Ausländer in Deutschland 4/2002, 18.Jg., 30. Dezember 2002

NOTIZEN

*) Diese Beiträge wurden im Druck-Exemplar nicht veröffentlicht!


Barbara John geht in Ruhestand

Bald 22 Jahre ist Barbara John (Foto) Ausländerbeauftragte des Berliner Senats. Im Jahr 2003 geht die dienstälteste und bekannteste Ausländerbeauftragte Deutschlands in Ruhestand. Richard von Weizsäcker hat als Regierender Bürgermeister von Berlin 1981 dieses Amt geschaffen, das längst zum Synonym für Barbara John geworden ist. Geboren 1938 in Berlin absolvierte sie von 1958 - 1961 ein Lehramtstudium in Lüneburg und arbeitete von 1961 - 1966 als Lehrerin in Hamburg. Nach einem Zweitstudium der Politikwissenschaft und Bildungsökonomie in Berlin und London war sie mehrere Jahre wissenschaftliche Assistentin im Fach "Deutsch als Zweitsprache" an der FU Berlin, bis sie 1981 zu ihrer Lebensaufgabe berufen wurde. Sie veröffentlichte diverse Publikationen zu sprachdidaktischen und ausländerpolitischen Themen und ist bei Tagungen der Harvard University so gefragt wie bei Auftritten türkischer Folkloregruppen in Berlin-Neukölln.

Viel Aufhebens hat John jedoch nie von sich gemacht. Sie ist aber auch keineswegs nur eine Verwaltungsbeamtin, wie manch anderer Kollege. Die Integration von Migranten ist ihre Mission, die sie unbeirrbar wie kaum eine zweite verfolgt. Dabei versteht sie sich immer in einer ausgleichenden Rolle. John, die heute vieles anders macht als vor 20 Jahren, macht eines noch genauso wie damals: Sie lehnt es nicht ab, sich um "Einzelfälle" zu kümmern. Von Beginn an hat sie ihr Amt als offenes Haus geführt. Es heißt, fast eine halbe Million Menschen hätten die Büroräume in einer fast schäbig zu nennenden Neubau-Etage schon besucht. In dem Großraumbüro herrscht ein lebhaftes Hin und Her. Die 30 Mitarbeiter haben viele ratsuchende Migranten zu betreuen. Anders als andere Ausländerbeauftragte hat John auch immer wieder Umfragen in Auftrag gegeben, Preise verliehen und eine Vielzahl an Plakaten und den sehr informativen und gut gestalteten Broschüren der Reihe "Miteinander in Berlin" drucken lassen (vgl. Rubrik "Anwerbegeschichte").

Berlin war viele Jahre die Stadt mit den meisten Einbürgerungen - was auch daran liegt, dass John den Berliner Migranten klarmachen konnte, dass das Ausländergesetz gerade die integrierten unter ihnen behindert. Heute gibt es 6.000 türkische Betriebe mit 20.000 Angestellten in Berlin. Auch hierzu hat sie beigetragen, indem sie sich für den Abbau von Hürden bei der Gewerbeanmeldung einsetzte. Doch nicht nur mit Türken hat ihr Amt zu tun. Sie und ihr Büro sind für alle Gruppen da. Als sie die Behörde aufbaute, hatte Berlin (West) 250.000 Einwohner mit ausländischem Pass. Heute sind es 440.000. Johns Blick reicht zudem längst über den Tellerrand Berlins und auch Deutschlands hinaus. Ähnlich weit reicht auch ihre Vorbildwirkung. (esf)

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hier geblieben

 

Hannover. Die Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung zeigt vom 23. Oktober bis 16. Februar 2003 unter dem Titel "hier geblieben" im Historischen Museum Hannover eine Ausstellung zur Zuwanderung und Integration in Niedersachsen von 1945 bis heute. Die Ausstellung zeigt, dass Zuwanderungen in vielfältigen Formen eher der Normalfall waren und sind. Sie will Zugewanderten Aufmerksamkeit im Sinne von Respekt und Würdigung entgegenbringen. In ihrem Kernbereich ist sie in vier Räume gegliedert, die den bedeutendsten Zuwanderergruppen seit 1945 gewidmet sind: Den deutschen Flüchtlingen und Vertriebenen, den Arbeitsmigranten, den Aussiedlern und Spätaussiedlern sowie den ausländischen Flüchtlingen und Asylsuchenden. Die Ausstellung verdeutlicht Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Migrationsursachen und im Prozess der Niederlassung in der neuen Heimat. Sie thematisiert ausgewählte Aspekte des Zusammenlebens, geht auf Probleme und Erfolge, auf Annäherungen und Befremdungen ein. Zur Ausstellung ist eine von Klaus J. Bade und Jochen Oltmer herausgegebene Publikation "Zuwanderung und Integration in Niedersachsen seit dem Zweiten Weltkrieg" erschienen. Die 380-seitige Publikation beschreibt die Thematik in wissenschaftlichen Texten, Dokumenten und Fotos. (esf)

Kontakt: 
Historisches Museum Hannover, Pferdestraße 6/Eing. Burgstraße, 30159 Hannover, Tel.: 0511/168-43052, -42352, Fax: -45003, www.hannover.de

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Kaum Migranten im neuen Bundestag

 

Berlin. Die Realität der Einwanderungsgesellschaft spiegelt sich nach Auffassung der Ausländerbeauftragten der Bundesregierung, Marieluise Beck, nicht im neuen Bundestag wider. Obwohl neun Prozent der Bevölkerung Ausländer sind und die im Bundestag vertretenen Parteien die Integration von Ausländern fordern, haben nur fünf der 603 Abgeordneten im neuen Parlament (0,8 %) einen Migrationshintergrund. "Mono-Kulti in Berlin" nannte dies die Zeitschrift "Der Stern". Alle fünf Abgeordneten sind asiatischer Herkunft. Türkischstämmig sind Lale Akgün (SPD), 1953 in Istanbul geboren und seit 1962 in Deutschland lebend sowie Ekin Deligöz (Grüne), 1971 in Tokat geboren und seit 1979 in Deutschland lebend. Indischer Abstammung sind ebenfalls zwei Abgeordnete: Der 1969 in Hannover geborene Sebastian Edathy (SPD) ist Sohn eines Inders, der 1974 in Koblenz geborene Josef Winkler (Grüne) besitzt wegen seiner indischen Mutter beide Staatsbürgerschaften. Der Vater der 1959 in Düsselsdorf geborenen Michaela Marion Tadjadod (CDU) ist Iraner. Bei CSU, FDP und PDS gibt es keine nicht-deutschstämmigen Abgeordneten. Die PDS hatte allerdings viele Kandidat/innen mit Migrationshintergrund. (esf)

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Schöne Migrantinnen

 

London. Die Türkin Azra Akin (21) ist bei den wegen blutiger Unruhen mit über 200 Toten von Nigeria nach London verlegten Miss-World- Wahlen 2002 zur schönsten Frau der Welt gekürt worden. Die am 7. Dezember 2002 unter starken Sicherheitsvorkehrungen veranstaltete Wahl löste in der Türkei Begeisterung und Stolz aus. Die in den Niederlanden aufgewachsene Abiturientin Akin bekommt für ihren Sieg 156.000 Euro. "Ich fühle mich sehr geehrt und hoffe, ich kann etwas bewirken", sagte sie. Deutschlands Teilnehmerin Indira Selmic (24) verpasste mit Platz 21 von 92 die Finalrunde der 20 schönsten in der Konkurrenz. Die in Marktheidenfeld lebende Tochter bosnischer Einwanderer zeigte sich mit ihrem Erfolg jedoch zufrieden. "Ich habe das Ganze als Modenschau angesehen", sagte sie der "Bild am Sonntag." Sie nutzte die Veranstaltung zu Kontakten mit Werbe- und Fernsehleuten. Zu den Unruhen in Nigeria hatte sie zuvor erklärt: "Ich hab' mich damit überhaupt nicht auseinander gesetzt, was in Nigeria passiert ist. Ich war da in der Türkei." Selmic ist Miss Bayern und war im Januar bei der Miss-Germany-Wahl auf den dritten Platz gekommen. Da sich die Schönste mit der "Miss Germany Corporation" überwarf und die Zweitschönste verhindert war, durfte sie teilnehmen. In Marktheidenfeld besitzt Selmic den Wellness-Salon "Sungate". (esf)

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Südasientage

 

Bonn. "Südasien, das ist eine politische, kulturelle und religiöse Vielfalt" - so lautete die zentrale Botschaft der Südasientage, die die Friedrich-Ebert-Stiftung vom 29. Oktober bis 98. Novmber 2002 in Bonn durchführte. Das Zentrum ist Indien. Es ist umringt von Pakistan, Bangladesch, Nepal, Sri Lanka und Afghanistan. Die bunte Mischung auf dem Subkontinent bereichert einerseits das Leben der Menschen, andererseits lässt sie immer wieder Konflikte brodeln. Aus Südasien kommen Curry und Computer-Experten. Noch nicht so bekannt ist, dass sich hier auch Frauen-Power entwickelt. Auf den Südasientage war Südasiens Vielfalt mit allen Sinnen zu erleben, junge engagierte Menschen aus der Region informierten über den Alltag und die Probleme des Subkontinents und diskutierten Wege und Chancen mit den Teilnehmern. Weitere Infos finden sich unter www.fes.de/suedasien. (esf)

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So fern und doch so nah

 

Rostock. Graue und bunte - in jedem Fall künstlerisch anspruchsvolle - Ergebnisse eines deutsch-vietnamesischen Schüler-Malprojektes sind zur Zeit in Mecklenburg-Vorpommern zu sehen. SchülerInnen der Großen Stadtschule Rostock und des Gymnasiums Truong trung hoc co so Nguyen Du (Hanoi) hatten in einem wochenlangen Projekt mit verschiedenen Techniken Bilder gestaltet, die sich mit der Sicht auf das jeweils andere Land und dessen Klischees beschäftigen. 40 Exponate umfasst die Ausstellung "Vietnam und Deutschland - so fern und doch so nah - Viet nam va Duc - Tuy xa ma gan". Die Ergebnisse des "bikontinentalen" Projektes des Vereins Diên Hông und der Heinrich Böll Stiftung Mecklenburg-Vorpommern wurden zunächst im Oktober und November 2002 anlässlich der Feierlichkeiten zum 10jährigen Vereinsjubiläum von Diên Hông in Rostock präsentiert. Seit dem 9. Dezember 2002 wird die Ausstellung im Pasewalker Oskar-Picht-Gymnasium gezeigt, ehe sie ab April 2003 die Reise durch mehrere vietnamesische Schulen und Jugendeinrichtungen antritt. (esf)

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Finanzkrise der Städte betrifft auch Integration

 

München. Herbert Schmalstieg (SPD), Vizepräsident des Deutschen Städtetages und Oberbürgermeister der Stadt Hannover hat am 3. Dezember 2002 in einem Artikel für die Süddeutsche Zeitung eindringlich für eine Gemeindefinanzreform plädiert. Die Lage der Kommunen sei katastrophal und habe sich in den vergangenen Monaten sogar noch zugespitzt. "Für die Städte und Gemeinden in Deutschland bedeutet ihre Finanzkrise ganz klar: Kommunales Handeln ist am Ende seiner Möglichkeiten, es gibt keine Spielräume mehr", schrieb Schmalstieg. Wenn die Städte in Deutschland nicht ausreichend mit Finanzen ausgestattet seien, "werden wir sie in ein paar Jahren nicht wiedererkennen". Dann könne "die Lebensqualität insgesamt, aber auch Aufgaben wie die Integration von Zuwanderern in den Städten nicht mehr gewährleistet werden". (esf)

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Bessere Versorgung psychisch Kranker eingefordert

 

Hamburg. Die Versorgung psychisch kranker Migranten muss aus Sicht von Fachverbänden und Psychiatriemitarbeitern verbessert werden. Sie forderten "multikulturelle Behandlerteams". Es sollten mehr Mitarbeiter eingestellt werden, die die Sprache der Migranten beherrschten, berichtete die Deutsche Presseagentur Mitte November 2002. (esf)

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Maßnahmen zur Gesundheits-
förderung

 

Berlin. Der Zusammenhang zwischen sozialer Benachteiligung und negativen Auswirkungen auf die Gesundheit ist unbestritten. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) hat daher den Verein Gesundheit Berlin e.V. beauftragt, eine Bestandsaufnahme von Projekten und Maßnahmen zur Gesundheitsförderung bei sozial Benachteiligten in der Bundesrepublik Deutschland durchzuführen. Die erhobenen Angebote werden in einer über das Internet einsehbaren "lebendigen Datenbank" zusammen geführt. Ab Anfang 2003 soll die Datenbank allen interessierten Akteuren als nützliches (Netz-)Werkzeug zum Informations- und Erfahrungsaustausch dienen (www.datenbank-gesundheitsprojekte.de). Gleichzeitig möchte die Bestandsaufnahme einen qualifizierten Überblick über Maßnahmen und Projekte bieten, die dazu beitragen, das individuelle Gesundheitsverhalten zu verbessern, gesundheitliche Ressourcen zu stärken und Rahmenbedingungen für eine gesündere Lebensweise zu ermöglichen. Insbesondere diejenigen Projekte sollen erfasst werden, die sich teilweise oder vorwiegend an Menschen in schwierigen und belastenden Lebenssituationen wenden. Zu ihnen zählen auch Migrant/innen. (esf)

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Forum für Migrantinnen und Migranten in Kiel

 

Kiel. Die in Kiel lebenden rund 20.500 Ausländer/innen haben seit November 2002 eine neue, mit mehr Rechten ausgestattete Interessenvertretung. Die Landeshauptstadt hat mit dem neu organisierten Forum für Migrantinnen und Migranten in Kiel ein in Schleswig-Holstein bisher einzigartiges Gremium geschaffen, in dem sowohl Migrant/innen als auch Vereine und Einrichtungen aus der Migrationsarbeit Mitwirkungsmöglichkeiten auf kommunaler Ebene haben. Im Unterschied zu seinem Vorläufer, der als offenes Gremium angelegt war, verfügt das neugeschaffene Forum über eine festgelegte Mitgliedschaft, konkrete Rechte und Pflichten sowie eine offizielle Vertretung nach außen. Die Sitzungen des Forums sind öffentlich. Auch die Aufnahme als Mitglied im Forum ist jederzeit möglich. In der konstituierenden Sitzung des Forums wurde Ahmad Al-Baghdadi zum ersten Vorsitzenden gewählt. Die Geschäftsführung liegt beim städtischen Referat für Ausländerinnen und Ausländer (Tel.: 0431/901-2433). Über das Referat kann auch Kontakt zu Mitgliedern und zum Vorstand des Forums hergestellt werden. (esf)

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Integration älterer Migranten in Unna

 

Unna. Über 100.000 Einwohner im Kreis Unna sind 60 Jahre und älter. Diese Entwicklung mit einer immer weiter anwachsender Zahl älterer Menschen wird sich auch noch viele Jahre fortsetzen. Die Altenpolitik des Kreises Unna will dafür sorgen, dass alte Menschen in unserer Gesellschaft nicht ausgegrenzt werden. Am Prozess der Alterung haben Migrant/innen großen Anteil. Der Kreis Unna ist eine Zuwanderungsregion und unter den älteren Menschen gibt es viele Türken, die hier gearbeitet haben und inzwischen eine Rente beziehen. Ältere Migrant/innen nehmen erfahrungsgemäß die vorhandenen sozialen, kulturellen und pflegerischen Altenarbeitsangebote nicht in Anspruch. Den Sozialdezernenten, Kreisdirektor Michael Mariella, hat daher immer die Frage bewegt, "Was können wir tun, um den Bedürfnissen der wachsenden Zahl älterer Türkinnen und Türken gerecht zu werden"?

Im September 2002 wurde die Halbzeit-Bilanz eines Modellprojektes "Integration älterer Migrantinnen und Migranten im Kreis Unna" vorgelegt. Das Projekt hat die Schaffung neuer, integrationsfördernder Strukturen zur Verbesserung der Lebenssituation zum Ziel. Es läuft mit finanzieller Unterstützung des Landes NRW vom 15. November 2000 bis 15. November 2003. Die Träger des Projektes, der Kreis Unna und das Multikulturelle Forum Lünen e.V. haben beachtliche Erfolge zu verzeichnen. Mit Veranstaltungen in den Städten Lünen und Bergkamen wurden über 400 Migrant/innen erreicht. In den weiteren geplanten Arbeitsschritten kann mit guten Erfolgen gerechnet werden. Die Altersphase der Migrant/innen wird sich in der Fremde besser gestalten lassen, wenn eine möglichst hohe Integration erreicht wird. Lebenswerte Jahre im Alter können ein Gewinn sein, wenn sie von den zahlreichen Angeboten Gebrauch machen und die Hilfen in Anspruch nehmen.

Für das Projekt spielt der Kreis Unna eine Vorreiterrolle und bietet beste Möglichkeiten für ein gutes Miteinander. Auf die Erfahrungen, die der Kreis mit dem Multikulturellen Forum Lünen e.V. gemacht hat, soll aufgebaut werden. Alle Beteiligten sind sich darüber einig: Das bürgerschaftliche Engagement der deutschen und türkischen Bevölkerung kann durch bedürfnisorientierte Angebote in den Bereichen Freizeit, Kultur und Bildung verbessert werden.

Horst Weckelmann

Kontakt: 
Multikulturelles Forum, Projektleiterin Frau Özay, Bahnstr. 31, 44532 Lünen-Süd

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Wissenschafts-
forum Migration und Integration Baden-
Württemberg

 

Stuttgart. In Konstanz wurde Ende September 2002 das "Wissenschaftsforum Migration und Integration Baden-Württemberg" gegründet. Ziel dieses bundesweit einmaligen Projekts ist die Vernetzung von Wissenschaftlern und Forschungsprojekten im Bereich Zuwanderung und Integration. Der Ausländerbeauftragte der Landesregierung Prof. Dr. Ulrich Goll (FDP) sowie der Ausländerbeauftragte des Südwestrundfunks und Leiter von SWR International Prof. Dr. Karl-Heinz Meier-Braun versprechen sich von dem gemeinsamen Wissenschaftsforum einen offeneren Dialog zwischen Universitäten, Politik, Medien und Gesellschaft. Bereits 37 baden-württembergische Wissenschaftler und Experten aus dem Bereich Migration und Integration haben ihre Mitarbeit in diesem Projekt zugesagt.

Bei dem feierlichen Gründungsakt in der Bodenseemetropole betonte der Leiter der Stabsstelle des Ausländerbeauftragten Christian Storr, dass sich in der Vergangenheit zahlreiche Wissenschaftler an den Universitäten, Fachhochschulen, Pädagogischen Hochschulen und Verwaltungshochschulen des Landes in Seminaren, Vorlesungen und Forschungsprojekten intensiv mit den Themen Ausländer- und Asylrecht, Migration und Integration beschäftigt haben: "Diese Forschungen finden aber regelmäßig intern statt. Die wichtigen Erkenntnisse sind kaum Gegenstand der öffentlichen Diskussion und werden auch nur selten von der Politik als fachliche Unterstützung verwendet. Gerade Studierende und Auszubildende erarbeiten häufig interessante Zulassungs-, Magister- und Diplomarbeiten in der Zuwanderungs- und Integrationsthematik, die in den meisten Fällen allenfalls intern Beachtung finden. Wer eine sachliche und ernsthafte Auseinandersetzung in dieser entscheidenden Frage des friedlichen Zusammenlebens in Deutschland möchte, muss die neuesten Forschungsergebnisse viel stärker in den Mittelpunkt rücken."

Das bundesweit einmalige Projekt bietet für Baden-Württemberg die Vernetzung von Wissenschaftlern und Forschungsprojekten im Bereich Zuwanderung und Integration, die Nutzbarmachung der Forschungsarbeiten durch eine Internetdatenbank sowie die Schaffung einer unabhängigen Plattform für einen offenen und sachlichen Dialog zwischen Wissenschaft, Politik, Wirtschaft, Medien und Gesellschaft. Der Leiter von SWR International Meier-Braun unterstrich als entscheidender Ideengeber des Gesamtprojekts: "Wissenschaft und Medien können durch die enge Zusammenarbeit beim Thema Migration noch viel stärker voneinander profitieren. Allein die Fachredaktion des SWR verfügt bereits heute über ein umfangreiches Archiv zu Ausländerthemen, das im Rahmen des Forums allen Wissenschaftlern und der interessierten Öffentlichkeit kostenlos zur Verfügung gestellt wird." (SWR)

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Deutsch-
Griechische Wirtschaftstage

 

Köln. Am 1. November 2002 hat die Deutsch-Hellenische Wirtschaftsvereinigung (DHW) in Düsseldorf zum dritten Mal Deutsch-Griechische Wirtschaftstage durchgeführt. Die Veranstaltung, ein Symposium griechischer Unternehmer in Europa, befasste sich mit deutsch-griechischen Wirtschaftsbeziehungen, Investitionsbedingungen sowie Fragen der Ausbildung, Existenzgründung und Finanzierung. Es referierten unter anderem Vertreter des KAUSA-Projektes, der Deutschen Ausgleichsbank sowie Vertreter griechischer Banken und Verbände. Am 2. November folgte die Mitgliederversamlung des DHW. (esf)

Kontakt: 
DHW Center: Handelshaus, Gothaer Allee 2, 50969 Köln, Tel.: 0221/93655-742 und -743, Fax: -749, www.dhwv.de

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Muslim-Liga nun mit Vorsitzender

 

Göttingen. Die Lehrerin Iyman Al-Zayad aus Hannover ist die erste Frau an der Spitze eines bundesweiten islamischen Verbandes. Die Deutsche Muslim-Liga e.V. (DML) wählte die 44-Jährige Anfang November 2002 zur neuen Vorsitzenden. "Es kann nicht angehen, dass die islamischen Frauen, die in manchen Verbänden, aber auch im täglichen Leben oftmals die Hauplast der Arbeit tragen, in den Entscheidungsgremien nichts zu sagen haben", sagte der scheidende DML-Vorsitzende Ayyub Axel Köhler nach Angaben der "taz". Al-Zayad wurde bekannt als eine von zwei Lehrerinnen in Deutschland, die nur mit Kopftuch unterrichten wollen. Ihr Verfahren ist vor dem Bundesverwaltungsgericht anhängig. (esf)

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Türken ebenso umweltbewusst wie Deutsche

 

Berlin. Türkischstämmige Migranten in Deutschland sind ebenso umweltbewusst wie die deutsche Mehrheitsbevölkerung. Sie fühlen sich jedoch schlecht informiert über die Möglichkeiten, etwas für die Umwelt zu tun. Das Umweltbewusstsein der aus er Türkei stammenden Bürger fange im Haus an und höre an der Haustür auf, sagte Faruk Sen vom Zentrum für Türkeistudien (ZfT) Mitte November 2002 in Berlin. Das ZfT hatte die Befragung, deren Ergebnisse im Detail im Frühjahr 2003 publiziert werden sollen, im Auftrag des Bundesumweltministeriums (BMU) im September durchgeführt, als wegen des Hochwassers in Deutschland eine große Aufmerksamkeit für Fragen der Klimaveränderung herrschte. Zum ersten Mal wurden auch 5oo Haushalte (von insgesamt 607.000) mit türkischstämmigen Bewohnern telefonisch über ökologische Themen und ihre Einstellung dazu befragt. Derzeit leben 2,6 Millionen türkischstämmige Einwohner in Deutschland.

BMU und Umweltbundesamt befragen die Gesamtbevölkerung seit Anfang der 1990er- Jahre regelmäßig über ihre Einstellungen. Nun wird es möglich, diese Ergebnisse zu vergleichen; allerdings handelt es sich bei den ZfT-Erkenntnissen nur um Antworten auf Fragen über Ansichten, nicht etwa über das tatsächliche Verhalten: 98 % der befragten türkischstämmigen Bürger (und 93 % der Gesamtbevölkerung) halten den Umweltschutz für eine wichtige Aufgabe. In der Rangliste politischer Prioritäten liegt der Umweltschutz bei beiden jedoch nur auf Rang sieben (von acht). 52 % der Befragten würden höhere Preise für Öko-Lebensmittel zahlen, 54 % sind bereit, für mehr Umweltschutz auch höhere Steuern zu zahlen. Nur 8 % der Migranten (16 % der Gesamtbevölkerung) glauben, dass der einzelne nichts für die Umwelt tun könne. Zwei Drittel der befragten türkischstämmigen Bürger wünschten sich mehr Information und Beratung auf türkisch: 91 % der in Deutschland lebenden Türken nutzen nach Angaben von Sen türkischsprachige Fernsehsendungen und Zeitungen. Nach Auffassung des Vizepräsidenten des Umweltbundesamts, Thomas Holzmann, zeigten die Umfragen, wie stark die Diskussion über Nachhaltigkeit eine unter Fachleuten geblieben sei. Man müsse sie jedoch als kulturellen Dialog auffassen und auch Religion und Lebensweisen von Einwanderern berücksichtigen. Sen schlug vor, die Eltern verstärkt in die Umweltinformation und -aufklärung mit einzubeziehen. Dies könne durch eine gezielte Ansprache von türkischen Medien, Vereinen und auch Schulen gelingen. (esf)

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Mölln gedenkt türkischer Opfer

 

Mölln. Mit einem Schweigemarsch durch die Altstadt von Mölln haben am 23. November 2002 rund 500 Christen und Muslime der Opfer des rechtsextremistischen Brandanschlags vor zehn Jahren gedacht. Damals starben die 52-jährige Bahide Arslan, ihre Enkelin Yeliz (10) und ihre Nichte Ayse (14) in ihrem Haus. Neun weitere Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Bei der Kundgebung vor dem Brandhaus sagte Schleswig-Holsteins Justizministerin Anne Lütkes, Mölln sei nicht nur ein Symbol für Verbrechen geworden, der Name der Stadt stehe heute auch für gemeinsames Handeln von Bürgern gegen Fremdenhass. (esf)

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XENOS-Projekt "Voneinander lernen!"

 

Ludwigsburg. Im baden-württembergischen Ludwigsburg fand am 17. und 18. September 2002 die Fachtagung "Voneinander lernen!" statt - Auftakt für ein ehrgeiziges Fortbildungsprogramm zur Qualifizierung in interkultureller Handlungskompetenz, einem Projekt aus dem Bundesprogramm XENOS. Oberbürgermeister Dr. Christof Eichert betonte in seiner Eröffnungsrede wie wichtig es gerade in Kommunen sei, Wissen über andere Kulturen zu erwerben. Schließlich fänden hier sehr viele Kontakte mit Menschen mit Migrationshintergrund statt. Alle Beschäftigten in Bereichen mit hohem Publikumsverkehr erfahren das in ihrer täglichen Arbeit.

Das Projekt "Voneinander lernen!" bietet eine neue Chance: eine Qualifizierung in interkultureller Handlungskompetenz. Interkulturelle Handlungskompetenz heißt, die Perspektive wechseln, bedeutet andere Sichtweisen verstehen zu können, erfordert Wissen über andere Kulturen zu erwerben und zu begreifen, wie Konflikte entstehen und wie sie bewältigt werden können. Was für einen selbst selbstverständlich ist, kann für den Menschen gegenüber völlig fremd sein. Wir müssen die Fähigkeit entwickeln, kulturelle Unterschiede zwischen den Menschen anzuerkennen und entsprechend sensibel mit ihnen umzugehen. "Voneinander lernen!" - der Titel des Projekts soll der Leitgedanke sein!, meinte Dr. Eichert zum Schluss.

Nach der Projekt - Präsentation referierten Dr. Hubertus Schröer und seine Kollegin Sabine Handschuck vom Stadtjugendamt München, das für "Interkulturelle-Orientierung und Öffnung von Organisationen" beispielgebend ist. Noch vor fünf Jahren kamen eintägige Fortbildungsseminare nur mühsam zu Stande, während heute Wochenendseminare mühelos voll werden.

Nachmittags und am zweiten Tag der Tagung waren Workshops im Angebot: von Führungskräfte-Seminaren über das Thema Islam, Interkulturelle Kommunikation und Mediation war einiges geboten. Die Seminare waren mit 104 Personen pro Tagungstag gut bis sehr gut besucht. Sie kamen aus den unterschied-lichsten Bereichen: Füh-rungskräfte und Verwaltungsangestellte der Stadt Ludwigsburg und der umliegenden Kommunen, Vertreter der Kriminalprävention der örtlichen Polizeidirektion, Geschäftsführer und Mitar-beiter der Wohlfahrtsverbände, der Stabstellenleiter des Landesausländerbeauftragten sowie etliche Mitarbeiter des Arbeitskreises Landesausländerbeauftragte. Nicht zu vergessen all die ehrenamtlichen Kräfte, die in der Migrations-, und Integrationsarbeit tätig sind. Am zweiten Tag waren die Themen Gewalt - Deeskalationstraining, Sprechen Sie türkisch?, Wahrnehmung und Interpretation, Von der Vision zur Praxis..., Parolen Paroli bieten angesagt.

Bei den beiden Abschlussrunden jeweils am Tagesende wurde die Vielfalt der Tagung deutlich. Wichtig war den Referentinnen und Referenten der Praxisbezug und dass authentische Fälle aufgearbeitet wurden. Betont wurde, dass es wichtig ist, miteinander, nicht übereinander zu reden. Es wurden Konflikt-Konstellationen mit interkulturellem Hintergrund aufgespürt und festgestellt, dass die eigene Interpretation nicht global gültig ist. Die Referenten betonten, dass die Seminarteilnehmer sehr offen waren und Interesse daran zeigten, an den Themen weiterzuarbeiten. Die Workshops haben Mut gemacht sich mit den Themen weiterzube-schäftigen. Der Wunsch nach vertiefenden Seminaren wurde mehrfach geäußert. Fazit aus einem Workshop: "Wir wollen endlich in Ludwigsburg anfangen!"
Nach diesem erfolgreichen Auftakt wurde das Projekt im November mit einer Jugendfachtagung sowie eintägigen Führungskräfteseminaren fortgeführt, bei denen alle Ämter der Stadtverwaltung Ludwigsburg vertreten waren. In den Jahren 2003 bis Ende 2004 werden drei Mitarbeiter-Seminarreihen durchgeführt.

Nicole Haidar, Stadt Ludwigsburg

Kontakt: 
Stadt Ludwigsburg, Soziale Dienste, Büro für Ausländerfragen, Obere Marktstraße 1, 71634 Ludwigsburg, 
Projektleiterin von "Voneinander lernen!": 
Nicole Haidar Tel.: 07141/910-2429, n.haidar@stadt.ludwigsburg.de 

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Civitas-Projekte gefährdet

 

Berlin. Zum zweiten Jahrestag des "Aufstands der Anständigen" wird allerorten Bilanz gezogen. So auch bei den Projekten, die im Rahmen des Programms "Civitas - initiativ gegen Rechtsextremismus" vom Bund gefördert werden. Der Bielefelder Soziologieprofessor Wilhelm Heitmeyer zog am 5. Dezember 2002 in Berlin ein erstes Resümee. Hauptproblem sei, erklärte Heitmeyer, dass die Projekte mit hohen Ansprüchen konfrontiert würden, "die aber angesichts knapper Fördermittel und sehr kurzer Förderzeiträume" kaum realisierbar seien. Seit knapp 18 Monaten arbeitet die Hälfte der rund 600 von Civitas geförderten Projekte aus den Bereichen "Hilfe für Opfer rechter Gewalt", "Mobile Beratungsteams" und "zivilgesellschaftliche Intervention". Wie viele im nächsten Jahr noch arbeitsfähig sein werden, ist zur Zeit unklar. Denn geht es nach dem Entwurf für neue Civitas-Leitlinien, die derzeit im Bundesfamilienministerin diskutiert werden, sollen nach Angaben der "taz" alle Projekte ab März 2003 "befürwortende Stellungnahmen der zuständigen Kreis- bzw. Landesverwaltungen vorlegen". Solche seien nicht für alle Projekte zu erwarten, insbesondere wenn sie öffentlich auch deutliche Kritik an der eigenen Landesregierung geübt haben. Spätestens im kommenden Jahr müssen alle Civitas-Projekte eine Kofinanzierung durch die Länder nachweisen. (esf)

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Antirassistische Jugend-
begegnungen

 

Düsseldorf. In der Antirassismusarbeit wird internationalen Jugendbegegnungen zunehmend eine große Bedeutung zugeschrieben. Junge Menschen sollen in internationalen Begegnungen unter anderem Toleranz und Solidarität erfahren und erlernen - Schlüsselqualifikationen, um Rassismus vorbeugen zu können. Dies nahmen das Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit (IDA) e.V. und Jugend für Europa - Deutsche Agentur JUGEND (JFE) zum Anlass, um vom 17. - 19. September 2002 in Bebra eine Fachtagung mit dem Titel "Wie Solidarität und Toleranz erlernen? Ziele und Methoden antirassistischer Projektarbeit in internationalen Jugendbegegnungen" durchzuführen. Ziel der Fachtagung war es, sich mit den im interkulturellen Lernen junger Menschen liegenden Chancen der Prävention von Rassismus zu beschäftigen und qualitative Standards zu erarbeiten, die als Maximen für die Konzeption und Durchführung einer internationalen Jugendbegegnung dienen können.

Im Verlauf der Fachtagung beschäftigten sich die TeilnehmerInnen, die alle im Bereich der internationalen Begegnungen tätig sind, mit verschiedenen Ansätzen der Rassismustheorien und des Interkulturellen Lernens, die Ihnen unterschiedliche Herangehensweisen an die Thematik vermittelten. Im Mittelpunkt der Tagung stand zudem die Frage, wie ein wirkungsvoller Theorie-Praxis-Transfer geleistet werden und Qualitätsstandards für internationale Begegnungen erarbeitet werden können. Es wurden drei Konzepte aus der Praxis antirassistischer internationaler Jugendbegegnungen exemplarisch vorgestellt und die TeilnehmerInnen in die Grundlagen der Qualitätssicherung eingeführt. Anhand dieser wurde im Verlauf der Fachtagung ein Vorschlag für einen Kriterienkatalog erarbeitet, der als Checkliste für die zukünftige Konzeption einer internationalen Jugendbegegnung unter antirassistischen Gesichtspunkten dienen kann.

Es stellte sich im Verlauf der Tagung heraus, dass Antirassismusarbeit in internationalen Jugendbegegnungen zwar eine große Rolle spielt, jedoch erhebliche Unterschiede in der konzeptionellen Herangehensweise an solche Projekte bestehen. Das heterogene Spektrum an Zugängen zu internationalen Begegnungen macht es dementsprechend schwierig, einheitliche Standards zu entwickeln, die allgemein angewandt werden können. Die Relevanz des Themas bestärkt IDA in seinem Bestreben, sich auch in Zukunft verstärkt mit internationalen Projekten zu beschäftigen und auch weiterhin Veranstaltungen zu diesem Thema anzubieten. (IDA)

Kontakt: 
Dr. Stephan Bundschuh/IDA e. V., Friedrichstr. 61a, 40217 Düsseldorf, Tel: 02 11 / 15 92 55-5, Fax: 02 11 / 15 92 55-69, info@IDAeV.de

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Multiethnische Jugend-
begegnung

 

Rostock. Seit November 2002 ist unter www.dienhong.de/tagebuch/tagebuch2002.pdf ein von der im siebenbürgischen Cluj/Klausenburg lebenden Gymnasiastin Lavinia Lazar in deutscher Sprache erstellte Bericht über die multiethnische Jugendbegegnung Rassismus, Bildung und Arbeitsmarkt in Europa im Internet einsehbar. Diese fand vom 4. bis 16. August 2002 mit zwanzig Teilnehmer/innen rumänischer, vietnamesischer, japanischer, deutscher Herkunft sowie zwei Romas in der Rostocker Region statt. Die Erlebnisse, die Lavinia Lazar nun in ihrem Tagebuch festgehalten und für die Öffentlichkeit bereitgestellt hat, werden durch einige Fotos illustriert.

Die Jugendbegegnung war ein Kooperationsprojekt des Rostocker Vereins Diên Hông (Deutschland) mit dem Deutschen Jugendforum Cluj/Medias (Rumänien). Unter anderem standen Gespräche und Diskussionsrunden bei der Leitung der Rostocker Polizeidirektion, bei Bürgerschaftsabgeordneten, Senatoren und im Arbeitsamt Rostock sowie Besuche in einer Moschee, bei Bildungsträgern, in einer Windkraftanlage und in einem Asylbewerberhaus auf dem Programm. Die Jugendgruppe lernte sich im Sommer 2001 im siebenbürgischen Arbegen bei der thematischen Freizeit Fremd ist der Fremde nur in der Fremde kennen. Maßgeblich gefördert wurden beide Projekte aus Mitteln der Europäischen Union (Programm Jugend für Europa) und des Jugendamtes der Hansestadt Rostock. (esf/Dien Hong)

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Türken fühlen sich diskriminiert

 

Essen. Einer Umfrage des in Essen ansässigen Zentrums für Türkeistudien (ZfT) zufolge fühlt sich die türkische Bevölkerung in Deutschland zunehmend diskriminiert. Mehr als 59 % der 1.000 Befragten hätten im September 2001 über mehrfache Ungleichbehandlung geklagt, teilte das ZfT am 5. Dezember 2002 mit. Zwei Jahre zuvor habe der Wert noch bei 52 % gelegen. Besonders junge türkischstämmige Menschen würden vermehrt über Diskriminierungen berichten. Fast jeder zweite Befragte nannte schlechte Erfahrungen am Ausbildungs- oder Arbeitsplatz (48 %) und berichtete von Diskriminierungen bei der Wohnungs- (47 %) sowie bei der Arbeitssuche (44 %). Die Nachbarschaft als Ort von Diskriminierung gab jeder Dritte an. Orte, wo geringe Diskriminierungserfahrungen gemacht werden, scheinen der Umfrage zufolge trotz zunehmender Tendenz Polizeistellen (24 %), Diskotheken (22 %), Gerichte (19 %) und Gaststätten (18 %) zu sein. (esf)

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Roma verweigern Sammel-
verpflegung

 

Köln. Mit Barrikaden aus Möbeln, Brettern und Matratzen haben am Morgen des 1. Oktober 2002 rund 20 in einem Flüchtlingsheim in Köln-Poll lebende Flüchtlingsfamilien ihre Belieferung mit vereinheitlichter Sammelverpflegung verhindert. Unverrichteter Dinge musste ein Mitarbeiter des Lieferservices "apetito" wieder abfahren. Nach Informationen der "taz" stellte die Firma aus Rheine in Reaktion auf die Ablehnung die Lieferung sofort ein. Die Stadt Köln hatte die Auszahlung von Geld zur Selbstverpflegung an die größtenteils vor Bürgerkriegen im ehemaligen Jugoslawien geflüchteten Romafamilien zum 1. Oktober eingestellt. Die Kölner Ratsmehrheit aus CDU und FDP erhofft sich von der Sammelverpflegung eine abschreckende Wirkung. Die Roma-Hilfsorganisation Rom e.V. Köln, kritisierte diese Politik dagegen als "menschenverachtend", weil den Roma, die nicht arbeiten dürften, damit auch noch ein letzter Rest an aktiver Tagesgestaltung genommen werde. Zudem vermittele das gewohnte, traditionell zubereitete Essen "wenigstens ein wenig Geborgenheit in der fremden Welt". (esf)

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Rassismus in Europa

 

Rostock. Am 16. November 2002 haben der vietnamesisch-deutsche Verein Diên Hông, die Heinrich Böll Stiftung Mecklenburg-Vorpommern die Friedrich-Ebert-Stiftung Mecklenburg-Vorpommern in Rostock eine internationale Tagung zum Thema Rassismus in Europa durchgeführt. Auch 10 Jahre nach den Ausschreitungen von Rostock-Lichtenhagen lassen sich in Gesellschaft und Politik vieler europäischer Staaten eine beträchtliche Fremdenfeindlichkeit und Rassismus ausmachen. Auf der Tagung gaben Expert/innen einen Überblick über fremdenfeindliche und rassistische Tendenzen in Europa und diskutierten mit lokalen Vertreter/innen über die jeweiligen Verhältnisse und Hintergründe. Die dabei zutage tretenden Problemlagen und Erkenntnisse sollen als Anknüpfungspunkte für erfolgreiche Gegenstrategien sowie für Anti-Rassismus- und Gleichberechtigungsprojekte besonders in der Europäischen Union genutzt werden. Dazu sprachen Gäste aus Belgien, Dänemark Deutschland und Großbritannien. (esf)

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Berliner Integrationspreis

 

Berlin. Der diesjährige Integrationspreis der Ausländerbeauftragten des Berliner Senats, dotiert mit 3.000 Euro, wurde am 17. Dezember 2002 an zwei siebte Klassen der Archenhold-Oberschule (Gymnasium) in Treptow-Köpenick überreicht. Die Schülerinnen und Schüler erkundeten im Rahmen von Projektwochen jüdische Einrichtungen und Orte in Berlin, beschäftigten sich mit dem jüdischen Leben unter der Nazi-Herrschaft, mit dem Holocaust, aber auch mit den gegenwärtigen Ausdrucksformen jüdischen Lebens in Berlin. Weitere Preise gingen an die Löcknitz-Grundschule in Tempelhof-Schönberg und die fünfte Klasse der Staatlichen Internationalen Schule Berlin in Charlottenburg-Wilmersdorf. (esf)

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25 Jahre Degrin e.V.

 

Nürnberg. Bei der Preisverleihung des Wettbewerbs zur Integration von Zuwanderern wurde am 22. August 2002 im Berliner Schloss Bellevue auch der Nürnberger Verein "Degrin - Ausländer und Deutsche gemeinsam e.V." mit einem Anerkennungspreis ausgezeichnet (vgl. AiD 3/02, S. 20). Der seit 25 Jahren bestehende Verein wurde von vielen wie ein Methusalem bestaunt, denn die meisten derartigen Initiativen bestehen erst seit einem Drittel dieser Zeit oder stellen ihre arbeit wieder ein. Entstanden ist Degrin aus einer Deutsch-griechischen Initiative, doch inzwischen sind dort viele Nationen vertreten - nur keine Griechen mehr. In einem Hinterhaus im Nürnberger Stadtteil Gostenhofen versammeln sich jeden Nachmittag etwa 25 Jungen und Mädchen zur Hausaufgabenhilfe. Bis zu 30 nehmen an der offenen Betreuung und Freizeitgestaltung teil. Die Pädagogen sprechen konsequent deutsch, damit die Kinder aus Ägypten, dem Irak, Italien, Pakistan, Somalia und der Türkei gezwungen sind, diese Sprache zu lernen. "Sie sollen schließlich in der Schule und später im Beruf bestehen", sagt ein Pädagoge. Degrin hat einen Jahresetat von etwa 140.000 Euro. Staat und Stadt geben Zuschüsse, aber die Eltern müssen zuzahlen.

Degrin versteht sich als Stadtteiltreff und Initiativgruppe in der Ausländerarbeit. Zu den Zielen gehört auch, die Begegnung und Verständigung zwischen Menschen unterschiedlicher Nationalität zu fördern und Gleichberechtigung für die ausländische Bevölkerung zu erreichen. So ist der Verein auch im kulturellen Bereich aktiv. Beispielsweise werden Dichterlesungen mit Frauen aus Russland, der Ukraine und dem Irak veranstaltet. Mit deutlich osteuropäischem Akzent rezitierten sie Rilkes "Herbsttag" und die berühmten Zeilen: Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr. Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben. Dass dies für viele Aussiedler und Ausländer nicht gilt, bestätigt die 2. Vorsitzende Sahra Ghafari aus dem Iran, "In diesem Haus fühlen sich Ausländer nicht als Fremde. Die Kinder kommen gern, die Schüler sind froh über die Hausaufgabenhilfe." Und die Geschäftsführerin Thi Ly Nguyen aus Vietnam, die hier Sozialpädagogik studiert hat, sagt: "Ich möchte mit meiner Arbeit zurückgeben, was ich an Hilfe empfangen habe." (esf)

Kontakt: 
Degrin - Ausländer und Deutsche gemeinsam e.V., Gostenhofer Hauptstraße 50, 90443 Nürnberg, Tel.: 0911/270596, Fax: 0911/264249, degrin@t-online.de 

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10 Jahre "Hilfe für ausländische Studierende in Leipzig e. V."

 

In Deutschland studieren gegenwärtig etwa 180.000 Ausländer. Etwa 6.000 von ihnen sind an einer der Hochschulen Leipzigs immatrikuliert, die meisten an der Universität. Sie kommen aus den verschiedensten Ländern, Kulturkreisen und Lebensverhältnissen. Ihr Weg zu einem akademischen Abschluß ist für sie ungleich schwerer als für ihre deutschen Kommilitonen, denn sie müssen nicht nur die "normalen" Probleme bewältigen, die im Studienalltag auftreten können, sondern haben außerdem zum Beispiel mit Sprachschwierigkeiten oder der notwendigen Anpassung an die neue Lebenswirklichkeit zu kämpfen. Hinzu kommen für die meisten finanzielle Sorgen: viele können ihre Existenz in Deutschland materiell kaum sichern. Die wenigsten erhalten ein Stipendium von ihren Heimatländern oder Zuwendungen von ihren Familien. Doch selbst in diesen Fällen kommen die Gelder nicht immer regelmäßig oder nicht in ausreichender Höhe, weil sich zum Beispiel die politischen Verhältnisse in der Heimat geändert haben oder weil die Familie nicht mehr in der Lage ist, den Unterhalt für den Studenten aufzubringen.

Viele ausländische Studierende müssen mit einem sehr geringen Einkommen weit unter dem Sozialhilfesatz auskommen, das noch dazu nicht sicher ist. Sie können deshalb oft die Krankenkassenbeiträge nicht mehr aufbringen oder müssen die Miete schuldig bleiben. Der Lebensunterhalt kann nur auf niedrigstem Niveau bestritten werden, und manchmal reicht das Geld nur gerade noch fürs Essen. Die aus dieser Situation resultierenden sozialen und psychischen Belastungen beeinflussen natürlich auch das Studium negativ. Im schlimmsten Fall scheitern die Studenten daran, denn der fehlende Nachweis, die Lebenshaltungskosten selbst bestreiten zu können, kann den Entzug der Aufenthaltsbewilligung und damit den erzwungenen Studienabbruch zur Folge haben. Dadurch werden nicht nur die Lebenschancen junger Menschen, die schon viel in ihre Ausbildung investiert hatten, gravierend beeinträchtigt, sondern es wird gleichzeitig verhindert, dass sie als in ihren Heimatländern dringend benötigte Hochschulabsolventen dorthin zurückkehren und wirksam werden. Damit wird auch ein wichtiges entwicklungspolitisches Ziel verfehlt.

Der Verein "Hilfe für ausländische Studierende in Leipzig e. V." hat sich die Unterstützung von hier studierenden Ausländern zur Aufgabe gemacht. Er wurde im Oktober 1993 durch Angehörige der Leipziger Hochschulen, Vertreter der Akademischen Auslandsämter, der Studentengemeinden und weiterer Institutionen gegründet, die in ihrer täglichen Arbeit mit den sozialen Problemen der ausländischen Kommilitonen konfrontiert wurden. Dabei folgte man dem Vorbild von Vereinen, die in dieser Weise an anderen Hochschulorten bereits erfolgreiche Arbeit leisteten und leisten, wie zum Beispiel der Verein "Hilfe für ausländische Studierende in Bochum e. V." Von dort war auch einer der Initiatoren des Leipziger Vereins gekommen, der eigentliche "Gründungsvater" Professor Dr. Christian Uhlig, seit 1992 Leiter des Studiengangs Buchhandel/Verlagswirtschaft am Fachbereich Buch und Museum der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (FH).

Die Ziele des Vereins sind in seiner Satzung fixiert, wo es in § 2 heißt: "Zweck des Vereins ist die Förderung mildtätiger Zwecke. Der Zweck wird verwirklicht durch die zeitweilige materielle Förderung von ausländischen Studierenden in Leipzig. (...) Die materielle Unterstützung gilt solchen ausländischen Studierenden, die sich in einer akuten Notsituation befinden." Es geht also darum, Studenten zu helfen, die sich in einer momentanen Notlage befinden, nicht jedoch um eine Dauerförderung. Dazu wäre der Verein auch gar nicht in der Lage. Derzeit hat der Verein etwa 60 Mitglieder. Aus den Mitgliedsbeiträgen, stärker aber noch aus Spenden kommen die Mittel, die dem Verein für seine Tätigkeit zur Verfügung stehen. Alljährlich vor Weihnachten wird versucht, durch einen Spendenaufruf, der gezielt an die Angehörigen der Leipziger Hochschulen gerichtet ist, Mittel einzuwerben. Veranstaltungen der Universität wie die Internationale Woche oder der Afrikatag werden durch den Verein ebenfalls dazu genutzt, über seine Ziele zu informieren, Mitglieder zu gewinnen und Spenden zu sammeln.

Über die Vergabe der Mittel entscheidet der Vereinsvorstand, wobei jeder Fall individuell behandelt und bewertet wird. Die einmaligen Zahlungen haben in der Regel eine Höhe von 150 bis 350 Euro. Damit kann wenigstens der jeweils nächste Zeitraum überbrückt werden, ist die Existenz für den Moment gesichert. Jedes Jahr werden durch den Verein etwa 50 Studenten aus 20-25 Ländern gefördert, darunter vor allem aus solchen der sogenannten Dritten Welt. Aber auch Studierende aus Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion und anderen Ländern Osteuropas sind immer häufiger auf materielle Hilfe angewiesen.

Die Gründe, aus denen ausländische Studierende plötzlich in finanzielle Bedrängnis geraten können, sind vielfältig. Einige Fallbeispiele für vom Verein geförderte Studierende aus den vergangenen zwei Jahren sollen das illustrieren.

  • Eine angolanische Studentin erhielt das Stipendium ihrer Botschaft nicht mehr regelmäßig und konnte, da sie eine kleine Tochter zu betreuen hatte, auch nicht arbeiten gehen. Ihre finanziellen Reserven waren bald aufgebraucht, so dass sie Miet- und Krankenkassenschulden machen mußte.

  • Ein Student aus Burkina Faso wurde von seiner Familie unterstützt. Als die politische Entwicklung in Westafrika eskalierte, brachen die Transport- und Kommunikationswege zusammen, die Gelder erreichten ihn nicht mehr.

  • Eine Studentin aus der Ukraine, der die Eltern das Studium finanziert hatten, war plötzlich auf sich gestellt, als ihr Vater, der Hauptverdiener der Familie, verstarb.

  • Ganz anders lag der Fall einer mongolischen Studentin der Zahnmedizin. Ihr fehlte im 4. Fachsemester das Geld (800 DM), um die für die Technische Propädeutik benötigten Instrumente zu kaufen (jeder Student muß diese selbst erwerben). Die Fortsetzung ihres Studiums war dadurch in Frage gestellt.

Immer wieder kommt es auch vor, dass Studenten aus dringenden Gründen ihre Familien zu Hause besuchen müssen. Die meisten können die Reisekosten, die nicht selten einen vierstelligen Betrag ausmachen, nicht allein aufbringen. Meist verschlingt diese Reise ihre letzten finanziellen Reserven, so dass ihr Studium nach ihrer Rückkehr an die Hochschule nicht mehr gesichert ist.

In solchen und zahlreichen ähnlichen Fällen half und hilft der Verein schnell und unbürokratisch. Die Schwierigkeiten der geförderten Studenten sind natürlich mit einer einmaligen oder innerhalb eines größeren Zeitraums wiederholten Zuwendung nicht wirklich behoben, ihre materielle Existenz wird dadurch nicht dauerhaft gesichert. Der Verein kann staatliche, kirchliche oder anderweitig getragene Initiativen der langfristigen Förderung z. B. durch Stipendien nicht ersetzen. Er vermag sie jedoch punktuell zu ergänzen, indem er Studenten in akuter Notlage schnell hilft.

Prof. Dr. Kornelia Richter, Hilfe für ausländische Studierende in Leipzig e. V.

Kontakt: 
Hilfe für ausländische Studierende in Leipzig e. V., c/o Akademisches Auslandsamt der Universität Leipzig, Goethestr. 6, 04109 Leipzig, richter@bum.htwk-leipzig.de 

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Trautes Heim, Glück allein? - Wohneigentums-
bildung bei Türken

 

Blickt man auf die über vierzigjährige Migrationsgeschichte der türkischen Bevölkerung in Deutschland zurück, ist Wohneigentum lange Zeit nur im Zusammenhang mit Investitionen in der Türkei ein Thema gewesen. So waren die Hauptmotive der türkischen Arbeitsmigranten, nach einem befristeten Aufenthalt in Deutschland mithilfe der Ersparnisse in der Türkei eine berufliche Existenz aufzubauen und dort Wohneigentum zu erwerben. Ein Großteil der ‚Gastarbeitergeneration' ist jedoch nicht in ihre Heimat zurückgekehrt, und mittlerweile lebt schon die dritte Generation türkischer Migranten in Deutschland. Aus welchen Gründen entscheiden sich nun immer mehr Türken zum Eigentumserwerb und welche Bedeutung hat die Wohneigentumsbildung für die Lebenssituation und die Integration dieser Bevölkerungsgruppe in Deutschland?

Während die Türken ihren Aufenthalt lange Zeit nur als vorübergehend betrachtet und auch schlechte Wohnbedingungen akzeptiert hatten, bestehen bei den meisten heute kaum noch konkrete Rückkehrpläne. Stattdessen ist seit den 90er Jahren ein deutlicher Anstieg der Wohneigentumsquote türkischer Haushalte in Deutschland zu verzeichnen. Nach einer Repräsentativbefragung des Zentrums für Türkeistudien lebten 2001 24% der türkischstämmigen Haushalte in NRW im eigenen Heim, 1999 waren es erst 16%. Im Vergleich zu deutschen Haushalten - ca. 40% wohnen im selbst genutzten Eigentum - ist diese Quote zwar gering, der schnelle Anstieg in den letzten Jahren lässt jedoch eine baldige Angleichung vermuten. Wohneigentumsbildung bedeutet in der Regel eine langfristige Investition und eine dauerhafte Festlegung auf einen Wohnstandort. Welche Rückschlüsse lassen sich aus diesem Trend ableiten?

Eine Untersuchung von Eigentümerhaushalten türkischer Herkunft in Köln (ein Großteil der befragten Haushalte besaß die deutsche Staatsbürgerschaft) bestätigt die steigende Attraktivität der Wohneigentumsbildung. Die Motive beim Eigentumserwerb unterscheiden sich grundsätzlich nicht von denen der deutschen Bevölkerung. Das Wohnen in den eigenen vier Wänden dient dem Vermögensaufbau und der Alterssicherung, und in den meisten Fällen steigt auch die Wohn- und Lebensqualität. Besonders Familien mit Kindern erfüllen sich mit dem Eigenbau oder Erwerb eines Hauses den Wunsch nach einem Garten und mehr Freiheit zur individueller Gestaltung. Der Umzug in das eigene Heim bringt folglich eine Verbesserung der Wohnverhältnisse mit sich.

Besonders die Angehörigen der zweiten Generation investieren nicht mehr wie ihre Elterngeneration in der Türkei. Die Wohneigentumsbildung ist sozusagen eine logische Konsequenz aus ihrer Bleibeabsicht, da aktuelle und zukünftige Investitionen auf Deutschland ausgerichtet werden. Die befragten türkischen Wohneigentümer in Köln weisen zudem eine berufliche Etablierung auf, die aufgrund der hohen Anschaffungskosten grundsätzlich eine Voraussetzung für den Eigentumserwerb in Deutschland darstellt. Auch die gute Kenntnis und Nutzung staatlicher und kommunaler Fördermaßnahmen deuten auf eine verhältnismäßig fortgeschrittene strukturelle Integration hin.

Segregationsstrukturen bleiben

Die Standortwahl bei der Wohneigentumsbildung ist abhängig von individuellen Präferenzen, aber auch den finanziellen Spielräumen. Randstädtische Neubaugebiete mit Reihenhausbebauung kommen für türkische Haushalte ebenso wie sanierungsbedürftige Altbauten in Innenstadtlage als Kaufobjekte in Frage. Im Hinblick auf die Lage innerhalb der Stadt ist bei den Befragten die Nähe zur Großfamilie und Verwandten ein wichtiger Einflussfaktor. So wohnt der Großteil der türkischen Eigentümer entweder unmittelbar in dicht bebauten Stadtteilen, die durch einen hohen Anteil an türkischer Wohnbevölkerung gekennzeichnet sind, oder in angrenzenden Wohngebieten. Dabei wird deutlich, dass Eigentumserwerb dem bestehenden Segregationsmuster der türkischen Wohnbevölkerung in Köln folgt und diese möglicherweise langfristig festigt. Eine Vermehrung der sozialen Kontakte zwischen Deutschen und Türken ist als Konsequenz der Wohneigentumsbildung nicht zu erwarten: Nicht nur weil mit den räumlichen Segregationsmuster auch soziale Distanzen erhalten bleiben, sondern die Eigentümerhaushalte ihre privaten Kontakte auf die türkische Gruppe beschränkt halten.

Die Wohneigentumsbildung der Türken ist parallel zu den steigenden Einbürgerungszahlen, dem erweiterten Berufsspektrum sowie dem veränderten Konsumverhalten ein Zeichen dafür, dass immer mehr Türken nicht nur ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland sehen, sondern auch einen sozialen Aufstieg erfahren. Dennoch ist die türkische Bevölkerung in überdurchschnittlichem Maße mit ökonomischen und sozialen Problemen konfrontiert, die sich auch in der Wohnsituation widerspiegeln. Neben der sozialen Integration bleibt also auch die Überwindung dieser ökonomischen Unterschiede eine wichtige Herausforderung - für Türken ebenso wie für Deutsche.

Serap Firat

Serap Firat ist Diplom-Geographin mit den Schwerpunkten Stadt- und Sozialforschung und hat in ihrer Abschlussarbeit an der Universität Bonn das Thema ‚Wohneigentumsbildung von Migranten. Das Beispiel der türkischen Bevölkerung in Köln' behandelt (Kontakt: serapfirat@gmx.de).

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Sprachtest reduziert Spätaussiedler-
zuzug

 

Berlin. Nach Angaben des Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen, Jochen Welt, zeigen die Sprachtests, die nach dem Zuwanderungsgesetz vor der Aufnahme der Familienangehörigen von Spätaussiedlern ab Januar 2003 bereits im Herkunftsland durchgeführt werden sollen, schon jetzt Wirkung bei den Neuanträgen. Die Zahl der Neuanträge sei stark rückläufig. Während im Jahr 2001 bis Oktober noch fast 70.000 Anträge auf Aufnahme in Deutschland eingereicht wurden, seien es bis zum Oktober 2002 nur noch rund 55.000 gewesen. Dies ist ein Rückgang um fast 30 %. Die Zurückhaltung bei potentiellen Antragstellern sei ganz offenbar auf die neuen Bedingungen zurückzuführen, die im Rahmen des Zuwanderungsgesetzes ab dem 1. Januar 2003 gelten werden, sagte Welt Mitte November 2002 in Berlin. Von diesem Zeitpunkt an müssen nicht nur die Antragsteller sondern auch die einzubeziehenden Familienangehörigen einen Sprachtest machen. Da viele Familien jedoch ihre Chancen auf Bestehen des Sprachtests gering einschätzen würden, verzichteten sie ganz auf eine Antragstellung. Andere würden die Zeit nutzen, um schon in ihrer Heimat intensiv Deutsch zu lernen. Letzteres liege "ja nicht zuletzt auch im Interesse des Fortbestandes einer deutschen Minderheit in den Staaten der GUS", sagte Welt.

Der Aussiedlerbeauftragte betonte, wie "dringend notwendig" die Einführung dieser Sprachtests für Familienangehörige zum 1. Januar 2003 sei. So könne seit längerer Zeit beobachtet werden, dass der Anteil der im Rahmen der Spätaussiedleraufnahme miteinreisenden (einbezogenen) Personen ohne deutsche Sprachkenntnisse kontinuierlich zunehme. Von den von Januar bis Ende Oktober diesen Jahres eingereisten 73.542 Personen sei fast nur noch jeder Fünfte selbst Spätaussiedler; erfüllt also nach dem Bundesvertriebenengesetz die Voraussetzungen einer Aufnahme (aufgrund deutscher Volkszugehörigkeit einschließlich ausreichender deutscher Sprachkenntnis). Über 64 % seien jedoch einbezogene Ehegatten und Abkömmlinge von Spätaussiedlern und fast 14 % nach Ausländerrecht miteinreisende weitere Angehörige gewesen. Rund 78 % der eingereisten Personen seien danach Angehörige von Spätaussiedlern, die häufig keine oder unzureichende deutsche Sprachkenntnisse besitzen.

Der hohe Anteil der Personen, die keine deutschen Sprachkenntnisse mehr mitbringen, ist nach Auffassung von Welt das entscheidende Problem bei der Integration und Akzeptanz der Spätaussiedler in Deutschland. Viele der Spätaussiedler haben Probleme in der Schule und auf dem Arbeitsmarkt. (esf)

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Zwangs-
verheiratungen nicht tatenlos hinnehmen

 

Stuttgart. "Liberalität braucht Grenzen." Zu diesem Fazit kam eine Tagung der Friedrich-Ebert-Stiftung in Stuttgart am 9. November 2002 bei der Lebenswelten von Migrantinnen islamischer Herkunft beleuchtet werden sollten. Rund 80 Teilnehmer/innen, darunter gut zehn Prozent Männer, diskutierten das Thema Islamismus, Frauen und Migration in Deutschland. Sie waren sich einig: Demokratiefeindlichem Denken im Fahrwasser des politischen Islam sowie Unterdrückung und Gewalt gegen Frauen im Namen von Tradition und Religion sei entschieden entgegenzutreten. Konsens herrschte aber auch darüber, dass nur wenig Menschen muslimischen Glaubens den Fundamentalismus unterstützen und islamischen Werten mit Toleranz zu begegnen sei. Und der Dialog müsse verstärkt werden.

Die größte Bestürzung löste Serap Cileli aus Erbach mit ihrem Beitrag über Ehrenmorde und Zwangsverheiratungen aus. Rund 5.000 Frauen, berichtete sie, würden jährlich weltweit im Namen der Ehre ermordet. "Allein zwischen 1999 und 2001 verloren in Deutschland elf türkische Frauen und Mädchen ihr Leben, weil sie nicht gehorchen wollten." Fast konnte man eine Feder fallen hören, als die Türkin von Frauen wie Gülcan Ülger (25) aus Reutlingen erzählte, die mit mehreren Messerstichen ermordet wurde, weil sie die Scheidung von ihrem Ehemann wollte. Cileli sprach sich zudem gegen Zwangsverheiratungen aus. Diesen Brauch gäbe es keineswegs nur in der Türkei und in islamischen Ländern: "Es passiert auch in Deutschland jeden Tag, ganz nebenbei in der Nachbarschaft." Dass Mädchen und Frauen, die sich gegen eine Zwangsehe wehren wollen, beim Stuttgarter Wohnprojekt Rosa Hilfe und Zuflucht finden, berichteten anschließend die Leiterinnen Halide Özdemir und Astrid Burkard.

Während die einen vor rückwärtsgewandten Traditionen muslimischer Gemeinschaften fliehen, sehen andere in islamisch gewandeten Visionen ihre Zukunft. Der politische Islam, erfuhren die Zuhörer von Claudia Dantschke, begreift den Islam weniger als Religion, sondern als rettende Lebens- und Gesellschaftsordnung gegen einen entfremdete Welt, wo statt Gott nur Geld regiere. Die stellvertretende Chefredakteurin des deutsch-türkischen Fernsehsenders Aypa-TV in Berlin weiß: "Weltweit aktive Gruppen wie Hizb ut Tahrir ("Partei der Befreiung") instrumentalisieren den Islam für ihre Ziele." Hizb ut Tahrir strebe zum Beispiel das Weltkalifat an. Ähnlich wie dort vermischten sich im Umfeld des politischen Islam Globalisierungs- und Sozialkritik, Demokratiefeindlichkeit und Antisemitismus. Verbindungen zur deutschen rechten Szene sind nicht ausgeschlossen.

Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit habe etwa Hizb ut Tahrir an Unis und inzwischen auch in muslimischen Gemeinden starken Zulauf. "Gerade in der jungen Generation gibt es das Bedürfnis nach Religion und Selbstdefinition als Muslim oder Muslima." Solche Gruppen gäben Jugendlichen das Gefühl, dass "nichts Merkwürdiges daran ist, Muslim in Europa zu sein." Dantschke bedauert, dass solche Themen nicht von der "Mehrheitsgesellschaft" besetzt würden. Obwohl die Rolle der Frau im Islamismus vor allem als Hausherrin und Mutter gesehen werde, spielten junge, intellektuelle Frauen beim Verbreiten des politischen Islam eine große Rolle.

Die Jugend als Zielgruppe von Islamisten sah auch der Stuttgarter Journalist Ahmed Arpad. Sie sei Instrument, um deren Politik langfristig verwirklichen zu können. Frauen, das steht für ihn fest, sind im Islamismus vor allem Ziehmütter für neue Vorkämpfer des Islamismus. Arpad fordert konsequentere Gesetze. Auch das Kopftuch, das für ihn vor allem ein politisches Symbol ist, würde er am liebsten für Schülerinnen verbieten. Hier erntete Arpad Widerspruch von der einzigen anwesenden Kopftuchträgerin: "Für mich ist das Kopftuch ein rein religiöses Symbol", sagte die Schülerin. Mit 14 Jahren habe ich mich entschieden, es zu tragen, niemand hat mich gezwungen. Meine Eltern waren sogar dagegen." Einer anderen Teilnehmerin wollte nicht einleuchten, warum die liberale Haltung einer offenen Gesellschaft die Ursache von Extremismus sein solle. "Ist es nicht eher mangelndes Interesse an Integration?"

Rita Haller-Haid gab als Vertreterin der Politik eine Antwort. Die SPD-Landtagsabgeordnete: Radikalismus und Terrorismus seien zu bekämpfen, aber der Rechtsstaat zu wahren. Gleichzeitig müsse dem Islam mit Toleranz begegnet werden. Klar sei aber: "Jeder Religion und jeder Tradition und also auch dem Islamismus müssen wir entgegen halten, dass kein Argument existiert, mit dem die fundamentalen Grundsätze unserer Verfassung ignoriert werden können. Haller-Haid kündigte den Teilnehmerinnen sowie den Moderatorinnen Collin Schubert und Elfriede Behnke an, sich für ein Hearing zur Zwangsverheiratung im Sozialausschuss des Stuttgarter Landtags einzusetzen.

Sylvia Rizvi, Friedrich-Ebert-Stiftung

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