Ausländer in Deutschland 1/2003, 19.Jg., 30. Mai 2003

RECHT

Aktuelle Gesetze und Gerichtsurteile

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Gesetz zum Vertrag mit dem Zentralrat der Juden

Berlin. Die Bundesregierung hat am 26. Februar 2003 das Gesetz zum Vertrag vom 27. Januar 2003 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Zentralrat der Juden in Deutschland beschlossen. Der Vertrag, der der Zustimmung des Deutschen Bundestags durch ein Bundesgesetz bedurfte, wurde "im Bewusstsein der besonderen historischen Verantwortung zur Förderung des Wiederaufbaus jüdischen Lebens in Deutschland und zur Verfestigung der freundschaftlichen Beziehungen zur jüdischen Gemeinschaft" geschlossen. Der Zentralrat wird nach Angaben des Bundesministeriums des Inneren zur Erhaltung und Pflege des deutsch-jüdischen Kulturerbes, zum Aufbau einer jüdischen Gemeinschaft sowie für seine integrationspolitischen und sozialen Aufgaben eine Staatsleistung in Höhe von jährlich 3 Mio. Euro erhalten. Mit dem Kabinettbeschluss soll das erforderliche Gesetzgebungsverfahren zeitnah eingeleitet werden, damit die vertraglichen Vereinbarungen zügig umgesetzt werden können. Der Gesetzentwurf ist einsehbar unter: www.bmi.bund.de/services/
externalViews/ExternalViews.jsp?
id=91624&template=single

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Schily bedauert Einstellung des NPD-Verbots-
verfahrens

Berlin. Zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 19. März 2003, das NPD-Verbotsverfahren einzustellen, erklärte Bundesinnenminister Otto Schily: "Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, das Verbotsverfahren gegen die NPD einzustellen, ist sehr zu bedauern. Mit der Mehrheit des Senats des Bundesverfassungsgerichts vertrete ich mit Entschiedenheit die Auffassung, dass der Fortsetzung des Verbotsverfahrens kein Verfahrenshindernis entgegensteht. Die von der Minderheit des Senats vertretene Auffassung halte ich für falsch." Schily zufolge stellt die Gewinnung von Informationen über entsprechende vom Verfassungsschutz erschlossene Quellen keine Einflussnahme auf die Willensbildung der NPD dar. "Mitglieder der NPD - auch solche in Führungsfunktionen - die aufgrund von Geldzuwendungen oder aus anderen Beweggründen Informationen an den Verfassungsschutz liefern, sind keine Mitarbeiter des Verfassungsschutzes. Sie bleiben außerhalb der Staatssphäre. Ebenso wenig wie die Strafbarkeit von Straftaten einer kriminellen Vereinigung dadurch in Frage gestellt wird, dass ein Mitglied der kriminellen Vereinigung der Kriminalpolizei zu entsprechenden Informationen verhilft, kann die materielle Bedeutung des verfassungsfeindlichen Profils einer Partei dadurch in Frage gestellt werden, dass einzelne Mitglieder der Partei dem Verfassungsschutz entsprechende Informationen vermitteln." Das folge logischerweise aus dem Charakter der Informationsverbindung, die nicht dazu diene, Einfluss auf das Verhalten der Partei zu nehmen, die beobachtet wird, sondern ausschließlich dazu, Informationen zu erhalten.

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Karlsruhe stärkt Rechte abgelehnter Asylbewerber

Karlsruhe. Das Bundesverfassungsgericht hat in einem am 11. März 2003 bekannt gewordenen Beschluss die strafrechtliche Verfolgung abgelehnter Asylbewerber wegen unerlaubten Aufenthalts in Deutschland eingeschränkt. Kann ein zur Ausreise verpflichteter Ausländer nicht abgeschoben werden, weil die entsprechenden Papiere nicht vorliegen, muss die Behörde ihm eine vorläufige Duldungserlaubnis erteilen. Das gelte auch dann, wenn der Bewerber selbst die Beschaffung der Dokumente behindere, heißt es nach Angaben der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ vom 12.03.2003) in dem Beschluss. Damit dürften Strafgerichte keine Verurteilung wegen Verletzung ausländerrechtlicher Vorschriften aussprechen, entschieden die Karlsruher Richter. Eine Kammer des Zweiten Senats gab einem 1998 mit Hilfe eines Schleppers eingereisten Syrer Recht. Weil er mit gefälschtem Pass und ohne eigene Identitätspapiere eingereist war, konnte die Ausländerbehörde nach der Ablehnung seines Asylantrags zunächst kein Heimreisedokument beschaffen. Dennoch bewilligte die Behörde erst neun Monate später eine Duldung. Weil der Syrer daher zwischenzeitlich ohne Genehmigung im Land geblieben war, verurteilte ihn das Amtsgericht Kempten zu vier Monaten Haft ohne Bewährung. Das dortige Landgericht sowie das Bayerische Oberste Landesgericht bestätigten das Urteil. Die Verfassungsrichter hoben es nun auf. (Az: 2 BvR 397/02)

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Kindernachzug von Asylbewerbern möglich

Berlin. Kinder anerkannter Asylbewerber dürfen ihren Eltern nach Deutschland folgen, wenn sie ihren Antrag noch als Minderjährige gestellt haben, urteilte das Bundesverwaltungsgericht in Berlin Mitte Dezember 2002 nach Angaben der Nachrichtenagentur afp. Ob sie bei der Entscheidung dann volljährig sind, spielt keine Rolle mehr. (Az. 1 C 10.02) (esf)

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Altinküpe darf schächten

Kassel. Der hessische Metzger Metin Altinküpe hat zum Opferfest am 12. Februar 2003 doch schächten dürfen. Wie der Hessische Verwaltungsgerichtshof kurz vor dem muslimischen Fest feststellte, hat Altinküpes Widerspruch gegen eine Anordnung des zuständigen Lahn-Dill-Kreis aufschiebende Wirkung. Der türkische Metzger hatte 2001 ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts erstritten, wonach strenggläubige Muslime eine Ausnahmebewilligung zum betäubungslosen Schlachten erhalten können (siehe AiD 2/00). Diese wird Altinküpe vom Land Hessen aber grundsätzlich immer noch verweigert. Das Land hält es nicht für erwiesen, dass sein Moscheeverein betäubungsloses Schlachten vorschreibt.

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Kündigung nicht in der Muttersprache

Frankfurt. Ausländische Arbeitnehmer haben keinen Anspruch auf ein Kündigungsschreiben in ihrer Muttersprache. Das hat das Arbeitsgericht Frankfurt in einem am 11. März 2003 bekannt gewordenen Urteil entschieden. Nach Angaben der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ vom 12.03.03) wiesen die Richter die Klage eines russischen EDV-Technikers gegen ein Computerunternehmen zurück und erklärten dessen Kündigung für wirksam. Einen Tag vor Ende der Probezeit war dem Techniker auf Englisch ordentlich gekündigt worden. Er klagte jedoch, weil er den Inhalt erst einen Tag später - nach der Übersetzung - verstanden hatte. (Az: 9 Ca 13036/02)

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Keine Sozialhilfe wegen Vollver-
schleierung

Mainz. Eine junge Muslimin erhält künftig keine Sozialhilfe mehr, da sie sich weigert, ihre Vollverschleierung abzulegen. Das Verwaltungsgericht Mainz bestätigte mit einem Urteil vom 6. März 2003 die Entscheidung der Stadt Mainz, gegen die die Betroffene geklagt hatte, berichtet der Infodienst Migration und Bevölkerung in Ausgabe 3/03. Als Begründung führten die Richter an, dass die Frau auf dem Arbeitsmarkt wegen ihrer Vollverschleierung nicht vermittelbar sei. Da sie sich weigere, dieses "Vermittlungshindernis" zu beseitigen, habe sie ihre Hilfsbedürftigkeit selbst herbeigeführt. Weitere Informationen finden sich unter: www.VGMZ.justiz.rlp.de. (Az: 1 L 98/03.MZ)

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Künftig Einzelunter-
bringung für Asylbewerber in Berlin

Berlin. In Berlin sollen nach Angaben der taz (12.2.03) Asylbewerber künftig verstärkt in Wohnungen ("Einzelunterbringung") statt in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden. Der Senat verspricht sich durch diese Regelung Einsparungen in Höhe von vier Millionen Euro. Zudem könnten die Asylbewerber ein selbstständigeres Leben führen.

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Wahlrecht für philippinische Arbeitsmigranten

Berlin. Nach Angaben der taz (6.2.03) hat das philippinische Parlament Anfang Februar 2003 beschlossen, den Millionen im Ausland arbeitenden StaatsbürgerInnen ein Wahlrecht zu geben, das sie auch dort wahrnehmen können. Dies berichtete die Tageszeitung Philippine Daily Inquirer in ihrer Onlineausgabe. Von den schätzungsweise 7,4 Millionen im Ausland lebenden und arbeitenden Filipinos und Filipinas haben mindestens drei Millionen inzwischen eine ausländische Staatsbürgerschaft angenommen. Die philippinischen Arbeitsmigrant/innen sind die wichtigste Devisenquelle des Landes, waren bisher aber von Wahlen ausgeschlossen, es sei denn sie gaben ihre Stimme in der Heimat persönlich ab. Künftig sollen die philippinischen Botschaften die Wahlbeteiligung aller Arbeitsmigranten mit philippinischer Staatsbürgerschaft organisieren. Auch eine Briefwahl soll ihnen ermöglicht werden. Bereits 2004 stehen die nächsten Präsidentschaftswahlen an. Beobachter rechnen damit, dass das neue Wahlrecht das Interesse an Außenpolitik stärkt und zugleich die Macht lokaler Clans schwächt.

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Deutsch-
Slowakisches Rückübernahme-
abkommen

Berlin. Bundesinnenminister Otto Schily und sein slowakischer Amtskollege Vladimir Palko haben am 19. Februar 2003 in Berlin ein bilaterales Rückübernahmeabkommen unterzeichnet. Das Abkommen regelt im Rahmen der Gegenseitigkeit die Einzelheiten der Rückübernahme ausreisepflichtiger Personen aus dem Gebiet der jeweils anderen Vertragspartei. Des Weiteren regelt die Vereinbarung die Übernahme und Durchbeförderung von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen. Hierzu erklärte Bundesinnenminister Schily: "Das Abkommen ermöglicht es künftig, auch Drittstaatsangehörige und Staatenlose, die rechtswidrig aus dem Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei eingereist sind oder über einen Aufenthaltstitel oder ein Visum der anderen Vertragspartei verfügen, dorthin zurückzuführen." Die Slowakei gilt als wichtiges Transitland für unkontrollierte Migration insbesondere aus dem asiatischen Raum. Die Vereinbarung wird nach Auffassung des BMI die Rückübernahmeverfahren in Zukunft erheblich beschleunigen und die Arbeit der Ausländerbehörden deutlich erleichtern. Es ist damit, so Schily, "ein wichtiger Bestandteil im Kampf gegen die illegale Migration."

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Deutsch-
Tunesisches Abkommen

Berlin. Bundesinnenminister Otto Schily und der tunesische Innenminister M'Henni haben am 8. April 2003 in Tunis ein bilaterales Abkommen zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität unterzeichnet. Das Abkommen vertieft die Zusammenarbeit beider Staaten bei der Verhinderung und Bekämpfung von schweren Straftaten, insbesondere des Terrorismus und seiner Finanzierung. Gerade in diesem Bereich ist die nunmehr vereinbarte bilaterale Zusammenarbeit deutscher und tunesischer Behörden von besonderer Bedeutung. Ein weiterer Schwerpunkt des Abkommens liegt auf der Bekämpfung der organisierten Kriminalität - unter anderem der Schleuserkriminalität - und der Rauschgiftkriminalität. Das Abkommen steht damit in einer Reihe jüngst abgeschlossener, gleichartiger bilateraler Abkommen unter anderem mit Polen, Litauen, Slowenien und der Türkei.

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EU-Bürger mit zwei Pässen

München. Die deutsche Staatsangehörigkeit soll ein Grieche erhalten, obwohl er auch Bürger Griechenlands bleibt. Das entschied der Bayerische Verwaltungsgerichtshof Anfang April 2003 nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (F.A.Z. vom 11.04.2003). Bei Bürgern aus einem EU-Staat müsse das Fortbestehen der bisherigen Staatsangehörigkeit hingenommen werden, falls der Grundsatz der Gegenseitigkeit gewahrt sei, befanden die Richter. Diese Voraussetzung liege vor, denn Griechenland nehme bei der Einbürgerung Deutscher ebenfalls deren bisherige Staatsangehörigkeit hin. Der Verwaltungsgerichtshof ließ die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zu. (esf)

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Fallprüfung vor Abschiebung von Straffälligen

Leipzig. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit einem Mitte Februar 2003 verkündeten Urteil die Rechte von Asylbewerbern gestärkt, deren Aufenthaltserlaubnis widerrufen wurde, weil sie Straftaten begangen hatten. Die Leipziger Richter hoben hervor, in solchen Fällen müsse die Behörde neben dem öffentlichen Interesse an einer Abschiebung die schutzwürdigen Belange des Ausländers berücksichtigen. Entscheidend sei nicht allein die Zahl strafrechtlicher Verurteilungen. Erst nach Prüfung der Schwere ihrer Straftaten dürften Ausländer ausgewiesen werden. Die Behörde müsse auch prüfen, welche Gefährdung künftig von dem Ausländer ausgehe. Das Gericht hob eine Verfügung der Ausländerbehörde auf, die einem Albaner den weiteren Aufenthalt in Deutschland versagt hatte, weil er wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und Diebstahls verurteilt worden war. Dem Albaner war 1990 als Botschaftsflüchtling Asyl gewährt worden (Az: 1 C 13.02).

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Bewährungsstrafe für "Mehmet"

München. Der ehemalige Serienstraftäter "Mehmet" ist nach Angaben der Nachrichtenagentur ap Mitte Februar 2003 vom Landgericht München zu einem Jahr Bewährungsstrafe verurteilt worden. Die Berufungskammer verhängte die Strafe, weil "Mehmet" im Juli 1998 einen Schüler krankenhausreif geprügelt hatte. Nach der damaligen Verurteilung zu einem Jahr Jugendgefängnis ohne Bewährung hatte die Stadt München seine Aufenthaltsgenehmigung nicht verlängert und ihn in die Türkei abschieben lassen. Nachdem das Bundesverwaltungsgericht die Abschiebungsverfügung 2002 für rechtswidrig erklärt hatte, war der 18-Jährige im August 2002 nach München zurückgekehrt (vgl. AiD 4/02).

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EU-weit gegen Schlepperbanden

Brüssel. Die 15 EU-Mitgliedstaaten wollen verstärkt gegen Menschenschmuggel und Asylmissbrauch vorgehen. Die europäischen Innenminister beschlossen Ende November 2002 in Brüssel ein einheitliches Vorgehen gegen Schlepperbanden. Menschenschmuggel soll künftig EU-weit mit Gefängnisstrafen bis zu acht Jahren geahndet werden. Außerdem wird den Schmugglern die Ausübung des Berufes verboten, den sie bei der Straftat ausübten. Das könnte Lastwagenfahrer, Spediteure oder Reiseveranstalter betreffen, wenn sie Menschen illegal in die EU bringen. In der Asylpolitik wollen die Minister mit gemeinsamen Aufnahmeregeln verhindern, dass Bewerber sich ein für sie besonders vorteilhaftes EU-Land aussuchen. Ein formaler Beschluss stand nach Angaben der taz (29.11.02) zunächst noch aus. Deutschland verhinderte eine Vorgabe, die Asylbewerbern nach spätestens einem Jahr automatisch Zugang zum Arbeitsmarkt erlaubt hätte.

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