Ausländer in Deutschland 2/2000, 16.Jg., 30. Juni 2000

recht

Aktuelle Gesetzesänderungen, Urteile und Publikationen

*) Diese Beiträge wurden im Druck-Exemplar nicht veröffentlicht!


Neuregelung 
von § 19 Ausländergesetz

 

Berlin. Am 06.04.2000 hat der Bundesrat die von der Bundesregierung beschlossene Änderung des eigenständigen Aufenthaltsrechtes für ausländische Ehegatten gebilligt. Die Neuregelung sieht ein regelmäßiges eigenständiges Aufenthaltsrecht für ausländische Ehegatten nach zwei Jahren (bisher vier) vor. In Fällen der besonderen Härte, etwa aufgrund von Misshandlungen, bei sexuellem Missbrauch oder aus Gründen des Kindeswohles, entfällt jegliche Wartefrist. Dazu erklärte die Beauftragte der Bundesregierung für Ausländerfragen, Marieluise Beck: "Mit der Änderung des § 19 im Ausländerrecht wird ein positiver Schlussstrich unter eine lang andauernde Debatte für mehr Schutz von ausländischen Ehefrauen gezogen. Oft ging es in dieser Debatte mehr um den vermeintlichen Missbrauch des Rechts als um den Schutz der Frauen vor Missbrauch und Gewalt. Die jetzige Regelung gibt diesen Frauen endlich ein Stück mehr Autonomie, indem sie ausländerrechtliche Abhängigkeitsverhältnisse abbaut." Für Härtefälle sei in der Neuregelung "endlich eine realitätsgerechtere Lösung gefunden worden, die hilft, die oft fatale Situation der betroffenen Frauen nicht noch durch ausländerrechtliche Maßnahmen zu erschweren", sagte Beck weiter. Der Schutz misshandelter ausländischer Frauen vor häuslicher Gewalt habe vorrangige Bedeutung. Der Gesetzestext ist abrufbar unter www.bundesauslaenderbeauftragte.de/ 

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Grünes Licht für IT-Anwerbung

 

 Berlin. Das Bundeskabinett hat am 31.05.2000 dem von Bundesarbeitsminister Riester vorgelegten Entwurf einer "Verordnung über die Arbeitsgenehmigung für hochqualifizierte ausländische Fachkräfte der Informations- und Kommunikationstechnologie (IT-ArGV)" zugestimmt. Damit soll der Fachkräftemangel in der Informationstechnik (IT) kurzfristig behoben werden. Die Verordnung soll zum 1. August in Kraft treten, einer Zustimmung des Bundesrates bedarf sie nicht. Der Verordnung zufolge sollen maximal 20.000 IT-Experten aus Nicht-EU-Staaten zugelassen werden. Nach der Zulassung von zunächst 10.000 IT-Fachkräften wird geprüft, ob weiterhin Bedarf besteht. Die Beschäftigung der einzelnen IT-Fachkraft erfolgt bis zu fünf Jahre. Innerhalb dieser Zeit kann der Arbeitgeber gewechselt werden. Bei Verlängerung der Besachäftigung innerhalb der fünf Jahre beziehungsweise bei Arbeitgeberwechsel findet keine erneute Arbeitsmarktprüfung statt. Anwerbebedingung ist ein Hoch- oder Fachhochschulabschluss mit Schwerpunkt auf dem Gebiet der Informations- und Kommunikationstechnologie oder ein zugesagtes Jahresgehalt in Deutschland von mindestens 100.000 Mark. Ausländischen Absolventen deutscher Hochschulen wird ermöglicht, nach Abschluss ihres IT-Studiums ebenfalls eine Beschäftigung als IT-Fachkraft aufzunehmen. Bei Vorliegen aller relevanter Unterlagen soll die Erteilung einer Arbeitserlaubnisse von den Arbeitsämtern spätestens innerhalb einer Woche zugesichert werden. Zur Anwerbung sind auch Privatvermittler zugelassen. Die Bundesanstalt für Arbeit hat im Internet eine IT-Hotline eingerichtet ( www.arbeitsamt.de/hst/
services/it_hotline/index.html
), über die Betriebe ihren Bedarf melden können. Umgekehrt können sich IT-Spezialisten, die in Deutschland einen Arbeitgeber suchen, bei der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung in Bonn vormerken lassen. Sie ist unter der E-Mail-Adresse Bonn-ZAV.IT-Experts@arbeitsamt.de zu erreichen. Das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung hat eine Broschüre "Das IT-Sofortprogramm der Bundesregierung - Informationen für ausländische IT-Fachkräfte und Unternehmen" herausgegeben (Bestellung über: http://www.bma.bund.de/de/asp/
broschueren/show.asp?nr232
). Weitere Informationen finden sich unter www.bundespresseamt.de .

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Gericht bestätigt: Kein Kopftuch im Unterricht

 

Stuttgart. Die muslimische Lehramtsbewerberin Fereshta Ludin darf nach wie vor nicht in den baden-württembergischen Schuldienst übernommen werden, weil sie nicht gewillt ist, im Unterricht auf das Tragen ihres Kopftuches zu verzichten. Wie das Stuttgarter Verwaltungsgericht entschied, würde die Pädagogin damit gegen die staatliche Neutralitätspflicht verstoßen. Ein solches religiöses Bekenntnis sei im Unterricht unzulässig. Die 27 Jahre alte Deutsche afghanischer Herkunft hatte sich in ihrer Klage auf die vom Grundgesetz garantierte Religionsfreiheit berufen. Das Kopftuch sei Teil ihrer Persönlichkeit, erklärte sie. Es sei für sie kein politisches Symbol oder Ausdruck einer fundamentalistischen Einstellung. Das Gericht folgte aber der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, nach dem in Schulen demonstrative religiöse Bekenntnisse nur bei Einhaltung des Prinzips der Freiwilligkeit und bei zumutbaren Ausweichmöglichkeiten zulässig seien. Beim Tragen des Kopftuchs handele es sich um ein demonstratives Bekenntnis, dem die Schüler aufgrund des Bestehens der allgemeinen Schulpflicht nicht ausweichen könnten. Die Schüler oder ihre Eltern könnten sich auch nicht die Lehrer aussuchen.

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Wenig Einbürgerungs-
anträge für Kinder

 

Berlin. Zur Entwicklung der Einbürgerungen erklärte die Beauftragte der Bundesregierung für Ausländerfragen, Marieluise Beck am 15.05.2000: "Seit knapp sechs Monaten gilt in der Bundesrepublik ein neues Staatsangehörigkeitsrecht. Die bisherigen Rückmeldungen aus den Einbürgerungsbehörden zeigen einen deutlichen Trend zu mehr Einbürgerungen. Zahlreiche Städte und Gemeinden vermelden eine Steigerung, oft Verdoppelung der Anträge auf Einbürgerung." Hinter den Erwartungen zurück blieben ihrzufolge bisher die Einbürgerungen von Kindern im Rahmen der Übergangsregelung. Aufgrund dieser Regelung haben ein Großteil der rund 700.000 nicht-deutschen Kinder, die in den vergangenen zehn Jahren im Inland geboren wurden, einen Anspruch auf die deutsche Staatsbürgerschaft. Hierzu bedarf es eines Antrages der Eltern bis Ende 2000. "Zwar verzeichnen die Behörden auch hier etliche Anträge, verglichen mit der Zahl der berechtigten Kinder in den Kommunen, ist die Zahl der Antragstellungen aber gering", sagte Beck. Sie führt die geringe Resonanz bei den Kindern unter anderem auf Informationsdefizite der Eltern, psychologische Barrieren und die Verwaltungsgebühr von 500 DM zurück.

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Informationen zum Aufenthaltsrecht

 

Mainz. Speziell an ausländische Jugendliche richtet sich eine im Frühjahr erschienene Broschüre der rheinland-pfälzischen Ausländerbeauftragten. Was sind die Unterschiede zwischen Aufenthaltserlaubnis und Aufenthaltsbewilligung? Wann kann man aus Deutschland ausgewiesen werden? Was bringt eine Einbürgerung? Unter dem Titel "info - Informationen für ausländische Jugendliche in Rheinland-Pfalz" werden solche Fragen zum Aufenthaltsrecht beantwortet. Hinzu kommen Informationen zu Aufenthaltsgenehmigungs- beziehungsweise Visumspflicht, zum Familiennachzug, zu Besonderheiten für EU-Angehörige und zu arbeitsrechtlichen Bestimmungen. Ferner enthält das Heft Kontaktadressen, bei denen weitere Informationen erhältlich sind.

Bezug: 
Büro der Landesausländerbeauftragten, Postfach 3880, 55028 Mainz, Tel. 06131/162462, Fax 06131/164090, E-mail: LBA@stk.rip.de 

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EuGH verbietet "präventive" Abschiebungen

 

Luxemburg. Türkische Arbeitnehmer mit festem Aufenthaltsrecht dürfen nicht allein aus generalpräventiven Gründen ausgewiesen werden. Dies entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 10.02.2000 in Luxemburg auf Vorlage eines bayerischen Gerichts. Damit setzt der EuGH seine großzügige Auslegung des von der EU mit der Türkei geschlossenen Assoziationsabkommens fort. Im konkreten Fall ging es um einen türkischen Familienvater, der seit 1979 in Deutschland lebt und arbeitet. 1992 war er jedoch in ein Drogengeschäft verwickelt, bei dem es um die Einschmuggelung von 1,5 Kilo Heroin ging. Er wurde nach 13-monatiger Untersuchungshaft zu einer Bewährungsstrafe verurteilt und fand wieder Arbeit. Doch dann wollte ihn die Stadt Nürnberg in die Türkei ausweisen. Dagegen klagte der Mann vor dem Verwaltungsgericht Ansbach, das den Fall nach Luxemburg überwies. Der EuGH sah keinen Rechtfertigungsgrund für eine Ausweisung und befand, allein aus generalpräventiven Gründen - also zur Abschreckung anderer Ausländer - dürfe eine Ausweisung nicht verfügt werden (Az: C-340/97).

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EuGH-Urteil zur Korrektur von Geburtsdaten

 

Luxemburg. In den vergangenen Jahren sind bei den deutschen Rentenversicherungsträgern mehrere tausend Anträge von türkischen Arbeitnehmern eingegangen, die ihr Geburtsdatum berichtigen wollten, um früher Rente beziehen zu können. Dazu hatten sie Gerichtsurteile aus der Türkei vorgelegt, mit denen das dortige Personenstandsregister verändert wurde. Auf Vorlage des Bundessozialgerichts hatte nun der Europäische Gerichtshof (EuGH) zu prüfen, ob türkische Arbeitnehmer dadurch diskriminiert werden, dass eine entsprechende Korrektur der deutschen Papiere in der Behördenpraxis meist nicht vollzogen wird. Der EuGH entschied am 14.03.2000, dass die Änderung von Geburtsdaten im Ausland weiter angezweifelt werden kann. Das Bundessozialgericht hatte dem EuGH die Frage vorgelegt, ob eine seit 1998 geltende Vorschrift im deutschen Sozialversicherungsrecht türkische Arbeitnehmer benachteilige. Danach ist jenes Geburtsdatum maßgebend, das der Versicherte bei sinem Eintritt in die Sozialversicherung angibt. Spätere Korrekturen sind nur ausnahmsweise möglich. Das Bundessozialgericht sah darin Anzeichen für eine so genannte mittelbare Diskriminierung. Die Personenstandsregister in der Türkei seien nicht immer so verlässlich wie in Deutschland, so dass spätere Berichtigungen nötig werden könnten. Wenn türkischen Versicherten solche Korrekturen generell versagt würden, könne darin eine unzulässige Benachteiligung liegen. Andererseits war der Verdacht entstanden, dass es sich bei der Geburtdatenkorrektur um Betrugsversuche handeln könnte. Der EuGH befand nun, die restriktive Regelung verstoße nicht gegen das EU-Assoziierungsabkommen mit der Türkei und die dazu ergangenen Beschlüsse, wonach Diskriminierungen auf Grund der Staatsangehörigkeit verboten sind. Es könne nicht verlange werden, dass ein Staat bei der Gewährung von Altersrente auf die Besonderheiten Rücksicht nehme, die sich aus der Handhabung der türkischen Personenstandsbestimmungen ergäben. (Az: C-102/98 und C-211/98)

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Völkerrechtliches Fremdenrecht

 

Konstanz. Prof.Dr. Kay Hailbronner, Leiter des Forschungszentrums für internationales und europäisches Ausländer- und Asylrecht an der Universität Konstanz, hat im Frühjahr 2000 eine Publikation "Die allgemeinen Regeln des völkerrechtlichen Fremdenrechts - Bilanz und Ausblick an der Jahrtausendwende" herausgegeben. Die Publikation ist erschienen als Band 89 der Reihe "Motive Texte Materialien" beim C.F.Müller Verlag in Heidelberg (ISBN 3-8114-2139-5).

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EuGH stärkt Aufenthaltsrechte von Türken in der EU

 

Luxemburg. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat die Rechte türkischer Staatsangehöriger gestärkt, die sich in den Mitgliedstaaten der EU aufhalten. Er entschied am 16.03.2000 auf Anfrage des deutschen Bundesverwaltungsgerichts, dass türkischen Staatsangehörigen die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nicht allein deswegen verweigert werden dürfe, weil diese zu spät beantragt worden sei. Der EuGH hatte über den Fall eines jungen Mannes aus der Türkei zu entscheiden, dem die Stadt Ulm 1991 die befristete Aufenthaltserlaubnis nicht verlängern wollte, weil er den Antrag zu spät gestellt hatte. Der Antrag war einen Monat verspätet - die alte Aufenthaltserlaubnis war bereits abgelaufen - bei der Ausländerbehörde eingegangen. Diese forderte den seit über 15 Jahren rechtmäßig in Deutschland lebenden und arbeitetenden Türken auf, das Land zu verlassen. Andernfalls werde er abgeschoben. Der EuGH entschied, die Stadt habe sich zu Unrecht geweigert, die Aufenthaltserlaubnis zu verlängern. Der Türke habe alle Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis erfüllt. Das einzige Hindernis sei der verspätet gestellte Verlängerungsantrag gewesen. Zwar dürften die Mitgliedstaaten Sanktionen verhängen, wenn Formalitäten nicht beachtet würden. Sie dürften jedoch "keine unverhältnismäßigen Sanktionen" vorsehen, die das Aufenthaltsrecht beeinträchtigten. Die Richter führen aus, dass sich das Aufenthaltsrecht des Klägers aus dem Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Türkei ergebe. Die Aufenthaltserlaubnis, die die Behörde ihm ausstelle, habe "nur eine deklamatorische Bedeutung und Beweisfunktion": Sie könne nicht gleichgestellt werden mit der allgemeinen Aufenthalterlaubnis für sonstige Ausländer. (Az: C-329/97)

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Illegale Beschäftigung

 

Berlin. Die Bundesanstalt für Arbeit hat im Frühjahr die Jahresergebnisse für 1999 im Bereich der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Leistungsmissbrauch vorgelegt. Demzufolge wurden 1999 von den Arbeitsämtern und Landesarbeitsämtern 372.300 Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts von Ordnungswidrigkeiten eingeleitet. Zusätzlich ergab sich in 36.500 Fällen ein Straftatverdacht. Der größte Anteil entfiel auf die über 253.200 Fälle des Leistungsmissbrauchs und 76.500 Fälle arbeitsrechtlicher Verstöße. In 19.400 Fällen gab es einen Verdacht, gegen das Arbeitnehmer-Entsendegesetz verstoßen zu haben, in über 6.700 Fällen bestand der Verdacht auf unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung. Der Schwerpunkt der Illegalität lag wie 1998 bei der Ausländerbeschäftigung und dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz. Hier wurden 64,7 beziehungsweise 76,7 Millionen Mark an Verwarnungsgeldern und Geldbußen festgesetzt.

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Prostitution ohne Arbeitserlaubnis verboten

Karlsruhe. Ausländer, die in Deutschland keine Arbeitserlaubnis haben, aber bei der Ausübung der Prostitution entdeckt werden, müssen mit Bestrafung rechnen. Das ist die Konsequenz einer Kammerentscheidung des Bundesverfasssungsgerichts in Karlsruhe vom 22.03.2000. Die Richter stimmten der Auffassung zweier Gerichte zu, dass das Arbeitsverbot für Ausländer ohne Arbeitserlaubnis auch die Ausübung der Prostitution einschließe. Erfolglos blieb damit die Verfassungsbeschwerde einer mit einem Deutschen verheirateten Bulgarin, die als Prostituierte arbeitet. Sie hatte die Ansicht vertreten, dass Prostitution nicht als Erwerbstätigkeit im Sinne des Ausländergesetzes verstanden werden könne. (Az: 2 BvR 426/00)

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Tierschutz vor Religion

 

Kassel. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel hat am 28.03.2000 im Eilverfahren einen Antrag eines Angehörigen der Islamischen Religionsgemeinschaft Hessen abgelehnt, ein warmblütiges Opfertier ohne Betäubung schlachten zu dürfen. Das so genannte Schächten durch einen Schnitt durch die Kehle des Opfertiers sei auch im Islam "keine zwingende religiöse Pflicht" für die Gläubigen, begründete dder VGH das Urteil. Das Gericht bezog sich auf das hessische Tierschutzgesetz, das festschreibt, dass ein warmblütiges Tier nur geschlachtet werden darf, wenn es "vor Beginn des Blutentzugs betäubt" worden ist. Eine Ausnahmegenehmigung wird nur erteilt, wenn das rituelle Schlachten für einen Gläubigen "zwingend" sei. Doch das habe der Kläger nicht nachweisen können (Az:11TG990/00).

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"Mehmet" darf nicht zurückkehren

 

München. Der "Mehmet" genannte jugendliche Serienstraftäter Muhlis A. darf nicht in seine deutsche Heimat zurückkehren. Dies entschied das Verwaltungsgericht München am 03.04.2000. Der in Deutschland geborene und aufgewachsene Junge hatte als strafunmündiges Kind bereits rund 60 Straftaten begangen und war 1998 im Alter von 14 Jahren ohne seine Eltern in die Türkei abgeschoben worden. Im einstweiligen Rechtsschutz war dies von den bayerischen Verwaltungsgerichten gebilligt worden, auch das Bundesverfassungsgericht wollte aus formalen Gründen nicht eingreifen. Mit der jüngsten Entscheidung hat sich erstmals ein Gericht im Hauptverfahren geäußert. Das Münchner Verwaltungsgericht billigte dabei die Sicht der Stadt München. Deren "Ermessensentscheidung" zur Abschiebung sei nicht zu beanstanden. Mehmets Anwalt, Alexander Eberth, will nun den Weg durch die Instanzen gehen, um eine Rückkehr nach Deutschland zu erreichen.

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Neue Visumpraxis des Auswärtigen Amts

 

Berlin. Das Auswärtige Amt (AA) hat nach eingehender Überprüfung seiner Visumpraxis beschlossen, das Verfahren der Visumerteilung bei Familienzusammenführungen und Besuchsaufenthalten bis zu drei Monaten zu verbessern. Die wesentlichen Neuerungen, die sich im Rahmen des deutschen Ausländerrechts und der Vereinbarungen der an den Schengen-Acquis gebundenen EU-Partner halten, sind folgende:

1. Familiennachzug

- Grundsätzlich keine Ablehnung eines zustimmungspflichtigen Visums durch die Auslandsvertretung (AV) ohne Rückhalt der Innenbehörden.
- Beim Nachzug von Kindern, insbesondere aus binationalen Ehen, ist bei der Beurteilung des Kindeswohls dem Wunsch von Kind und Eltern die von Artikel 6 Grundgesetz geforderte Bedeutung zuzumessen.
- Um das Verfahren beim Familiennachzug noch transparenter zu machen, hat das AA seine AVen weltweit angewiesen, ab 01.04.2000 die wesentlichen tragenden Gründe einer Ablehnung eines Visums zur Familienzusammenführung bereits mit dem ersten schriftlichen Ablehnungsbescheid mitzuteilen. Dieser Bescheid wird nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Der Bescheid löst damit nur die einjährige Frist für die Erhebung einer verwaltungsgerichtlichen Klage aus. Gegen diesen (ersten) ablehnenden Bescheid ist weiterhin ein so genanntes Remonstrationsverfahren bei der AV möglich. Wird remonstriert, so erteilt die AV nach nochmaliger Überprüfung des Sachverhalts wie bisher einen rechtsmittelfähigen schriftlichen Remonstrationsbescheid.

2. Visa für Besuchsaufenthalte bis zu drei Monaten

Über Visa für Besuchsaufenthalte entscheiden die AVen in eigener Zuständigkeit. Neben dem deutschen Ausländerrecht ist für die Entscheidung über einen Visumantrag die Gemeinsame Konsularische Instruktion der an den Schengen-Acquis gebundenen EU-Partner der rechtliche Rahmen. Wer ein Besuchsvisum beantragt, gibt damit zu erkennen, dass er nach Ablauf des Besuchszeitraums wieder in sein Heimatland zurückkehrt. Für die Prüfung der Rückkehrbereitschaft gelten abgestufte Kriterien:
- In der Regel muss ein Besuchsvisum nach dem Ausländergesetz unter anderem abgelehnt werden, wenn die überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine Umgehung der Einreisevorschriften spricht;
- Vertrauensschutz bei regelgerechter Rückkehr nach einem Besuchsaufenthalt in EU/EWR-Ländern, der Schweiz oder Nordamerika in früheren Fällen;
- Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei den Anforderungen zur Glaubhaftmachung der Rückkehrbereitschaft insbesondere bei Besuchen der Kernfamilie oder enger Familienangehöriger;
- wenn sich in der Abwägung der tatsächlichen Umstände, die für oder gegen die Erteilung eines Besuchsvisums sprechen, Pro und Contra die Waage halten, Entscheidung für Reisemöglichkeit.
Wird ein Besuchsvisum abgelehnt, so wird diese Entscheidung dem deutschen Ausländerrecht und den internationalen Gepflogenheiten entsprechend wie bisher nicht begründet. Remonstriert der Antragsteller gegen die Ablehnung, überprüft die AV ihre Entscheidung und erteilt einen rechtsmittelfähigen Bescheid.

3. Beratung im Visumverfahren; Aus- und Fortbildung

Die AVen sind erneut auf das bestehende Spannungsverhältnis hingewiesen worden, dass sie einerseits Versuche der illegalen Zuwanderung abwehren müssen, andererseits aber den freien Reiseverkehr nach und die Begegnungen mit Deutschland fördern sollen. Es gehört deshalb zu den Aufgaben der AVen, die Antragsteller über die Voraussetzungen der Visumerteilung umfassend zu beraten und auf sachdienliche Anträge hinzuwirken. Ziel ist, die Chance einer legalen Reisemöglichkeit zu eröffnen. Das AA wird zusammen mit den AVen die Visumpraxis im Spannungsfeld weiter überprüfen und verbessern.

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Deutsch- 
italienisches 
Sozial- 
versicherungs- 
abkommen 
unterzeichnet

 

Berlin. Deutschland und Italien haben heute eine Lücke in ihren Sozialversicherungsbeziehungen geschlossen. Aus Anlass seines Deutschland-Besuchs unterzeichnete der italienische Arbeitsminister Cesare Salvi Anfang April das deutsch-italienische Abkommen über die Einziehung und Beitreibung von Beiträgen der sozialen Sicherheit im Bundesarbeitsministerium in Berlin. Die Sozialversicherungsbeziehungen zwischen beiden Ländern waren auch bisher weitgehend geregelt. Italien gehört zu den Gründungsmitgliedern der Europäischen Gemeinschaft und seit 1958 ist die Zusammenarbeit der Systeme der sozialen Sicherheit mit anderen Mitgliedstaaten durch einheitliches europäisches Recht in einer Verordnung festgeschrieben. Mit dieser Verordnung ist vor allem die Zusammenrechnung von Versicherungszeiten und die Zahlung von Rentenleistungen an Wanderarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer mit Wohnsitz im jeweils anderen Mitgliedstaat sichergestellt. Allerdings wurden die enthaltenen Regelungen über die Einziehung und Beitreibung rückständiger Sozialversicherungsbeiträge von Schuldnern, die sich im jeweils anderen Mitgliedstaat befinden oder dort Vermögen haben, bisher vielfach, ohne ergänzende vertragliche Durchführungsbestimmungen, nicht unmittelbar angewandt. Diese Lücke wird nun durch das vorliegende Abkommen zwischen Italien und Deutschland geschlossen. Das Abkommen ist vor allem im deutschen Interesse, es ermöglicht der deutschen Sozialversicherung Beitragsrückstände von Schuldnern mit Wohnsitz in Italien einzutreiben. Bisher konnten rechtskräftige Beitragsforderungen häufig nicht eingezogen werden.

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EU-Regelung zu Scheidung und Sorgerecht

 

Brüssel. Bei Scheidungs- und Sorgerechtsstreitigkeiten sind in der Europäischen Union (EU) künftig die Gerichte im Aufenthaltsland zuständig. Das regelt eine am 01.03.2001 in Kraft tretende neue EU-Verordnung zum Familienrecht. Sie wurde am 29.05.2000 bei einer gemeinsamen Sitzung der europäischen Innen- und Justizminister verabschiedet. Klare Zuständigkeiten sollen das Neben- und Gegeneinander von einzelstaatlichen Verfahren beseitigen und die gegenseitige Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen erleichtern, hieß es. Zum Beispiel gelten Scheidungsurteile, die in einem Mitgliedstaat ergangen sind, ohne weiteres in der gesamten EU. Erheblich erleichtert werden auch die Anerkennung und Vollstreckung von Sorgerechtsentscheidungen. Die Neuregelung werde vor allem den Kindern aus binationalen Ehen helfen, die bei Konflikten ihrer Eltern besonderen Schutz brauchten, sagte Bundesjustizministerin Däubler-Gmelin.


Autor: Ekkehart Schmidt-Fink, isoplan

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