Ausländer in Deutschland 4/2000, 16.Jg., 1. Dezember 2000

recht

Aktuelle Gesetzesänderungen, Urteile und Publikationen

*) Diese Beiträge wurden im Druck-Exemplar nicht veröffentlicht!


Neuregelung des Arbeitsmarkt-
zugangs für Asylbewerber und andere

 

Berlin. Asylbewerber, Bürgerkriegsflüchtlinge und geduldete Ausländer sollen nicht länger vom Arbeitsmarkt ferngehalten werden. Wie Gerd Andres, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium (BMA), am 22. September 2000 erklärte, hat sich eine Arbeitsgruppe im Kanzleramt nach intensiven Diskussionen auf eine Neuregelung des Arbeitsmarktzugangs geeinigt. Die Einigung hat folgenden Inhalt:

1. Die Weisung des BMA an die Bundesanstalt für Arbeit vom Mai 1997 ("Clever-Erlass") wird aufgehoben. Sie verwehrt bislang Bürgerkriegsflüchtlingen, Asylbewerbern und geduldeten Ausländern, die nach dem 15. Mai 1997 eingereist sind, den Zugang zum Arbeitsmarkt.

2. Asylbewerbern und Geduldeten wird zukünftig nach einer Wartezeit von 12 Monaten der Zugang zum Arbeitsmarkt eröffnet. Die Vorrangprüfung bleibt erhalten.

3. Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge, die eine Aufenthaltsbefugnis nach § 32a Ausländergesetz haben, sind von der 12monatigen Wartezeit ausgenommen und erhalten einen nachrangigen Arbeitsmarktzugang ohne Wartezeit.

4. Verlängerung der Arbeitserlaubnisse bei Fortsetzung einer Beschäftigung unabhängig von der Arbeitsmarktlage (d.h. ohne nochmalige Vorrangprüfung).

5. Analoge Anwendung der Bosnien-Traumatisierten-Regelung (Erteilung einer Arbeitserlaubnis ohne Arbeitsmarktprüfung) auf Traumatisierte unabhängig von ihrer geographischen Herkunft.

6. Die Neuregelung wird ein Jahr nach Inkrafttreten insbesondere in Hinblick auf die bis dahin eingetretenen Wirkungen auf dem Arbeitsmarkt überprüft.

Das BMA plant, eine entsprechende Rechtsverordnung noch im Jahr 2000 umzusetzen. Sie bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates. (esf)


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"Scheinehe" - Urteil schützt binationale Ehen

 

Kassel. Bei einer Ehe zwischen einem deutschen und einem ausländischen Partner dürfen Ausländerbehörden nicht ohne weiteres nachforschen, ob eventuell eine sogenannte "Scheinehe" vorliegt. Eine Überprüfung ist einem Gerichtsurteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH) zufolge nur zulässig, wenn dafür ein "triftiger Anlass" besteht (Az: 12 TG 2545/99 - Beschluss vom 21.03.2000). Das Urteil wurde kürzlich in der Neuen Zeitschrift für Verwaltungsrecht veröffentlicht. Das Gericht stoppte damit die Abschiebung eines Türken. (esf)


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Gericht erlaubt Unterricht mit Kopftuch

 

Lüneburg. Das Verwaltungsgericht Lüneburg hat am 16.10.2000 die dortige Bezirksregierung verpflichtet, die muslimische Deutsch- und Kunstlehrerin Iyman Alzayed in das Beamtenverhältnis auf Probe zu übernehmen, obwohl sie darauf besteht, während des Unterrichts ihr Kopftuch zu tragen. Das Gericht argumentierte, dass das Tragen des Kopftuchs als Zeichen der religiösen Zugehörigkeit allein noch kein Eignungsmangel sei. Der Zugang zu einem öffentlichen Amt dürfe nicht vom religiösen Bekenntnis abhängig gemacht werden. Die 42-jährige Pädagogin ist Deutsche und vor zehn Jahren zum Islam übergetreten. Der juristische Streit hat sich mehrere Jahre hingezogen. Nach Bekanntgabe des Urteils teilte das niedersächsische Kultusministerium mit, man halte an der Auffassung fest, dass eine Lehrkraft sich an das Gebot der weltanschaulichen Neutralität zu halten habe. Das Ministerium will in Berufung gehen und die Bewerberin vorerst nicht einstellen. (Az:1A 98/00) (esf)


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Fragen und Antworten zur Einbürgerung

 

Mainz/Hamburg. Die Landesbeauftragte für Ausländerfragen des Landes Rheinland-Pfalz hat im Juli 2000 eine Broschüre "Fragen & Antworten zur Einbürgerung" herausgegeben. Es handelt sich um eine, um rheinland-pfälzische Merkmale ergänzte Version der Broschüre der Ausländerbeauftragten der Bundesregierung. Auch die Stadt Hannover hat mit einer Broschüre "Sollen wir unser Kind einbürgern lassen?" die wichtigsten Fragen und Antworten zur Einbürgerung von Kindern kurz und bündig in neun Sprachen (deutsch, arabisch, englisch, französisch, persisch, polnisch, russisch, serbisch-kroatisch-bosnisch, spanisch und türkisch) zusammengestellt. (esf)

Bezug: 

Landesbauftragte für Ausländerfragen, Staatskanzlei Rheinland-Pfalz, Hintere Bleiche 34-38, 55116 Mainz, Tel.: 06131/16-2467, Fax: -2468

LHS Hannover, Ordnungsamt - Stelle für Staatsangehörigkeit und Namensrecht, Böcklingplatz 5, 30177 Hannover, Tel.: (0511) 168-48039, Fax: -48031


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Einbürgerungs-
gesetz - erste Erfahrungen

 

Frankfurt. Der Einwanderer-Treff Frankfurt e.V. hat eine Broschüre "Interviews mit MigrantInnen und Information zu den neuen Einbürgerungsgesetzen" herausgegeben. Acht in Frankfurt lebende Migrantinnen werden darin zu Fragen der Einbürgerung beziehungsweise Annahme der deutschen Staatsangehörigkeit interviewt. Die Frauen berichten über ihre Erfahrungen, unter anderem über den Verlauf ihres Aufenthaltsstatus, ihre Entscheidung zur Beantragung der Einbürgerung und die Veränderungen, die sich für sie ergeben haben. Die 28-seitige Broschüre ist für 5 DM (plus Porto) beim Einwanderer-Treff erhältlich. (esf)

Bezug: 
Einwanderer-Treff e.V., Leipziger Str. 42a, 60487 Frankfurt/Main, Tel.: 069/772160, Fax: 069/736323


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Ausländerrecht

 

Hans-Peter Welte hat im Jahr 2000 bei der Nomos Verlagsgesellschaft unter dem Titel "Ausländerrecht" eine Einführung in die komplizierte Materie des Ausländerrechts geschrieben. Welte, der an verschiedenen Hochschulen und Verwaltungsakademien lehrt, verfügt über langjährige Erfahrungen in der Umsetzung ausländerrechtlicher Vorschriften. Er behandelt unter anderem die unterschiedlichen Aufenthaltstitel, die Regelungen zur Familienzusammenführung, das eigenständige Aufenthaltsrecht für Familienangehörige. Sehr viel Raum nehmen Ausweisungsfragen ein. Das Buch bietet insbesondere dem Praktiker bei der täglichen Rechtsanwendung immer wieder gute Hilfen und kann trotz kleinerer Mängel und noch nicht einbezogener Rechtsänderungen empfohlen werden. Die 276seitige Publikation kostet 58 DM. (esf)


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Dokumentation und Ratgeber zum Asylrecht

 

Die Interkulturelle Arbeitsstelle IBIS e.V. in Oldenburg hat im Juli 2000 zwei Neuerscheinungen zum Asylrecht herausgegeben. Zum einen erschien die Dokumentation einer Fachtagung des Evangelischen Flüchtlingsreferates Düsseldorf zum Verhältnis von deutschem Asylrecht und Genfer Flüchtlingskonvention unter dem Titel "Die Genfer Flüchtlingskonvention: Magna Charta des Flüchtlingsrechts oder Verhandlungsmasse" (ISBN 3-934004-02-4). Die 97-seitige Publikation enthält unter anderem Beiträge von Prof. Kay Hailbronner und Wolfgang Grenz. Das Buch ist im Buchhandel oder über IBIS erhältlich und kostet 12,80 DM (plus 3 DM Porto). Zum anderen erschien bei IBIS die 2. Auflage des "Ratgebers Soziale Beratung von Asylbewerbern", herausgegeben vom Informationsverbund Asyl/ZDWF e.V. (ISBN 3-934004-03-2). Das 50-seitige Buch richtet sich vor allem an Sozialarbeiter und ehrenamtliche Berater und kostet 14,80 DM (plus 3 DM Porto). Beratungsstellen der Migrationsozialarbeit erhalten bei IBIS eine vereinfachte Sonderausgabe für 8 DM. (esf)

Bezug:
IBIS-Interkulturelle Arbeitsstelle e.V., Alexanderstr. 48, 26121 Oldenburg, Fax: 0441-9849606


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Kündigungsgrund: Rechts-
extremismus

 

Rechtsextremismus als rein außerdienstliches Fehlverhalten reicht für eine Kündigung noch nicht aus. Insofern kann einem Beschäftigten, der sich im Betrieb korrekt verhält, seine Gesinnung nicht vorgeworfen werden.

1. Störung des Betriebsfriedens muss hinzukommen
Hinzukommen muss, dass die rechtsradikale Gesinnung des Mitarbeiters in den Betrieb hineinwirkt und zu einer Störung des Betriebsfriedens führt. Damit ist die Atmosphäre friedlicher Zusammenarbeit aller im jeweiligen Betrieb Beschäftigten gemeint. Es kommt also auf die berühmten "Umstände des Einzelfalls" an. Auch ist eine Störung des Betriebsfriedens durch rechtsextremistische Äußerungen oder Gesten nicht nur bei Betrieben denkbar, in denen ausländische Mitarbeiter tätig sind. Vielmehr können (und werden) sich die übrigen Mitarbeiter in jedem Betrieb davon derart abgestoßen fühlen, dass eine friedliche, kollegiale Zusammenarbeit unmöglich wird.

2. Vorherige Abmahnung regelmäßig erforderlich
Liegt eine solche Störung des Betriebsfriedens vor, muss der rechtsradikale Mitarbeiter regelmäßig erst abgemahnt werden, bevor eine außerordentliche Kündigung erfolgen darf. Dies soll dem Mitarbeiter ermöglichen, sein Verhalten zu überdenken und zu ändern. In der Abmahnung muss der Arbeitgeber das beanstandete Verhalten aufführen sowie als Folge für den Wiederholungsfall die außerordentliche Kündigung androhen. Es bedarf aber keiner Abmahnung, wenn sie von vornherein keinen Erfolg verspricht (Beispiel: Mitarbeiter zeigte sich schon zuvor besonders uneinsichtig) oder bei besonders schweren Verstößen gegen den Betriebsfrieden (Beispiel: tätlicher Angriff auf einen ausländischen Mitarbeiter).

3. Kündigungserklärungsfrist beachten
Die außerordentliche (fristlose) Kündigung eines rechtsradikalen Mitarbeiters muss innerhalb von zwei Wochen ab dem Zeitpunkt erfolgen, in dem der Arbeitgeber von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen sichere Kenntnis erlangt hat. Achtung: nach Ablauf dieser Frist wird unwiderleglich vermutet, dass dem Arbeitgeber zuzumuten ist, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen!

4. Einschaltung des Betriebsrates sicherstellen
Sofern in dem Betrieb ein Betriebsrat gewählt worden ist, muss dieser vor der Kündigung angehört werden. Eine vom Arbeitgeber zu verantwortende, unterlassene Anhörung macht die Kündigung unwirksam. Demgegenüber kann ein Widerspruch des Betriebsrates die Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht ausschließen, der Arbeitgeber hat lediglich dem Mitarbeiter eine Abschrift des Widerspruchs zusammen mit der Kündigung zuzuleiten.

Dr. Friedemann Götting

(Nachdruck eines Textes in "Wirtschaft", Journal der IHK Saarland 11/2000, S.31)


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Unhöflichkeit gegenüber ausländischen Kunden als Kündigungsgrund

 

Unhöfliches Verhalten gegenüber ausländischen Kunden kann die fristlose Kündigung einer Verkäuferin rechtfertigen. So jedenfalls entschied das hessische Landesarbeitsgericht in Frankfurt in einem im Oktober 2000 veröffentlichten Urteil. Eine Kündigung sei vor allem dann gerechtfertigt, wenn die Verkäuferin sich auch nach ihrem Fehlverhalten uneinsichtig zeige und eine Entschuldigung ablehne. Daher habe eine Verkäuferin im Prozess gegen eine Supermarktkette die sofortige Beendigung des Arbeitsberhältnisses ohne Urteilsspruch akzeptiert. Der Frau war fristlos gekündigt worden, nachdem bekannt wurde, dass sie zu einer ausländischen Kundin im Streit gesagt haben soll: "Die soll erst mal Deutsch lernen". Ein eingefordertes klärendes Gespräch habe sie mit den Worten abgelehnt: "Mit dieser Person gehe ich in keinen Raum". (esf)


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Niederlassungs-
freiheit von Unionsbürgern

 

Klaus Lackhoff hat seine 1997/98 an der Juristischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster angenommene Dissertation "Die Niederlassungsfreiheit des EGV - nur ein Gleichheits- oder auch ein Freiheitsrecht?" veröffentlicht (Verlag Duncker & Humblot, Berlin, 1999, DM 158). Auf 515 Seiten befaßt sich der Autor eingehend mit der Bestimmung von Inhalt und Struktur der Niederlassungsfreiheit. Die Untersuchung legt die gleichheits- und freiheitsrechtliche Doppelstruktur der Niederlassungsfreiheit offen und bestimmt den Inhalt beider Verbürgungen. In einer Rezension von Horst E. Theis in Heft 5/2000 der Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik (ZAR) wird die Publikation sehr empfohlen: Lackhoff vertrete die Meinung, "dass die Niederlassungsfreiheit EG-Ausländern und Inländern nicht nur die Gleichbehandlung, sondern auch einen grundrechtlichen Freiheitsbereich auf wirtschaftliche Betätigung verbürgt". Als Gleichheitrsrecht verlange Art. 52 EGV (Art. 43 EGV n. F.), dass keine offene oder versteckte Ungleichbehandlung aufgrund der Staatsangehörigkeit erfolge, sofern nicht eine Rechtfertigung hierfür gegeben sei. Als Freiheitsrecht gebiete der vorgenannte Artikel, dass jede Maßnahme eines Verpflichteten, die geeignet sei, die Aufnahme und Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit tatsächlich oder potentiell zu beeinträchtigen, gemeinschaftsrechtlich gerechtfertigt sein müsse, um bestehen zu können." (esf)


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Kommentar zum Asylverfahrens-
gesetz

 

Marx, Reinhard, Kommentar zum Asylverfahrensgesetz, Verlag Luchterhand, Neuwied, 4. vollständig neu bearbeitete Aufl., 1999, 1689 S., DM 228,-

Der nunmehr in der vierten, vollständig neu überarbeiteten Auflage erschienene "Kommentar zum Asylverfahrensgesetz" von Reinhard Marx ist zwar etwas in die Jahre gekommen - die Erstauflage erschien vor 18 Jahren- und auf mittlerweile 1689 Seiten angewachsen, seine Vitalität hat er gleichwohl nicht verloren. So jedenfalls urteilt Ralph Göbel-Zimmermann in einer in Heft 5/2000 der Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik (ZAR) erschienenen Rezension. "Auch wenn eine wissenschaftliche Vertiefung für den, für seine beeindruckende Detailkenntnissen und Schaffenskraft bekannten Autor zahlreicher Aufsätze, insbesondere zum Flüchtlingsvölkerrecht, allzu verführerisch ist, hält sich Marx mit Literaturnachweisen vornehm zurück und zitiert überwiegend die für die Praxis wesentliche ober- und höchstrichterliche Rechtsprechung. Da auch auf die in manchen Kommentaren üblichen Abkürzungen verzichtet wird, fördert dies darüber hinaus die Leserlich- und Übersichtlichkeit. (...) Sorgfältig analysiert der Autor die Rechtsprechung und setzt sich mit dieser fundiert und kritisch unter Einbeziehung des Verfassungs- und Völkerrechts auseinander. (...) Abgerundet wird das Werk durch eine Sammlung von Prozeßformularen im Asylprozeß mit weiterführenden Fußnoten und Verweisen auf die einschlägigen Kommentarstellen, was gerade den weniger mit dem Asylrecht befaßten Anwälten die Stellung eines sachgerechten Klageantrags sehr erleichtern dürfte." Das Gesamturteil des Richters am Hessischen Verwaltungsgerichtshofes in Kassel lautet: "Zum Kauf besonders zu empfehlen". (esf)


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