Ausländer in Deutschland 4/2002, 18.Jg., 30. Dezember 2002

RECHT

Aktuelle Gesetzesänderungen, Urteile und Publikationen

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Neues EU-Visum ab 2003

Berlin. Bundesinnenminister Otto Schily hat am 26. November 2002 auf dem Flughafen Berlin/Tegel das neue EU-Visum mit integriertem Lichtbild vorgestellt. Zur Veranschaulichung präsentierte er ein entsprechendes Muster-Dokument. Schily erklärte hierzu: "Von Beginn des Jahres 2003 an werden die Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland neue Visa ausgeben. Sie enthalten ein hochsicher integriertes Lichtbild und erlauben damit eine verbesserte Identitätskontrolle des Antragstellers im In- und Ausland. Dies ist ein erheblicher sicherheitspolitischer Fortschritt. Daher wird Deutschland die Einführung dieser modernen Technik zügig umsetzen und bereits bis Ende des Jahres 2003 alle von Deutschland erteilten Schengen-Visa (ca. 2,5 Mio jährlich) mit Lichtbild versehen." Innerhalb der EU nehme Deutschland damit eine Vorreiterrolle ein. Die Mitgliedstaaten der EU hätten sich auf eine deutsche Initiative hin verpflichtet, innerhalb der nächsten fünf Jahre einheitliche "lichtbildintegrierte Lichtbildvisa" einzuführen. Wesentliche Sicherheitseigenschaften des bisher zum Einsatz gekommenen EU-Visums würden dabei übernommen. Zudem bereite die EU auf Vorschlag Deutschlands die Aufnahme weiterer biometrischer Merkmale von Fingern, Händen und Gesicht der Inhaber vor; diese Merkmale sollen in verschlüsselter Form in die Visa und Aufenthaltstitel eingebracht werden. Ferner habe das Innenministerium die Einrichtung einer EU-Visa-Datenbank und die weitere Angleichung der Visa-Prüf- und Ausstellungsbedingungen forciert.

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Jobben erleichtert

Berlin. Für ausländische Studenten sollen Beschränkungen für Nebenjobs noch vor Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes wegfallen: Bereits mit Start des Wintersemesters sollen sie an bis zu 180 halben Tagen arbeiten können. Dies teilte das Bundesarbeitsministerium nach Angaben der Deutschen Presseagentur am 25. September 2002 mit.

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IMK entscheidet über Abschiebungs-
fragen

Bremen. Bund und Länder werden zunächst keinen gemeinsamen Pool von Ärzten schaffen, die sich auf Abschiebungen spezialisieren, hieß es nach Angaben der "taz" nach der Innenministerkonferenz (IMK) am 5. Und 6. Dezember 2002 in Bremen. Abschiebungen sollen trotzdem erleichtert werden. In allen Bundesländern gebe es das "Problem, dass Ärzte über die Möglichkeiten der medizinischen Versorgung von Flüchtlingen in ihren Heimatländern befinden, ohne Lagekenntnisse über diese Länder zu haben", beklagte Gastgeber Kuno Böse, Innenminister des Landes Bremen. Die Minister hätten sich darauf verständigt, künftig verstärkt Amtsärzte bei der Beurteilung der Reisetauglichkeit von Abzuschiebenden "hinzuzuziehen". Bundesinnenminister Otto Schily betonte, allein die Ausländerbehörden dürften über etwaige Abschiebehindernisse entscheiden, auch wenn diese in der Gesundheit der Betroffenen begründet lägen. Ärzte könnten lediglich die Reisetauglichkeit attestieren. Leider werde das mitunter von Ärzten verwechselt, sagte er. Böse wurde beauftragt, diese Rechtsauffassung in einem Gespräch mit der Bundesärztekammer deutlich zu machen. Im Vorfeld der IMK hatten Ärztevertreter die Forderung einer IMK-Arbeitsgruppe abgelehnt, nur die Flugtauglichkeit zu untersuchen und einen staatlichen Ärztepool zu bilden. "Das wäre völlig inakzeptabel", sagte der stellvertretende Geschäftsführer der Ärztekammer, Otmar Kloiber, der Frankfurter Rundschau.

Einig waren sich die Innenminister darin, dass eine zwangsweise Rückführung von afghanischen Flüchtlingen aufgrund der noch schwierigen Lage im Land derzeit nicht in Frage kommt. Im Falle der rund 30.000 Angehörige ethnischer Minderheiten aus dem Kosovo, vor allem Roma, sprachen sie sich jedoch auch gegen ein dauerhaftes Bleiberecht aus. Ab Sommer 2003 soll die Rückführung begonnen werden, zur Not auch mit Abschiebungen. In der aktuellen Lage komme eine zwangsweise Rückführung "zunächst" nicht in Betracht. Die Abschiebung von Straftätern und "sonstigen Personen", die "die innere Sicherheit gefährden", sei allerdings schon jetzt "im Einzelfall möglich".

Im Vorfeld der Konferenz hatte die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Marieluise Beck, erklärt: "Im Umgang mit den hier lebenden 32.000 Minderheitsangehörigen aus dem Kosovo sind Entscheidungen mit Augenmaß gefragt. Weder ein verfrühtes Signal der Innenministerkonferenz für eine baldige und umfassende zwangsweise Rückführung in das Kosovo noch eine gänzliche Ablehnung einer Bleiberechtsregelung wären der derzeitigen Situation angemessen. Die fortgesetzte Erteilung von Kettenduldungen und eine weitere Erhöhung des Ausreisedruckes entsprechen nicht der tatsächlichen Rückkehrsituation und den Rückkehrmöglichkeiten. Eine solche Praxis würde eine geordnete Rückkehr nach den Vorstellungen der UN-Verwaltung UNMIK untergraben. Zudem wäre es kaum sinnvoll, wenn erwerbstätige Minderheitsangehörige wegen der nur kurzfristigen Erteilung einer Duldung einen Arbeitsplatz verlören. Insbesondere für Kinder und Jugendliche wäre ein Einsatz der ausländerrechtlichen Daumenschrauben integrationsschädlich. Roma, Ashkali, Serben und andere Minderheitsangehörige sind im Kosovo immer noch in der Gefahr, Opfer von schweren Übergriffen zu werden. Die im Kosovo tätigen internationalen Organisationen sind sich in diesem Punkt völlig einig: Minderheitsangehörige können sich in vielen Fällen außerhalb bestimmter "Schutzzonen" nach wie vor nicht frei bewegen; eine wirtschaftliche und soziale Entfaltung ist regelmäßig ausgeschlossen. Die Rückkehr bedeutet gegenwärtig oftmals eine Rückkehr in ein Klima starker Diskriminierung und in soziale Aussichtslosigkeit bis hin zu konkreten Gefährdungen. Sie kann überhaupt nur dann erfolgreich sein, wenn sie kleine Gruppen beträfe und gut vorbereitet wäre. Angesichts dieser Lage im Kosovo gehe ich davon aus, dass eine Abschiebung von Minderheitsangehörigen aus dem Kosovo bis zum nächsten April nicht stattfinden kann. Danach sollte berücksichtigt werden, ob sich die Lage im Kosovo weiter stabilisiert hat, die freiwillige Rückkehr umfassend finanziell unterstützt werden kann und die Mission der Vereinten Nationen im Kosovo (UNMIK) im Einzelfall nach Prüfung der jeweiligen Rückkehrsituation zwangsweisen Rückführungen zustimmt. Unabhängig davon ist die Initiative des Innensenators des Landes Berlin für eine Bleiberechtsregelung für Roma und Ashkali aus dem ehemaligen Jugoslawien einschließlich Kosovo unterstützenswert. Nach langjährigen Aufenthalt wäre eine Rückkehr dieser Gruppe in die soziale Ausgrenzung im Heimatland eine besondere Härte. Dies gilt gerade für Kinder, die einen Großteil ihres Lebens in Deutschland verbracht haben.

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Mehr Schutz für anerkannte Flüchtlinge

Berlin. Anerkannte Flüchtlinge, die in absehbarer Zeit auch nicht in einen anderen als ihren Herkunftsstaat abgeschoben werden können, dürfen nicht mit einer Duldung "abgespeist" werden. Vielmehr müssen die Behörden eine Aufenthaltsbefugnis erteilen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) Mitte Dzember 2002 entschieden. Insbesondere könne ihnen die Aufenthaltsbefugnis nicht deshalb verwehrt werden, weil die Ausländerbehörde Zweifel an ihrer Identität hat. Das BverwG gab drei Klägern aus dem Irak und Sudan recht. Die ausländerbehörde hatte ihnen keine Aufenthaltsbefugnis erteilt, weil hinsichtlich ihrer Identität und Staatsangehörigkeit Zweifel bestünden und die Betroffenen an der Aufklärung nicht ausreichend mitgewirkt hätten. Darauf kommt es nach Auffassung der Richter nicht an, da es sich unzweifelhaft um politisch Verfolgte gehandelt habe. Die Aufenthaltsbefugnis könne ihnen nur verweigert werden, wenn sich die Möglichkeit einer Abschiebung konkret abzeichne. Der Gesetzgeber habe beabsichtigt, anerkannte Flüchtlinge nicht über einen längeren Zeitraum auf eine bloße Duldung zu verweisen. Die Ausländerbehörde müsse zwar Zweifeln über die Identität nachgehen. Sei eine Klärung aber kurzfristig nicht möglich und ergebe sich keine konkrete Abschiebemöglichkeit in einen Drittstaat, so dürfe dem Flüchtling die Aufenthaltsbefugnis - wenn auch nur für einen kurzen Zeitraum - nicht vorenthalten werden (Az: BverwG 1 C 3.02 und andere).

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BGH: Kreis darf Gutscheine ausgeben

Karlsruhe. Das Kartellrecht hindert Landkreise nicht, Asylbewerbern an Stelle von Geld oder Naturalleistungen Wertgutscheine zur Verfügung zu stellen, die diese bei Einzelhändlern einlösen können. Mit einem Urteil vom 24. September 2002 billigte der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) die entsprechende Praxis des Landkreises Hildesheim und widersprach damit dem Textilhändler C&A (KZR 43/01). Nach Angaben der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hatte der Landkreis eine Dienstleistungsgesellschaft mit der Abrechnung der Wertgutscheine beauftragt. Händler, die Gutscheine von Asylbewerbern akzeptierten und anschließend bei der Gesellschaft einlösen wollten, mussten dafür eine "Servicegebühr" entrichten. C&A wollte mit seiner Klage zumindest erreichen, dass diese Gebühr nicht mehr erhoben würde. Vor dem BGH hatte das Unternehmen jedoch keinen Erfolg. Auf das Diskriminierungsverbot nach § 20 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen könne sich C&A schon deshalb nicht berufen, weil es dem Landkreis an der erforderlichen Marktmacht fehle. Selbst wenn man die Nachfrage der Asylbewerber nach Kleidung dem Kreis zurechnen wolle, sei dieses Potenzial, verglichen mit der Gesamtnachfrage nach Kleidung, im Kreis so gering, dass sich daraus keine marktmächtige Stellung ergebe.

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"Mehmet" zurück - aber neue Anklagen drohen

München. Der unter dem Namen "Mehmet" bekannte frühere Serienstraftäter ist knapp vier Jahre nach seiner Ausweisung in die Türkei Anfang August 2002 nach Deutschland zurückgekehrt. Sofort nach der Rückkehr des mittlerweile 18-jährigen hat die Staatsanwaltschaft München die Wiederaufnahme des Strafverfahrens gegen ihn beantragt. Der Chef der Anklagebehörde, Manfred Wick, sagte gegenüber der taz, am 6. August 2002 sei die Jugendkammer des Landgerichts aufgefordert worden, eine Berufungsverhandlung anzusetzen. Ziel sei eine Freiheitsstrafe. "Mehmet" war 1998 wegen Körperverletzung zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt. Noch bevor es zur Berufungsverhandlung kam, die sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Verteidigung beantragt hatten, schob die Stadtverwaltung den 14-jährigen gebürtigen Münchner ohne seine türkischen Eltern in die Türkei ab. Nach jahrelangem Rechtsstreit hatte das Bundesverwaltungsgericht die Abschiebung vor drei Wochen für rechtswidrig erklärt und damit den Weg frei gemacht für seine Heimkehr. Vor Erreichen des Strafmündigkeitsalters von 14 Jahren soll er etwa 60 Diebstähle, Einbrüche und Körperverletzungen begangen haben. (esf)

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Kopftuch kein Kündigungsgrund

Erfurt. Wenn eine muslimische Verkäuferin während der Arbeit ein Kopftuch tragen will, darf ihr deshalb nicht gekündigt werden. Dies entschied das Bundesarbeitsgericht in Erfurt am 10. Oktober 2002. Es hob damit die Urteile der Vorinstanzen Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht auf, die einen Kündigungsgrund bejaht hatten. Die Türkin Fadime C. war über zehn Jahre bei einem Kaufhaus im nordhessischen Schlüchtern beschäftigt. Nach einem Erziehungsurlaub teilte sie den Vorgesetzen 1999 mit, ihre religiösen Vorstellungen hätten sich insoweit gewandelt, dass sie künftig nur noch mit Kopftuch arbeiten wolle. Der Betreiber des Kaufhauses befürchtete in der ländlichen Kleinstadt jedoch Umsatzeinbußen. Das Verkaufspersonal habe sich gepflegt und unauffällig zu kleiden. Dadurch sollten der Stil des Kaufhauses geprägt und den Kunden ein exklusiver Eindruck vermittelt werden. Das Unternehmen kündigte daher der heute 32-jährigen Frau aus personenbedingten Gründen.

Vor dem Bundesarbeitsgericht hatte Fadime C. nun doch Erfolg. Das Tragen eines Kopftuches sei kein zulässiger Kündigungsgrund, stellten die Richter fest. Die Kündigung sei unwirksam. Zwar dürfe ein Kaufhaus seinen Beschäftigten im Arbeitsvertrag durchaus das Tragen von "unauffälliger Kleidung" vorschreiben, es müsse allerdings auch die im Grundgesetz geschützte Glaubensfreiheit beachten. Dem Arbeitgeber sei zuzumuten, das Kopftuch einer Beschäftigten zunächst zu akzeptieren und abzuwarten, ob sich seine Befürchtungen realisieren. Im Falle, dass es tatsächlich zu "nicht hinnehmbaren Störungen" komme, merkten die Richter an, sei die Situation eine andere, denn auch die "wirtschaftliche Betätigungsfreiheit" des Arbeitgebers sei grundrechtlich geschützt. Es sei jedoch zu überlegen, ob dem nicht auf andere Weise als durch Kündigung begegnet werden kann. Die bloße Befürchtung von Umsatzeinbußen genüge jedoch nicht. Fadime C., die in der Zwischenzeit einen kleinen Blumenladen aufgemacht hat, kann nun an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Außerdem muss ihr das Kaufhaus den Lohn für die seit der Kündigung vergangene Zeit nachzahlen (Az. 2 AZR 427/01).

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Gebetspausen während der Arbeit erlaubt

Hamm. Ein gläubiger Muslim hat einen Anspruch darauf, während der Arbeit Gebetspausen einlegen zu dürfen. Das hat das Landesarbeitsgericht Hamm in einem Urteil vom 26. Februar 2002 bekräftigt (AZ- 5 Sa 1582/01). Die Unterbrechung der Arbeit zur Religionsausübung sei ein "subjektives Leistungshindernis" im Sinne von § 616 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Dazu gehörten auch religiöse Verpflichtungen, die vom Grundgesetz geschützt seien. Der Anspruch des Arbeitnehmers auf eine "tägliche, nur mehrminütige Arbeitspause" ergebe sich auch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Im Streitfall hat ein Arbeitnehmer der Metallindustrie geklagt, um zu erreichen, dass sein Arbeitgeber Abmahnungen aus seiner Personalakte entfernte. Diese hatte er erhalten, weil er nachmittags nach entsprechenden Waschungen im Verpackungslager - zwischen Fließrollen hockend - Gebete verrichtet hatte. Nach einer Auskunft des Islamrates hätte er das Nachmittagsgebet aber auch nach Arbeitsschluss verrichten können. Denn nach dem Koran reiche der vorgeschriebene Zeitraum zum Abhalten von dem Moment, "in dem der Schatten eines Objekts länger ist als es selbst", bis zum Sonnenuntergang. Zudem hätte der Arbeiter nach Ansicht des Gerichts seinen Arbeitsplatz nicht ohne vorherige Absprache mit seinem Vorgesetzten verlassen dürfen.

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Verwaltungs-
gericht bremst Rasterfahnder

Gießen. Das Verwaltungsgericht Gießen hat in einem Urteil vom 8. November 2002 die Übermittlung der Daten eines marokkanischen Studenten durch die Universität Gießen an das hessische Landeskriminalamt (LKA) für unrechtmäßig erklärt und gestoppt. Nach Angaben der "taz" hatte das LKA im September 2002 im Rahmen der Rasterfahndung die hessischen Universitäten aufgefordert, Daten muslimischer Studenten naturwissenschaftlicher Fächer herauszugeben. Als die Universität Gießen dies tat, klagte der Student und erhielt nun Recht. Den Richtern zufolge hätte die Universität die Rechtmäßigkeit der Aufforderung selbst prüfen müssen. Zudem sei das erst im August 2002 geänderte Landesgesetz nicht genau genug. Die Einschätzung der Verwaltungsrichter über datenschutzrechtliche Aspekte der Rasterfahndung könnte sich auch auf andere hessische Universitäten auswirken: Das LKA hatte bestätigt, die Daten an das Bundeskriminalamt weiterzuleiten. Nach Ansicht der Gießener Richter fehlt dafür jedoch die gesetzliche Grundlage.

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Ohne Deutsch-
kenntnisse kein Spätaussiedler- Status

Mannheim. Die sprachlichen Anforderungen an Spätaussiedler haben sich verschärft: Nur wer schon vor der Einreise einfache Gespräche auf Deutsch führen kann, kommt einem Gerichtsurteil zufolge für den Spätaussiedler-Status in Frage. Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg präzisierte damit die Sprachanforderungen an Spätaussiedler. Die Mannheimer Richter warnten in ihrem am 2. Januar 2003 veröffentlichten Urteil vor Integrationsproblemen bei Spätaussiedlern aus Russland, die kaum Deutsch sprechen könnten. Nach Ansicht der Richter genügt es, wenn sich der Aussiedler im Gespräch eines "einfachen" Wortschatzes bedient. Er müsse einfache Sätze bilden können und sich in einfachen Themen des Alltags wie Herkunft, Eltern,Kinder, Schule oder Einkauf sprachlich zurechtfinden, heißt es in dem Urteil. Es reiche nicht aus, wenn die Antragsteller nur einzelne deutsche Worte sprechen oder Deutsch nur verstehen könnten. Dies könnte dann eher dazu führen, "dass er dazu neigen wird, sich der Vielzahl hier schon lebender Aussiedler mit ungenügenden deutschen Sprachkenntnissen anzuschließen".

In dem Urteil wies der VGH die Berufungsklage eines 1966 in Russland geborenen Mannes zurück. Dieser hatte 1986 eine Russin geheiratet. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor. Zwölf Jahre später hatte das Bundesverwaltungsamt dem Mann deutscher Volkszugehörigkeit einen Aufnahmebescheid erteilt, in den seine Ehefrau und die beiden Kinder einbezogen wurden. Nach der Einreise nach Deutschland wurde der Spätaussiedlerstatus beantragt. Dieser wurde aber vom Landratsamt Calw ebenso wie der nachfolgende Widerspruch und eine Klage wegen mangelnder deutscher Sprachkenntnisse abgelehnt.

Die Richter bezeichneten es als Problem, dass Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion zunehmend gebürtige Russen heirateten und in "binationalen Ehen" lebten. In den Gesprächen innerhalb der Familien träten die Deutschkenntnisse "offenbar häufig weitestgehend zurück". Nach Ansicht der Richter wird die Integration der Spätaussiedler durch fehlende Sprachkenntnisse auch zusätzlich erschwert. Insbesondere fehlende Deutschkenntnisse stellen sich bei russlanddeutschen Spätaussiedlerfamilien zunehmend als starkes Hindernis für deren Integration in Deutschland heraus, heißt es in der Urteilsbegründung. Dadurch würden die Sozialhaushalte belastet (Az 6 S 1066/01).

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Rückübernahme-
abkommen mit Albanien

Berlin. Bundesinnenminister Otto Schily und sein albanischer Amtskollege Luan Rama haben am 18. November 2002 in Berlin ein bilaterales Rückübernahmeabkommen unterzeichnet. Die Vereinbarung regelt im Rahmen der Gegenseitigkeit die Einzelheiten der Rückübernahme ausreisepflichtiger Personen aus dem Gebiet der jeweils anderen Vertragspartei. Des weiteren regelt das Abkommen die Übernahme und Durchbeförderung von Drittstaatsangehörigen. Hierzu erklärt Bundesinnenminister Schily: "Durch die Vereinbarung wird es künftig möglich sein, nicht nur die eigenen Staatsangehörigen, sondern auch Drittstaatsangehörige, die über einen Aufenthaltstitel oder ein Visum der anderen Vertragspartei verfügen, oder unmittelbar aus dem Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei rechtswidrig eingereist sind, dorthin zurückzuführen." Insbesondere die Regelungen zur Übernahme und Durchbeförderung von Drittstaatsangehörigen seien ein wichtiges Element der Vereinbarung, weil sich Albanien in den letzten Jahren "zu einem Schwerpunkt für die international organisierte Schleusungskriminalität" entwickelt habe. Albanien sei Transitland für unkontrollierte Wanderungsbewegung von Migranten, die dort illegal einreisen und ihren Weg über die Adria nach Italien und in die westeuropäischen Staaten fortsetzen würden. Durch Zusammenarbeit mit seinen Nachbarländern Italien und Griechenland sei es Albanien mittlerweile jedoch gelungen, diese Bewegungen über die Adria nahezu zu stoppen. Die Vereinbarung entspreche dem modernen Standard entsprechender EU-Abkommen und werde die Rückübernahmeverfahren in Zukunft wesentlich verkürzen und erleichtern.

Das Rückübernahmeabkommen sei auch ein weiterer wichtiger Schritt bei der Annäherung Albaniens an den Rechtsraum der EU. Albanien gehört zu den am Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess beteiligten Ländern Südosteuropas. Die EU hat im Oktober 2002 ein Verhandlungsmandat für den Abschluss eines entsprechenden Abkommens mit Albanien erhalten.

Schily erklärte anlässlich der Unterzeichnung, dass die Bundesregierung alle erforderlichen Maßnahmen ergreife, um die unkontrollierte Migration weiter einzudämmen. "Die Integration der rechtmäßig in Deutschland lebenden Ausländerinnen und Ausländer kann nur dauerhaft Erfolg haben, wenn wir gleichzeitig konsequent gegen die illegale Migration vorgehen," so Schily weiter. Hierzu gehöre auch die mit dem Abschluss von Rückübernahmeabkommen verbundene Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Rückführung ausreisepflichtiger Personen.

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Rückgang der Ausgaben für Asylbewerber und Sozialhilfe-
empfänger

Berlin. Die staatlichen Ausgaben für Asylbewerber nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sind im Jahr 2001 um 12% gegenüber dem Vorjahr gesunken. Seit Amtsantritt der rot-grünen Bundesregierung 1998 sei sogar ein Rückgang der staatlichen Aufwendungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz um 23,7% zu registrieren, teilte das Bundesinnenministerium Ende September 2002 mit. Dies entspricht in etwa der Entwicklung der Asylbewerberzahlen, die seit 1998 um rund 20% gesunken sind. Auch die Zahl der Ausländer, die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz in Anspruch genommen haben, sei seit 1998 um 9,5% zurück gegangen.

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Kritik am bayrischen "Ausreisezentrum" für abgelehnte Asylbewerber

Fürth. Der bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU) hat Ende September 2002 als einen wesentlichen Bestandteil des "integrierten Konzepts für eine konsequente Aufenthaltsbeendigung ausreisepflichtiger Ausländer" (Inka) die bayernweit erste Ausreiseeinrichtung für abgelehnte Asylbewerber in Fürth vorgestellt. In diese Ausreisezentren sollen vollziehbar ausreisepflichtige Asylbewerber, die aufgrund fehlender Ausweispapiere nicht in ihr Herkunftsland abgeschoben werden können, ohne zeitliche Befristung eingewiesen werden, damit die Behörden dort "Maßnahmen zur Klärung von Identität und Staatsangehörigkeit intensivieren" können, so Beckstein. Durch regelmäßige Befragungen soll die Herkunft der Ausländer ermittelt und deren Rückkehr in die Herkunftsländer vorbereitet werden.

Von den ersten 35 Personen, die bisher per "Umverteilungsbescheid" dazu aufgefordert wurden, die Ausreiseeinrichtung in Fürth zu beziehen, sind bis Mitte Oktober 14 Personen dieser Anordnung gefolgt; weiter 14 gelten als untergetaucht. Die übrigen sieben Ausländer haben Eilanträge gegen die Einweisung gestellt, von denen bereits zwei vom Ansbacher Verwaltungsgericht Abgewiesen wurden. Eine Person habe bereits ihre Identität offenbart und inzwischen Papiere bei ihrer Heimatvertretung beantragt.

Wenngleich Beckstein betonte, es handele sich bei diesen Einrichtungen nicht um eine "Vorstufe zur Abschiebehaft", und sich auf das Zuwanderungsgesetz berufen kann, das die Schaffung solcher Ausreisezentren in § 61 rechtlich ermöglichen soll, kritisierten insbesondere Flüchtlingsorganisationen und die Grünen die Einrichtung und forderten deren Schliessung. Die migrationspolitische Sprecherin der bayerischen Landtags-Grünen, Elisabeth Köhler, warf Beckstein vor, der primäre Zweck dieser "Abschiebungslager" sei es, den "psychischen Druck auf die Flüchtlinge zu erhöhen". Zudem hätten ähnliche Modellprojekte in anderen Bundesländern - so Niedersachsen und Rheinland-Pfalz - gezeigt, dass dieser Druck viele Flüchtlinge in die Illegalität dränge.

Inzwischen liegt ein Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig vor, in dem die Zwangsunterbringung eines asiatischen Flüchtlings in einem niedersächsischen Ausreisezentrum für rechtswidrig erklärt wurde. Da sich die Behörden zuletzt nur noch sporadisch mit dem Ausländer, der über elf Monate in der Einrichtung verbrachte, beschäftigt haben, kam das Gericht zu dem Schluss, dass der weitere Verbleib des Mannes in dem Zentrum nur noch dazu dienen würde, Druck auf ihn auszuüben. Für solche Zwangsmaßnahmen fehle jedoch die Rechtsgrundlage, so die Richter.

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Palästinenser droht Ausweisung

Berlin. Weil er seinen drei Kindern auf einer Pro-Palästina-Demonstration am 13. April 2002 in Berlin Sprengstoffattrappen um den Leib gehängt hatte, hat das Berliner Amtsgericht am 18. November 2002 einen 33-jährigen Palästinenser wegen Billigung der Herbeiführung von Sprengstoffanschlägen zu fünf Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Mohamed El-R. werde, "um zu zeigen, dass so ein Verhalten in Deutschland nicht hinnehmbar ist", zudem noch zu 300 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt, sagte der Richter nach Angaben der "taz". Sollte das Urteil rechtskräftig werden, droht dem Palästinenser die Ausweisung. Die Bilder von der 6-jährigen Tochter, die mit um den Bauch gebundenen Bombenattrappen auf der Schulter ihres Vaters saß, waren um die Welt gegangen und hatten große Entrüstung ausgelöst. Der Eisenschlosser lebt seit zwei Jahren in Berlin. Seine Frau und seine Kinder hatte er 1996 mit Hilfe von Schleusern nach Deutschland vorausgeschickt. In einer von seinem Verteidiger vorgelesenen Erklärung hatte der Angeklagte zugegeben, dass er seine Kinder seinerzeit wie Selbstmordattentäter ausstaffiert hatte. Er habe damit aber nur aufzeigen wollen, dass das Palästinaproblem endlich gelöst werden müsse. Das heiße nicht, dass er solche Anschläge billige. Niemals würde er seinen eigenen Kindern erlauben, Selbstmordanschläge zu begehen, fuhr der Angeklagte fort. Um zu verhindern, dass seine Kinder "im Strudel von Gewalt und Gegengewalt" untergingen, habe er mit großer Mühe sein Land verlassen. "Ich bedauere, mich so missverständlich verhalten zu haben." Das Gericht wertete dies jedoch als Schutzbehauptung. Tatsächlich habe er solche Attentate billigen wollen. Vergebens hatte der Verteidiger in dem Prozess beantragt, einen Völkerrechtsexperten aus Hamburg als Sachverständigen zu hören. Er hätte bekunden sollen, dass die Besetzung der palästinensischen Gebiete völkerrechtswidrig sei. Der Richter sah die völkerrechtliche Problematik im Nahen Osten dagegen nicht als Grund, auf eine Bestrafung zu verzichten.

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Europarat fordert einheitliche Regelung bei illegaler Zuwanderung

Straßburg. Die Parlamentarische Versammlung des Europarates hat das Ministerkomitee der 44 Staaten umfassenden Organisation Anfang Oktober 2002 aufgefordert, ein internationales Rechtsinstrument zum Umgang mit illegaler Zuwanderung auszuarbeiten. Sowohl der Menschenrechtskommissar des Europarates wie auch die EU sollen in die Arbeiten mit einbezogen werden. Nach Angaben der Neuen Züricher Zeitung will die Versammlung mit dieser Initiative erreichen, dass sich die europäischen Staaten auf einer gemeinsamen Basis mit Ursachen der Migration und den Problemen von Schleuserkriminalität und Menschenschmuggel befassen. Besondere Bedeutung soll dabei sowohl den Menschenrechten wie auch der Zusammenarbeit zwischen den Herkunfts-, Transit- und Zielländern beigemessen werden. Die Versammlung zeigt sich überzeugt, dass nur so die berechtigten Interessen der Aufnahmeländer und zugleich die Einhaltung der Menschenrechte gesichert werden können. Aus Sicht der Parlamentarischen Versammlung mangelt es bislang an speziellen internationalen Rechtsinstrumenten zum Schutz der elementaren Rechte dieser Menschen; als Beispiele werden die Rechte von Kindern und besonders gefährdeter Personen auf Fürsorge und das Recht auf medizinische Notfallversorgung genannt.

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Europa-Parlament für liberales Asylrecht

Strassburg. In deutlichem Gegensatz zu den Innenministern der Europäischen Union (EU) hat sich das Europäische Parlament am 22. Oktober 2002 für ein liberales Asylrecht ausgesprochen. So sollen nach dem Willen einer knappen Mehrheit der Abgeordneten künftig Ausländer auch dann einen Anspruch auf Asyl haben, wenn sie mit Demonstrationen gegen Recht und Gesetz verstoßen oder in ihrer Heimat den Kriegsdienst verweigert haben. Auch Familienangehörige und gleichgeschlechtliche Partner sollen einen Asylanspruch bekommen. Nur wer terroristische Straftaten begangen hat und gegen den ein europäischer Haftbefehl vorliegt, soll vom Asyl ausgeschlossen werden. Ferner sollen Kriegsflüchtlinge, die sich nur vorübergehend in der EU aufhalten wollen, mit allen anderen Asylsuchenden gleichgestellt werden. Nach Angaben der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sagte der CDU-Abgeordnete von Boetticher, der Ministerrat werde die weitreichenden Vorschläge zurückweisen.

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DGB-Initiative zum Aufenthaltsrecht

 

Berlin. "Schluss mit der Verunsicherung unserer ausländischen Bevölkerung. Jeder sollte jetzt seinen Aufenthaltsstatus sichern, um bei Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes im Januar nächsten Jahres die bestmögliche Ausgangslage zu haben," erklärte Dietmar Hexel, Mitglied des Geschäftsführenden DGB-Bundesvorstandes Mitte September 2002 in Berlin. Hexel stellte zwei Broschüren des DGB Bildungswerkes zum Aufenthaltsrecht von Ausländern in Deutschland vor, die aufgrund der hohen Nachfrage in einer zweiten Auflage für Multiplikatoren und Multiplikatorinnen im Migrationsbereich gedruckt wurden.

"Viele unserer ausländischen Mitglieder leben schon lange Jahre in Deutschland. Trotzdem haben sie ihren Aufenthaltsstatus noch nicht ausreichend gesichert. Auch wenn im nächsten Jahr das Zuwanderungsgesetz kommt, sollte niemand seinen Status bis dahin ungesichert lassen. Zu viele Möglichkeiten würden dadurch verloren gehen. Wir möchten mit diesen Broschüren den Anstoß dazu geben, jetzt zu handeln und den Aufenthalt in Deutschland zu sichern," erläuterte Hexel.

In einer Gemeinschaftsaktion mit der IG Metall, IG BCE, Ver.di, TRANSNET, NGG, GEW, IG BAU und GPD hatte das DGB Bildungswerk zwei neue Broschüren zur Aufenthaltsberechtigung und der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis erstellt. Darin wird kurz und übersichtlicht erklärt, welche Voraussetzungen erfüllt werden müssen, um die Aufenthaltsberechtigung oder die unbefristete Aufenthaltserlaubnis zu erhalten. Aufgrund der überaus starken Nachfrage druckten nun das DGB Bildungswerk und die IG Metall ihre Broschüren nach.

Leo Monz, DGB Bildungswerk e.V.

Bezug: 
"Setzkasten" (Fax: 0211/4080080) sowie Download über die Homepage des Bildungswerkes, Bereich Migration und Qualifizierung (www.migration-online.de) sowie über die Internetseiten aller Mitgliedsgewerkschaften

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Guckst du hier! Pass da!

 

Berlin. Unter dem Titel "Guckst du hier" hat ImmiGrün Berlin - Bündnis der neuen InländerInnen eine Einbürgerungskampagne gestartet, die sich an Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 16 und 23 Jahren richtet. Neben einem Faltblatt "Guckst du hier! Pass da!" entstand auch ein Internet-Auftritt unter www.pass-her.de. Das Projekt entstand in Zusammenarbeit mit Bündnis 90/Die Grünen im Abgeordnetenhaus von Berlin und Özcan Mutlu, dem migrationspolitischen Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen. Es basiert auf einer Idee der früheren Hamburger Ausländerbeauftragten, die in den letzten Jahren mehrere erfolgreiche Einbürgerungskampagnen gestartet hatte und steht unter der Schirmherrschaft der Bundesausländerbeauftragten Marieluise Beck. (esf)

Kontakt: 
ImmiGrün Berlin, Oranienstr. 25, 10999 Berlin

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