Ausländer in Deutschland 4/2001, 17.Jg., 15. Dezember 2001

PROJEKTE

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Die Gelben Seiten lesen lernen

Integrationskurse in Frankfurt am Main

WIN - das niederländische Modell

Das Gesetz über die Einbürgerung von Neuankömmlingen trat 1998 in Kraft. Unter "Einbürgerung" wird in den Niederlanden allerdings etwas anderes verstanden als in Deutschland: nämlich der Anfang einer langfristigen Integration und nicht deren Abschluss. WIN (Wet Integratie Nieuwkomer) umfasst den Spracherwerb, Grundkenntnisse über Staat und Gesellschaft sowie soziale und berufliche Orientierung und ist Aufgabe der Städte und Gemeinden. Der Einwanderer muss sich innerhalb von sechs Wochen zur Einbürgerungsuntersuchung anmelden. Ihm wird ein persönlicher Betreuer zugeteilt. Die Beratung soll zum Beispiel klären, wie gut der Einwanderer das Niederländische beherrscht, welche berufliche Ziele und Fähigkeiten er hat und wie groß die Gefahr der Benachteiligung ist. Die Ergebnisse werden schriftlich festgehalten. Ein entsprechendes Einbürgerungsprogramm wird zusammengestellt, das maximal ein Jahr dauert und mit einer Prüfung endet. Zwischendurch führt der Betreuer immer wieder Bewertungsgespräche durch. Je nach Kenntnisstand können Einzelne vollständig oder teilweise vom Programm freigestellt werden. Nach Abschluss des Einbürgerungsprozesses wird der Einwanderer in eine Weiterbildung oder eine Arbeitsstelle vermittelt.

Das gesamte Eingliederungsprogramm kostet 12.000 Gulden jährlich pro Person. Teilnehmen sollen alle Einwanderer mit einem dauerhaften Aufenthaltsstatus, die älter als 16 Jahre sind. Ausgenommen sind EU-Bürger und einige anderen Zielgruppen. Die Teilnahme ist Pflicht, bei Nichterfüllung droht die Kürzung der Sozialhilfe oder ein Bußgeld. In der Praxis werden kaum Sanktionen verhängt. (mjd)

Quelle: Mehr als Sprachförderung. Eine Studie zur Integration von Neu-Zuwanderern in den Niederlanden. Hrsg. vom Landeszentrum für Zuwanderung NRW. Solingen, 2000

Modellprojekte für Aussiedler

Seit Anfang 2001 erprobt die Bundesregierung in acht Städten Integrationsangebote nach niederländischem Muster für Aussiedler. Die Neuangekommenen schließen mit der Kommune Integrationsverträge ab. Der Träger verpflichtet sich, den einzelnen Aussiedlern einen Integrationsberater zur Verfügung zu stellen, eine Kompetenz- und Sozialanalyse zu erstellen, Hilfs- und Bildungsangebote zu vermitteln und bei der Arbeitsuche zu unterstützen. Im Gegenzug verpflichtet sich der Aussiedler, dem Berater Auskunft zu erteilen, die Angebote wahrzunehmen und sich aktiv um einen Arbeitsplatz zu bemühen. Der Betreuer (Lotse) beantwortet auch allgemeine Fragen, zum Beispiel über Versicherungen, Wehrdienst und Wohnungssuche. Bei Nichterfüllung der Mitwirkungspflicht sind Sanktionen möglich, aber im Vordergrund steht die Motivation. Beim Modellprojekt von Recklinghausen ist zusätzlich ein Bonussystem für soziales Engagement - z.B. als Übungsleiter im Sportverein - vorgesehen. Neu ist dabei, dass der Staat nicht als hoheitlicher Leistungsträger, sondern als gleichberechtigter Vertragspartner mit Rechten und Pflichten auftritt. Bisher hat sich gezeigt, dass die Aussiedler am Abschluss eines Vertrags interessiert sind. Die acht Städte, in denen die Kurse laufen, Braunschweig, Dortmund, Kiel, Korbach, Potsdam-Mittelmark, Recklinghausen, Riesa-Großenhain und Wolfen-Bitterfeld. (mjd)

Eine Freundin hat vor kurzem einen Deutschen geheiratet und lebt nun in Berlin. Seitdem schicke ich ihr seitenlange Briefe voll guter Ratschläge: Du musst erst mal zum Ausländeramt und eine befristete Aufenthaltserlaubnis beantragen und geh doch zum Arbeitsamt und erkundige dich nach Weiterbildungskursen ... Manchmal denke ich, ich könnte eine Sprechstunde für Neueinwanderer aufmachen. Und dass es keinen gab, der mir all das damals erklären konnte. Was bisher im privaten Bereich mehr oder minder gut aufgefangen wurde, wird nun zu einer staatstragenden Aufgabe. Im September 2001 startete Frankfurt am Main den ersten Integrationskurs für Ausländer. Er besteht aus 40 Stunden "Orientierung" in der Herkunftssprache und anschließend 600 Stunden Deutsch.

Seit August werden allen Neuzugezogenen mit Aufenthaltserlaubnis auf den Bürgerämtern der Stadt Begrüßungsmappen samt Anmeldeformularen in neun Sprachen überreicht. Gefragt wird nach Deutschkenntnissen, Berufserfahrung, Schulbesuch im Herkunftsland sowie erwünschte Kurszeiten mit oder ohne Kinderbetreuung. Bisher habe keiner das - freiwillige! - Angebot ausgeschlagen, sagt Barbara Laue, Mitarbeiterin des Amtes für multikulturelle Angelegenheiten. Nur eine Schwangere habe den Kursbesuch auf später verschoben. 108 Teilnehmer haben sich bis Ende November angemeldet.

Die erste arabischsprechende Gruppe nimmt das Thema Freizeit durch. Was ist das und warum muss man sie in Deutschland "gestalten"? Trainer Mohammed Akhardid, ein Sozialarbeiter marokkanischer Herkunft, seit 1970 in Deutschland, erläutert Dinge wie "Essen gehen" und "Taubenzuchtverein", fragt, was die Teilnehmer in Frankfurt und in ihrem Stadtviertel an Freizeitmöglichkeiten schon entdeckt haben. Kino, sagt ein junger Marokkaner, und Bowling. Die vier Frauen kennen sich mit den Museen aus, eine war mit ihrem Ehemann im Palmengarten spazieren. Die sieben Teilnehmer sind zwischen 17 und 24 Jahren alt und vor ein paar Monaten zu ihren Ehegatten gezogen. Überschwänglich bedanken sie sich bei der Stadt Frankfurt, bei der Regierung und beim Bundespräsidenten, dass sie an diesem Kurs teilnehmen dürfen. Bisher hatten sie Frankfurt zu Fuß und mit der U-Bahn unter Anleitung des Trainers erkundet. Nebenbei lernten sie nicht nur die Karte zu lesen und Tickets aus dem Automaten zu ziehen, sondern auch wie die Kommune funktioniert, welche Vereine in ihrem Stadtteil zu finden, wie viele Briefmarken auf ein Paket zu kleben sind und was in den Gelben Seiten drin steckt. Im Galopp ging es durch die Geschichte und das Grundgesetz Deutschlands, Föderalismus, Parteiensystem, Gleichstellung von Mann und Frau, Religionsfreiheit..., aber im anschließenden Deutschkurs werden diese Inhalte auch vorkommen. Am Ende steht eine Prüfung mit anerkanntem Zertifikat.

Nicht alle Zuwanderer kommen in den Genuss der Frankfurter Förderung. Studenten, Flüchtlinge und Asylbewerber gehören nicht zu den Berechtigten. Gegenwärtig können nur die Herkunftssprachen Arabisch, Englisch, Französisch, Italienisch, Kroatisch, Serbisch, Spanisch und Türkisch berücksichtigt werden. Der Magistrat zahlt für die Kurse im Jahr 2001 400.000 DM, das Hessische Sozialministerium weitere 200.000. Für das nächste Jahr sind höhere Summen zugesagt. Helga Nagel, im Amt für multikulturelle Angelegenheiten für die Integrationskurse zuständig, will damit 1.500 Personen ins Programm aufnehmen. Das wäre fast die Hälfte der Neuankömmlinge. Nicht jeder hat Bedarf: Manche Arbeitgeber kümmern sich selbst um ihre hochqualifizierten ausländischen Angestellten.

Vieles, was in die künftige Bundesregelung eingehen soll, wird jetzt in Frankfurt ausprobiert. Zum Beispiel das Curriculum und die Schulung der muttersprachlichen Trainer. Geschult wurden auch die Beamten der Ausländerbehörde und der Bürgerämter, damit sie die berechtigten Einwanderer identifizieren und darauf ansprechen können.


Autorin: Matilda Jordanova-Duda

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Irgendwann in der Türkei leben?

 

Für manche türkische Migranten ist es ein ferner Traum, für andere fester Bestandteil ihres Denkens. Doch nur wer eine bewusste Entscheidung trifft, kann die berufliche, rechtliche und soziale Zukunft besser planen und gestalten - sei es für das Bleiben in Deutschland oder für einen Neubeginn in der Türkei. Es ist jedoch für Einzelne nicht leicht, die sachlichen und aktuellen Informationen über die "fremde Heimat" Türkei zu beschaffen, die für eine solche Entscheidung notwendig sind. Hier bieten zweisprachige Broschüren Hilfestellung, die das isoplan-Institut im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung erstellt. Aktualisiert und neu aufgelegt wurden: Nr. 0: Eine gute Entscheidung treffen, Nr. 5: Existenzgründung in der Türkei, Nr. 6: Rechtliche Fragen, Nr. 7: Einbürgerung und Staatsangehörigkeit. Die Hefte sind kostenlos und direkt bei isoplan erhältlich (mi@isoplan.de, Adresse siehe Impressum). Dort erhalten Sie auch weitere Informationen zu schriftlichen Materialien für rückkehrende Migranten. (mlg)

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DHW fördert Existenzgründer

 

Mit der Teilnahme an der "START" Messe in Essen, der größten Existenzgründermesse in Deutschland, hat die Deutsch-Hellenische Wirtschaftsvereinigung (DHW) begonnen, sich für die Zunahme griechischer und griechischstämmiger Existenzgründer in Nordrhein-Westfalen im "Regionalen Förderzentrum für ausländische Existenzgründer und Unternehmen" (RFZ) zu engagieren. Das RFZ ist ein Modellprojekt des Trägervereins zur Förderung der interkulturellen Wirtschaft e.V. (FIW), der sich aus verschiedenen ausländischen Wirtschaftsverbänden zusammensetzt. So macht sich nicht nur das nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerium stark für das RFZ, sondern auch Verbände wie die DHW, der Verband Portugiesischer Unternehmer in Deutschland (VPU), die Spanische Weiterbildungsakademie und der BV des Türkischen Groß- und Einzelhandels. Zentrale Aufgabe des RFZ ist eine möglichst enge Verzahnung von ausländischen Existenzgründern, bereits bestehenden Unternehmen und den Institutionen der deutschen Wirtschaftsförderung.

Jannis Bourlos-May, DHW-Präsident und stellv. Vorsitzender des FIW, betont: "Es ist enorm wichtig, all den Griechen und Griechischstämmigen in Deutschland, insbesondere denen der zweiten und dritten Generation, zu helfen, sich selbständig zu machen oder bereits existierende Unternehmen zu festigen. Wir setzen uns dafür ein, dass sie von vorne herein die richtigen Ansprechpartner bekommen, von unserem Informationsvorsprung profitieren und 'Anfängerfehler' vermeiden. Nur so können sie im nationalen Vergleich überleben und sich langfristig in die Strukturen des deutschen Wirtschaftslebens voll integrieren."

Ferner bietet das RFZ mehrsprachige Publikationen sowie Info-Veranstaltungen und Seminare, die es den Nutzern erleichtern sollen, ein eigenes Unternehmen zu gründen und es fit für die Zukunft zu machen. Das RFZ reagiert insofern auf das stetig wachsende Unternehmer-Gründerpotenzial von Migranten in Deutschland. Es bietet eine interkulturell und wirtschaftlich kompetente, unentgeltliche Betreuung, die sich "maßgeschneidert" am jeweiligen Gründerprofil orientiert. (esf/DHW)

Kontakt: 
RFZ, Frau Despina Bourlos-May, 
Tel. 0221/93655-733, Fax: -739, may@foerderzentrum.org, www.foerderzentrum.org

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Online-Forum für Ausbilder

 

Bonn. Das Internet bietet ein neues Forum für Ausbilder. Unter www.foraus.de finden sich Informationen und Angebote zu aktuellen methodischen und inhaltlichen Entwicklungen in der beruflichen Bildung. Betrieben wird das Online-Forum für Ausbilder vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Bonn. Über das Forum sollen unter anderem Ausbilder Kontakte zu anderen Ausbildern knüpfen, um mit ihnen über Probleme zu diskutieren. Ferner bietet die Seite Hinweise zu Weiterbildungsangeboten. (esf)

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XENOS startet

 

Berlin. "Die ersten dreizehn XENOS - Projekte können ab sofort mit der Arbeit beginnen." Das erklärte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, Gerd Andres. Nach der überwältigenden Resonanz auf das Programm der Bundesregierung gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus XENOS - Leben und Arbeiten in Vielfalt wurden aus ca. 1.300 engagierten Projektvorschlägen 170 Projekte ausgewählt und die Projektträger aufgefordert, bis Ende Juni einen Förderantrag zu stellen. Aufgrund der großen Resonanz hat die Bundesregierung im Mai diesen Jahres die Fördermittel verdoppelt. Für das XENOS - Programm stehen damit ESF-Mittel in Höhe von 150 Millionen DM zur Verfügung, die durch nationale Mittel ergänzt werden.

"Eigenschaften wie Toleranz und Achtung gegenüber Fremden sind wichtige Qualifikationen im Arbeitsleben. Deshalb setzt das Programm XENOS auf Vielfalt und Toleranz", so Andres. Von den eingereichten Vorschlägen wurden vor allem diejenigen ausgewählt, die einem fremdenfeindlichen Klima in Schule, Beruf und Arbeitsplatz nachhaltig entgegentreten wollen und damit Jugendliche, Multiplikatorinnen und Multiplikatoren und Beschäftigte, die mit Migranten und Ausländern zusammenarbeiten, erreichen.

Mit einer dreijährigen Laufzeit können jetzt u.a. die folgenden Projekte starten:

Heimat, Helden & Lebensperspektiven: Die Regionalen Arbeitsstellen für Ausländerfragen, Jugendarbeit und Schule in Brandenburg e.V. bearbeiten im Rahmen ihrer Projekte fremdenfeindliche und rechtsextremistische Einstellungen bei Auszubildenden. In ihren Seminaren geht es u.a. um die Bewältigung von Konflikten in Berufsschulen und im Betrieb sowie um das Heimatverständnis, die Filmhelden und die Vorbilder von Jugendlichen, um ihr Verständnis von Gerechtigkeit und ihre Lebensperspektiven. Das Projekt wird mit einer ESF-Summe von über 420.000 DM gefördert.

Identitätsfindung & Konfliktbewältigung: Das Europa-Zentrum Nordwest e.V. in Brettorf, Landkreis Oldenburg, zeigt Betriebsleitern, Behördenvertretern, Beschäftigten, Beschäftigungslosen aller Altersstufen und Nationalitäten Aspekte von Diskriminierung und Intoleranz auf. Mobile Teams aus Pädagogen und Sozialwissenschaftlern vermitteln Jugendlichen, wie sie eine Identität in Vielfalt leben können. Dies geschieht anhand von Anti-Gewalt-Trainings und Schulungen zur Konfliktbewältigung. Die ESF-Fördersumme liegt bei mehr als 400.000 DM.

Toleranz & Zivilcourage: Die Sozialakademie Kamenz / Sozialverband VdK Sachsen e.V. will als Mediationsprojekt Schulabgangsklassen in der Stadt Kamenz ausbildungs- und berufsvorbereitende Qualifikationen wie z.B. Teamfähigkeit, Toleranz und Zivilcourage vermitteln. Lehrer, Schüler und Schülerinnen werden als Multiplikatoren bzw. Mediatoren qualifiziert, um Mediation als Element des Schulalltags zu entwickeln und damit die Voraussetzungen für das spätere Arbeitsleben zu schaffen. Die ESF-Fördersumme liegt bei über 260.000 DM.

Kooperation & multikulturelles Leben: Die Zentralstelle für die Weiterbildung im Handwerk e.V. in Düsseldorf bietet eine Seminarreihe zu Konfliktmanagement und interkulturelle Kommunikation für Ausbilderinnen und Ausbilder in Betrieben, Bildungsstätten und Berufsschulen an, die u.a. durch ein Internetforum als Diskussionsplattform gestützt wird. Darüber hinaus werden mit Auszubildenden konkrete Projekte gegen Fremdenfeindlichkeit und für ein multikulturelles Zusammenleben entwickelt. Die ESF-Fördersumme dieses Projekts, das in den alten und neuen Bundesländern arbeitet, beträgt mehr als 950.000 DM

Prävention & interkulturelle Kompetenz: Der Förderverein Pro Asyl e.V. in Frankfurt am Main motiviert Multiplikatorinnen und Multiplikatoren in Schule, Ausbildung und Betrieb, das Thema Flucht und Asyl in die Bildungsarbeit kontinuierlich mit einzubeziehen. Durch entsprechende Materialien für die schulische und außerschulische Bildungsarbeit soll der Entstehung von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus präventiv, kurativ und nachhaltig entgegengewirkt werden. Die Entwicklung von interkultureller Kompetenz gilt dabei als wesentliche Voraussetzung für nicht-rassistische Denk- und Handlungsmuster. Das Projekt arbeitet ebenfalls in den alten und neuen Bundesländern und kann über eine ESF-Fördersumme von rund 320.000 DM verfügen. (BMA/efp)

Pressekontakt: 
efp - Europabüro für Projektbegleitung GmbH, Ellerstraße 48, 53119 Bonn

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Regionale Initiativen gegen Extremismus

 

Berlin/Nordhausen. Keinen Anlass zur Entwarnung, aber ermutigende Zeichen sieht die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister des Innern (BMI), Cornelie Sonntag-Wolgast, bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus. So sei die Zahl der Straftaten von Januar 2001 bis Oktober 2001 nach dem alarmierenden Anstieg im vergangenen Jahr rückläufig. "Bislang wurden 10.657 Straftaten aus dem Bereich "politisch motivierte Kriminalität - rechts" registriert," so die Staatssekretärin anlässlich der Eröffnung der Ausstellung "Wessen Freund und wessen Helfer?" in der thüringischen Stadt Nordhausen. "Davon zählte der größere Teil zu den Propagandadelikten. 637 politisch motivierte Gewalttaten wurden erfasst." Die Ausstellung ist Teil eines Pilotprojektes "Gegen Gewalt - für Toleranz und Zivilcourage", das von Studenten, Wissenschaftlern und Polizisten gemeinsam entwickelt worden ist. Der Verein "neue ebenen" engagiert sich im Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus. Außerdem setzt er sich mit der Geschichte der Stadt Nordhausen auseinander. In unmittelbarer Nähe von Nordhausen mussten während der Zeit des Nationalsozialismus im Lager "Mittelbau" Menschen unter schwersten Umständen Zwangsarbeit verrichten. Sonntag-Wolgast lobte die Initiative als beispielhaftes Modell für die gemeinsamen Bemühungen von Menschen unterschiedlicher Alters- und Berufsgruppen. Sie betonte außerdem die erfolgreiche Arbeit des "Bündnisses für Demokratie und Toleranz - gegen Extremismus und Gewalt", dem sich mittlerweile bundesweit rund 900 Vereine, Gruppen und Einzelpersonen angeschlossen haben. Als Erfolg sei auch zu bewerten, dass die Zahl der rechtsradikalen Skinheadkonzerte nach den Feststellungen des Bundesamtes für Verfassungsschutz im Jahr 2000 gegenüber 1999 um 25 Prozent gesunken sei. "Diese Entwicklung setzt sich fort." Das BMI hatte im Jahr 2000 die rechtsextremistische Skinhead-Vereinigung "Blood & Honour" und ihre Jugendorganisation "White Youth" in Deutschland verboten, deren Schwerpunkt in der Organisation von Konzerten lag. (esf/BMI)

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ABAD in Thüringen: Hilfe für Gewaltopfer

 

Erfurt/Gera. Im Sommer 2001 hat in Thüringen das Projekt ABAD (Anlaufstelle für Betroffene von rassistischen und rechtsextremistischen Angriffen und Diskriminierungen) die Arbeit aufgenommen. ABAD wird als Projekt des Flüchtlingsrates Thüringen für 2,5 Jahre finanziell gefördert aus dem Bundesprogramm CIVITAS. In diesem Rahmen wurden je zwei Stellen in Gera und Erfurt eingerichtet. Ziele der Projektarbeit sind: (1) Die Betroffenen von rechtsextremer und rassistischer Gewalt zu unterstützen, Perspektiven für die Zeit nach dem Angriff zu entwickeln; (2) mit interessierten Menschen vor Ort Perspektiven zu entwickeln, wie sie Betroffene unterstützen und der rechtsextremen Gewalt den Nährboden entziehen können; (3) die Perspektive der Betroffenen in der öffentlichen Diskussion sichtbar zu machen.

ABAD bietet eine individuelle Beratung und Betreuung von Menschen, die von rechtsextremen Übergriffen betroffen sind - neben Asylbewerbern auch alternative Jugendliche und Punks sowie Behinderte und Obdachlose. Hierzu soll zunächst der Kontakt zu Opfern hergestellt werden. Eine dann folgende individuelle Beratung umfasst unter anderem Hinweise zu rechtlichen Möglichkeiten und Fragen eines möglichen Strafantrages - bis hin zur Begleitung beim Gerichtserfahren, eventuell unter Erhebung einer Nebenklage -, die Hilfe bei der Suche nach Zeugen des Angriffs, die Begleitung zu Terminen bei der Polizei und die Suche nach psychotherapeutischer Unterstützung. Diese Arbeit soll durch eine starke Vernetzung mit anderen Gruppen landesweit erfolgen, wobei über Veranstaltungen und Öffentlichkeitsarbeit auch eine politische Dimension wichtig werden soll. Darunter versteht man unter anderem auch, den Betroffenen zu helfen, dass sie aus der Opferrolle herauskommen. Verhindert werden soll, dass ein Schweigen und die Gleichgültigkeit der Menschen insgesamt den Tätern indirekt das Gefühl geben, im Sinne der Mehrheit zu handeln. Angestrebt werden strukturelle Veränderungen mit dem Ziel, dass es keine Übergriffe mehr gibt. Man möchte sich nach dem Aufbau solcherart vernetzter Strukturen letztlich mit Projektablauf "überflüssig" machen. (esf)

Kontakt: 

ABAD, Team Erfurt, Warsbergstr. 1, 
99092 Erfurt, Tel.: 0361-21727-24, Fax: 0361-21727-27, e-mail: abad-ef@gmx.de

ABAD, Team Gera, Karl-Schurz-Str. 13, 
07545 Gera, Tel.: 0365-55186-11/-12, Fax: 0365-5518-13, e-mail: abad-gera@t-online.de

Internet: www.abad-th.de 

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