Ausländer in Deutschland
3/1999, 15.Jg., 30. September 1999
DIE AID-KARTE |
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Deutsche im AuslandAuswanderung aus Deutschland -
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Wer will auswandern?Nach einer Gallup-Umfrage im Auftrag des Focus-Magazins (Nr. 43/1998) denken vor allem junge erfolgreiche Männer, gut ausgebildete und gut verdienende Leistungsträger an eine Auswanderung. Hauptmotive sind: Hoffnung auf eine bessere Arbeit, Ärger über hohe Steuern, Sozialabgaben und Lebenshaltungskosten. Dazu kommen Freiheitsdrang, Abenteuerlust, sowie Kritik an Lebensstil und Mentalität der Deutschen. |
Zu- und Fortzüge von Deutschen im Ausland 1996
Quelle: Statistisches Bundesamt, Stat. Jahrbuch 1998 |
In historischer Dimension ist die Bewegung von Menschen über Grenzen und die Begegnung von Kulturen mehr die Regel als die Ausnahme. Auch zur deutschen Geschichte gehören seit über 250 Jahren große Migrationsbewegungen. Deutschland, heute de facto ein Einwanderungsland war noch bis in die 50er-Jahre ein Auswanderungsland. Bestimmend waren zunächst die Saisonwanderung, dann die Ostauswanderung, später die Überseeauswanderung, die koloniale Auswanderung sowie Fluchtbewegungen in der Nazizeit. Heute zieht es Deutsche zur Arbeit in die EU-Staaten, die USA und Australien oder zum Ruhestand an das Mittelmeer.
Schon im 17. Jahrhundert entstanden regelrechte Saisonwanderungssysteme über größere Entfernungen in die reichen Regionen Europas wie die Po-Ebene oder Ostengland. Bekannt sind die westfälischen "Hollandgänger", jährlich 15 bis 30 Tausend proletarisierte Kleinbauern, die als Wanderarbeiter jedes Jahr für drei Monate in Torfgruben und auf den Feldern der Niederlande arbeiteten. Dagegen war die Ostauswanderung aus Deutschland im 12. und später vom 17.-19. Jahrhundert eine echte Kolonisierungsmigration. Bis 1830 vollzog sich die Siedlungswanderung der Siebenbürger "Sachsen" (die eigentlich vom Rhein und von der Mosel stammten) nach Ungarn und Rumänien. Später folgten die Banater Schwaben und andere Gruppen. Sie sollten durch Siedlung Land erschließen und sichern. Der Rückkehr-Prozess dieser Gruppen hält mit über 3,5 Millionen "Aussiedlern" von 1944/45 bis heute an.
Ein Massenexodus von Siedlungsmigranten nach Übersee setzte im 19. Jahrhundert ein: In drei großen Wellen 1846-57, 1864-73 und 1880-93 wanderten fast 6 Millionen Deutsche aus. Rund 75 Prozent blieben dort, die meisten in den USA. Von 1831-1880 stellte Deutschland das größte Kontingent europäischer Einwanderer in die "neue Welt". Von 1847-1914 schifften sich allein in deutschen Häfen 4 Millionen in die USA, 89.000 nach Brasilien, 86.000 nach Kanada und 56.000 nach Australien ein. Sehr oft wurden ganze Dörfer aufgrund von Absprachen zwischen Feudalherren umgesiedelt (z.B. nach Brasilien). "Push"-Faktoren waren Mißernten und Hungersnöte, aber auch fehlende Beschäftigungsmöglichkeiten in der Übergangskrise von der agrarischen zur industriellen Gesellschaft ab 1848. Die Auswanderung wurde so - teilweise von der Obrigkeit gefördert - zum überseeischen Export der "sozialen Frage" mit einer entsprechenden Entlastungsfunktion für den Arbeitsmarkt.
Ab 1893 änderte sich das Bild. Zwar gab es noch eine geringe koloniale Auswanderung, der Industrialisierungsprozeß war seit der Gründung des Deutschen Reichs 1871 jedoch so weit vorangeschritten, daß das bisherige Überangebot an Arbeitskräften in einen empfindlichen Arbeitskräftemangel umschlug. Es kam zu starken Binnen- und Einwanderungsbewegungen vor allem in das Ruhrgebiet. Höhepunkte der gleichwohl weiterlaufenden Auswanderung waren die Jahre 1923 und 1949 mit 115.441 bzw. 270.700 Fortzügen allein nach Übersee.
Zur Zeit ziehen jährlich über 100.000 Deutsche in das Ausland. 1998 waren es 116.403. Nicht alle sind Auswanderer, sondern Arbeitsmigranten, die zurückkehren werden oder pendelnde Rentner. Mit durchschnittlich 250.000 erheblich höher ist die Zahl der Zuzüge von Deutschen, darunter viele Aussiedler.
Information und Beratung:
Land |
Deutsche Staats- ange- hörige |
In Deutsch- land geborene Bevöl- kerung incl. Einge- bürgerte 1996 |
Stand |
Anmerkungen |
USA |
417.000 |
711.900 |
1999 * |
Mangels Meldepflicht kann die Zahl der Deutschen nur geschätzt werden |
Österreich |
62.600 |
1998 |
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Großbritannien |
59.000 |
01.01.1998 |
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Spanien |
58.000 |
1999 * |
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Niederlande |
53.500 |
130.100 |
01.01.1997 |
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Frankreich |
52.700 |
(VZ) 1990 |
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Griechenland |
45.000 |
1999 * |
Die deutsche Botschaft schätzt die Zahl der Deutschen einschließlich der Doppelstaater auf 80.000 |
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Italien |
40.079 |
31.12.1997 |
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Belgien |
31.800 |
01.01.1996 |
Dazu kommt eine deutsche Volksgruppe von ca. 100.000 (mit belgischem Paß) |
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Australien |
30.000 |
110.300 |
1998 * |
von 1947 - 1997 sind nach Botschaftsangaben 121.500 Deutsche eingewandert, von diesen wurden bis heute etwa 92.100 eingebürgert. |
Kanada |
25.000 |
181.000 |
1999 * |
Beim Zensus 1996 gaben 2,8 Millionen Personen an, zumindest teilweise deutscher Abstammung zu sein. Etwa 425.000 sind deutschsprachig. |
Norwegen |
19.300 |
9.700 |
01.01.1996 |
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Schweden |
13.900 |
36.500 |
01.01.1997 |
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Schweiz |
12.700 |
01.01.1997 |
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Dänemark |
11.400 |
22.300 |
01.01.1997 |
Eine Minderheit von ca. 15-20.000 Deutschen lebt in Nordschleswig, dänisch-deutsches-Grenzgebiet |
Luxemburg |
9.900 |
01.01.1997 |
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Ungarn |
8.300 |
01.01.1997 |
170.000 Deutsch-Muttersprachler (Schätzung) |
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Neuseeland |
8.000 |
VZ 1996 |
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Portugal |
7.900 |
01.01.1997 |
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Türkei |
7.637 |
1998 |
Nach Einschätzung der Botschaft dürfte die Zahl der Deutschen um ein nicht registriertes Vielfaches höher sein. Dazu kommen Doppelstaater |
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Irland |
6.300 |
01.01.1996 |
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Tschechien |
5.900 |
5.900 |
01.01.1997 |
Bei der Volkszählung von 1991 wurden 48.556 "Deutsche" (nach eigenem Bekenntnis) registriert |
Finnland |
1.800 |
01.01.1997 |
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Tunesien |
1.200 |
1999 * |
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Liechtenstein |
1.100 |
01.01.1995 |
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Polen |
1.000 |
1999 * |
Dazu kommen ca. 180.000 deutsch-polnische Doppelstaatler. Die Polen mit deutscher Muttersprache werden auf 1 Million geschätzt. |
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Marokko |
750 |
1999 * |
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Rumänien |
k.A. |
280.000 Deutsch-Muttersprachler (Schätzung) |
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VZ = Volkszählung, *) = Schätzung |
Quellen: Verschiedene deutsche Botschaften; eurostat-Bevölkerungsstatistik 1998; OECD: SOPEMI-Jahresbericht 1998; Das Parlament, 49. Jg.; Nr. 34, 20.08.1999, Sonderausgabe "Nationale Minderheiten in Europa"; Atlas der Völker Mitteleuropas.
Anmerkungen zu den Daten: Es existiert keine einheitliche Statistik zu Deutschen im Ausland. Bei unseren Zahlenangaben ist nicht immer eindeutig zu klären gewesen, ob es sich um deutsche Staatsangehörige handelt, oder um Personen, die in das jeweilige Land zwar als Deutsche eingereist, dann aber eingebürgert worden sind und daher nicht weiter als Deutsche erfaßt werden. Bei einige Ländern werden auch deutsche Minderheiten bzw. Volksgruppen aufgeführt, die keinen deutschen Pass haben. Manche Daten enthalten auch Doppelstaater und eingebürgerte Deutsche die in ihr Heimatland zurückgekehrt sind.
Autor: Ekkehart Schmidt, isoplan
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