Ausländer in Deutschland 1/2003, 19.Jg., 30. Mai 2003

Europa

*) Diese Beiträge wurden im Druck-Exemplar nicht veröffentlicht!


Ausländerrecht in Dänemark

Deutliche Abkehr von früherer Liberalität

Im Mai 2002, gerade mal sechs Monate nach ihrem Amtsantritt, hat die neue rechtsliberal-konservative Regierung Dänemarks mit Unterstützung durch die rechtspopulistische Dänische Volkspartei das innerhalb der EU ohnehin schon als restriktiv geltende Ausländer- und Asylrecht weiter verschärft.

Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen hat damit eines seiner zentralen Wahlversprechen eingelöst. Die Regierung macht dabei keinen Hehl daraus, dass es ihr darum geht, "die Zahl der nach Dänemark kommenden Flüchtlinge zu begrenzen und höhere Anforderungen an die Selbstversorgung zu stellen".

Dänemark hat im Vergleich zu anderen EU-Staaten eine sehr homogene Bevölkerung. Von derzeit rund 5,3 Mio. Einwohnern sind nur knapp 260.000 ausländische Staatsangehörige, mehr als die Hälfte davon kommt aus Europa. Zwar hat sich ihre Zahl in den letzten Jahren verdoppelt, allerdings ist ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung mit rund 5% relativ niedrig. Dennoch ist das Thema ethnische Minderheiten und Immigranten in den letzten Jahren an die Spitze der politischen Tagesordnung gerückt.

Bereits die sozialdemokratische Vorgängerregierung hatte in den vergangenen Jahren eine Reihe von gesetzlichen Regelungen zur Begrenzung der Zuwanderung eingeführt. Dabei wurde insbesondere die Familienzusammenführung erschwert.

Asylrecht verschärft

Gravierende Änderungen gab es im Asylrecht. Entscheidendes Mittel zur Senkung der Asylbewerberzahlen soll die Streichung des Begriffs De-facto Flüchtling sein. Unter dieser Kategorie wurden bisher Asylbewerbern aus humanitären Gründen Aufnahme gewährt. Nach dem neuen Recht wird Asyl nur noch auf der Basis eines nach der Genfer Flüchtlingskonvention unabdingbaren Minimums an Asylgründen gewährt. Ein dauerhaftes Aufenthaltsrechts gibt es frühestens nach 7 Jahren. In dieser Zeit dürfen keine staatlichen Unterstützungsleistungen in Anspruch genommen werden. Bessert sich nach Einschätzung der dänischen Behörde die Situation im Herkunftsland während dieser Frist, kann der Aufenthalt beendet werden.

Erschwert wurde auch der Erwerb der dänischen Staatsbürgerschaft. Die Einbürgerung ist erst nach 9 Jahren möglich und ist an zahlreiche Auflagen gebunden. Voraussetzungen sind u.a. das Bestehen eines Sprachtests, in dem die Bewerber nachweisen müssen, dass sie so gut dänisch sprechen, wie ein Schüler der 9. Klasse, eine schriftliche Loyalitätserklärung und eine Erklärung über mögliche Vorstrafen.

Familienzusammenführung erschwert

Ein weiterer Bestandteil des neuen Ausländergesetzes ist die weitere Erschwerung der Familienzusammenführung. Das grundsätzliche Recht auf Nachzug eines ausländischen Ehepartners wurde abgeschafft und durch eine Einzelfallprüfung ersetzt. Das neue Gesetz schließt den Nachzug von Ehegatten unter 24 Jahren vollständig aus. Die Person, die einen Ehepartner nach Dänemark holen will, muss selbst mindestens 24 Jahre alt sein, eine Bankgarantie von 50.000 Kronen (rund 6.700 Euro), ein monatliches Einkommen von mindestens 16.000 Kronen (rund 2.200 Euro) und ausreichenden Wohnraum nachweisen. Außerdem muss das Paar einen "engen Bezug" zu Dänemark haben. Nur wenn die Bindung der Ehepartner an Dänemark größer ist als ans Herkunftsland, wird die Familienzusammenführung gestattet. Schon die Vorgängerregierung hatte diese Bestimmung für in Dänemark lebende Immigranten eingeführt, seit dem 1. Juli 2002 gilt sie auch für dänische Staatsbürger.

Untertarifliches Gehalt

Veränderungen brachte das neue Ausländergesetz auch auf dem Arbeitsmarkt: Im ersten Beschäftigungsjahr darf das Gehalt von Zuwanderern zwischen 30 und 50 % unterhalb des üblichen Tarifs liegen. Damit wird es künftig zwei Klassen von Arbeitnehmern geben. Zudem wurden Sozialleistungen für Neuzuwanderer in den ersten sieben Jahren drastisch gekürzt. Sie sollen auch Niedriglohnarbeiten annehmen. Um gegen den Vorwurf der Diskriminierung gefeit zu sein, gilt diese Regelung auch für Dänen, die nicht in den letzten sieben Jahren im Inland wohnten. De facto ist der Zugang zum Arbeitsmarkt für Ausländer in Dänemark außerordentlich schwer. Farbige Jugendliche mit fremdländisch klingendem Namen haben - selbst wenn sie in Dänemark aufgewachsen sind und fließend dänisch sprechen - große Schwierigkeiten, eine Lehrstelle oder einen Arbeitsplatz zu finden.

Von dem Image einer toleranten, humanen und liberalen Gesellschaft und der aktiven Menschenrechtspolitik, für die sich Dänemark in der Vergangenheit eingesetzt hatte und die ihm weltweite Anerkennung eingebracht hat, ist das einstige "Musterland der Toleranz" mit dieser neuen Ausländerpolitik weit abgerückt.


Autorin: Hanne Johé-Kellberg, isoplan

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Frankreich verschärft Gesetzgebung zu Rassismus

 

Paris. Die französische Nationalversammlung hat nach Angaben der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (F.A.Z. vom 25.01.03) im Januar 2003 härtere Strafen für rassistische, fremdenfeindliche und antisemitische Straftaten beschlossen. Das neue Gesetz sieht 20 Jahre Freiheitsstrafe für Folter, Barbarei oder Gewalttaten mit Todesfolge vor, wenn ethnische, nationale, rassistische oder religiöse Gründe als Motive eine Rolle spielen. Für entsprechend motivierte Sachbeschädigungen sollen bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe und Geldstrafen in Höhe von 45.000 Euro verhängt werden. Falls eine Kultstätte oder eine Schule angegriffen wird, erhöht sich das Strafmaß auf fünf Jahre und 75.000 Euro Geldstrafe. (esf)

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Online-Datenbank e@si

 

Barnstorf. Nach Mitteilung von Tino Boubaris vom VNB (Verein Niedersächsischer Bildungsinitiativen e.V.) in Barnstorf ist kürzlich eine interaktive Online-Datenbank e@si (European Action for Social Inclusion) neu eingerichtet worden. Sie steht allen Projekten offen, die die soziale Eingliederung in Europa fördern. Die e@si-Datenbank gibt Projekten die Gelegenheit, ihr Projekt im Web zu verbreiten und durch das Forum kommentieren zu lassen. Jedes Projekt hat seine eigene Diskussionsplattform, so dass es gleichzeitig Teil eines neuen elektronischen Netzwerks wird. Die e@si-Datenbank ist nützlich für die Suche nach vergleichbaren Projekten, neuen Ideen oder Kontakten und Partnern. Sie ist für alle Projekte offen, ohne Rücksicht auf Finanzierung oder Standort. Die Hits auf der Datenbank werden gezählt und die Kommentare in den Diskussionsplattformen analysiert. Projekte, die ein besonderes Interesse hervorrufen, werden eingeladen, ihre Arbeit bei einer internationalen Konferenz in Rom am 23. Mai 2003 zu präsentieren. e@si wird vom EU Programm "Vorbereitende Maßnahmen zur Bekämpfung von sozialer Ausgrenzung" gefördert. (esf)

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Beur TV in Frankreich auf Sendung gegangen

 

Paris. Am 4. März 2003 ist in Frankreich der neue Fernsehsender "Beur TV Méditerranée" auf Sendung gegangen. Über Satellit kann er in Europa und dem Maghreb empfangen werden. Nacer Kettane, Geschäftsführer des Senders wie auch von Beur FM, einem wichtigen Radiosender der maghrebinischen Minderheit Frankreichs, betont die Bedeutung des Senders. Er komme aus der Mitte der französischen Gesellschaft und sei frei von staatlichem Einfluss. Die redaktionelle Linie sei weltweit einmalig, da sie es den Kindern der Zuwanderer erlaube, "ein eigenes Band zwischen beiden Ufern des Mittelmeers zu bilden", sagte Kettane gegenüber der Zeitung Le Monde (05.04.03). Die bei Beur TV arbeitenden Journalisten sollen die Informationsbedürfnisse der gut sechs Millionen in Frankreich lebenden Maghrebiner befriedigen, wie auch den 75 Millionen potenziellen Zuschauern in Algerien, Marokko und Tunesien eine Alternative bieten.

Der Hauptsitz des Senders ist in Suresnes, im Department Hauts-de-Seine bei Paris, ein Studio wurde in Algiers aufgebaut. Beur TV sendet vor allem in Französisch, z.T. aber auch in Arabisch und in Tamazight, einer Berbersprache. Die in den Vorstädten aufgewachsenen Kinder der maghrebinischen Arbeiter wollen sich nicht als "2. Generation" verstehen. Sie verstehen das als Stigmatisierung und wollen sich nicht auf den sie beschämenden Status ihrer Eltern festlegen lassen. Denn sie sind in Frankreich geboren und Franzosen, die bleiben werden. So entstand der allein akzeptable Begriff "beur" - eine Neubildung von "Berbères en Europe", der keineswegs als Schimpfwort gilt, wie auch die Namensgebung des neuen Senders zeigt. (esf)

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Mitwirkung der Türkei an EU-Bildungs-
programmen

 

Bonn. Die Europäische Kommission und die türkische Regierung haben Anfang 2003 eine Reihe von Abkommen zur Vorbereitung der Teilnahme der Türkei an den Gemeinschaftsprogrammen Sokrates, Leonardo da Vinci und Jugend ab 2004 unterzeichnet. Diese Abkommen werden von Haushaltsmitteln in Höhe von 6 Millionen Euro begleitet, wobei die Europäische Union 4,7 Millionen Euro und die Türkei den Rest finanziert. Ab dem Jahr 2004 können somit - nach Abschluss der erforderlichen Vereinbarung zur Festlegung der Teilnahmebedingungen - türkische Jugendliche, Studenten, Lehrlinge und Lehrer Projekte entwickeln oder Studien- und Lehraufenthalte in der Europäischen Union und den anderen Ländern der gegenwärtig 30 Teilnehmer verbringen. Türkische Universitäten, Ausbildungszentren und Jugendorganisationen können dann Jugendliche aufnehmen oder entsenden und mit den entsprechenden Partnern in den jeweiligen Programmländern zusammenarbeiten. Weitere Informationen bietet www.eu-kommission.de/html/presse/
pressemeldung.asp?meldung=3851
. (esf)

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EU legt Grundstein zu gemeinsamer Asylpolitik

 

Brüssel. Ende 2002 ist es den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) gelungen, den Grundstein für die Konstruktion einer gemeinsamen Asylpolitik zu legen. Sowohl Kommission als auch Rat bewerten dies als bedeutenden Fortschritt. Erreicht wurde eine politische Einigung zur Dublin-II-Verordnung und zum Richtlinienvorschlag über die Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern. Die Dublin-II-Verordnung bestimmt den für die Prüfung eines innerhalb der Union gestellten Asylantrags verantwortlichen Mitgliedstaat, der damit auch für die Aufnahme des Antragstellers zuständig ist. Das Land der Einreise muss sich während der ersten zwölf Monate um den Asylbewerber kümmern. Reist der Betreffende in ein anderes EU-Land weiter, übernehmen dessen Behörden nach mindestens fünfmonatigem Aufenthalt die Verantwortung für den Fall. Grundlage dieses Verfahrens wird das neue EURODAC-System zum EU-weiten Abgleich von Fingerabdrücken (vgl. folgende Meldung). Anhand der Fingerabdrücke wollen die EU-Staaten künftig feststellen, wo ein Asylbewerber in die EU eingereist ist. Die Verordnung ist derzeit (Stand: April 2003) noch nicht offiziell angenommen. Dies wird für einen der kommenden Räte erwartet.

Am 27. Januar 2003 wurde ferner die Richtlinie über Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern vom Rat förmlich angenommen. In dieser Richtlinie werden die zur Sicherung eines würdigen Lebensstandards ausreichend erscheinenden Aufnahmebedingungen festgelegt. Die Richtlinie enthält spezifische Bedingungen in Bezug auf Wohnsitz und Bewegungsfreiheit , Einheit der Familie, Grundschulerziehung und weiterführende Bildung Minderjähriger, Beschäftigung und Zugang zur beruflichen Bildung. Insbesondere beim Punkt Beschäftigung haben die Mitgliedstaaten - entgegen dem Wunsch der Kommission - auch in Zukunft breiten Spielraum. Die Richtlinie gilt für alle Drittstaatsangehörigen und Staatenlose, die an der Grenze oder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats Asyl beantragen, solange sie als Asylbewerber im Hoheitsgebiet verbleiben dürfen, sowie für ihre Familienangehörigen. (esf)

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Start des EURODAC-
Systems gegen Asylmissbrauch

 

Brüssel. Das europäische EURODAC-System zur Erfassung und zum Vergleich der Fingerabdrücke von Asylbewerbern und - unter bestimmten Bedingungen - von illegal eingereisten Einwanderern ist am 15. Januar 2003 in Betrieb genommen worden. In erster Linie zielt das System darauf ab zu vermeiden, dass dieselbe Person Asylanträge in mehreren Mitgliedstaaten der Union stellen kann. EURODAC unterstützt die Funktionsweise des Dubliner Übereinkommens und der Nachfolgeverordnung Dublin-II, mittels derer der für die Prüfung eines Asylantrags zuständige Staat festgelegt ist. Die Kommission schätzt, dass etwa 10 - 20% der pro Jahr gestellten Anträge mehrfach eingereicht werden (sog. "asylum shopping"). Die EURODAC-Datenbank soll in allen EU-Mitgliedstaaten (außer Dänemark) sowie in Norwegen und Island eingesetzt werden, da diese Länder an das Dubliner Übereinkommen gebunden sind.

Fortan müssen die Mitgliedstaaten systematisch alle von einer Person über 14 Jahre, die einen Asylantrag stellt oder bei ihrem Grenzübertritt in einen Mitgliedstaat als illegal eingereister Einwanderer festgenommen wird (es sei denn, die Person wird sofort wieder ausgewiesen), genommenen Fingerabdrücke erfassen und an eine zentrale Einheit übermitteln. Die Daten werden während eines Zeitraums von zehn Jahren im Falle von Asylbewerbern und von zwei Jahren im Falle von an der Grenze festgenommenen illegal eingereisten Einwanderern gespeichert. Die Mitgliedstaaten können ferner die Fingerabdrücke von auf ihrem Hoheitsgebiet verhafteten illegal eingereisten Einwanderern mit der zentralen Datenbank vergleichen.

Mit Hilfe des Systems kann überprüft werden, ob ein Asylbewerber bereits einen Asylantrag in einem anderen Mitgliedstaat gestellt hat, oder ob er über einen anderen Mitgliedstaat in das Hoheitsgebiet der EU eingereist ist. In diesen Fällen kann der Mitgliedstaat, in dem der neue Asylantrag gestellt wird, nach den Bestimmungen des Dubliner Übereinkommens und später der Dubliner II Verordnung den Asylbewerber in diesen ersten Mitgliedstaat zurückschicken. Ebenso kann ein in einem Mitgliedstaat festgenommener illegal eingereister Einwanderer in einen anderen Mitgliedstaat abgeschoben werden, wenn er dort einen Asylantrag gestellt hatte. Diese Bestimmungen gelten selbst dann, wenn der Asylantrag abgelehnt wurde. Die Verordnung zur Einführung von EURODAC sieht ferner vor, dass die Daten der zentralen Datenbank nur dazu genutzt werden dürfen, den für einen Asylbewerber zuständigen Mitgliedstaat zu ermitteln. Sie dürfen jedoch nicht für polizeiliche Belange verwendet werden. Einzig die von den Mitgliedstaaten speziell zum Zweck der Überprüfung der Asylanträge beauftragten Behörden haben Zugang zu der Datenbank. Andererseits steht es jedem Staat frei, die von ihm erfassten Daten nach eigenem Ermessen zu verwenden. (esf)

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Asyl und Einwanderung auf der EU-Agenda

 

Brüssel. Der Kampf gegen die illegale Einwanderung wird in den sechs Monaten des griechischen Vorsitzes des Europäischen Rates 2003 weitergeführt. Griechenland, das zu den Ländern mit den längsten EU-Außengrenzen gehört und von zahlreichen Einwanderern als Transitland auf dem Weg in die reicheren Mitgliedstaaten benutzt wird, hat die Kontrolle der Außengrenzen der Europäischen Union und die Debatte über die Kostenteilung ganz oben auf die Agenda gesetzt. Dem gemeinsamen operationellen Programm zufolge, das von den beiden in 2003 Vorsitz führenden Ländern ausgearbeitet worden ist, wird Italien später auf diesem Weg weiter voranschreiten. Dazu zählt ebenfalls die Zusammenarbeit mit den Drittländern.

Im Bereich Illegale Einwanderung haben die Arbeitsgruppen des Rates begonnen, den Bericht der Kommission über die Aufnahme der Einwanderungspolitik in die Beziehungen mit Drittstaaten zu diskutieren. Die Frage der Aufnahme der Einwanderungspolitik in die Beziehungen mit Drittländern - und insbesondere ihr finanzieller Aspekt - sollte auf der Tagesordnung des Rates im Frühjahr 2003 stehen. Die Kommission will einen Vorschlag für einen Beschluss im Bezug auf die Ausarbeitung eines Kooperationsprogramms mit Drittländern im Bereich der Migration vorlegen. Sie möchte auch die Zwischenbilanz der Kooperationsprogramme mit Drittländern nutzen, um einige Prioritäten zugunsten der Zusammenarbeit im Bereich der Einwanderung zu überdenken. Im Januar 2003 wurde ein Vorschlag für einen Beschluss des Rates vorlegt, der die Umsetzung des Prinzips des Ausgleichs der Kosten aus der Richtlinie von 2001 über die gegenseitige Anerkennung von Ausweisungsentscheidungen betrifft.

Im Bereich der Grenzkontrolle hatte der EU-Gipfel von Sevilla der Kommission im Juni 2002 die Aufgabe übertragen, vor Juni 2003 eine Studie über die Teilung der Kosten für die Verwaltung der EU-Außengrenzen mit Drittländern vorzulegen. Eine erste Orientierungsdebatte über die Teilung der Kosten erfolgte im Februar im Rat. Zugleich legte die Kommission einen Zwischenbericht über die Machbarkeitsstudie zur Verbesserung der Kontrolle der Seegrenzen vor. Im Frühjahr 2003 hat die Kommission einen Vorschlag zu unterbreiten, der das gemeinsame Handbuch Schengen über die Außengrenzen umstrukturiert und in eine Verordnung umwandelt. Bis Juni werden die Mitgliedstaaten die Pilotprojekte zur Kontrolle der Grenzen fortführen und analysieren.

Im Bereich Asyl werden die Innenminister im ersten Halbjahr 2003 versuchen, die Richtlinie bezüglich Flüchtlingsdefinition und subsidiärem Schutz anzunehmen. Auf dem Europäischen Rat von Sevilla hatten sich die 15 EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, diesen Text vor Juni 2003 anzunehmen. Im Februar hatte die Kommission einen zweiten Bericht über die Umsetzung einer gemeinsamen Asylpolitik zu veröffentlichen. Ferner soll der Vorschlag für eine Richtlinie bezüglich der Prüfungsverfahren bei Asylanträgen bis Ende 2003 gebilligt werden.

Im Bereich Einwanderung müssen die Richtlinientexte in Bezug auf die Familienzusammenführung und die Rechtsstellung von sich langfristig aufhaltenden Drittstaatsangehörigen gemäß dem Zeitplan von Sevilla vor Juni 2003 gebilligt werden. Der Richtlinienvorschlag zur wirtschaftlichen Immigration und der Richtlinienvorschlag über einen Aufenthalt nach Abschluss eines Studiums oder einer Berufsausbildung sowie eine Mitteilung über die Integration von Staatsangehörigen aus Drittländern stehen ebenfalls auf der Agenda. (esf)

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Europaparlament für Öffnung

 

Brüssel. Mit knapper Mehrheit hat sich das Europaparlament am 12. Februar 2003 dafür ausgesprochen, Einreise und Aufenthalt von Arbeitsmigranten in der Union zu erleichtern. Die Entscheidung hat jedoch nur symbolische Bedeutung, da EU-weites Ausländerrecht einstimmig von den Mitgliedstaaten beschlossen werden muss. Gleichwohl wurde die Debatte über den Richtlinienvorschlag der Kommission nach Angaben der taz vom 13.02.03 sehr leidenschaftlich geführt. In dem Kommissionsentwurf ist eine Klausel enthalten, wonach Mitgliedstaaten je nach den Erfordernissen ihres nationalen Arbeitsmarktes die EU-Regeln einschränken können. Diese Klausel will das Europaparlament streichen. Einigkeit bestand jedoch darin, Familienmitgliedern von EU-Bürgern mehr Bewegungsfreiheit in der Union zu ermöglichen. Partner aus Drittländern sollen rasch in dem EU-Land eine Aufenthaltsberechtigung erhalten, wo ein Familienmitglied berufstätig ist. Umstritten bleibt, wie "Familie" abgegrenzt werden soll. Einigkeit bestand auch darin, das Aufenthaltsrecht auf gleichgeschlechtliche Partner auszuweiten, falls im Gastland nichteheliche Lebensgemeinschaften rechtlich der Ehe gleichgestellt sind. Ein Antrag, wonach Ehepartner aus Drittländern nach der Scheidung sofort Anspruch auf eine eigene Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis haben, fand jedoch keine Mehrheit. Die Wartefrist soll aber verkürzt werden: während im Kommissionsentwurf fünf Jahre vorgesehen sind, will das Parlament, dass Familienangehörige zwei Jahre nach Einreise in die EU ein eigenständiges Aufenthaltsrecht erwerben. Nach Einschätzung der taz wird der Rat diese Vorschläge kaum zur Kenntnis nehmen. (esf)

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Studie zur irregulären Wanderung in der Türkei

 

Genf. Die Internationale Organisation für Wanderung (IOM) hat im Februar 2003 eine Studie über irreguläre Zuwanderung in der Türkei veröffentlicht. Sie bietet Einblicke in die irreguläre Wanderung in die, durch die und aus der Türkei in die Europäische Union und nach Nord-Amerika. Basierend auf Interviews mit 53 irregulären Migranten, acht Menschenschmugglern sowie türkischen Offiziellen analysiert die Studie vier Hauptgruppen irregulärer Zuwanderer: (1) Migranten aus osteuropäischen Ländern, so aus Rumänien und Moldawien, die auf der Suche nach Arbeit legal in die Türkei einreisen, nach Ablauf ihres Visas jedoch bleiben; (2) Migranten aus dem Mittleren Osten (Iran und Irak), aus Asien (Afghanistan, Pakistan, Bangladesch, Indien und Sri Lanka) und aus Afrika (Algerien, Nigeria, Ghana und Somalia), die auf dem Weg nach West-Europa illegal durch die Türkei reisen oder nach Ablauf ihrer Touristenvisa bleiben; (3) abgelehnte Asylbewerber, die nicht zurückkehren wollen und nach irregulären Beschäftigungsmöglichkeiten suchen oder versuchen, irregulär in ein anderes Land zu gelangen; (4) türkische Bürger, darunter viele Kurden, die sich Transit-Migranten auf dem Weg nach West-Europa anschließen.

Dass die Türkei zu einem wichtigen Durchgangsland irregulärer Wanderungsströme geworden ist, liegt zum Teil an der geografischen Lage des Landes als Kreuzungspunkt der Wege zwischen Ost und West, Nord und Süd, zum Teil aber auch an der politischen Instabilität und Konflikten in Nachbarländern sowie auch an den deutlich strenger werdenden Grenzkontrollen in West-Europa. Schätzungen zur Zahl der irregulären Migranten in der Türkei sind schwierig, die Autoren gehen jedoch von gut einer Million aus. Im Jahr 2000 haben türkische Behörden rund 95.000 irreguläre Migranten festgenommen, als sie versuchten, das Land zu betreten oder zu verlassen oder trotz abgelaufener Visa geblieben sind.

Wichtige Zugangsorte zur Türkei sind die iranischen und irakischen Grenzen, insbesondere in der Provinz Van. Wichtige Ausreiseregionen sind im Kontrast dazu insbesondere die westlichen Provinzen, vor allem die Küstengebiete (incl. Istanbul und Izmir) sowie im Grenzgebiet zu Griechenland der Provinz Edirne. Migranten erreichen die Türkei in der Regel zu Fuß oder per Auto, Bus oder Lastwagen und verlassen das Land zu Fuß, per Lastwagen oder zunehmend per Schiff. Die Studie merkt an, dass es für die meisten unmöglich wäre, ohne die Hilfe von Menschenschmugglern durch das Land zu reisen. Zwei Drittel der interviewten irregulären Migranten sagten, sie hätten ihre eigenen Ersparnisse genutzt, um Schlepper zu bezahlen. Die anderen sagten, sie hätten sich von Freunden oder Verwandten Geld geliehen. Durchschnittlich hätten sie 1.400 US-Dollar bezahlt, um in die Türkei zu kommen.

Die Studie schätzt, dass über Menschenschmuggel in der Türkei jährlich gut 500 Millionen US-Dollar verdient werden. Die Profite seien hoch, die zu erwartenden Strafen seitens der türkischen Behörden jedoch in der Vergangenheit relativ niedrig gewesen. Dies ändere sich nun. Die Zahl der festgenommen Schlepper ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen von 98 in 1998 über 187 in 1999 zu 850 in 2000. Eine neue Gesetzgebung sei in Kraft, auch wurden "Empfangs- und Ausreisezentren" für irreguläre Migranten und Asylbewerber eingerichtet. Trotz dieser Fortschritte - so schließt der Bericht - bleibe noch einiges zu tun. (esf)

Kontakt: 
Dr. Ahmet Içduygu, Tel.: 0090-312/290-1949 oder -1339, icduygu@bilkent.edu.tr

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