Ausländer in Deutschland 2/2003, 19.Jg., 25. Juli 2003

INTEGRATION


Migrantenviertel

Vielfältige Formen des Zusammenlebens

"Klein Istanbul" oder "Türkenviertel" - die Umgangssprache kennt viele Namen für Stadtteile mit hohem Migrantenanteil. Sie suggerieren eine Gleichförmigkeit von Migrantenvierteln in Deutschland, die so nicht existiert. Denn kein Viertel gleicht in der Entstehungsgeschichte, den dominierenden sozialen und nationalen Gruppen, den Wohnformen, Problemen und Ressourcen dem anderen. Aus der Vielfalt dieser Viertel stellen wir einige Beispiele vor.

Gladbeck - Butendorf: Ein Arbeiterstadtteil und seine Moschee

Deutlich wird mit dem Ezan zum Gebet in die Moschee in Gladbeck-Butendorf gerufen, doch im Stadtteil ist nichts zu hören. Dabei wäre das über 25 m hohe Minarett der Türkiye Camii mit der eindrucksvollen Kuppel ein geeigneter Ort, um den Gebetsruf des Muezzin weit in den Stadtteil zu tragen. Aber aus Rücksicht gegenüber den Bewohnern wird der Ruf nur innerhalb des Gebäudes übertragen. Mit der Grundsteinlegung 1997 und der Einweihung 1998 entstand nicht nur ein Gebetshaus für die überwiegend türkischen Mitglieder, sondern ein türkisch-islamisches Kulturzentrum mit vielfältigen Angeboten für alle Altersgruppen und Geschlechter. Der für den Bau zuständige Kulturverein "Diyanet Türk-Islam Kultur Landstraße" hat viel Energie investiert und die Finanzierung über Spenden und Leihgaben gesichert. Über acht Jahre dauerte es, bis die Moschee endgültig stand.

Gladbeck ist eine typische Ruhrgebietsstadt, die mit der Nordwanderung des Kohlebergbaus Ende des 19. Jahrhunderts einen sprunghaften Anstieg der Bevölkerung verzeichnete. In den 1950er Jahren erreichte diese Entwicklung ihren Höhepunkt. In der Folgezeit machten sich erste Anzeichen der Bergbaukrise bemerkbar. 1971 endete mit der Schließung der Zeche Graf Moltke die Bergbaugeschichte der Stadt. Der südöstlich an die Innenstadt angrenzende Stadtteil Butendorf wurde durch diese Entwicklung entscheidend geprägt. Das ländliche Dorf entwickelte sich rasch zu einem Arbeiterstadtteil umgeben von montanindustriellen Anlagen. Diese Entwicklung setzte sich nach dem Zweiten Weltkrieg fort und prägte die Siedlungs- wie die Bevölkerungsstruktur des Stadtteils bis heute.

Modernisierungsbedürftige Bergarbeitersiedlungen und Wohnungsbauten der 1960er Jahre sowie eine Zechen- und Kokereibrache mit ungeklärter Altlastenproblematik sind heute noch Zeugen der Vergangenheit, die auch die Bevölkerungsstruktur des Stadtteils prägen. Viele der ehemaligen Bergleute wohnen immer noch in Butendorf. Vor allen Dingen angeworbene türkische "Gastarbeiter" leben im Stadtteil. Gut 25 % der Bewohner in Butendorf besitzen einen ausländischen und in der Mehrzahl türkischstämmigen Hintergrund. Die meisten Türken stammen aus der Region Zonguldak, wo sie schon vor der Auswanderung im Bergbau tätig waren. Wollte der Großteil der Migranten anfänglich noch in ihre Heimat zurückkehren, haben sich zwischenzeitlich die meisten dazu entschlossen, in Gladbeck zu bleiben. Zunehmend wird in langlebige Güter wie z.B. Häuser, Autos investiert. Dieser Trend ist auch in Butendorf zu beobachten, obwohl die Mehrheit der Migranten immer noch in stark erneuerungsbedürftigen Gebäuden und Wohnungen lebt. Die zunehmende Bedeutung der Migranten im gesellschaftlichen Leben zeigt sich in Butendorf auch in der steigenden Zahl migrantenspezifischer Aktivitäten, Initiativen und Einrichtungen.

Die Moschee gehört heute zum Alltag des Stadtteils und hat sich auch als Begegnungsstätte mit Nichtmuslimen etabliert. Ein Besuch von christlichen Geistlichen und Gemeindemitgliedern, von Schulklassen, Parteien, Volkshochschulklassen usw. ist heute selbstverständlich. Ohne das Engagement und ein Aufeinanderzugehen vieler Menschen aus den unterschiedlichen religiösen Gruppen, der Bevölkerung im Stadtteil Butendorf und der Stadt Gladbeck wäre es allerdings nicht soweit gekommen. Dadurch entwickelte sich ein von vielen Gruppen getragenes Miteinander im Stadtteil zum Beispiel über gemeinsame Feste und eine fruchtbare Zusammenarbeit in pragmatischen Fragen wie der Jugendpolitik oder Konflikten im Stadtteil.

Arne Lorz, isoplan

[ Seitenanfang ]

Ludwigshafen-
Hemshof: 
Aus Alt mach Neu

Der berühmteste "Kneipier" im Hemshof ist der Popstar Xavier Naidoo, der mit seinen Freunden im Jahr 2001 ein Bistro in der Rohrlachstraße eröffnet hat. Das "Unser" reiht sich ein in rund 50 Gaststätten, die zum Teil Relikte des ursprünglichen Hemshof, zum Teil auch die Spuren einer jahrzehntelangen Migrationsgeschichte der Industriestadt Ludwigshafen sind.

Bis zu der Ansiedlung und Expansion der "Badischen Anilin und Soda Fabrik" (BASF) um die Jahrhundertwende wurde der Hemshof in erster Linie landwirtschaftlich genutzt. Dann jedoch machten die Flure und Fuhrwerke einer großen Arbeitersiedlung Platz. Die einst ländliche Gemeinde wandelte sich zu einem industriebestimmten Stadtteil Ludwigshafens. Auch später noch nahm die Wirtschaftsgeschichte erheblichen Einfluss. Der Hemshof wurde zur neuen Heimat der sog. Gastarbeiter, die sich in den 1960er und 1970er Jahren hier, in der nördlichen Innenstadt, niederließen. Viele der alteingessenen Bewohner zogen in Neubaugebiete am Stadtrand, wie z.B. auf die Pfingstweide. 1969 lebten im Hemshof bereits 15 % Ausländer. Heute ist im Stadtteil Nord-Hemshof etwa jeder zweite Bewohner (47 %) ohne deutschen Pass. 40 % der Migranten kommen aus der Türkei. Auf den nächsten Rangplätzen folgen die Herkunftsländer Italien und das ehemalige Jugoslawien. Einige unter ihnen haben Hauseigentum erworben, als die Stadt in den vergangenen zehn Jahren Altbauten unter der Auflage der Sanierung preisgünstig veräußerte.

Dazwischen liegen viele Jahre persönlicher Integrationserfahrungen der Einwanderer sowie eine 30 Jahre andauernde Sanierungsgeschichte des rund 50 Hektar großen Areals. Nach Berlin-Kreuzberg handelt es sich bei dem Stadtteil Hemshof um das größte zusammenhängende Sanierungsgebiet Deutschlands. Rund 58 Mio. Euro Fördermittel wurden in Projekte zur Modernisierung von Altbauten und in Neubauprojekte gesteckt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Die typische, vier- bis fünfgeschossige Bebauung aus der Jahrhundertwende bekam ein neues Gesicht: sanierte Fassaden und begrünte Innenhöfe werden ergänzt von öffentlichen Plätzen und Parks sowie Lärmschutzvorrichtungen. Den Sanierungsprozess begleitend haben Bürgerinitiativen ihren Beitrag zu einer Aufwertung des Quartiers geleistet, das heute von der Oberbürgermeisterin Dr. Lohse als "Stadtteil mit südländischen Akzenten und Temperamenten" gelobt wird.

Ebenso wenig wie Kebab, Pizza und Co. sind interkulturelle Initiativen aus dem Hemshof mittlerweile noch wegzudenken. "Leben im Hemshof - im Hemshof ist Leben. Kulturen begegnen sich." Unter diesem Motto stand etwa das interreligiöse und interkulturelle Festival des christlich-islamischen Gesprächskreis, das vom 26. Juni bis 5. Juli 2003 im Hemshof stattfand.

Trotz der Erfolgsgeschichte der Sanierung und wichtigen Errungenschaften bei der Integration von Migranten sieht man aber auch im Hemshof nach wie vor Probleme. Die Kindertagesstätten und Schulen sind mit einer unzureichenden Sprachkompetenz der Einwandererkinder konfrontiert. Frische Melonen, Tomaten und Zucchini aus den kleinen Läden der "Gastarbeiter" trösten einige alteingessene Ludwigshafener noch immer nicht über das öffentliche Erscheinungsbild mancher Muslime hinweg.

Uns erinnert die Geschichte des Hemshof daran, dass die "Stadt" auf zwei Ursprünge zurückgeht: auf "Urbs" als Stadt der Steine und auf "Civitas" als Stadt der Menschen. Nur im Zusammenspiel beider Faktoren wird ein lebendiges Miteinander möglich. Übrigens kann auch der 1971 in Mannheim geborene Xavier Naidoo mit einem vielschichtigen Migrationshintergrund aufwarten: Seine Mutter ist Südafrikanerin irischer Abstammung, der Vater hat deutsche und indische Vorfahren und wurde ebenfalls in Südafrika geboren. In London lernten sich die Eltern kennen, bevor sie irgendwann an den Rhein umsiedelten. Hier ist Xavier nun ein Synonym für Weltoffenheit und "Multikulti", womit man im Hemshof so gerne wirbt.

Delia Schröder

[ Seitenanfang ]

Bonn-Tannenbusch: Plattenbauten und Reihenhäuser

An der Haltestelle Tannenbusch-Mitte gibt es die beste Auswahl fremdsprachiger Zeitungen in ganz Bonn. Nicht unbedingt "Le Monde" und "El pais", sondern "Hürriyet", "Russkaja Germanija", Blätter auf Türkisch, Russisch, Serbisch, Arabisch und Kosovo-Albanisch. Literatur nur auf Deutsch bekommt man dagegen im feinen Buchladen "Goethe und Hafis", den ein Iraner führt. Bücher auf Russisch können sich die Bewohner von Tannenbusch in einem Mini-Supermarkt besorgen: Neben Belletristik und Sachliteratur bietet er CDs, Videos, preiswerten Kaviar und allen möglichen Kitsch, der in der einstigen sozialistischen Heimat Mangelware gewesen ist.

Die Möbel im großen Einkaufsmarkt sind eine Spur verschnörkelter als andernorts, und vor dem Fachgeschäft für orientalische Feinkost steht ein Lieferwagen für Helal-Produkte. Der Imbiss daneben backt und brät Pizza, Döner, Gyros, Kebab und Schaschlyk: Was die multikulturelle Fast-food-Küche so hergibt. Aus der Bahn steigen viele Leute, vor allem junge, aus: mit Kinderwagen oder mit Schulranzen, verschleiert oder bauchfrei. Die seit den 1960er Jahren entstandene Trabantenstadt Neu-Tannenbusch ist das Bonner Viertel mit dem höchsten Migrantenanteil. Über 50 Prozent seiner Bewohner sind Zuwanderer mit 120 Nationalitäten, so sagt die amtliche Statistik für 2003, dazu kommen 10 Prozent Spätaussiedler. Und es ist eine recht junge Bevölkerung, ein Fünftel ist unter 18 Jahre alt, nur etwa 7 Prozent sind im Rentenalter. Alt-Tannenbusch, gleich daneben, ist dagegen ein Vorort wie der Bonner Durchschnitt.

Die knapp 10.000 Neu-Tannenbuscher fallen in mehrer Hinsicht aus der Statistik. Sozialhilfeempfänger - dreifach über dem Bonner Durchschnitt, Wohngeldempfänger - über dem Durchschnitt, Arbeitslose - ebenfalls, Sozialwohnungen - mehr als ein Drittel des Bestands. Lokale Kaufkraft - zwar unter dem Bonner Durchschnitt, die Bonner sind nun mal wohlhabend, aber doch über dem bundesdeutschen. Strafanzeigen bei der Polizei - Überraschung: deutlich weniger als sonst in der Stadt.

Gebaut wurde vor allem Ende der 1980er- bis Anfang der 1990er Jahre, als in der damaligen Hauptstadt große Wohnungsknappheit herrschte. Damals gab es entlang der Autobahn Richtung Köln noch günstige Grundstücke für den sozialen Wohnungsbau, erinnert sich der Leiter des Referats für Multikulturelles, Günther Rzepka. Nach der Prioritätenliste kamen als erste Leute ohne Dach über dem Kopf, sprich Aussiedler und Kriegsflüchtlinge, in die Neubauten. Diese zogen weitere Einwanderer an: Besonders russischsprachige Neuankömmlinge suchten immer noch bevorzugt die Gesellschaft ihrer Landsleute. Später wurde die Liste abgeschafft. Die Angehörigen bestimmter Nationalitäten und Religionen sollten gleichmäßiger auf die verschiedenen Stadtteile gestreut werden. Von Quoten will Rzepka nicht reden, man habe versucht, individuell zu beurteilen, wer am besten zu einer Hausgemeinschaft passt.

In Bonn hat die Trabantenstadt keinen guten Ruf. In Osteuropa würde sie jedoch als bessere Adresse gelten. Die mehrstöckigen Plattenbauten, teils renoviert, wechseln mit Reihenhäusern ab, dazwischen finden sich großzügig angelegte Grünflächen mit Spielplätzen. Auf denen liegt kaum Müll, sogar Graffitis sind rar. Ins angesehene Gymnasium schicken auch Familien außerhalb des Viertels ihre Kinder. In Bonn gibt es eine amtsübergreifende Arbeitsgemeinschaft für Stadtteilentwicklung, sagt Rzepka. Neu-Tannenbusch hat auch davon profitiert. Ein Einkaufszentrum ist gebaut worden, das Kultur- und Sportzentrum wurde saniert, die Jugend bekam ein betreutes Internetcafé, ein Büro des Diakonischen Werks bietet eine Sprechstunde für Migranten an. Zur Zeit werden keine Sozialwohnungen mehr gebaut, obwohl die Mieten leicht über dem Bonner Preisniveau liegen und der Zuzug neuer Einwohner immer noch relativ stark ist. Neben der "Platte" ist in den letzten Jahren eine Gegend aus Einfamilienhäusern mit gepflegten Hecken und blühenden Vorgärten gewachsen: bürgerlich-idyllischer geht es kaum. Auch einige arrivierte Migrantenfamilien haben sich dort angesiedelt.

Matilda Jordanova-Duda

[ Seitenanfang ]


Kommunale Integrations-
konzepte

Interkulturelle Öffnung als Querschnittsaufgabe

Die seit der Jahrtausendwende anhaltenden intensiven Diskussionen über die Notwendigkeit einer Neugestaltung von Zuwanderungs- und Integrationspolitik haben einen neuen Trend entstehen lassen: Immer mehr Kommunen entwickeln ganzheitliche Konzepte kommunaler Integrationspolitik. Statt die Integration von Migranten wie bisher als Defizitausgleich zu verstehen, wird das "Management von Zuwanderung" zunehmend als Querschnittsaufgabe einer modernen Verwaltung begriffen. Dahinter steht die Erkenntnis, dass das Handeln der Verwaltung ein noch wenig genutztes Integrationspotenzial birgt. Hier setzt das TiK-Projekt an.

Gemeinsam mit der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) hat das Projektteam "Transfer Interkultureller Kompetenz" (TiK) am 15./16. Mai 2003 in Frankfurt am Main ein Fachgespräch zum Thema "Kommunale Integrationskonzepte - Erfahrungen und Aufgaben bei ihrer Umsetzung" durchgeführt. Es war das wohl erste Mal, dass Praktiker aus kommunalen und Landesverwaltungen, Wissenschaftler und Vertreter von Ministerien aus ganz Deutschland zu einem solchen Erfahrungsaustausch zusammen kamen.

Das im Herbst 2000 begonnene Modellprojekt TiK entwickelt Strategien zur interkulturellen Öffnung von Regeldiensten der sozialen Versorgung und erprobt diese in sieben Städten der Bundesrepublik. TiK verbindet die Weiterbildung von Berater/innen sozialer Dienste mit einer Organisations-Beratung am Arbeitsplatz, die den Transfer des in der Fortbildung erworbenen Wissens in die Einrichtung sichert. Ziel ist eine interkulturelle Öffnung der Institutionen und die Stärkung der interkulturellen Beratungskompetenz der Kursteilnehmer/innen (vgl. AiD 3/01).

Das Gespräch zeigte, dass die Städte Essen, Frankfurt am Main und Stuttgart bundesweit nicht mehr alleine dastehen, wenn es um kommunale Integrationskonzepte geht. Immer mehr Kommunen gehen dazu über, ihre auf verschiedene Arbeitsfelder verstreuten integrationspolitischen Maßnahmen zu bündeln, strategisch aufeinander abzustimmen und systematisch als Querschnittsaufgabe zu installieren. Städte wie Berlin, München, Nürnberg, Solingen oder Saarbrücken arbeiten in diese Richtung. Zum Herzstück der dort entwickelten Konzepte gehört eine interkulturelle bzw. internationale Ausrichtung der kommunalen Verwaltung. Im Kern geht es um die Qualifikation und Fähigkeit der Verwaltung, erfolgreich mit den Herausforderungen umzugehen, die sich in Städten durch Zuwanderung und Integration stellen. Es geht um die Schulung einer Krankenschwester, die in einem Dreibettzimmer ständig den Besuch von Großfamilien managen muss ebenso wie um eine nötige Änderung des organisatorischen Zuschnitts einer Verwaltung.

Die 35 an der Tagung teilnehmenden Experten aus Kommunalverwaltungen von Neumünster bis Konstanz präsentierten und diskutierten die unterschiedlichsten Wege, wie eine solche interkulturelle Ausrichtung als Grundlagen-Strategie eines kommunalen Integrationskonzeptes zu entwickeln und umzusetzen ist. Sie alle sind in durchaus verschiedener Weise aktiv mit Konzeptions- und Umsetzungsproblemen kommunaler Integrationskonzepte befasst. Während die eine Integrationsbeauftragte noch vor ihrer Amtseinführung von Presse und Opposition attackiert wird ("Geldverschwendung in Zeiten leerer Kassen"), geniessen andere volle Unterstützung von allen Seiten. Allen gemeinsam waren durchaus schwierige Erfahrungen beim Überwinden von Blockaden innerhalb der eigenen Verwaltung ("Die Mühen der Hochebene")

Umsetzungsprobleme

Thema des zweiten Tages waren die Anforderungen an Qualitätsstandards, Evaluation und Controlling bei der Umsetzung von Integrationsstrategien. Während viele den Ausführungen von Helga Nagel (Leiterin des AMKA, Frankfurt am Main), Helmuth Schweitzer (Leiter der RAA/Büro für interkulturelle Arbeit, Essen) und anderen Referenten mit grossem Gewinn folgen konnten, wurde einigen der weite Weg bewusst, der noch vor ihnen liegt. Ihnen half Schweitzers anschliessender Vortrag "Verschlungene Wege zum Ziel" über "Strategien der Verführung und kreative Lösungen".

Ein weiter Weg ist jedoch noch zurück zu legen, bis auch der Öffentliche Dienst und insbesondere die Kommunalverwaltung zu einem selbstverständlichen Arbeitsplatz für Migrant/innen geworden ist. Denn auch die Förderung der Chancengleichheit ethnischer Minderheiten im öffentlichen Dienst sollte Teil der interkulturellen Öffnung sein - nicht zuletzt auch in verantwortlicher Position. Hier sind die Zugangsbarrieren offenbar noch hoch: Unter den 19 an der Tagung teilnehmenden Vertreter/innen der Kommunalverwaltungen mit gesamt-kommunalem Integrationsansatz fanden sich mit Dragica Horvat (Ausländerbeauftragter von Göppingen) und Gari Pavkovic (Integrationsbeauftragter von Stuttgart) nur zwei Migranten.

Auf den notwendigen Paradigmenwechsel wies Prof. Dieter Filsinger von der Katholischen Fachhochschule für Soziale Arbeit in Saarbrücken in einem Vortrag zur Erarbeitung und Implementierung eines Integrationskonzepts hin. Während man das Thema früher idealistisch und sozial motiviert angegangen sei und Integrationsprogramme oft nur eine Alibifunktion erfüllten, würden das geplante Zuwanderungsgesetz und finanzielle Zwänge heute dazu führen, dass man sich auch zwecks Einsparung von Kosten verstärkt um Migranten kümmern müsse. Beispielsweise könnten nur gut ausgebildete Migranten später auch Steuern zahlen. Investiere man hier rechtzeitig, kämen auf die Kommunen langfristig geringere Kosten zu.

Zum Abschluss des Projekts führt das TiK-Team um Tatiana Lima Curvello und Thomas Hartmann am 6./7. Oktober 2003 eine dritte Tagung zum Transfer interkultureller Kompetenz durch. Thema ist "Integrationslotsen oder Identitätswächter?". Dokumentationen der Tagungen des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit bis Juli 2003 geförderten Projekts sind bei TiK erhältlich.

Kontakt: 
TiK - Oranienstrasse 34, 10999 Berlin, 
Tel.: 030/616515-90, Fax: -98, info@tik-iaf-berlin.de, www.tik-iaf-berlin.de


Autor: Ekkehart Schmidt-Fink, isoplan

[ Seitenanfang ] [ Nächste Seite ] [ Vorherige Seite ]

© isoplan-Saarbrücken. Nachdruck und Vervielfältigung unter Nennung der Quelle gestattet (bitte Belegexemplar zusenden).

Technischer Hinweis: Falls Sie diese Seite ohne das Inhaltsverzeichnis auf der linken Seite sehen, klicken Sie bitte HIER und wählen Sie danach die Seite ggf. erneut aus dem entsprechenden Inhaltsverzeichnis.