Ausländer in Deutschland 2/2003, 19.Jg., 25. Juli 2003

STATISTIK


Ausländer-
statistiken führen zu pessimistischer Integrationsbilanz

 

Die starke Zunahme von Einbürgerungen hat im vergangenen Jahrzehnt zu einem bedeutsamen Unterschied zwischen der Zahl der "Ausländer" und derjenigen der "Zuwanderer" geführt. In einem Aufsatz "Ausländer, Eingebürgerte und das Problem einer realistischen Zuwanderer-Integrationsbilanz", erschienen in Nr. 55/2003 der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie (S. 278-298), kommen Kurt Salentin und Frank Wilkening zu dem Schluss, dass auf Ausländerstatistiken beruhende Betrachtungen zu unnötig pessimistischen Einschätzungen führen. Eine Integrationsbilanz fiele deutlich günstiger aus, wenn Eingebürgerte stets einbezogen werden könnten (vgl. auch AiD 3/01).

Die am Institut für Interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) der Universität Bielefeld arbeitenden Wissenschaftler haben Unterschiede zwischen Ausländern und Eingebürgerten in Umfragedatensätzen quantifiziert. Darauf basierend stellen sie die Verwendung der juristischen Kategorie des Ausländers in der amtlichen deutschen Statistik und in sozialwissenschaftlichen Darstellungen des Zuwanderungs- und Integrationsgeschehens in Frage. Den Autoren zufolge führen juristische, aber auch administrative Bestimmungsgründe der Einbürgerungspraxis zu "unbekannten Selektivitätseffekten" im Übergang zwischen den Personenkreisen der Ausländer und Zuwanderern. Dadurch erscheine die Bedeutung der Staatsangehörigkeit für sozialwissenschaftliche Betrachtungen zusehends unklar. Anhand zweier Stichproben zeigt der Beitrag, dass eingebürgerte Zuwanderer eine wesentlich günstigere "sozioökonomische Platzierung" aufweisen als Ausländer derselben Herkunft. Vor diesem Hintergrund wird der Schluss gezogen, dass jede Berichterstattung über den Stand der Integration von Zuwanderern in die vertikalen Strukturen der Aufnahmegesellschaft ein übermäßig pessimistisches Bild zeichnet, wenn sie nur Daten über Ausländer benutzt, da sie die unter Bildungs-, Beschäftigungs- und Einkommensaspekten erfolgreichsten Zuwanderer buchstäblich in der deutschen Bevölkerung versteckt. Daher fordern die Autoren eine angemessene Berücksichtigung Eingebürgerter in Erhebungsinstrumenten und Stichprobenverfahren.

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Niedrigster Asylzugang seit 1987

 

Berlin/Nürnberg. In den ersten sechs Monaten des Jahres haben mit 26.452 Erstanträgen erneut weniger Menschen in Deutschland um Asyl nachgesucht als im Vorjahr. Wie das Bundesministerium des Inneren mitteilte, sank die Zahl der Asylanträge im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2002 um 8.449 (24 %), im Vergleich zur ersten Jahreshälfte 2002 um 9.774 (27 %). Damit setzt sich der Trend sinkender Asylanträge auch im Jahr 2003 fort.

Im ersten Halbjahr 2003 hat das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (BAFl) 48.045 Entscheidungen getroffen. 924 Personen (1,9 %) wurden als Asylberechtigte anerkannt. 1.090 Personen (2,3 %) erhielten Abschiebeschutz nach § 51 Abs. 1 des Ausländergesetzes. 33.527 Asylanträge (69,8 %) wurden abgelehnt. 12.504 Anträge (26,0 %) wurden durch formelle Verfahrenserledigungen (zum Beispiel Antragsrücknahmen) erledigt. Bei 767 Personen hat das Bundesamt Abschiebehindernisse im Sinne von § 53 des Ausländergesetzes festgestellt. Die Zahl der Personen, über deren Anträge noch nicht entschieden wurde, betrug Ende Juni 2003 29.581 (28.941 Erstanträge und 640 durchzuführende Folgeverfahren). Zudem liegen dem Bundesamt 8.789 Asylfolgeanträge vor, bei denen noch nicht entschieden ist, ob ein Folgeverfahren durchgeführt wird.

Die drei Hauptherkunftsländer im ersten Halbjahr 2003 blieben die Türkei (3.328 Personen), Irak (3.003) und Serbien und Montenegro (2.429). Der Zugang der Asylbewerber in diesem Zeitraum (26.452 Personen) sank gegenüber dem 2. Halbjahr 2002 (34.901 Personen) um 8.449 (-24,2 %) und gegenüber dem 1. Halbjahr 2002 (36.226) um 9.774 (-27,0 %). In den vergangenen drei Halbjahren kam es zu leichten Verschiebungen bei den Herkunftsländer (vgl. Grafik). Aus neun der zehn stärksten Herkunftsländer des 1. Halbjahres 2003 kamen deutlich weniger Asylbewerber als jeweils in den beiden vorherigen Halbjahren. Prozentual besonders signifikant sanken die Zugangszahlen gegenüber dem 1. Halbjahr 2002 bei den Asylbewerbern aus Afghanistan (-55,5 %), dem Irak (-45,2 %) und Algerien (-38,5 %). Lediglich aus China - hier allerdings deutlich - stiegen die Asylbewerberzugänge. Ein Vergleich des ersten Halbjahres 2003 mit dem 1. Halbjahr 2002 ergibt hier eine Steigerung von 80,8 % (absolut 575 Personen mehr).

Die Zugangszahlen aus dem Irak gingen absolut betrachtet am deutlichsten zurück: gegenüber dem 2. Halbjahr 2002 um 1.757 Personen, gegenüber dem 1. Halbjahr 2002 sogar um 2.479 Antragsteller. Obwohl die Zugangszahlen aus der Türkei ebenfalls deutlich sanken (gegenüber dem 2. Halbjahr 2002 um 1.238 Personen, gegenüber dem 1. Halbjahr 2002 um 1.681 Personen), führt die Türkei die Liste der Hauptherkunftsstaaten nunmehr an und löst damit den Irak ab.

Im Monat Juni 2003 haben beim BAFl 3.653 Personen (Vormonat: 3.758 Personen) Asyl beantragt. Damit ist die Zahl der Asylbewerber gegenüber dem Vormonat um 105 (2,8 %) gesunken. Gegenüber dem Vergleichsmonat im Vorjahr (Juni 2002: 5.664) ist ihre Zahl im Juni 2003 um 2.011 (-35,5 %) gesunken.


Autor: Ekkehart Schmidt-Fink, isoplan

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