Ausländer in Deutschland 1/2003, 19.Jg., 30. Mai 2003

ARBEITSPLATZ DEUTSCHLAND

*) Diese Beiträge wurden im Druck-Exemplar nicht veröffentlicht!


Integration durch Arbeit

Kommunale Beschäftigungsförderung in Pforzheim

Seit Mitte der 1990er Jahre bemüht sich die Stadt Pforzheim, mit einer integrierten kommunalen Beschäftigungsförderung einen Beitrag zum Abbau der Arbeitslosigkeit zu leisten. Gemeinsam mit der Arbeitsverwaltung fördert die Kommune Beschäftigung, insbesondere für Problemgruppen wie Sozialhilfeempfänger und Langzeitarbeitslose. Anstatt lediglich passiv den Lebensunterhalt zu sichern, zielt die Förderung darauf ab, arbeitsfähige Hilfeempfänger bei der Arbeitsaufnahme zu unterstützen und sie in die Lage zu versetzen, unabhängig von der Hilfe zu leben.

Die eher monostrukturierte und industriell geprägte Stadt Pforzheim hatte Anfang bis Mitte der 1990er Jahre mit starken Umbrüchen auf dem Arbeitsmarkt zu kämpfen. In kurzer Zeit gingen ca. 13.000 Arbeitsplätze vor allem im produzierenden Gewerbe und in der Schmuckindustrie verloren. Im Arbeitsamtsbezirk Pforzheim stieg die Arbeitslosenquote von 5,5% im Jahr 1992 auf 9,7% Ende 1996. Ausländische Mitbürger - häufig geringer qualifiziert und/oder mit Zeitverträgen beschäftigte Arbeitnehmer - waren von diesem Prozess besonders stark betroffen: Ihre Arbeitslosenquote stieg von 10,5% auf 16,8% und war damit mehr als doppelt so hoch wie die der Deutschen (8,1%). Die andauernden Arbeitsmarktprobleme führten zu Langzeitarbeitslosigkeit, die im Arbeitsamtsbezirk Pforzheim zeitweise fast bei 40% lag, und zu einem Anstieg der Zahl der Sozialhilfeempfänger, von dem ausländische Einwohner am stärksten betroffen waren: Während von 1.000 Pforzheimer Einwohnern am Ende des Jahres 1996 im Durchschnitt 55 Bezieher von Sozialhilfe waren, lag die Sozialhilfeempfängerdichte bei ausländischen Einwohnern bei 86 pro 1.000 Einwohnern und erreichte Ende 1997 mit 9,2% ihren absoluten Spitzenwert.

Pforzheimer Stufenmodell

Mit dem Programm "Arbeit statt Sozialhilfe" seit dem Jahr 1995/96 sowie mit dem Einstieg in die über das Bundessozialhilfegesetz hinausgehende kommunale Beschäftigungsförderung ab dem Frühjahr 2000 hat die Stadt Pforzheim ein wirkungsvolles Instrument geschaffen, um aktiv Beschäftigung für Problemgruppen auf dem Arbeitsmarkt zu fördern und Arbeitslosigkeit in der Region gemeinsam mit dem Arbeitsamt gezielt zu bekämpfen.

Im Rahmen der "Hilfen zur Arbeit" wurden in den Jahren 1996 bis 1999 Mittel in erheblichem Umfang für deutsche wie auch für ausländische Sozialhilfeempfänger eingesetzt. Zum anderen investierte die Kommune zusätzlich ab dem Jahr 2000 Gelder aus dem neuen Haushaltsansatz der Kommunalen Beschäftigungsförderung für reguläre Langzeitarbeitslose, auch ohne Bezug von kommunaler Sozialhilfe. Mit einem Finanzaufwand von bis zu 3 Mio. Euro pro Jahr, der mit fast 1 Mio. Euro jährlich durch das Arbeitsamt, das Land, den Europäischen Sozialfonds und andere Stellen kofinanziert wurde, baute die Stadt unter dem Dach der 1995/1996 gegründeten "Gemeinnützigen Gesellschaft zur beruflichen Eingliederung mbH Pforzheim" (GBE), einer 100%igen Tochtergesellschaft der Stadt, ein modulares Stufensystem mit dem Ziel der beruflichen (Re-)Integration auf. Zu ihm gehören bis zu 200 sozialversicherungspflichtige, zeitlich befristete Arbeitsstellen für arbeitslose Sozialhilfeempfängerinnen und Langzeitarbeitslose.

Das Pforzheimer Stufenmodell bietet als Einstieg verschiedene Beschäftigungsprojekte mit niedrigschwelligen, praxisorientierten Arbeitsanforderungen. Es richtet sich insbesondere an Personen, die aufgrund fachlicher, persönlicher oder sozialer Defizite nur schwer einen Zugang zum regulären Arbeitsmarkt finden. Insbesondere auch ausländische Arbeitslose konnten hiervon profitieren, sofern sie auch die Möglichkeiten zur weiteren Qualifizierung und beruflichen Entwicklung nutzten: berufsbegleitende Sprachkurse in Zusammenarbeit mit der VHS Pforzheim, das Ablegen von Führerscheinprüfungen, interne oder externe EDV-Kurse usw. oder die berufspraktische und fachtheoretische Vorbereitung auf eine Ausbildung zum Beispiel in einer Jugendwerkstatt. Neben der fachlichen Qualifikation gehört gerade für die ausländischen Interessenten und Bewerber die Vermittlung von Kenntnissen der im deutschen Beschäftigungssystem geforderten Schlüsselqualifikationen und primären Arbeitstugenden ebenso zum Ausbildungsprogramm wie die Vermittlung von alltags-beruflichem Hintergrundwissen, etwa zu den Sozialversicherungssystemen oder zu betrieblichen Organisationsformen bzw. Kommunikationswissen.

Fördern und fordern

Alle Angebote werden persönlich erläutert und bei Bedarf individuell sozialpädagogisch begleitet (case management). Hinzu kommt, insbesondere bei Personen ohne Berufsausbildung, die erfahrungsgemäß am stärksten von Kündigungen betroffen sind, eine individuelle Analyse der vorhandenen Potenziale (profiling) in Verbindung mit konkreten Vorschlägen, wie eine neue berufliche Perspektive aussehen könnte. Über Praktika, Probearbeitswochen sowie eine (wieder-)eingliederungsorientierte Arbeitnehmerüberlassung sollen gezielt Brücken in das reguläre Arbeitsleben geschlagen werden.

Zu den Rahmenbedingungen dieser Initiative gehört das Pforzheimer Grundprinzip "fördern und fordern", d.h., dass die von den Kommunen beauftragten Beschäftigungsträger nur so viel Unterstützung und Förderung wie nötig bereitstellen sollen und dass von den Interessenten, Bewerbern und Beschäftigten soviel Eigenengagement wie möglich zu fordern ist.

Erfolgsbilanz

Seit 1995/96 erhielten ca. 2.500 arbeitslose Empfänger von Sozialhilfe oder Arbeitslosenhilfe berufliche Informationen und Beratungen sowie die Einschätzung ihrer Arbeitsfähigkeit und -willigkeit. Knapp die Hälfte davon waren Ausländer, Asylbewerber und Aussiedler. Rund 200 Personen konnten seither in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden. Darüber hinaus wurden etwa 1.000 kommunal geförderte Arbeitsverträge auf Zeit bei den Pforzheimer Beschäftigungsträgern abgeschlossen. Die durchschnittliche (Re-) Integrationsquote betrug in den letzten 5 Jahren im Schnitt über 50% und erwies sich bislang als nachhaltig, wie mehrere Begleitstudien, u.a. zusammen mit dem Landesarbeitsamt in Stuttgart, belegen konnten. Dank sorgfältiger Vorberatung und -auswahl sowie individueller sozialpädagogischer Personalbetreuung (case management) lagen die Abbruchquoten insgesamt unter 15%.

In rund 5 Jahren (1995 - 2000) konnte die Zahl der Pforzheimer Sozialhilfeempfänger um über 45% reduziert werden, was trotz Mehrausgaben für die Hilfen zur Arbeit zu einer deutlichen Entlastung des städtischen Sozialhilfeetats geführt hat.


Autoren: Hanne Johé-Kellberg, isoplan / Dr. Andreas Bröker, ehem. Geschäftsführer der GBE

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Migrationsmuseum

 

Köln. Im Oktober 2002 hat sich auf der Tagung "Das historische Erbe der Einwanderer sichern. Die Bundesrepublik Deutschland braucht ein Migrationsmuseum" ein Initiativkreis für ein Migrationsmuseum gegründet. Hauptfokus der Aktivitäten liegt auf der Arbeitsmigration aus dem Mittelmeerraum. Seit Anfang 2003 verfügt der Initiativkreis über eine eigene Homepage: www.migrationsmuseum.de. (esf)

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Steigende Förderung ausländischer Gründer

 

Bonn. Immer mehr Ausländer in Deutschland machen sich selbstständig: Wie die Deutsche Ausgleichsbank (DtA) Mitte April 2003 mitteilte, waren 2002 fast drei Prozent aller staatlich geförderten Existenzgründer Migranten. Vor zehn Jahren lag diese Quote noch unter einem Prozent. Insgesamt hat die DtA seit 1990 etwa 11.000 Darlehen mit einem Volumen von über 550 Millionen Euro an ausländische Existenzgründer und Jungunternehmen vergeben. Dadurch seien etwa 45.000 Arbeitsplätze entstanden oder gesichert worden, heißt es. Das Förderinstitut stellt zudem fest, dass Migranten eher auf kleine Kredite zurückgreifen. So liege der Finanzierungsbedarf bei 46 % der ausländischen Gründer unter 50.000 Euro. Bei den deutschen Gründern seien nur 38 % so genügsam. Die DtA führt dies unter anderem darauf zurück, dass 58 % der von Migranten gegründeten Unternehmen im Dienstleistungssektor angesiedelt sind. Deutsche machen sich nur zu 45 % in diesem weniger kapitalintensiven Sektor selbstständig. (esf)

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Förderzentrum für ausländische Existenzgründer (RFZ)

 

Köln. Seit einem Jahr arbeitet in Köln das Regionale Förderzentrum für ausländische Existenzgründer und Unternehmer (RFZ). RFZ ist ein Modellprojekt des Trägervereins zur Förderung der interkulturellen Wirtschaft e.V.(FIW), gefördert vom Wirtschaftsministerium des Landes Nordrhein-Westfalen. Hauptschwerpunkt der Tätigkeit ist die individuelle Beratung und Betreuung potenzieller ausländischer Existenzgründer sowie bereits bestehender Unternehmen. Das RFZ informiert kostenlos über Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten, hilft bei der Erstellung eines Businessplans, vermittelt an zuständige Institutionen der Wirtschaftsförderung und bietet eine Kontaktbörse für Existenzgründer und Unternehmen an. Das Beraterteam spricht neben Deutsch auch Türkisch, Kurdisch, Griechisch und Russisch auf muttersprachlichem Niveau. Die Beratungen können außerdem in Englisch, Französisch, Spanisch, Portugiesisch und Italienisch durchgeführt werden.

Im Trägerverein FIW arbeiten erstmals Migrantenverbände aus der Wirtschaft und eine interkulturelle Bildungseinrichtung zusammen. Gegenwärtige Mitgliedsverbände sind der Verband Portugiesischer Unternehmen in Deutschland (VPU) e. V., die Spanische Weiterbildungsakademie (AEF) e. V. und der italienische Verband NOVAIMPRESA - Institut zur Förderung selbstständiger Arbeit e. V. Die Aufnahme eines türkischen Mitgliedsverbands ist ebenfalls geplant. (esf)

Kontakt: 
Regionales Förderzentrum für ausländische Existenzgründer und Unternehmer (RFZ), Gothaer Allee 2, 50969 Köln, Tel.: 0221/93655-731, Fax: -739, info@foerderzentrum.org, www.foerderzentrum.org

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