Ausländer in Deutschland 2/2003, 19.Jg., 25. Juli 2003

EUROPA

*) Diese Beiträge wurden im Druck-Exemplar nicht veröffentlicht!


URBAN

Eine Gemeinschafts-
initiative zur Förderung benachteiligter Stadtgebiete

Nachdem bereits in den Jahren 1994 bis 1999 insgesamt 118 Städte in der EU im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative URBAN gefördert wurden, startete die EU-Kommission mit Beginn der Förderperiode 2000 bis 2006 das Programm URBAN II zur "Wiederbelebung der krisenbetroffenen Städte und Stadtrandgebiete". Insgesamt 70 Städte werden zurzeit mit einem Volumen von 730 Millionen Euro aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung gefördert.


URBAN I, Bremen: Straßenfest in Gröpelingen

Programmgebiete in Deutschland

Deutschland ist in der neuen Förderperiode 2000 - 2006 mit zwölf Programmgebieten, davon sechs in den neuen Bundesländern, an dem Programm beteiligt (vgl. Karte). Die finanzielle Unterstützung in Höhe von rund 10 Millionen Euro pro Stadt beläuft sich in der Regel in den neuen Bundesländern (Ziel-1-Gebiete) auf rund 75 %, in den alten Ländern auf bis zu 50 % der Gesamtkosten.

Gefördert werden Städte mit einer Einwohnerzahl von mindestens 20.000, in Ausnahmefällen 10.000 Personen. Die Stadtgebiete mussten mindestens drei der folgenden Kriterien aufweisen, um in das Programm aufgenommen zu werden:

  • hohe Langzeitarbeitslosenquote
  • geringe Wirtschaftstätigkeit
  • hohes Armutsniveau und erhöhtes Maß an Ausgrenzungen
  • besonderer Umstellungsbedarf aufgrund lokaler wirtschaftlicher und sozialer Schwierigkeiten
  • hoher Anteil an Einwanderern, ethnischen Minderheiten oder Flüchtlingen
  • niedriges Bildungsniveau, erhebliches Defizit an Qualifikationen in der Bevölkerung und hohe Schulaussteigerraten
  • hohe Kriminalitätsrate
  • problematische Bevölkerungsentwicklung
  • in besonderem Maße geschädigte Umwelt.

Integrierter Ansatz

Neu an dem Programm ist gegenüber der konventionellen Städtebauförderung, dass ähnlich wie bei dem Bund-Länder-Programm "Soziale Stadt" ein integrierter Ansatz zur Lösung städtischer Probleme verfolgt wird, der auf lokaler Ebene angesiedelt ist und die Bürgerbeteiligung zum tragenden Prinzip erhebt. So zielen die durch URBAN geförderten Maßnahmen nicht allein auf städtebauliche Verbesserungen ab, sondern umfassen neben Maßnahmen der ökologischen Erneuerung vielfältigste Projekte zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit insbesondere von kleinen und mittleren Unternehmen, zur Qualifizierung von Arbeitskräften und nicht zuletzt der Integration benachteiligter Gruppen, insbesondere von Migranten. Darüber hinaus soll, so die EU-Kommission, über ein europaweites Netzwerk (URBACT; siehe Box) sichergestellt werden, dass erfolgreiche Projekte und bewährte Verfahren zwischen den beteiligten Städten ausgetauscht werden.

Mit der Gemeinschaftsinitiative URBAN erhofft sich die EU-Kommission aufgrund des konzentrierten Einsatzes von Fördermitteln auf relativ kleine Projektgebiete (durchschnittlich sollen mindestens 500 Euro/Einwohner investiert werden) einen deutlichen Mehrwert gegenüber sonstigen EU-Förderprogrammen.


Flyer zum Internetcafé
Internationaler Frauentreff Ludwigshafen

Beispiele

Zwei Beispiele aus Ludwigshafen und Gera verdeutlichen, wie breit die Palette der durch URBAN geförderten Projekte ist. So wurde in Ludwigshafen ein Internetcafé ("Mona Lisa") für Migrantinnen eingerichtet. Mit URBAN-Geldern in Höhe von insgesamt 130.000 Euro wurde im "Internationalen Frauentreff" in Trägerschaft der Stadt Ludwigshafen die Ausstattung des Internetcafés finanziert; ebenso werden Honorare für Lehrkräfte und für die Kinderbetreuung aufgebracht. Das Angebot im Café umfasst ein auf die Bedürfnisse von Migrantinnen ausgerichtetes Lernprogramm, freies Surfen im Internet sowie themenbezogene Kurse und Workshops, z.B. die Recherche von Informationen zur Ausbildung und dem Arbeitsmarkt.

Interessante neue Ansätze der Integrationsförderung werden auch in Gera/Thüringen erprobt. Neben der Finanzierung von Sprachkursen und Integrationskursen für Ausländer und Aussiedler wird aus URBAN-Mitteln ein sog. "soziokulturelles Zentrum zur Förderung von Kreativität und Begabung" (Kreativzentrum) gefördert und der zentral gelegene "Klub der Jugend und Sportler" saniert. Zielgruppen sind primär Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene, denen räumlich und inhaltlich eine neue Kommunikationsplattform geboten wird.

Innovation und Nachhaltigkeit

Die Liste der Beispiele ließe sich beliebig verlängern. Ihnen allen gemein ist, dass sie in sehr viel stärkerem Umfang innovative Ansätze verfolgen sollen, als dies bei der "normalen" EU-Strukturfondsförderung der Fall ist. Insoweit ist die Gemeinschaftsinitiative URBAN, die ausschließlich aus dem Innovationstopf des EFRE (Regionalfonds) finanziert wird, in gewisser Weise auch ein hoch interessantes Experiment, bei dem zurzeit freilich noch unsicher ist, ob ihm als Ganzes ein nachhaltiger Erfolg beschert wird. In jedem Fall aber bietet das Programm eine hervorragende Grundlage, im Sinne des "best practice" zu lernen, wie erfolgversprechende Ansätze einer interkulturell orientierten Stadtentwicklung aussehen können.


Autor: Dr. Manfred Werth, isoplan

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URBACT

Netzwerk für europaweiten Erfahrungsaustausch

Einer der interessantesten Aspekte von URBAN II ist die Tatsache, dass diese Initiative mit Hilfe eines speziellen Programms - dem "Netzwerk für europaweiten Erfahrungsaustausch" ("URBACT") - den Austausch bewährter Verfahren zwischen rund 200 Städten in ganz Europa möglich macht.

Das am 20. Februar 2003 in Paris gestartete Begleitprogramm hat sich zwei Prioritäten gesetzt:

- Austausch und Verbreitung von Wissen
Dies umfasst von den Städten selbst organisierte thematische Netzwerke, Maßnahmen zur Entwicklung der Fähigkeiten städtischer Akteure sowie Studien. Hierfür wurden 14 Millionen Euro bereitgestellt.

- Nutzbarmachung der Erfahrungen und Information
Dieser mit 8,8 Millionen Euro ausgestattete Schwerpunkt umfasst die Einrichtung einer Website, die Präsentation von Ergebnissen, eine "Toolbox" mit Materialien und Hilfsmitteln und Informationen über beispielhafte Projekte.

Das Programm wird von einem Begleitausschuss geleitet, dessen Mitglieder alle teilnehmenden Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission vertreten. Das französische Ministère délégué à la ville et à la rénovation urbaine (Délégation interministérielle à la Ville, DIV) wurde als Verwaltungsbehörde benannt. (MW)

Kontakt:
Ministère délégué à la ville et à la rénovation urbaine
M. Jean-Loup Drubigny
194, avenue du Président Wilson
F-93217 Saint Denis La Plaine Cedex
Tel.:+33(0) 1 47 04 11 23
E-Mail: info@urbact.org 
Web: http://www.urbact.org

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EUMC

Fünfjahresbericht der Europäischen Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit

Ins Leben gerufen wurde das EUMC (European Monitoring Center on Racism and Xenophobie) im Europäischen Jahr gegen Rassismus 1997 durch eine Ratsverordnung (VO (EG) Nr. 1035/97). Unter Leitung der Deutschen Beate Winkler hat die neue Organisation mit Sitz in Wien ihre Arbeit im Jahr 1998 aufgenommen.

Heute ist EUMC mit einem hoch differenzierten Angebot an Informationen über rassistische und fremdenfeindliche Erscheinungsformen und einem Informationsnetz von 15 nationalen Anlaufstellen eine unverzichtbare Serviceagentur für die europäische Arbeit in diesen Bereichen.

Die Arbeit des EUMC konzentriert sich, so der jüngst erschienene Jahresbericht 2002, auf die

  • Beobachtung der Phänomene Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus;
  • Koordination und Entwicklung des Europäischen Informationsnetzes über Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (RAXEN);
  • Entwicklung von Methoden, mit denen eine bessere Vergleichbarkeit, Objektivität und Zuverlässigkeit der Daten auf Gemeinschaftsebene erzielt werden kann;
  • Erarbeitung von Schlussfolgerungen und Gutachten für die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten;

Neben einer Vielzahl von Studien und Forschungsprojekten, die das EUMC zwischenzeitlich vorgelegt hat, dem vierteljährlich erscheinenden Magazin "Equal Voices" (kostenlos zu beziehen) sowie dem kurz gefassten EUMC Newsletter, in denen über neue Initiativen, Projekte, Forschungsergebnisse und bewährte Praktiken zum Thema Rassismus und Fremdenfeindlichkeit berichtet wird, bietet die Beobachtungsstelle auf einer Webseite kontinuierlich neue Informationen über ihre Arbeit an. (MW)

Weitere Hinweise finden Sie im Internet unter www.eumc.eu.int.

Kontakt:
European Monitoring Centre on Racism and Xenophobia (EUMC)
Rahlgasse 3, A-1060 Wien, Österreich
Tel.: 0043(1)58030-0, Fax:-99
information@eumc.eu.int

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Europäische Einwanderungs-
politik

Vetorecht bleibt

Dass Fragen der europäischen Einwanderungspolitik nicht mit Mehrheitsbeschlüssen entschieden werden können, war und ist eine der zentralen Forderungen Deutschlands an die EU-Kommission und die zukünftige EU-Verfassung. Mehrheitsentscheidungen in diesem Feld - so Bundesaußenminister Joschka Fischer - sind "derzeit nicht akzeptabel".

Mit einem Kompromiss hat sich das Präsidium des EU-Verfassungskonvents nun Anfang Juli den deutschen Forderungen gebeugt. Zwar soll, dies wäre neu, zukünftig über die europäische Migrationspolitik und über Einreisebedingungen aus sog. "Drittstaaten" grundsätzlich per Mehrheitsbeschluss entschieden werden. Den Mitgliedstaaten wird jedoch ein Vetorecht eingeräumt, d.h. das Recht, den "Umfang der Zulassung von Drittstaatsangehörigen auf ihr Territorium selbst zu bestimmen", wird nach dem Entwurf der EU-Fassung nicht angetastet. Ob es bei dieser Regelung bleibt, ist freilich offen. Obwohl Konventspräsident Valéry Giscard d'Estaing bereits davor gewarnt hat, "den Sack noch einmal aufzumachen", kündigte Baden-Württembergs Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU), der dem Konvent angehört, an, dass im Rahmen der im Oktober beginnenden Regierungskonferenz "weitere Verbesserungen" vor allem beim Thema Familienzusammenführung erzielt werden müssten. (MW)

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Das Deutsch-
Österreichische Netzwerk

Zusammenarbeit im Dienst der Stadterneuerung

Die zwölf deutschen und zwei österreichischen Städte, die an URBAN II teilnehmen, haben ein Netzwerk zum Austausch bewährter Verfahren gebildet.

Eine der ersten Arbeitsgruppen, die im Rahmen des Netzwerks entstanden sind, befasst sich mit der Frage der Unterstützung für KMU. Sie hat sich unter anderem vorgenommen, die verschiedenen Maßnahmen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit von KMU zu vergleichen.

Weitere geplante oder entstehende Arbeitsgruppen befassen sich mit Themen wie Bürgerbeteiligung, sozioökonomische Indikatoren, die Informationsgesellschaft, Unterstützung von Technologieparks, Bildung und Forschung als Motoren für die integrierte Stadtentwicklung, Kultur und Medien als Antriebskräfte der Entwicklung oder Synergien zwischen Projekten.

Seit 1996 wurden zahlreiche Netzwerkstagungen und Arbeitskreissitzungen durchgeführt, darunter auch zum Thema "Beschäftigungsförderung und Integration von ethnischen Minderheiten im europäischen Vergleich." (MW)

Kontakt:
Dr. Lothar Blatt
Leiter des Deutsch-Österreichischen URBAN-Netzwerkes und Repräsentant des DV e.V. in Brüssel
Rue de Luxembourg 47 - 51
B - 1050 Brüssel
Tel.: + 32 25 50 16 10
E-Mail: l.blatt@deutscher-verband.org

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25 Jahre Europäisches Übersetzer-
Kollegium

 

Straelen. Am Anfang, in den Siebzigerjahren, war es nicht mehr als ein schöner Traum deutschsprachiger Übersetzer literarischer und wissenschaftlicher Werke. Wie wäre es, fragten sich diese "Bücher-Übersetzer", die jahraus jahrein einsam an ihrem Schreibtisch arbeiten, wenn wir uns von Fall zu Fall zusammenfinden und miteinander arbeiten könnten? Nicht unbedingt als Übersetzer-Team sondern in erster Linie, um Erfahrungen auszutauschen: Erfahrungen mit der eigenen und der fremden Sprache; die Tricks und Kniffe des Übersetzer- Handwerks: Was man wo nachschlagen oder erfragen kann. Oder die vielen "neuen" Wörter und Ausdrücke jeder Sprache, für die man Entsprechungen von ähnlicher Aktualität finden muss.

Immerhin hatte es im Mittelalter im spanischen Toledo, ein Beispiel für die Fruchtbarkeit solcher Zusammenarbeit gegeben: Damals übersetzten dort ganze Teams von Sprachkundigen die nur noch auf arabisch erhaltenen griechischen Klassiker ins Lateinische. Zwar arbeiteten sie in kleinen Gruppen durchaus an verschiedenen Büchern; aber da sie ihre individuellen Erkenntnisse austauschen konnten, ging ihnen die Arbeit leichter von der Hand und erreichte - man wusste ja immer, was die Kollegen taten - ein gleichbleibend hohes Niveau. Das war das historische Vorbild. Am 10. Januar 1978 wurde das "Europäische Übersetzer-Kollegium Nordrhein-Westfalen in Straelen e.V." (EUK) vor allem auf Initiative des in Straelen geborenen Beckett-Übersetzers Elmar Tophoven und des damaligen Vorsitzenden des Verbands der literarischen Übersetzer, Klaus Birkenhauer, gegründet. Ab 1980 gab es ein provisorisches Haus mit sechs Zimmern und der ständig wachsenden Bibliothek, die heute über einen Bestand von 110.000 Büchern verfügt. 1985 zog das EÜK um in sein heutiges, aus fünf ehemaligen Wohnhäusern bestehendes Gebäude.

Man kann in Straelen nicht übersetzen lernen und nicht übersetzen lassen, sondern nur übersetzen - aber unter idealen Bedingungen: Übersetzer aus allen Teilen der Welt kommen in die Kleinstadt am Niederrhein, um die vielfältigen Hilfsmittel des Hauses zu nutzen, Kollegen zu treffen, miteinander zu arbeiten und Tipps und Erfahrungen auszutauschen. Das Europäische Übersetzer-Kollegium ist keine staatliche oder allgemeine Einrichtung, sondern bietet freiwillige, hochsubventionierte Leistungen für die genau umrissene Personengruppe professioneller literarischer Übersetzer. 1992 wurden die Bauten um ein benachbartes sechstes Haus erweitert, wo vor allem Seminar- und Fortbildungsveranstaltungen stattfinden. Im EUK stehen damit 30 komplett eingerichtete Appartements zum Wohnen und Arbeiten zur Verfügung. In 25 Jahren sind hier mehr als 15.000 Übersetzungen entstanden. Aus 58 Ländern kamen die Gäste. (esf)

Kontakt: 
Europäisches Übersetzer-Kollegium, Kuhstraße 15-19, 47638 Straelen (Postanschrift: Postfach 1162, 47628 Straelen), Tel.: 02834/1068, Fax: 02834/7544, euk.straelen@t-online.de, www.euk-straelen.de

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