Ausländer in Deutschland 3/2000, 16.Jg., 30. September 2000

notizen

*) Diese Beiträge wurden im Druck-Exemplar nicht veröffentlicht!


Erdbebenhilfe Türkei

 

Am 17. August hat sich der Tag, an dem die Region Kocaeli in der Türkei durch ein Erdbeben zerstört wurde, gejährt. Über 15.000 Menschen kamen zu Tode. Noch nach einem Jahr sind die Schäden im wichtigsten Industriezentrum der Türkei immens. Mit einem Spendenbrief, der im November 1999 an 600 deutsche Industrieunternehmen verschickt wurde, riefen Bundesarbeitsminister Walter Riester und Dieter Hennig, Thyssen-Vorstandsmitglied und Beiratspräsident der KMI (Koordinierungsstelle für berufliche Mobilität und Integration im Ausland gGmbH), dazu auf, den Wiederaufbau der Erdbebenregion zu unterstützen. Seitdem haben Firmen wie BMW, Volkswagen, Mannesmann Sachs, BASF, Bosch, Alcatel, Philips, Lufthansa, Hapag Lloyd, die Deutsche Telekom, Mann+Hummel, die Deutsche Steinkohle sowie Henkel Maschinen und Hilfsmittel, PCs und Ausbildungseinrichtungen im Wert von 800.000 DM gespendet. Ein Teil der Spenden wird derzeit im Qualifizierungszentrum Riesa geprüft und zum Versand in die Türkei vorbereitet. Neben Sachspenden wurden von Beiersdorf, Aral und Veba Oel auch Praktikumsplätze und Kurzzeitseminare für türkische Ausbilder und Azubis angeboten. Die Spenden sind dafür vorgesehen, zerstörte Ausbildungswerkstätten, Berufsschulen und Fachhochschulen neu auszustatten. Das KMI-Büro in Istanbul evaluiert Ausbildungseinrichtungen und mögliche Bildungsträger, die von dem Unglück betroffen sind und in denen Ausbildungsprojekte für zurückgekehrte Jugendliche im gewerblich-technischen, kaufmännischen und Dienstleistungsbereich durchgeführt werden können. Die türkische MEKSA-Stiftung, eine Stiftung zur Förderung der Kleinindustrie und langjährige Partnerin der KMI, konnte bereits einen Teil der Maschinen in ihren Ausbildungszentren einsetzen. Die KMI ist eine Tochtergesellschaft des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln und wird vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung finanziert. Sie informiert türkische Arbeitsuchende aus Deutschland über Arbeitsplatzangebote und Existenzgründungsmöglichkeiten in der Türkei, organisiert Maßnahmen zur beruflichen Höherqualifizierung für ehemalige Gastarbeitnehmer/innen aus Mittel- und Osteuropa und akquiriert gebrauchte Maschinen zur Ausstattung von Ausbildungszentren in der Türkei und in Mittel- und Osteuropa. (KMI)

Weitere Informationen:
KMI - Koordinierungsstelle für berufliche Mobilität und Integration im Ausland gGmbH
Gustav-Heinemann-Ufer 84-88
50968 Köln
Tel.: 0221/4981-691 oder -692, Fax: -597, e-mail: kmi@iwkoeln.de
Internet: www.kmi-online.de 


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IMPULSO- ein Kooperationsnetz

 

Bonn. In Deutschland leben viele gut- und hochqualifizierte portugiesische und spanische Fach- und Führungskräfte. Sie sind in der Regel bilingual und bikulturell aufgewachsen und gehören damit zu denjenigen, die besonders geeignet sind, Brücken zwischen Deutschland, Spanien und Portugal zu schlagen. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen, die auf den Markt des jeweils anderen Landes expandieren wollen, können hier eine ideale Unterstützung für Wirtschaftskooperationen finden. Im Rahmen eines EU-Projekts "IMPULSO" wird zur Zeit ein transnationales Kooperations- und Beratungsnetzwerk für portugiesische und spanische Fach- und Führungskräfte in Deutschland sowie Unternehmen in Spanien und Portugal aufgebaut. IMPULSO bietet dabei folgende Serviceleistungen: 

1) Information und Sensibilisierung portugiesischer und spanischer Unternehmen für den deutschen Wirtschaftsraum und das Humanpotential hochqualifizierter, bilingualer und bikultureller Fach- und Führungskräfte; 

2) zielgruppenspezifische Existenzgründerberatung; 

3) eine Online-Datenbank und Kontaktvermittlung zwischen Unternehmen und Fach- und Führungskräften mit entsprechenden fachlichen, interkulturellen und sprachlichen Kompetenzen. (esf)

Kontakt:
Internationale Projektkoordination und Ansprechpartner für Portugiesen: Verband Portugiesischer Unternehmen in Deutschland, e.V. (VPU), Katja Petereit, Tel.: 0228/52694-21, Silvia Lima, Tel.: -10, Fax: -11,
e-Mail: impulso@vpu.org  
Ansprechpartner für Spanier:
Spanische Weiterbildungsakademie(AEF)
Dr. Artur Kalnins, Tel.: 0228/340670
Fax: 0228-858354
e-Mail: aef-cafitz@t-online.de 


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Anti-Rassismus-
Forum

 

Frankfurt/Main. In einem Internet-Forum will der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Diskussionen über Handlungsmöglichkeiten gegen rechtsextremes Verhalten initiieren. Das Forum unter www.dgb2000.de sei für alle offen, "die sich in ihrem Alltag gegen Rechtsextremismus und Rassismus engagieren wollen", sagte DGB-Vorstandsmitglied Ingrid Sehrbrock. Angesichts über 330 Webseiten mit rechtsradikalen Tendenzen habe auch der DGB das Internet als Ort für sein Diskussionsforum unter dem Titel "Flagge zeigen gegen rechts" gewählt. Unter der gleichen Internet-Adresse habe der DGB auch eine Online-Umfrage zur Frage gestartet, ob ein Verbot der NPD oder anderer rechtsextremer Parteien angestrebt werden sollte. Es sei gerade für Gewerkschaften unerträglich, wie Intoleranz und fehlende Aufklärung immer wieder in Hass und Gewalt umschlügen. "Wer daran langfristig etwas ändern will, muß an die Einstellung der Menschen rangehen", sagte Sehrbrock. (esf)


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Persembe - eine zweisprachige Wochenzeitung

 

"Deutschland ist ein Einwanderungsland und wird auch von konservativen Kräften zunehmend als solches begriffen. Ein günstiger Zeitpunkt, nun den lang erwünschten jedoch selten umgesetzten unverkrampften Dialog mit MigrantInnen und Deutschen konstruktiv voranzutreiben", heißt es in einer Pressemitteilung zum Start einer neuen Wochzeitung für MigrantInnen und Deutsche. Mit dem Namen "Persembe" (türkisch: Donnerstag) erscheint die Zeitung seit dem 7. September als Donnerstags-Beilage der überregionalen Zeitung die tageszeitung/taz, von der man unabhängig bleiben will. Man möchte sich mit der politischen, sozialen, kulturellen und religiösen Vielfalt in Deutschland auseinandersetzen. MigrantInnen will man "als das betrachten, was sie sind bzw. sein sollten - gleichberechtigte Teile dieser Gesellschaft", heißt es. Die Vielfalt der Identitäten soll durch die 8-seitige Wochenzeitung ein Forum bekommen, "das einseitiger Abbildung und stereotyper Wahrnehmung entgegentritt". Persembe will Geschichten vom Alltag erzählen, unbekannte Helden porträtieren, über "Ent-Wicklungen" und Stillstände debattieren, "ver-rückte" und entgleiste Menschen karikieren, deutsch-türkischen "Medienschwachsinn" aufgreifen, das "deutsche Binnenleben" kommentieren, mit deutschen und türkischen Tabuthemen brechen und die Entwicklung der Demokratie und der Menschenrechte reflektieren. Umgesetzt werden soll dieses ehrgeizige Programm durch Beiträge von türkisch- und deutschsprachigen JournalistInnen und RedakteurInnen aus Deutschland und der Türkei. "Als Anerkennung und Umsetzung einer existierenden bikulturellen Realität" wird Persembe in Deutsch und Türkisch erscheinen. Doch nicht die Sprache, sondern der Inhalt der Artikel soll der Maßstab sein, an dem sich Persembe messen lassen will, heißt es weiter. (esf)


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Wir haben die Sonntagsreden satt!

 

Vom 16. bis 17. September 2000 fand die dritte ordentliche Plenarsitzung des Bundesausländerbeirats statt. Der aus der Türkei stammende 33-jährige Jurist Memet Kiliç wurde von den Delegierten zum Vorsitzenden des Bundesausländerbeirats gewählt. Über den Bundesausländerbeirat, ein Zusammenschluß der Landesarbeitsgemeinschaften der kommunalen Ausländerbeiräte und Ausländervertretungen, werden über 450 demokratisch gewählte Ausländerbeiräte in 12 Bundesländer und somit bislang etwa 4 Millionen Ausländer/innen in Deutschland repräsentiert. Gegründet im Mai 1998 besteht nun auch auf Bundesebene eine Vertretung der Ausländerinnen und Ausländer, die auf einer demokratischen Legitimation beruht und ethnien- und parteiübergreifend die Interessen der Migrant/innen vertritt. Im Mittelpunkt der Jahrestagung standen die gewalttätigen Ausschreitungen gegen Minderheiten und das Problem des Antisemitismus und Rechtsextremismus in Deutschland. Weiterer Schwerpunkt der Beratungen waren die Erwartungen der Ausländer an eine moderne Zuwanderungs- und Integrationspolitik in Deutschland. Tief enttäuscht und teilweise verbittert, so hieß es in einem Pressegespräch, sei der Bundesausländerbeirat, über die Politik der Bundesregierung. Ob Staatsbürgerschaftsrecht, so genannte Altfallregelung für Flüchtlinge oder Einwanderungskommission, Rot-Grün habe das Gesprächsangebot der Migranten einfach ignoriert. "Man denkt immer noch, dass man über unsere Köpfe hinweg Entscheidungen fällen kann", so Kiliç. Häufig werde von der Politik vergessen, dass Integration nicht Assimilation bedeute, sondern in erster Linie Teilhabe und Gleichberechtigung. Dass in Deutschland Menschen ausländischer Herkunft noch immer ausgegrenzt würden, sei letztlich der Nährboden für Rechtsradikalismus und Rassismus. "Wir haben die Sonntagsreden satt", betonte Kiliç. In einer Resolution forderte der Bundesausländerbeirat Rechtsradikalismus und Rassismus nun konsequent zu bekämpfen. Anders als häufig behauptet, lägen deren Ursachen nämlich nicht am Rand der Gesellschaft, sondern in deren Mitte. Stammtischmentalität sei in letzter Zeit politikfähig geworden. Seit Jahren schon würden viele Initiativen auf die gefährliche Entwicklung in allen Bereichen der Gesellschaft und des Staates hingewiesen. Auch die Europäische Kommission habe schon 1998 festgestellt, dass rund 31 Prozent der Bürger Europas sich als offen beziehungsweise ziemlich rassistisch bezeichnen. (esf)


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Migrations-
szenarien für das 21. Jahrhundert

 

Rom. Vom 12. - 14.07.00 fand in Rom unter Beteiligung vieler internationaler und italienischer Institutionen aus Migrationspolitik und Integrationsarbeit eine internationale Konferenz "Migrations. Scenarios for the 21st Century" statt. Die Konferenz ist Teil einer Reihe kultureller Aktivitäten zum Milleniumsjahr in Italien, durchgeführt von der "Agenzia romana per la preparazione del Giubileo". Ziel war die Analyse internationaler Trends und Prozesse von Wanderungsbewegungen sowie die Vorstellung von Szenarien künftiger sozialer, wirtschaftlicher und kultureller Veränderungen, die das Migrationsphänomen mit sich ziehen könnte. Während der vergangenen zwei Jahre haben Wissenschaftler verschiedenster Disziplinen zu Themen wie "Migration und Arbeitsmarkt" oder "Pluralismus, Toleranz und Multikulturalismus" zur Vorbereitung der Tagung geforscht. Die Ergebnisse dieser Vorarbeit wurden auf der Konferenz vorgestellt und diskutiert. Zu den deutschen Teilnehmern gehörten unter anderem Klaus Töpfer, Leiter der UN-Umweltbehörde und Eberhard Diepgen, Regierender Bürgermeister von Berlin. In der zweiten Jahreshälfte folgen drei Tagungen, auf denen einzelne Themen vertieft behandelt werden, so "Cultural Migrations. The Movement of Art and People" in Florenz (27.-30.09.00), "Migrations and Multicultural Societies. The Rules of Integration" in Neapel (09.-11.11.00) und "Migrations, Labor Markets, and Economic Development" in Mailand (23.-24.11.00). Nähere Informationen über www.migrazioni.romagiubileo.it . (esf)


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Uni Köln: 90 Prozent mehr ausländische Studienbewerber

 

Köln. Die Zahl der Anträge ausländischer Studienbewerberinnen und -bewerber auf Zulassung zu einem Studium an der Universität zu Köln ist auch in diesem Jahr wieder stark gestiegen. Sie nahm von 3.382 (zum Wintersemester 1999/2000) auf 6.309 (zum Wintersemester 2000/2001) zu, was einer erneuten Zunahme um fast 90 Prozent entspricht. Dabei seien schon in den vergangenen Jahren die Steigerungsraten beträchtlich gewesen, heißt es in einer Presse-Information. Viele der oft hochqualifizierten Bewerberinnen und Bewerber müssten jedoch abgewiesen werden.

Aufgrund der "Verordnung über die Vergabe von Studienplätzen in NRW" dürften in den Numerus-Clausus-Fächern (NC) nur fünf Prozent der Studienplätze an Bewerberinnen und Bewerber aus dem Nicht-EU-Ausland vergeben werden. Diese Quote führe zu extrem hohen Ablehnungszahlen und dazu, dass trotz steigenden Interesses nur wenige der oft hochqualifizierten ausländischen Bewerberinnen und Bewerber zum Studium in Köln zugelassen werden könnten. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Zulassungsbereich des Akademischen Auslandsamtes bedeute dies, dass auf einen positiven Bescheid (einer Zulassung zum Studium an der Universität) - je nach Studiengang - 10 bis 20 negative Bescheide verschickt werden müssen. Noch nicht mitgerechnet seien hier die vielen Anträge, die gar nicht erst in den Verfahren berücksichtigt werden können, da nicht rechtzeitig alle notwendigen Dokumente besorgt werden konnten.

Bis zum 15. Juli (bzw. 15. Januar für das Sommersemester) müssen die Anträge der ausländischen Studienbewerberinnen und -bewerber auf Zulassung zum Fachstudium oder zum studienvorbereitenden Deutschkurs vollständig mit allen Unterlagen im Akademischen Auslandsamt vorliegen. Die ausländischen Schulabschlüsse werden zuerst auf ihre Äquivalenz zum deutschen Abitur geprüft, die erzielten Noten nach Vorgaben der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen in Bonn in eine der Abiturnote vergleichbare Durchschnittsnote umgerechnet. Mit dieser Durchschnittsnote konkurriert der Antrag anschließend in den Auswahlverfahren, die für die Zulassung zu einem der zulassungsbeschränkten Studienfächer durchgeführt werden müssen. Besonders hart sei die Konkurrenz in den NC-Fächern, für die alle Interessenten aus EU-Ländern ihre Bewerbung an die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) in Dortmund richten, heißt es weiter. Bewerber aus dem Nicht-EU-Ausland müssten allerdings ihre Bewerbung an das Akademische Auslandsamt der jeweiligen Hochschule richten. Auch zur Zulassung zum studienvorbereitenden Deutschkurs werde in Köln aufgrund der großen Nachfrage zum Wintersemester 2000/2001 erstmals ein eigenes Auswahlverfahren im Auslandsamt durchgeführt.

Die Presse- und Informationsstelle der Universität schätzt ausländische Studierende als eine Bereicherung - entsprechende Bestätigungen würden die Universität zu Köln immer wieder von Seiten der Lehrenden und Studierenden erreichen. Eigentlich könne man stolz sein auf das große internationale Interesse - in den letzten Jahren gerade aus Mittel- und Osteuropa, den neuen unabhängigen Staaten der früheren Sowjetunion und aus China. Doch es bestehe die Gefahr, dass diese Studierenden sich abwenden, wenn die Bewerbungssituation so schwierig bleibe. Dem politischen Ziel, die deutschen Hochschulen international attraktiver zu machen, diene die Quote sicherlich nicht. (esf)


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Existenzgründung von Migrantinnen

 

Im Juni 2000 fand in Bremen die erste bundesweite Fachtagung zum Thema "Existenzgründung von Migrantinnen - Luxus oder Notwendigkeit zukünftiger Arbeitsmarktpolitik" statt. Organisiert wurde sie von "MiBoP - Migrantinnen Berufsorientierung und -planung", einem seit 1997 bestehenden Bremer Migrantinnenprojekt. "Die Situation auf dem deutschen Arbeitsmarkt ist nach wie vor sehr schwierig", erklärt Frau Navideh Kolahi, Projektleiterin und Existenzgründungsberaterin von MiBoP. "Viele Frauen ausländischer Herkunft finden keine Möglichkeit, sich in den Arbeitsmarkt zu integrieren - trotz guter Qualifikation und hohem Engagement". So sei es wenig verwunderlich, dass mehr und mehr Migrantinnen ihre Chance nutzen und sich selbständig machen. Nähere Informationen sowie die in einem Reader zusammengestellten Beiträge der Fachtagung sind bei MiBoP erhältlich. (esf)

Kontakt: MiBoP - Migrantinnen Berufsorientierung und -planung, Bahnhofsplatz 22-28, 28195 Bremen, Tel.: 0421/33980-22, Fax -21, e-mail: mibop@t-online.de 


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Bildungsinitiative

 

Das Forum Bildung, die Bildungsinitiative von Bund und Ländern, beschäftigt sich seit Mitte Juni mit einem neuen Thema: Die schlechteren Bildungschancen junger Migranten. Mit den Bildungschancen für ausländische Jugendliche ist es nicht zum besten bestellt. Viele haben keinen Ausbildungsvertrag in der Tasche und nur 14% Abitur. Bei den deutschen Jugendlichen sind es dagegen über 30%, die aufs Gymnasium gehen. Doch nicht nur in diesem Bereich ist die Benachteiligung von Migranten alarmierend. Sind Jugendliche erst einmal auf der Seite der "Bildungsverlierer", ist nur schwer ein Ausweg zu finden: Zweidrittel aller Arbeitslosen ohne Berufsausbildung sind ebenfalls Ausländer. Die Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Familien von Arbeitsmigranten ist deshalb für das Forum Bildung ein wichtiges Anliegen im Rahmen des Themas Chancengleichheit. Als Einstieg finden Interessierte unter der Internet-Adresse www.forum-bildung.de  Interviews, das Porträt eines Modellprojektes und eine Online-Debatte.

Skatkarten auf türkisch und italienische Werbespots in der Halbzeitpause der Fußball-WM 1998. Die Kölner Initiative Pro Qualifizierung setzt neue Akzente in der Aus- und Weiterbildung. Der geistige Vorgänger von Pro Qualifizierung, die BQN, trug in Köln maßgeblich dazu bei, dass der Anteil jugendlicher Migranten, die mit einer Berufsausbildung in das Arbeitsleben starten, von 4% auf 18% erhöht werden konnte. Und das in nur sechs Jahren. Nun versucht die Kölner Initiative auf unkonventionelle Art und Weise, Migranten für die Aus- und Weiterbildung zu gewinnen. Und der Erfolg gibt ihr Recht: Hotlines informieren inzwischen auf türkisch, italienisch und griechisch über Weiterbildungsangebote.

Das Partnerprojekt von Pro Qualifizierung, KAUSA (vgl. AiD 1/00), umwirbt eine andere Gruppe von Migranten: die Unternehmer ausländischer Herkunft. 281 000 ausländische Firmen gibt es in Deutschland. Eine Million Menschen verdienen ihren Lebensunterhalt in diesen Unternehmen. Und kaum eines dieser Unternehmen bildet aus. Deshalb unterstützt KAUSA diese beim Einstieg in die Ausbildung.
Das Forum Bildung, das sich aktuell mit der Förderung junger Migranten beschäftigt, porträtiert die Initiative Pro Qualifizierung, führte ein Interview mit ihrem Leiter, Wolfgang Fehl sowie mit dem deutschen Bundestagsabgeordneten türkischer Abstammung, Cem Özdemir. Dazu wurde eine Online-Debatte gestartet, die neue Denkanstöße liefern soll.

Udo Löffler, Forum Bildung

Kontakt:
Online-Redaktion Forum Bildung, Stephanstr. 7-9, 50676 Köln, Tel.: 0221/27847-05, Fax: -08, e-mail: loeffler@digitale-zeiten.de , http://www.forumbildung.de  


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Friedenspreis für Assia Djebar

Der Stiftungsrat für den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels hat die algerische Autorin Assia Djebar zur diesjährigen Trägerin des Friedenspreises gewählt. Die Entscheidung wird damit begründet, dass die Schriftstellerin "mit ihrem Werk ein Zeichen der Hoffnung gesetzt habe für die demokratische Erneuerung Algeriens, für den inneren Frieden in ihrer Heimat und für die Verständigung zwischen den Kulturen." Die Laudatio bei den Feierlichkeiten am 22. Oktober 2000 in der Paulskirche hält die österreichische Schriftstellerin Barbara Frischmuth. Der Friedenspreis wird traditionell während der Frankfurter Buchmesse - in diesem Jahr vom 18. bis 23. Oktober - verliehen. In der Begründung der Entscheidung heißt es: "Der Buchhandel ehrt die algerische Schriftstellerin Assia Djebar, die dem Maghreb in der zeitgenössischen europäischen Literatur eine eindringliche Stimme gegeben hat. Sie hat mit ihrem Werk ein Zeichen der Hoffnung gesetzt für die demokratische Erneuerung Algeriens, für den inneren Frieden in ihrer Heimat und für die Verständigung zwischen den Kulturen. Den vielfältigen Wurzeln ihrer Kultur verpflichtet, hat Assia Djebar einen wichtigen Beitrag zu einem neuen Selbstbewusstsein der Frauen in der arabischen Welt geleistet." Assia Djebar (eigentlicher Name: Fatima-Zohra Imalayène) wurde 1936 in Cherchell, einer kleinen Küstenstadt bei Algier, geboren. Sie besuchte die Koranschule und die französische Grundschule, an der ihr Vater Französisch unterrichtete. Als erste Algerierin wurde sie an der Ecole Normale Supérieure in Paris zugelassen. 1956, in den ersten Jahren des algerischen Unabhängigkeitskampfes, nahm sie am Streik der algerischen Studenten teil. Ihr Debüt als Romanschriftstellerin war der Roman "La Soif" (1957, deutsch "Die Zweifelnde", 1993), den sie innerhalb von zwei Monaten während der Studentenunruhen 1956 geschrieben hatte. "Les Impatients" (1958, deutsch "Die Ungeduldigen", 1959) spielt vor dem Unabhängigkeitskampf und handelt von einer jungen Frau, die sich in ihrer Familie gefangen fühlt. "Les Enfants du nouveau monde" (1962) erzählt von algerischen Frauen, die eigene Forderungen entwickeln; die Heldin nimmt an Gemeinschaftsaktionen zum politischen Wechsel teil. Die Themen Liebe und Krieg, Vergangenheit und Gegenwart werden auch in den nächsten Romanen weitergeführt. Während des Befreiungskampfes arbeitete Assia Djebar als Journalistin und engagierte sich als Assistentin an der Universität von Rabat in zahlreichen algerischen kulturellen Initiativen. Anfang der 70er Jahre begann Assia Djebar klassisches Arabisch zu studieren, um ihre Ausdrucksmöglichkeiten zu erweitern. In ihren späteren Romanen bereicherte sie denn auch die französische Sprache durch Klänge und Rhythmen des Arabischen. Ihr langes literarisches Schweigen in den 70er Jahren hing einerseits damit zusammen, dass sie feststellen musste, dass sie nie eine Schriftstellerin arabischer Sprache sein würde, andererseits lag es an ihrem Interesse für andere künstlerische Ausdrucksformen. Nach der zehnjährigen Phase des Schweigens erschienen seit 1980, beginnend mit dem Titel "Die Frauen von Algier" (deutsch 1994) Bücher, in denen Djebar einerseits mit neuen Stilmitteln experimentiert, andererseits den Maghreb in seinen Facetten in Geschichte und Gegenwart einfängt. Karl-Markus Gauß (F.A.Z.) schreibt über sie: "Was Djebar in der persönlichen wie der historischen Geschichtsschreibung leistet, das ist nichts anderes als die Umdrehung des Blicks; der Blick, mit dem die Welt gesehen wird, kommt aus jenem schmalen Sehschlitz, auf den der Schleier das Sehfeld der Frauen verengt." Djebar unterrichtete über viele Jahre Geschichte an der Universität von Algier. Seit 1997 ist sie Professorin am Zentrum für französische und frankophone Studien der Louisiana State University. Ihre Werke wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt. Sie wurde mit vielen internationalen Preisen ausgezeichnet. Mehr Informationen finden sich unter www.unionsverlag.ch .(esf)


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Beratung für Italiener


Laura Garavini Seisselberg
(Geschäftsführerin ITAL-UIL Berlin)

Sie will mitkommen, das stand für Monica Ambra von Beginn an fest. Jetzt lebt die junge, bildhübsche Italienerin seit sechs Monaten in Berlin. Zusammen mit ihren zwei Kindern und ihrem Mann, den sie nicht alleine ziehen lassen wollte. Denn die Erfahrungen der Gastarbeiter der ersten Generation sind für Monica Ambra ein abschreckendes Beispiel: Die meisten Frauen blieben damals in Italien, die Männer gingen alleine ins Ausland Geld verdienen- und viele Familien zerbrachen daran. Berlin ist für Monica Ambra auch nach einen halben Jahr eine fremde Stadt. Sie kann kaum ein Wort Deutsch, im Alltag fühlt sie sich fremd, auf den Behörden ohnmächtig. Am meisten aber leidet sie darunter, dass sie nicht weiss, was sie für ihre Kinder tun muss, um den richtigen Kindergarten beziehungsweise die richtige Schule zu finden. Seit kurzem gibt es eine Anlaufstelle, bei der Monica Ambra alle ihre Sorgen und Nöte, vor allem aber ihre Fragen loswerden kann: in der neuen Beratungsstelle des Gewerkschaftspatronato ITAL-UIL.

Dort bietet ihr das Team der ITAL-UIL Informationen, wo sie am besten Deutsch lernen kann. Sie bekommt Unterstützung und Tipps für die notwendigen Behördengänge. Und die ITAL-UIL gibt erste Hinweise zum deutschen Schulsystem im allgemeinen und der Berliner Situation im speziellen. In diesem Zusammenhang lernt Monica Ambra auch die Bedeutung des dualen Ausbildungssystems in Deutschland kennen - ein Anstoß, auch um über mögliche eigene Weiterbil-dungsperspektiven nachzudenken. Was besonders neu angekommene, aber auch Italiener der ersten Gastarbeitergeneration schätzen: Sie bekommen die Beratung in italienischer Sprache.

Das Büro der ITAL-UIL liegt mitten im alten West-Berliner Zentrum, im DGB-Haus in der Keithstraße. Die Eröffnung im Juli 2000 war eine Premiere - denn die ITAL-UIL ist die erste italienische Sozialberatungsstelle in der deutschen Hauptstadt. Vorher war die ITAL-UIL bereits in 12 anderen deutschen Städten, aktiv. Gesetzliches Ziel des Patronato ist es, die sozialen Rechte der Italiener im Ausland sichern. Traditioneller Schwerpunkt ist dabei das Thema Renten. Der Hintergrund: Viele Italiener der ersten Einwanderergeneration haben einen Teil ihres Berufslebens in Italien, einen Teil in Deutschland verbracht. Die ITAL-UIL beträt sie und hilft ihnen, durch den Dschungel von zwei unterschiedlichen Rentensystemen hindurchzufinden. Das Ziel lautet: Auch wer über Grenzen hinweg gearbeitet hat, soll im Alter seine verdiente volle Rente erhalten.

Die ITAL-UIL hilft italienischen Arbeitnehmern und Familien auch bei Arbeitslosigkeit. Ziel ist, das Schicksal der Arbeitslosigkeit zu vermeiden beziehungsweise zu überwinden - denn, so das Motto der ITAL-UIL: Arbeit ist die beste Integrationshilfe.

In Berlin und Umgebung leben rund 14 000 Italiener. Generell gelten Italiener als die am besten integrierten Ausländer. Die Realität aber sieht häufig anders aus. Die Italiener in Deutschland sind häufiger als Türken auf Sonderschulen vertreten, sie verfügen in der Regel über schlechtere oder keine berufliche Abschlüsse und sind auch unter den Ausländern überdurchschnittlich häufig von Arbeitslosigkeit betroffen.

Gemeinsam beispielsweise mit dem DGB wehrt sich die ITAL-UIL gegen illegale Beschäftigung. Immer noch werden italienische Arbeitnehmer mit falschen Versprechen nach Deutschland gelockt und hier ihrem Schicksal überlassen - für sie ist die ITAL-UIL ebenfalls erste Anlaufstelle.

Die ITAL-UIL informiert außerdem Italiener über das neue deutsche Staatsbürgerschaftsrecht. Politisch setzt sich die ITAL-UIL für eine Regelung zur dauerhaften doppelten Staatsbürgerschaft ein. Gerade ältere Arbeitnehmer, die in Italien aufgewachsen sind, besitzen so starke Wurzeln, dass sie auch nach Jahrzehnten in Deutschland emotional nicht in der Lage sind, ihren italienischen Pass zurückzugeben. Diesen Italienern, die sich um den Aufbau Deutschlands verdient gemacht haben, wird durch eine fehlende Doppelpass-Regelung verwehrt, grundlegende staatsbürgerliche Grundrechte wahrzunehmen, weil ihnen der "richtige" Pass fehlt.

Die Beratung der Beratungsstelle ITAL-UIL, die vom italienischen Staat finanziell unterstützt wird, ist generell kostenlos. Das Patronato ITAL-UIL ist weltweit vertreten, mit mehr als 200 Büros in 21 Nationen. In Deutschland steht ITAL-UIL den Italienern in 13 Städten zur Verfügung.

Laura Garavini Seisselberg, ITAL-UIL

Adressen der Büros in Deutschland:

ITAL-UIL Germania e.V.
Im DGB-Haus Keithstr. 1-3
10787 Berlin
Tel.: 030-23627020
Fax.: 030-23627016

ITAL-UIL Germania e.V.
Im DGB-Haus Hans-Bökler-Platz 1
50672 Köln
Tel. 0221-5626323
Fax.: 0221-5626324

ITAL-UIL Germania e.V.
bei Casa di Cultura e.V-Adalbertstr. 36 H
60486 Frankfurt
Tel.: 069-775116
Fax.: 069-628350

ITAL-UIL Germania e.V
Im IG Metall Haus
Poststr. 14/A
73033 Göppingen
Tel.: 07161-73789

ITAL-UIL Germania e.V.
Feldbergstr. 4
79539 Lörrach
Tel.: 07621-140613
Fax.: 07621-140619

ITAL-UIL Germania e.V.
Maxstr. 48
67059 Ludwigshafen
Tel.: 0621-516231
Fax.: 0621-5292297

ITAL-UIL Germania e.V.
Im DGB-Haus
Berlinerstr. 79
63065 Offenbach
Tel.: 069-814254

ITAL-UIL Germania e.V.
Bahnhofplatz 1
78315 Radolfzell
Tel.: 07732-52949

ITAL-UIL Germania e.V.
Hochbrucktorstr. 14
78628 Rottweil
Tel.: 0741-7210

ITAL-UIL Germania e.V.
Wiesbadenerstr. 12
70372 Stuttgart
Tel.: 0711-574488
Fax.: 0711-581900

ITAL-UIL Germania e.V.
Kaiserring 9
78050 VS- Villingen
Tel.: 07721/30105/6
Fax.: 0772126675

ITAL-UIL Germania e.V.
Langestrasse 72
79183 Waldkirch
Tel.: 07681-23528
Fax.: 07681-24697

ITAL-UIL Germania e.V.
An der Ringkirche 2
65197 Wiesbaden
Tel.: 0611-443574
Fax.: 0611-495268


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