Ausländer in Deutschland 4/2002, 18.Jg., 30. Dezember 2002

Projekte


EQUAL - eine Chance für Migranten?

Die Förderung des Arbeitsmarktzugangs durch die EU

Ausländer und deutscher Arbeitsmarkt - für die Arbeitsmigranten der letzten Jahrzehnte ist diese Verbindung eine Selbstverständlichkeit. Dennoch wird es für Ausländer gerade in wirtschaftlich schwachen Zeiten immer schwieriger, hierzulande Arbeit zu finden. Der Gruppe der Asylbewerber und Flüchtlinge ist aufgrund von Wartezeit und Vorrangregelung der Zugang zum Arbeitsmarkt nahezu vollkommen verwehrt. Gerade weil Beschäftigung einen wesentlichen Beitrag zur Integration leistet, ist dies eine unbefriedigende Situation. Doch was kann getan werden?

Die EU hat für eine Programmlaufzeit vom Jahre 2000 bis 2006 die Gemeinschaftsinitiative EQUAL ins Leben gerufen. Sie wird aus dem Europäischen Sozialfonds gefördert und zielt darauf ab, neue Wege zur Bekämpfung von Diskriminierung und Ungleichheiten von Arbeitenden und Arbeitssuchenden zu erproben. Benachteiligte Personengruppen sollen mit Hilfe neuer, innovativer Modelle verstärkt in den Arbeitsmarkt integriert werden. Damit ist EQUAL nicht allein auf Ausländer ausgerichtet, sie sind jedoch eine wichtige Zielgruppe des Programms.

EQUAL deckt fünf Themenfelder ab, denen sich jedes Projekt zuordnen lassen muss: Neben den vier Pfeilern der Europäischen Beschäftigungsstrategie (Förderung von Beschäftigungsfähigkeit - ein Unterpunkt ist hier die Bekämpfung von Rassismus -, Unternehmergeist, Anpassungsfähigkeit und Chancengleichheit) gibt es den weiteren Schwerpunkt "Asylbewerber". Doch wie erfolgt die Umsetzung der grauen Theorie in die Praxis? Für die Projekte sind sogenannte Entwicklungspartnerschaften (EPs) verantwortlich. EPs sind Netzwerke, in denen sich Arbeitsmarktakteure zusammenschließen, um gemeinsam ein Konzept gegen Benachteiligungen auf dem Arbeitsmarkt zu entwickeln und umzusetzen.

...sowohl Arbeitsmigranten und Aussiedler

Zum Themenfeld "Beschäftigungsfähigkeit - Bekämpfung von Rassismus" sind deutschlandweit sechs EPs am Start, die sich speziell an Migranten richten. Eine EP zu diesem Themenfeld läuft beispielsweise in Bremen unter dem Namen "Bessere Beschäftigungsmöglichkeiten für ZuwanderInnen" und bietet Qualifizierungs- und Beschäftigungsmaßnahmen für die Zielgruppe an. Ein besonderer Schwerpunkt wird hierbei auch auf die Förderung von Jugendlichen und Frauen gelegt (im Rahmen dieser EP werden neben Arbeitsmigranten auch Flüchtlinge angesprochen). "ProInteCra - Berufliche Integration von Migranten im Handwerk" versucht, mit Hilfe von maßgeschneiderten Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen, Migranten eine Beschäftigung im Handwerk zu ermöglichen. Diese EP wirkt damit zwei Entwicklungen entgegen: Der überdurchschnittlich hohen Arbeitslosigkeit von Migranten sowie dem immer stärker werdenden Fachkräftemangel im Handwerk. Zielgruppen des Projekts sind insbesondere Jugendliche, Frauen, ältere Migranten und Existenzgründer. Aussiedler werden speziell mit der EP "Integration (Ausländer, Spätaussiedler und Behinderte) in den Arbeitsmarkt" angesprochen und gefördert.

Neu an EQUAL ist, dass durch die Aufnahme des Themenschwerpunkts "Asylbewerber" erstmals der Versuch unternommen wird, mit Hilfe von innovativen Projekten die Probleme dieser Gruppe beim Zugang zum Arbeitsmarkt abzubauen.

...als auch Asylbewerber als Zielgruppe

Im Themenfeld "Asylbewerber" gibt es neun EPs. Beispielhaft für eine solche EP s soll hier die Saarländische Entwicklungspartnerschaft Asylbewerber (SEPA) vorgestellt werden: Sie setzt sich zusammen aus Wohlfahrtsverbänden, Initiativgruppen, Bildungsträgern, Forschungseinrichtungen, Landesministerien sowie Vertretern der Arbeitsverwaltung und hat sich zum Ziel gesetzt, die arbeitsmarktpolitische Situation von Flüchtlingen und Asylbewerbern zu verbessern. Im Mittelpunkt der Arbeit stehen dabei arbeitsmarktbezogene Beratung und Qualifizierung, Förderung schulischer Abschlüsse bei Jugendlichen, berufliche Vorbereitung und berufliche Bildung für Jugendliche sowie Förderung der Rückkehr durch Rückkehrberatung und -hilfen. Ein Teilprojekt von SEPA zur schulischen Bildung wird beispielsweise von der Caritas Trier in Lebach, dem Ort der Landesaufnahmestelle für Asylbewerber und Flüchtlinge, durchgeführt. Über eine Laufzeit von drei Jahren sollen jährlich 50 jugendliche Asylbewerber und Flüchtlinge die Möglichkeit erhalten, sich schulisch und beruflich so zu stabilisie9ren, dass eine Berufsausbildung aufgenommen werden kann. Sie erhalten eine umfassende Lernberatung und -förderung und eine Begleitung im schulischen und außerschulischen Bereich. Orte der Förderung sind Einrichtungen der Caritas, Schulen, außerbetriebliche Bildungsträger und Betriebe. Inhalte des Teilprojekts sind unter anderem ein Sprachkurs, die Vermittlung von PC-Kenntnissen, Hausaufgabenhilfe, Berufsorientierung, Bewerbungstraining, Praktika, Vermittlung in Arbeit sowie Freizeitaktivitäten. Dieses Teilprojekt ist nur ein Beispiel für die Fülle der Angebote im Rahmen von SEPA. Auch der Internationale Bund (IB), die Katholische Erwachsenenbildung (KEB) und das Deutsche Rote Kreuz (DRK) bieten Beratungs- und Qualifizierungsprojekte an.

Einer besonderen Untergruppe der Asylbewerber widmet sich die EP "Roma und Sinti durch Selbstorganisation zu Beschäftigung und Existenzsicherung". Ausgangspunkt der Initiierung dieser EP waren zum einen Vorurteile, Fremdenfeindlichkeit, Ablehnung und Distanz, die gegenüber Sinti und Roma in der Bevölkerung vorherrschen. Zum anderen war die Erkenntnis ausschlaggebend, dass die Gemeinschaften der Sinti und Roma durch extreme wirtschaftliche Schwäche gekennzeichnet ist. Die Zielgruppe leidet unter besonderen Benachteiligungen bei der Suche nach existenzsichernder Arbeit. Diesem Defizit versucht die EP mit Hilfe von Qualifizierung in einzelnen Berufs- und Wirtschaftsbereichen zu begegnen.

Die Beispiele zeigen, dass mit den in Deutschland bestehenden Entwicklungspartnerschaften auf vielfältige Wege versucht wird, sowohl Arbeitsmigranten, deren Familienangehörige und Aussiedler als auch Asylbewerber in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Inwiefern sich EQUAL als Erfolg erweist, wird sich zeigen. Im Rahmen von SEPA ist beispielsweise das isoplan-Institut in Saarbrücken damit beauftragt, jährlich ein Weißbuch zur Situation von Flüchtlingen und Asylbewerbern im Saarland zu erstellen. Dieses wird zeigen, ob und wie sich die Lebensumstände der Zielgruppe durch das EQUAL-Projekt verändern. Darüber hinaus wird es nach Abschluss des Projekts im Jahr 2006 neben der Evaluierung der einzelnen EPs eine Programmevaluierung der Gemeinschaftsinitiative in der Bundesrepublik geben, die Aufschluss darüber geben wird, ob die besondere Chance für Migranten genutzt werden konnte.

Kontakt: 
www.equal-de.de, www.equal-sepa.de 


Autorin: Vanessa Franz, isoplan

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Vernetzungs-
seminar

 

Saarbrücken. Im Sinne stärkerer Vernetzung von Maßnahmen der Ausländerintegration veranstaltete das isoplan-Institut am 07. und 08. November einen Workshop im Bereich "Migration und Beschäftigung im Saarland." Der Teilnehmerkreis setzte sich zusammen aus Vertretern der Arbeitsverwaltung, Akteuren des Bund-Länder-Programms "Soziale Stadt" sowie Projektträgern des im Text oben vorgestellten EQUAL-Projektes SEPA. Ziel des Workshops war es, Hintergrundinformationen zu der Situation von Migranten im Saarland zu liefern und die regionale Netzwerkbildung zu fördern. Der Workshop machte die Sinnhaftigkeit und dringende Notwendigkeit einer verbesserten Vernetzung von Maßnahmen der Integrationsarbeit mit anderen Förderprogrammen des Bundes und der EU auf Stadtebene sehr stark deutlich. Auf weitere Aktivitäten in diesem Feld bleibt zu hoffen. (VF)

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