Ausländer in Deutschland 3/1999, 15.Jg., 30. September 1999

DIE AID-KARTE

Deutsche im Ausland

Auswanderung aus Deutschland -
Vom 17. Jahrhundert bis heute

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Migranten in Europa

Wer will auswandern?

Nach einer Gallup-Umfrage im Auftrag des Focus-Magazins (Nr. 43/1998) denken vor allem junge erfolgreiche Männer, gut ausgebildete und gut verdienende Leistungsträger an eine Auswanderung. Hauptmotive sind: Hoffnung auf eine bessere Arbeit, Ärger über hohe Steuern, Sozialabgaben und Lebenshaltungskosten. Dazu kommen Freiheitsdrang, Abenteuerlust, sowie Kritik an Lebensstil und Mentalität der Deutschen.

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Aussenwanderung 1952 bis 1998

   Zu- und Fortzüge von Deutschen im Ausland 1996

Land

Zuzüge aus

Fortzüge nach

EUROPA

126.343

57.562

Belgien

2.148

2.695

Dänemark

511

937

Finnland

175

239

Frankreich

5.638

7.114

Griechenland

1.011

984

Großbritannien

3.626

5.269

Irland

366

527

Italien

2.689

2.563

Luxemburg

540

759

Niederlande

4.124

4.514

Österreich

2.849

4.372

Portugal

864

909

Schweden

386

795

Spanien

4.007

5.455

Polen

13.909

7.228

Russ. Föd.

51.496

2.585

Schweiz

3.560

5.340

Türkei

1.120

1.081

AFRIKA

3.993

3.690

AMERIKA

16.905

19.939

ASIEN

93.887

16.354

Kasachstan

79.723

9.391

AUSTRALIEN + OZEANIEN

1.277

1.917

Unbek. Ausland

1.755

14.137

GESAMT

251.737

118.430

Quelle: Statistisches Bundesamt, Stat. Jahrbuch 1998

In historischer Dimension ist die Bewegung von Menschen über Grenzen und die Begegnung von Kulturen mehr die Regel als die Ausnahme. Auch zur deutschen Geschichte gehören seit über 250 Jahren große Migrationsbewegungen. Deutschland, heute de facto ein Einwanderungsland war noch bis in die 50er-Jahre ein Auswanderungsland. Bestimmend waren zunächst die Saisonwanderung, dann die Ostauswanderung, später die Überseeauswanderung, die koloniale Auswanderung sowie Fluchtbewegungen in der Nazizeit. Heute zieht es Deutsche zur Arbeit in die EU-Staaten, die USA und Australien oder zum Ruhestand an das Mittelmeer.

Schon im 17. Jahrhundert entstanden regelrechte Saisonwanderungssysteme über größere Entfernungen in die reichen Regionen Europas wie die Po-Ebene oder Ostengland. Bekannt sind die westfälischen "Hollandgänger", jährlich 15 bis 30 Tausend proletarisierte Kleinbauern, die als Wanderarbeiter jedes Jahr für drei Monate in Torfgruben und auf den Feldern der Niederlande arbeiteten. Dagegen war die Ostauswanderung aus Deutschland im 12. und später vom 17.-19. Jahrhundert eine echte Kolonisierungsmigration. Bis 1830 vollzog sich die Siedlungswanderung der Siebenbürger "Sachsen" (die eigentlich vom Rhein und von der Mosel stammten) nach Ungarn und Rumänien. Später folgten die Banater Schwaben und andere Gruppen. Sie sollten durch Siedlung Land erschließen und sichern. Der Rückkehr-Prozess dieser Gruppen hält mit über 3,5 Millionen "Aussiedlern" von 1944/45 bis heute an.

Ein Massenexodus von Siedlungsmigranten nach Übersee setzte im 19. Jahrhundert ein: In drei großen Wellen 1846-57, 1864-73 und 1880-93 wanderten fast 6 Millionen Deutsche aus. Rund 75 Prozent blieben dort, die meisten in den USA. Von 1831-1880 stellte Deutschland das größte Kontingent europäischer Einwanderer in die "neue Welt". Von 1847-1914 schifften sich allein in deutschen Häfen 4 Millionen in die USA, 89.000 nach Brasilien, 86.000 nach Kanada und 56.000 nach Australien ein. Sehr oft wurden ganze Dörfer aufgrund von Absprachen zwischen Feudalherren umgesiedelt (z.B. nach Brasilien). "Push"-Faktoren waren Mißernten und Hungersnöte, aber auch fehlende Beschäftigungsmöglichkeiten in der Übergangskrise von der agrarischen zur industriellen Gesellschaft ab 1848. Die Auswanderung wurde so - teilweise von der Obrigkeit gefördert - zum überseeischen Export der "sozialen Frage" mit einer entsprechenden Entlastungsfunktion für den Arbeitsmarkt.

Ab 1893 änderte sich das Bild. Zwar gab es noch eine geringe koloniale Auswanderung, der Industrialisierungsprozeß war seit der Gründung des Deutschen Reichs 1871 jedoch so weit vorangeschritten, daß das bisherige Überangebot an Arbeitskräften in einen empfindlichen Arbeitskräftemangel umschlug. Es kam zu starken Binnen- und Einwanderungsbewegungen vor allem in das Ruhrgebiet. Höhepunkte der gleichwohl weiterlaufenden Auswanderung waren die Jahre 1923 und 1949 mit 115.441 bzw. 270.700 Fortzügen allein nach Übersee.

Zur Zeit ziehen jährlich über 100.000 Deutsche in das Ausland. 1998 waren es 116.403. Nicht alle sind Auswanderer, sondern Arbeitsmigranten, die zurückkehren werden oder pendelnde Rentner. Mit durchschnittlich 250.000 erheblich höher ist die Zahl der Zuzüge von Deutschen, darunter viele Aussiedler.

Information und Beratung:

  • Bundesverwaltungsamt, Informationsstelle für Auslandstätige und Auswanderer, Barbarastr. 1, 50735 Köln, Tel.: 0221 - 758-0; Fax: -2768
  • Raphaelswerk e.V., Adenauerallee 41, 20097 Hamburg, Tel.: 040 - 248442-0, Fax: -26
  • Zentralstelle für Arbeitsvermittlung ZAV, Villemombler Str. 76, 53123 Bonn, Tel.: 0228-7130, Fax: -131111)

Deutsche und Deutschstämmige in ausgewählten Ländern

Land

Deutsche Staats- ange- hörige

In Deutsch- land geborene Bevöl- kerung incl. Einge- bürgerte 1996

Stand

Anmerkungen

USA

417.000

711.900

1999 *

Mangels Meldepflicht kann die Zahl der Deutschen nur geschätzt werden

Österreich

62.600

1998

Großbritannien

59.000

01.01.1998

Spanien

58.000

1999 *

Niederlande

53.500

130.100

01.01.1997

Frankreich

52.700

(VZ) 1990

Griechenland

45.000

1999 *

Die deutsche Botschaft schätzt die Zahl der Deutschen einschließlich der Doppelstaater auf 80.000

Italien

40.079

31.12.1997

Belgien

31.800

01.01.1996

Dazu kommt eine deutsche Volksgruppe von ca. 100.000 (mit belgischem Paß)

Australien

30.000

110.300

1998 *

von 1947 - 1997 sind nach Botschaftsangaben 121.500 Deutsche eingewandert, von diesen wurden bis heute etwa 92.100 eingebürgert.

Kanada

25.000

181.000

1999 *

Beim Zensus 1996 gaben 2,8 Millionen Personen an, zumindest teilweise deutscher Abstammung zu sein. Etwa 425.000 sind deutschsprachig.

Norwegen

19.300

9.700

01.01.1996

Schweden

13.900

36.500

01.01.1997

Schweiz

12.700

01.01.1997

Dänemark

11.400

22.300

01.01.1997

Eine Minderheit von ca. 15-20.000 Deutschen lebt in Nordschleswig, dänisch-deutsches-Grenzgebiet

Luxemburg

9.900

01.01.1997

Ungarn

8.300

01.01.1997

170.000 Deutsch-Muttersprachler (Schätzung)

Neuseeland

8.000

VZ 1996

Portugal

7.900

01.01.1997

Türkei

7.637

1998

Nach Einschätzung der Botschaft dürfte die Zahl der Deutschen um ein nicht registriertes Vielfaches höher sein. Dazu kommen Doppelstaater

Irland

6.300

01.01.1996

Tschechien

5.900

5.900

01.01.1997

Bei der Volkszählung von 1991 wurden 48.556 "Deutsche" (nach eigenem Bekenntnis) registriert

Finnland

1.800

01.01.1997

Tunesien

1.200

1999 *

Liechtenstein

1.100

01.01.1995

Polen

1.000

1999 *

Dazu kommen ca. 180.000 deutsch-polnische Doppelstaatler. Die Polen mit deutscher Muttersprache werden auf 1 Million geschätzt.

Marokko

750

1999 *

Rumänien

k.A.

280.000 Deutsch-Muttersprachler (Schätzung)

VZ = Volkszählung, *) = Schätzung

Quellen: Verschiedene deutsche Botschaften; eurostat-Bevölkerungsstatistik 1998; OECD: SOPEMI-Jahresbericht 1998; Das Parlament, 49. Jg.; Nr. 34, 20.08.1999, Sonderausgabe "Nationale Minderheiten in Europa"; Atlas der Völker Mitteleuropas.

Anmerkungen zu den Daten: Es existiert keine einheitliche Statistik zu Deutschen im Ausland. Bei unseren Zahlenangaben ist nicht immer eindeutig zu klären gewesen, ob es sich um deutsche Staatsangehörige handelt, oder um Personen, die in das jeweilige Land zwar als Deutsche eingereist, dann aber eingebürgert worden sind und daher nicht weiter als Deutsche erfaßt werden. Bei einige Ländern werden auch deutsche Minderheiten bzw. Volksgruppen aufgeführt, die keinen deutschen Pass haben. Manche Daten enthalten auch Doppelstaater und eingebürgerte Deutsche die in ihr Heimatland zurückgekehrt sind.


Autor: Ekkehart Schmidt, isoplan

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