Ausländer in Deutschland 2/2003, 19.Jg., 25. Juli 2003

BEST PRACTICE

*) Dieser Beitrag wurde im Druck-Exemplar nicht veröffentlicht!


Im Wohnumfeld Integration gestalten

Best Practice-Beispiele

Die Theorie klingt vielversprechend: Das Programm Soziale Stadt soll die Integration von Migranten in städtischen Problemgebieten fördern. Doch kann das Programm tatsächlich diese wichtige Aufgabe leisten? Existieren Projekte, die diesbezüglich Erfolge aufweisen oder nachahmenswert scheinen?

Wer sich gezielt auf die Suche macht, findet eine Reihe von Projekten, die speziell bei der Verbesserung der Lebenssituation von Migranten ansetzen. Die Projekte finden in den vielfältigsten Handlungsfeldern statt. Die Themen Wohnen und Gesundheit sind ebenso Gegenstand der Förderung wie der Schulbereich oder Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahmen. Ein weiteres wichtiges Aktionsfeld ist das Thema "Stadtteilkultur" bzw. das Zusammenleben unterschiedlicher sozialer und ethnischer Gruppen im Stadtteil. Die Projekte verfolgen u.a. folgende Ziele:

- Abbau fehlender oder unzureichender beruflicher Qualifizierung,

- Überwindung von Vermittlungshemmnissen (mangelnde Sprachkompetenz, ethnische oder religiös bedinge Hemmnisse etc.),

- Überwindung von Konflikten im Zusammenleben,

- Abbau spezifischer Gesundheitsprobleme,

- stärkere Förderung von Migrantenkindern und

- Förderung der lokalen "ethnischen" Ökonomie.

Die nachstehenden Beispiele zeigen, wie Integration aktiv gestaltet werden kann.

Stadtteilkultur: Der Nürnberger Südstadtladen

Jeder dritte Nürnberger bzw. jede dritte Nürnbergerin zählt heute zu den "Bürgern mit Migrationshintergrund" - rechnet man zu den ausländischen Staatsbürgern aus 150 verschiedenen Ländern die eingebürgerten Einwohner und die Spätaussiedler aus den GUS-Staaten. Vielleicht hat dies dazu geführt, dass in Nürnberg besonders frühzeitig der Wert einer interkulturellen Kulturarbeit in der kommunalen Integrationspolitik erkannt wurde. Bereits in den 1980er Jahren fand eine interkulturelle Öffnung und Orientierung in der Kultur- und Bildungspolitik statt. Ein besonderes Beispiel hierfür sind die so genannten Kulturläden, so auch der Südstadtladen. Der Südstadtladen ist mit dem Lebensumfeld, den Problemen und Wünschen der Südstadtbewohner vertraut. Er hat die Aufgabe, zur kulturellen Belebung des Stadtteils beizutragen und sich für die Interessen der deutschen und ausländischen Bewohner einzusetzen. Ein breit gefächertes Angebot an Kursen und Seminaren - von Sprachunterricht über Sport- hin zu Kreativkursen und Seminaren zu aktuellen politischen Themen - soll Migranten die Kontaktaufnahme erleichtern. Spezielle Angebote für Frauen nehmen einen besonderen Stellenwert ein.

Berlin-Schöneberg: Zukunft aktiv gestalten

In Berlin Schöneberg Nord gelang es, verschiedene Problemaspekte in einer umfassenden Lösungsstrategie anzugehen: Der Stadtteil war sowohl durch hohe Arbeitslosigkeit und einen hohen Ausländeranteil als auch durch Missstände im Wohnumfeld gekennzeichnet. Das Projekt "ZAG - Zukunft aktiv gestalten" beschäftigt nun Bewohner des Gebietes, um das Wohnumfeld deutlich aufzuwerten und das Zusammenleben verschiedener Kulturen zu fördern. Dazu zählen die Instandsetzung der Wohnhöfe, der Umbau von Gemeinschaftseinrichtungen, die Planung und Durchführung von Kinderfesten und die Einrichtung betreuter Sportangebote sowie weiterer Sport- und Kulturangebote für Kinder des Gebietes. Darüber hinaus wurde eine Fahrradwerkstatt errichtet, in der Kinder, Jugendliche und Frauen unter fachlicher Anleitung selbständig Kleinreparaturen an ihren Fahrrädern durchführen können. Die Errichtung von zwei Frauencafés initiierte einen intensiven Austausch zwischen christlichen und muslimischen Frauen. Die mobilen Dienste stehen vor allem Älteren zur Seite. Die in dem Projekt Beschäftigten stammen aus den unterschiedlichsten Kulturkreisen, um den sprachlichen und kulturellen Unterschieden der Wohnbevölkerung gerecht zu werden. Das Projekt wurde bei der Vergabe des Preises Soziale Stadt 2000 mit einer Anerkennung ausgezeichnet.

Dortmund-Nordstadt: Gegen Diskriminierung

Das vom Planerladen e.V. getragene Anti-Diskriminierungsprojekt im Wohnbereich hat zum Ziel, die Wohnsituation von Migranten in der Dortmunder Nordstadt systematisch zu erfassen und Maßnahmen gegen ihre Benachteiligung auf dem Wohnungsmarkt zu entwickeln und zu erproben. Diese Maßnahmen umfassen Öffentlichkeitsarbeit, Aufklärungskampagnen, Mieterinformation, Wohngeldberatung, Beratung und organisatorische Unterstützung von Bewohnerinitiativen und Nachbarschaftsforen. Die Nachbarschaftsforen ermöglichen in besonderer Weise den kleinräumlichen interkulturellen Dialog. Ein wesentlicher Erfolg des Projektes besteht in der Abschaffung der Ausländerquote für den belegungsgebundenen Wohnungsbestand.

Nach der Projektumsetzung in der Nordstadt wurden weitergehende Ziele formuliert und angegangen: Zum Beispiel sollen Wohnstandorte, die Migranten bislang nicht offen stehen, nach und nach geöffnet werden (unter anderem der Dortmunder Süden) und der Erwerb von Wohneigentum durch Migranten gefördert werden. Für seine Arbeit im Bereich der Förderung demokratischer Stadtplanung und stadtteilbezogener Gemeinwesenarbeit erhielt der Planerladen e.V. bereits mehrere Auszeichnungen, darunter auch den Preis Soziale Stadt 2000 (vgl. AiD 3/01).

Fazit: Kreativität und Kompetenz sind gefragt
Die Beispiele machen deutlich, dass die Integration von Migranten auf ganz unterschiedliche Weise gefördert werden kann. Es ist gelungen, eine Fülle neuartiger Projektideen zu entwickeln und umzusetzen. Die Projekte zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie meist zu mehreren Zielen gleichzeitig beitragen - etwa zur Verbesserung des Wohnumfeldes oder der Bereicherung des kulturellen Angebots. Zur weiteren Optimierung dieser Ansätze ist es notwendig, verschiedene Kompetenzen zu bündeln. In die Umsetzung des Programms sollten Experten der Stadtplanung und Stadtteilarbeit ebenso intensiv eingebunden sein wie Experten der Migrationsarbeit und interkultureller Kompetenz. Auf diesem Weg kann im Rahmen der Projekte ein wesentlicher Beitrag zur Integration geleistet werden.


Autorin: Vanessa Franz, isoplan

Die dargestellten Projekte stellen nur eine Auswahl dar. Es existieren zahlreiche weitere Projekte zur Förderung des Zusammenlebens. Auf der Homepage www.soziale-stadt.de findet sich sowohl eine Projektdatenbank, in der gezielt nach Projekten gesucht werden kann, als auch eine Vielzahl an von good-practice-Beispielen.

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Good-Practice-
Analysen

 

Berlin. Als Teil 2 der Good Practice-Analyse im Rahmen des Bund-Länder-Programms "Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf - die soziale Stadt" ist im Juni 2003 die Publikation "Good Practice in Altbau- und gemischten Quartieren" erschienen. Die großformatige 148-seitige Analyse wurde vom Deutschen Institut für Urbanistik (difu) herausgegeben. Zunächst bietet der Band Beispiele für Strategische Handlungsinstrumente und Integrierte Handlungskonzepte. Zu nennen sind unter anderem die Beispiele Gelsenkirchen - Bismarck/Schalke-Nord (Integriertes Handlungskonzept), Hamburg-Altona - Lurup (Quartiersentwicklungskonzept), Flensburg-Neustadt (Quartiermanagement), Kassel - Nordstadt (Stadtteil- und Projektmanagement) sowie Berlin - Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, Ortsteil Friedrichshain (Quartiersfonds Boxhagener Platz - "Kiez wird Millionär").

Es folgen Good Practice-Projekte und Maßnahmen in den inhaltlichen Handlungsfeldern von Beschäftigung bis Stadtteilkultur. Im Kontext des Zusammenlebens von Menschen verschiedener Herkunft zu nennen sind unter anderem die Stadtteilgenossenschaft Wedding für wohnortnahe Dienstleistungen e.G. in Berlin - Mitte, die Qualifizierungsmaßnahme für benachteiligte Jugendliche "Hafenschlepper" in Herne - Horsthausen, der Südstadtladen - Integration im Stadtteil, Interkulturelle Stadtteilarbeit in Kulturläden in Nürnberg, die Interkulturellen Frauengruppen in Berlin - Schöneberg, sowie Verstehen lernen - Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen in Duisburg - Marxloh. (esf)

Der Volltext ist im Internet unter http://www.sozialestadt.de/
veroeffentlichungen/
arbeitspapiere/band10/
einsehbar. 

Gedruckte Exemplare können beim difu bestellt werden.

Bezug: 
Renate Schulz, Deutsches Institut für Urbanistik, Postfach 12 03 21, 10593 Berlin, Fax: 030/39001-128, schulz@difu.de

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