EDITORIAL

Liebe Leserin, lieber Leser,

das Schwerpunktthema dieser Ausgabe erinnert mich an meine erste große Dienstreise kurz nach Gründung des Instituts vor fast dreißig Jahren. Sie führte mich über New York nach Kolumbien und Peru. Ich erinnere mich an die ersten Eindrücke von der Schönheit der Karibik, die fruchtbaren Täler Kolumbiens, die gewaltige Bergwelt der Anden, die Slums von Lima, die verfallenden Palazzi spanischer Granden und die Ruinen von Cusco - Zeugen einer großen Vergangenheit -, an Menschen unterschiedlichster kultureller Prägung und Art. Vielleicht ist es die faszinierende Vielfalt der Natur und Kulturen dieses Kontinents, die einen so nachhaltigen Eindruck hinterlassen hat.

Aber das war es nicht allein. Irgendwann später auf einem Flug von Rio nach Buenos Aires, der kein Ende nehmen wollte, wurde mir bewusst, wie groß dieser Kontinent eigentlich ist und wie falsch die Maßstäbe in unseren Köpfen. Von Rio nach Buenos Aires sind es rund 1750 km, also etwa die Entfernung von Berlin nach Istanbul. Mit dem Unterschied, dass man mit der erstgenannten Strecke nicht mehr als ein Viertel Lateinamerikas durchmisst, mit der zweitgenannten aber halb Europa. Dass wir keine Vorstellung haben von den Größenwerten eines Kontinents wie Lateinamerika hat wahrscheinlich den einfachen Grund, dass unser "Weltbild" durch die "Mercatorprojektion" der Erde aus dem 16. Jahrhundert geprägt wurde, Weltkarten also, in denen der Äquator nach unten verschoben ist (oder: die weder abstands- noch flächentreu sind) und in denen Europa erheblich größer erscheint, als es wirklich ist. In der entfernungstreuen "Petersprojektion" sieht das dann schon ganz anders aus (siehe oben). Wie großartig und vielfältig sich die Kulturen Lateinamerikas auch bei uns ausdrücken können, ist Thema dieses Heftes, das wie seine Vorgänger dazu beitragen soll, manchmal falsche Maßstäbe zurechtzurücken.

In diesem Sinne grüßt Sie

Ihr

Dr. M. Werth, Herausgeber

Autor: Dr. Manfred Werth, isoplan

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