Ausländer in Deutschland 3/2002, 18.Jg., 30. September 2002

BILDUNG

*) Diese Beiträge wurden im Druck-Exemplar nicht veröffentlicht!


Alle in einem Boot

PISA: Herausforderung an die Bildungs- und Migrationspolitik


Malkurs zur Kreativitätsförderung

Die Forschungsstelle für interkulturelle Studien in Köln (FiST)

Die Forschungsstelle für interkulturelle Studien wurde 1996 gegründet und beschäftigt sich mit Studien zur Migrations- und Minderheitenthematik. Sie untersucht die strukturelle Benachteiligung von MigrantInnen deutscher oder nichtdeutscher Staatsangehörigkeit, analysiert rassistische Diskurse in Politik, Medien und Wissenschaften und erarbeitet Konzeptionen zur Verbesserung sowohl des systemischen als auch des lebensweltlichen Zusammenlebens. Gleichzeitig setzt sie auf die Vernetzung mit Einrichtungen, Verbänden und Vereinen, die mit Minderheitenthematik befasst sind. Geleitet wird die Forschungsstelle von Georg Auernheimer, Wolf-Dietrich Bukow, Christoph Butterwegge und Hans-Joachim Roth. (vka)

Kontakt: Universität zu Köln, Erziehungswissenschaftlichen Fakultät, Forschungsstelle für interkulturelle Studien, Gronewaldstr. 2, 50931 Köln,
 Tel.: 0221/470-6331, Fax: -4717, Fist-Koeln@gmx.de, www.uni-Koeln.de/ew-fak/FiST

 

"Wir Migranten fühlten uns all die Jahre oft wie Passagiere dritter Klasse auf einem Luxusdampfer, und wir kämpften mühsam darum, von den unteren Decks nach oben zu gelangen. Heute müssen wir feststellen, dass das ganze Schiff ins Schlingern geraten ist. Nur gemeinsam können wir es wieder auf Kurs bringen." Mit diesen Worten beschreibt Kadir Daglar von der Föderation der türkischen Elternvereine in Düsseldorf den Zustand der deutschen Einwanderungsgesellschaft und zugleich den Bildungsnotstand, den die PISA-Studie offenbart hat. Migrations- und Bildungsforscher legen denn auch den Finger in zwei Wunden: eine verfehlte Bildungspolitik, die jahrelang einherging mit einer halbherzigen Integrationspolitik. Das Ergebnis sind die weit unterdurchschnittlichen Bildungskompetenzen, die Schüler im Allgemeinen an deutschen Schulen im internationalen Vergleich erwerben; Migrantenkinder wiederum baden die Folgen in zweifacher Hinsicht aus. Lösungen müssen deshalb doppelt ansetzen: in der Bildungs- und Integrationspolitik.

Kaum waren die PISA-Ergebnisse veröffentlicht, da wartete der öffentliche und politische Diskurs mit einfachen Erklärungen auf. Manch einer verstieg sich gar in die Behauptung, die Migrantenkinder seien schuld am katastrophalen deutschen Abschneiden. Für Klaus Klemm, Bildungsforscher an der Universität Essen, entbehren derartige Deutungen jeglicher Grundlage. "Ohne Migranten würde Deutschland in der Bewertung einen Riesensprung machen: vom einundzwanzigsten auf den neunzehnten Rang", kommentierte er zynisch diesen Vorwurf auf einer Fachtagung der Forschungsstelle für Interkulturelle Studien in Köln. Außerdem hätte ein Land wie Schweden einen mit Deutschland vergleichbaren Migrantenanteil - und rangiere bei PISA trotzdem ganz oben.

Um die Botschaften der PISA-Studie in Bezug auf Migranten im deutschen Bildungssystem zu verstehen, muss man genauer hinsehen. Zunächst arbeitet die Untersuchung mit einem qualitativ erweiterten Begriff von "Kindern mit Migrationshintergrund": Gefragt wurde danach, ob einer oder beide Elternteile im Ausland geboren sind. Somit sind für Deutschland sowohl Kinder von Spätaussiedlern als auch Kinder aus binationalen Familien erfasst. Ähnlich wie es schon die letzte Shell-Jugendstudie belegte, haben nach dieser Berechnungsweise 27 % aller Fünfzehnjährigen einen Migrationshintergrund. Nach der in Deutschland bisher noch üblichen ausschließlichen Erfassung der "Pass-Ausländer" ergäbe sich demgegenüber lediglich ein Prozentsatz von 9,5 % in dieser Altersgruppe.

In der Auswertung der Testergebnisse bei Leseverständnis und Mathematik findet der große Bruch bei den Jugendlichen statt, deren Eltern beide im Ausland geboren sind. Innerhalb der in der Studie so genannten "Risikogruppe", die selbst die erste Kompetenzstufe nicht erreicht, machen diese Jugendlichen fast die Hälfte aus. Unter ihnen wiederum ist die Gruppe der Jugendlichen türkischer Herkunft am größten. Insgesamt ist die Wahrscheinlichkeit, zur Risikogruppe zu gehören, bei Kindern mit Migrationshintergrund viermal höher als bei den anderen. Der entscheidende Faktor jedoch, an dem sich Kinder mit und ohne Migrationshintergrund in ihren Schullaufbahnen annähern, ist ihre Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Schicht. So ist die Bildungsbeteiligung von Arbeiterkindern in beiden Gruppen annähernd gleich gering. In der deutschen Einwanderungsgesellschaft mit ihren starken Selektions- und Ausgrenzungsmechanismen ist es für Migranten wiederum extrem schwierig, den sozialen Aufstieg zu schaffen. Dies findet seine logische Entsprechung in ihrem mühsamen Bildungsaufstieg.

Während den eingewanderten Eltern oftmals vereinfachend ihre Bildungsferne und mangelndes Engagement in den Belangen ihrer Kinder vorgeworfen wird, weist die Migrationsforschung umgekehrt auf einen Aspekt hin, dessen Diskussion gerade in Deutschland noch immer mit einem Tabu belegt ist: nämlich die institutionelle Diskriminierung von Migrantenkindern und -jugendlichen im Schulsystem. In einem Forschungsprojekt an der Universität Frankfurt haben Mechthild Gomolla und ihre KollegInnen herausgearbeitet, welche institutionellen Barrieren neben individuellen Faktoren für die eklatanten Differenzen im Schulerfolg verantwortlich sind. Als Indikatoren für eine bereits institutionalisierte Diskriminierung von Migrantenkindern gelten insbesondere die signifikanten Unterschiede in den Schulabschlüssen sowie die überdurchschnittliche Zahl der Sonderschulzuweisungen. Diese andauernden Ungleichheiten, die inzwischen so normal scheinen, dass sie sogar von den Betroffenen selbst mitunter als gerecht wahrgenommen werden, lassen sich nicht mehr ausschließlich damit begründen, dass man nur nach individuellen Defiziten bei den Kindern und ihren Eltern sucht. In der Studie wird nach direkter und indirekter Diskriminierung unterschieden. Von einer direkten Diskriminierung kann etwa dann die Rede sein, wenn bei der Einschulung eine Überweisung in den Schulkindergarten ausschließlich aufgrund von Deutschdefiziten erfolgt und das Leistungsniveau in der Muttersprache nicht berücksichtigt wird. Eltern, die solchen Entscheidungen widersprechen, werden häufig nicht ernst genommen und ihr Widerspruch als "Kulturkonflikt" entwertet. Noch häufiger lassen sich Formen indirekter Diskriminierung antreffen: indem etwa anfängliche Sprachdefizite überbetont werden, Eltern gar nicht oder falsch unterstützt und migrationsbedingte Belastungsfaktoren - zum Beispiel bei Flüchtlingskindern - außer Acht gelassen werden. Die Frankfurter Forschungsgruppe kam zu dem Ergebnis, dass die institutionellen Barrieren für Migrantenkinder im deutschen Schulsystem so zahlreich sind, dass sie ein feinmaschiges Netz bilden, durch das es in der Wechselwirkung mit individuellen Problemfaktoren kaum ein Durchkommen gibt.

Im Vergleich mit anderen Ländern, insbesondere den skandinavischen, fällt auf, dass dort sowohl das Bildungssystem als auch die Einwanderungs- und Integrationspolitik seit Jahren auf Inklusion statt auf Exklusion, also auf Einschluss statt auf Ausgrenzung, setzen. In den Schulsystemen drückt sich dies in Gesamtschulkonzepten aus, bei denen die Kinder mindestens acht (Schweden) bis zehn Jahre (Norwegen) dieselbe Schule besuchen. Die Schulen sind personell und materiell gut ausgestattet, und sie arbeiten nach dem Grundsatz, dass Gleichheit und Qualität gleichzeitig möglich sind. In Schweden erreichen denn auch 76 % aller Kinder eines Jahrganges die Hochschulreife gegenüber 27 % in Deutschland. In diesem System haben auch Kinder mit anfänglichen Sprachdefiziten alle Chancen, einen angemessenen Bildungsabschluss zu erreichen. Schweden übrigens wurde von der OECD, dem Auftraggeber der PISA-Studie, für seine hervorragende Förderung von Migrantenkindern in der Schule besonders gewürdigt.

Lösungen für Deutschland müssen dort ansetzen, wo die Chancenungleichheit anfängt: in Systemen, die so stark differenziert sind, dass in ihnen zahlreiche Ausgrenzungsmöglichkeiten lauern. So lange Bildungs- und Migrationspolitik auf Selektion setzen, werden halbherzige Veränderungsansätze nicht funktionieren. Eine Mindestforderung, so die Bilanz der Kölner Fachtagung, ist deshalb die sechsjährige Grundschule, die es gerade auch Migrantenkindern besser als bislang erlaubt, Defizite auszugleichen. Auch die Segmentierung zwischen Schule, Jugendhilfe und Gemeinwesenarbeit gilt es aufzubrechen. Ganzheitliche Ansätze sind gefragt, eine Pädagogik etwa, die mehr Unterschiedlichkeit zulässt, statt nur auf Erfolgsorientierung zu setzen. Lösungen, die sich damit begnügen, technokratische Details neu zu regeln - Quotenregelungen etwa und Sprachtests schon bei Vierjährigen -, statt neue Standards zu definieren, sind nach Ansicht der Fachleute zum Scheitern verurteilt. Grundlegende Reformen im Interesse aller seien die einzige angemessene Antwort auf die Herausforderungen der modernen Einwanderungsgesellschaft.


Autorin: Veronika Kabis

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"Das Bleistift?"

Deutschkurse für Vorschulkinder

"Also tanzt der Hansel... mit den Augen, mit den Knien, mit dem Kopf, mit dem Mund..." Hevindar und Seda, Joanna und Lukas, insgesamt 6 Mädchen und 2 Jungen, machen begeistert mit. Durch das Kinderlied lernen sie die deutschen Wörter für Arme, Beine, Kopf und Po. Vokabeln müssen die Sechsjährigen nicht pauken, obwohl sie in einem Deutschkurs an der Bonner Karlschule sitzen. Sie sind hier, weil beim Einschulungstest Anfang des Jahres eine Ärztin festgestellt hat, dass sie nicht genug Deutsch sprechen. Sie alle besuchen schon einen Kindergarten, es hat trotzdem nicht gereicht. Den Eltern wurde empfohlen, die Kleinen zum Sprachunterricht anzumelden. 18 Familien aus der Bonner Nordstadt, einem Stadtteil mit besonders vielen Migranten, haben das auch getan. Seit Februar kommen also Joanna, Lukas, Seda und weitere Gleichaltrige zweimal pro Woche für je anderthalb Stunden zusammen.

Im Jahr 2001 hat Nordrhein-Westfalen als erstes Bundesland Deutschkurse für Vorschulkinder eingeführt: landesweit 600 Kurse für insgesamt 7200. In diesem Jahr sind es schon 700 Kurse mit 8400 Kindern. Sie finden an den Grundschulen statt, die die künftigen Erstklässler besuchen werden. Schulministerin Gabriele Behler versprach Anfang Juli, dass das Angebot 2003 verdoppelt und später flächendeckend wird. Die Teilnahme soll künftig Pflicht sein.

Zwischen Einschulungstest und Sommerferien bleiben höchstens sechs Monate Zeit für einen Crashkurs. Es gibt Pläne, den Testtermin auf den Herbst vorzuziehen - das wird mehr Handlungsraum ergeben. In diesem Jahr übernimmt das Landesfamilienministerium alle Mittel für die Sprachförderung im Kindergartenalter - die rund 2 Mio. Euro wurden sogar von der Haushaltssperre ausgenommen - und will ab Herbst zusätzlich eigene Kurse anbieten, die in einem früheren Alter anfangen und in den Kindergärten stattfinden. Das Land hat Richtlinien erarbeitet und stellt das Geld zur Verfügung. Alles Weitere müssen die Kommunen so gut sie können selbst organisieren. In Bonn gibt es acht Vorschulkurse.

Es wird erwartet, dass am Ende des Unterrichts ein Grundwortschatz von rund 100 Wörtern sicher beherrscht wird. Es sollen Begriffe aus der Lebenswelt der Kinder sein, die sie nachvollziehen können und für die sie auch Verwendung haben: der eigene Körper, Dinge aus dem Schulleben, Straßenverkehr, räumliche Vorstellungen. Darauf kann man später bauen.

In der Mitte des Stuhlkreises liegen auf dem Boden Heft, Kleber, Schere, Bleistift und Radiergummi. Augen zu, ein Kind versteckt irgendeinen Gegenstand, die anderen dürfen raten, was es war. "Das Bleistift!" ruft Seda. "Der Bleistift!", berichtigt Sultana Salabasi und fügt ermunternd ein "Prima! Super!" hinzu. Die junge Frau führt den Kurs zum ersten Mal durch. Mit den Richtlinien des Schulministeriums in der Hand hat sich die Lehramtsanwärterin griechischer Herkunft in die Fachliteratur vertieft. Sie denkt sich Spiele aus, singt Lieder vor, bastelt Puppen und zeigt Bilderbücher. Eine spezielle Vorbereitung gab es für die Lehrkräfte nicht, obwohl es in Deutschland neu ist, Kleinkindern eine Fremdsprache beizubringen.

Zu Beginn hat sie die Leute zu Hause besucht und über das Konzept erzählt. Die Eltern des schüchternen Mädchens Rojin hatten z.B. Bedenken: Es werde dadurch seine Muttersprache verlernen. Salabasi glaubt, sie dennoch überzeugt zu haben, wie wichtig das Deutsch für den Schulerfolg, eigentlich für den ganzen weiteren Weg Rojins sein werde. Als Beweis hat sie von sich selbst erzählt, vom eigenen Werdegang einer Migrantin der zweiten Generation.

Der Vormittagstermin ist für Berufstätige schwer einzuhalten. Fast alle Eltern brächten die Kinder jedoch regelmäßig hin, sagt die künftige Grundschullehrerin. Die Erwachsenen selbst sprechen schlecht Deutsch. So einen Kurs brauche er auch, sagt Joannas Vater aus Polen, als er seine Tochter am letzten Tag abholt. Manche Mütter fragen nach den Fortschritten. Sultana Salabasi zeigt sich zufrieden: Perfekt ist das Deutsch zwar nicht, aber die erforderlichen 100 Grundwörter haben die Mädchen und Jungen gelernt, verstehen noch mehr und haben an Selbstbewusstsein gewonnen.

Patricia King bekam es dagegen an der Paul-Gerhardt-Grundschule mit einer schwierigen Gruppe zu tun: lauter Jungen, die an einem Bilderbuch kaum Gefallen fanden. Sie brauchten Bewegungsspiele und praktische Erfahrungen: Obstsalat schnippeln, Kreide selber herstellen... Längst nicht alle ihrer kleinen Teilnehmer hatten den Kindergarten besucht, einige waren erst seit kurzem im Land und sprachen dementsprechend kein Wort Deutsch. Andere wiederum konnten es relativ gut: Ihnen fehlten nur die richtige Aussprache und die korrekte Grammatik.

Auf der Liste der Pädagogin standen 18 Namen. Sechs davon tauchten überhaupt nicht auf, dafür kamen neue - aber mitten drin. Zweimal zwei Stunden wöchentlich innerhalb von vier Monaten, - so lange dauerte ihr Kurs, - sind einfach zu wenig, um das nötige Niveau zu erreichen, sagt Patricia King. Außerdem werden aus finanziellen Gründen viel zu viele Kinder in eine Gruppe hineingesteckt. 18 unruhige Vorschüler hielten keine zwei Stunden Unterricht aus, so spielerisch er auch sein mag. Höchstens fünf pro Lehrerin, eine halbe Stunde, dafür aber jeden Tag und über einen längeren Zeitraum würde mehr bringen, da ist sich Patricia King sicher. Der Intensiv-Kurs ist allenfalls ein Anfang: Immerhin hätten die Kinder etwas gelernt und ihre Angst vor der Schule verloren.

Konzept und Materialien des Landesinstituts für Schule und Weiterbildung können aus dem Internet heruntergeladen werden: www.learnline.nrw.de/angebote/
sprachkurseeinschulung


Autorin: Matilda Jordanova-Duda

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Berlin untersucht Sprachkompetenz von Vorschulkindern

 

Berlin. In einer bundesweit einzigartigen Erhebung hat das Land Berlin im Februar/März 2002 die Sprachkompetenz von Vorschulkindern untersucht. Die Studie ist unabhängig von der PISA-Untersuchung. Das Ergebnis kommt, so die tageszeitung vom 6. Juni 2002 einem "Bildungsschock" gleich: Zwei Drittel der Kinder, die im Sommer in den Berliner Innenstadtbezirken eingeschult werden, können für die Schule nicht ausreichend Deutsch. Bei Kindern nichtdeutscher Herkunftssprache sind es sogar 90 % - obwohl 97 % aller Kinder eine Kindertagesstätte oder zumindest die Vorschule besucht haben. Diese Ergebnisse stellte Berlins Schulsenator Klaus Böger Anfang Juni vor. Ein besonderes Berliner Problem sieht Böger darin nicht: "Würde man die Untersuchung in anderen deutschen Großstädten durchführen, sähe das Ergebnis ähnlich aus." Bislang aber ist die Untersuchung bundesweit einzigartig: Insgesamt wurden fast 10.000 Kinder mit einer Sprachstandserhebung namens "Bärenstark" getestet, je zur Hälfte etwa Kinder deutscher und nichtdeutscher Herkunft. Das sind alle Kinder, die ab August die erste Klasse in den vier Berliner Bezirken besuchen, in denen besonders viele Migranten leben. 31 % der Kinder müssen gefördert werden, weitere 36 % sogar intensiv. Splittet man das Ergebnis nach Kindern deutscher und nichtdeutscher Familiensprache auf, ist es noch dramatischer: Fast 90 % der Migrantenkinder brauchen zusätzliche Unterstützung, 60 % von ihnen sogar intensive Förderung. Mangelnde Deutschkenntnisse sind aber nicht nur ein Problem dieser Kinder: Auch fast 13 % der deutschsprachigen Kinder benötigen Sprachförderung. "Ohne Förderung ist bei diesen Kindern ein Scheitern in der Schule vorprogrammiert", sagt der Leiter der Untersuchung, der Schulpsychologe Andreas Pochert. Allerdings hat "Bärenstark" nur die Deutschkenntnisse der Kinder untersucht. Wird zu Hause perfekt Türkisch oder Arabisch gesprochen, kommt das in der Studie nicht vor. (esf)

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Beck fordert Sprachtests für Kinder

 

Berlin. Nach Ansicht der Ausländerbeauftragten der Bundesregierung, Marieluise Beck, sollten alle Kinder bereits eineinhalb Jahre vor ihrer Einschulung Sprachtests absolvieren. Dies könne regulärer Bestandteil der ärztlichen Schulfähigkeitsuntersuchung sein, sagte Beck Anfang September 2002. Diese Tests sollten nicht der Selektion, sondern der rechtzeitigen Förderung dienen. Der Vorstoß Hessens, Kinder nur dann einzuschulen, wenn sie ausreichend Deutsch sprächen, ist nach Auffassung von Beck ein falscher Weg. Die Förderung müsse bereits im Kindergarten beginnen. Zu einem solchen "frühkindlichem Bildungssystem" gehöre eine andere Ausbildung der Erzieher, vor allem mit mehr pädagogischer Sprachkompetenz. Der internationale Schulleistungsvergleich PISA hatte bei deutschen Schülern erhebliche Sprachdefizite festgestellt. (esf)

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Fachtagung "Integration durch Qualifikation"

 

Düsseldorf. "Das Interesse ausländischer Jugendlicher an einer Lehre lässt nach. Hier wollen wir gegensteuern", sagte am 6. Juni 2002 in Düsseldorf der Präsident des Landesarbeitsamts Karsten Koppe zum Auftakt der Fachtagung "Integration durch Qualifikation" und brachte die Dinge auf den Punkt: Wer mehr Azubis ausbilden möchte, braucht mehr Lehrstellen. Da aber die Betriebe bei der Bereitstellung von Lehrstellen aus Konjunkturgründen vorsichtiger geworden seien, müsse die Beratung der Jugendlichen zwischen Schule und Arbeitswelt verbessert werden. Hier sei die Arbeit der 27 Regionalen Arbeitsstellen zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien (RAA) in NRW besonders wichtig. Zudem sei das Ausbildungspotenzial ausländischer Unternehmer besser zu nutzen, aber auch öffentliche Dienst müsse verstärkt ausbilden. Koppes Stellvertreterin Christiane Schönefeld unterstrich, dass "die Herkunft nicht zum Risikofaktor für Arbeitslosigkeit werden" dürfe. Auch sie benannte als Handlungsfeld z.B. den Übergang von der Schule zum Beruf und verweis auf die beispielhafte Arbeit des Bonner Vereins "Go4jobs!" und neue Formen der Sprachförderung. Sie waren Thema des Referats von Thomas Jaitner (RP Köln). Seine These: "Die PISA-Studie zeigt, dass Lehren und Lernen mit Migranten auf hohem Niveau möglich ist, nur eben nicht in Deutschland." Er forderte eine neue "Philosophie" für den Sprachunterricht: "Die EU garantiert Freizügigkeit. Man muss also langfristig die interkulturelle Schule als Regelschule denken."
Die Leiterin der Koordinierungsstelle - Ausbildung in ausländischen Unternehmen (KAUSA), Katharina Kanschat, sprach über Strategien zur Erhöhung der Ausbildungsbeteiligung ausländischer Unternehmen. KAUSA betreut inzwischen bundesweit 30 Initiativen zur Mobilisierung von Lehrstellen in diesen Unternehmen. Sie begrüßte die große Bereitschaft dieser Betriebe, Ausbildungsplätze zu schaffen und beschrieb die Dringlichkeit, Betriebsinhabern Informationen zum Beispiel über die Chance, eigene Fachkräfte auszubilden, das deutsche Ausbildungssystem und Hilfen auf dem Weg zur Ausbildung zu vermitteln.

Der Leiter des Zentrums für Türkeistudien, Prof. Faruk Sen, wies auf Problemfelder hin, wie beispielsweise, dass größere Unternehmen immer weniger ausbilden; dass Schüler ausländischer Herkunft nach wie vor schlechtere Schulabschlüsse als Deutsche haben und dass innovative Berufe bei ihnen wenig gefragt sind. Besorgt zeigte er sich über die mangelnde Stabilität türkischer Betriebe hierzulande.

Workshops boten dann die Gelegenheit zur Vertiefung. Dort konnte der Bonner Verein "Go4Jobs!" seine Methode vorstellen, junge beruflich erfolgreiche MigrantInnen in den Abschlussklassen Schüler von der Notwendigkeit einer Ausbildung zu überzeugen.

Das Landesarbeitsamt sieht die Tagung als Anfang einer Serie weiterer Veranstaltungen auf regionaler Ebene an.


Autor: Peter Andratschke, Dünya-Deutschland

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Studien zu ausländischen Studenten

 

Saarbrücken/Bonn. Das isoplan-Institut führt im Herbst 2002 im Auftrag des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) zwei Studien zu Fragen ausländischer Studierender in Deutschland durch. Im Rahmen einer ersten Studie zu "Perspektiven der Hochschulzusammenarbeit mit der Region Nahost - Entwicklung der Hochschullandschaft" werden 30 Stipendiaten zu Zielen und Erwartungen im Zusammenhang mit dem Studium in Deutschland befragt. In einer zweiten Studie werden die Struktur und Ausstattung der Akademischen Auslandsämter beziehungsweise mit internationalen Aufgaben betrauter Organisationseinheiten der deutschen Hochschulen untersucht. (esf)

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