Ausländer in Deutschland 4/2001, 17.Jg., 15. Dezember 2001

EDITORIAL

Liebe Leserin, lieber Leser,

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eigentlich wollten wir die letzte Ausgabe dieses 17. Jahrgangs von AiD dem Schwerpunktthema "Partizipation von Ausländern" widmen, ein lange und kontrovers diskutiertes Thema, das wie so vieles in diesen Tagen und Wochen nach dem 11. September (scheinbar) fast bedeutungslos erscheint und doch so zentral wichtig für eine nachhaltige Integration ist.

Wir haben uns unter dem Eindruck der Ereignisse anders entschieden und als Schwerpunkt "Muslime in Deutschland" gewählt. Nicht, weil zum Thema "Islam" und "Muslime" in den letzten Wochen zu wenig zu lesen und zu hören war, ganz im Gegenteil. Sondern gerade deshalb, weil das Thema eine solche Hochkonjunktur hat, die nicht unberechtigt den Verdacht keimen lässt, dass bewusst oder unbewusst eine gewisse Methode dahintersteckt, wenn immer wieder betont wird, man solle doch (um Gottes willen) den "Islam" nicht gleichsetzen mit "Islamismus" oder gar "Fundamentalismus".

Bassam Tibi, der mit seinem Buch "Fundamentalismus im Islam. Eine Gefahr für den Weltfrieden?" auch Hochkonjunktur hat, setzt dann noch einen drauf, indem er die bemerkenswerte Erkenntnis verkündet: "Nicht jeder Islamist ist zwangsläufig auch ein Terrorist" (Focus 41, 2001). In anderen Blättern konnte man sich nach einer trefflichen Aufklärung über Mohammeds Lebenslauf an Geschichtchen über das Leben der Haremsdamen (natürlich mit farbigen Bildchen), die schnauzbärtigen Eroberer von Konstantinopel, einen aus Lust und Tollerei von den Zinnen von Topkapi seine Untertanen mit Pfeilen erlegenden Sultan oder die Türken vor Wien ergötzen.

Sogar eine neue Generation von Witzen machte die Runde: "Frage: Was ist die größte terroristische Vereinigung in Deutschland? Antwort: Die Beamten, das sind alles Schläfer." Hahaha, ist das nicht etwa lustig?! Um Allahs willen nein, es ist eine Katastrophe, ebenso wie es eine Katastrophe ist, dass die Debatte um das Zuwanderungsgesetz überlagert und vermischt wird mit dem Thema Sicherheit und Terrorismusbekämpfung, dass plötzlich alles zusammengerührt wird: Zuwanderung, Islamisten, Schläfer ... . Wer redet da schon über Integration?

"AiD", so schrieben wir im Vorwort der ersten Ausgabe im Oktober 1983, "ist kein politisches Blatt. Es basiert auf der Überzeugung und einfachen Erkenntnis, dass eine fruchtbare Diskussion vor allem auf sachlicher Information beruhen muss." An dieser Überzeugung hat sich nichts geändert und so hoffen wir, mit der vorliegenden Ausgabe einen kleinen Beitrag zu leisten zur Versachlichung der Diskussion über Muslime in Deutschland, einfach durch die Darstellung von Daten, Fakten, Berichten über Alltagsprobleme und ihre Hintergründe.

Wenn Sie dieses Heft in Händen halten, wird sich das Jahr 2001 dem Ende zuneigen. Es war in vielerlei Hinsicht ein turbulentes Jahr, ein Jahr, in dem im Übrigen das isoplan-Institut dreißig Jahre alt wurde. So richtig zum Feiern war uns nicht zumute (siehe oben). Aber gehen wir mit Optimismus in das Neue Jahr.

In diesem Sinn wünsche ich Ihnen einen guten Rutsch

Ihr

Dr. M. Werth, Herausgeber


Autor: Dr. Manfred Werth, isoplan

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