Moschee eingerichtet. Die Mitarbeiter wurden speziell für die interkulturelle Altenpflege geschult, mehrere sprechen Türkisch. Ursprünglich sollte die türkische Ethnie als die größte ausländische Gruppe im Ruhrgebiet den Schwerpunkt des multikulturellen Seniorenzentrums bilden. Die Bewohner selbst drängten jedoch darauf, ein internationales Haus zu werden.

Kontakt: Multikulturelles Seniorenzentrum "Haus am Sandberg", Heimleiter Ralf Krause, Kirchstr. 28 g, 47198 Duisburg-Homberg, Tel.: (02066) 9970-0, Fax - 700,


Autorin: Matilda Jordanova-Duda

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