Integration in Deutschland 2/2004, 20.Jg., 30. Juni 2004

RECHT

Aktuelle Gesetze und Gerichtsurteile

*) Diese Beiträge wurden im Druck-Exemplar nicht veröffentlicht!


Künftig mehr Rechte für EU-Ausländer

Brüssel. Bürger eines EU-Staates, die in einem anderen EU-Land leben, werden voraussichtlich ab Anfang 2006 über verbesserte Rechtsgarantien verfügen. Dies sieht eine von den EU-Regierungen und dem Europäischen Parlament Mitte März 2004 beschlossene Regelung vor. Dieser zufolge müssen EU-Bürger, die mindestens fünf Jahre in einem anderen EU-Land wohnen, dort eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung erhalten. Damit entfällt die jetzt in vielen Mitgliedstaaten noch übliche Befristung auf jeweils fünf Jahre. Auch die in vielen Ländern vorgeschriebenen Aufenthaltskarten für Unionsbürger werden abgeschafft. Insgesamt leben in den alten 15 Mitgliedstaaten rund fünf Millionen erwerbsfähige EU-Bürger, die älter als 18 Jahre sind, außerhalb ihres Herkunftslandes. In Deutschland leben rund 1,5 Millionen EU-Ausländer.

Mit der Neuregelung tragen die EU-Gesetzgeber dem Grundsatz Rechnung, dass in- und ausländische Unionsbürger ähnliche Ansprüche auf Aufenthalt und Arbeit geltend machen können. Eine vollkommene Gleichstellung ist allerdings nicht vorgesehen. So können sich arbeitslose Unionsbürger in einem anderen EU-Land nur für einen begrenzten Zeitraum aufhalten. Mit der Neuregelung können auch Familienangehörige, die nicht Staatsangehörige eines EU-Landes sind, auf einen besseren Schutz vertrauen. Dies gilt unter anderem bei Scheidungen.

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Einigung auf gemeinsames Asylrecht

Luxemburg. Die Innenminister der Europäischen Union (EU) haben bei einem Treffen in Luxemburg am 29. April 2004 eine politische Einigung auf Mindestnormen für einheitliche Asyl-Verfahren in den Mitgliedstaaten erzielt. Damit konnten die Bemühungen um eine Vereinheitlichung der Asylpolitik nach jahrelangen Verhandlungen noch rechtzeitig vor dem Zieldatum des 1. Mai als weitgehend abgeschlossen gelten. Bis zuletzt umstritten waren vor allem die Regelungen über sichere Drittstaaten und sichere Herkunftsländer, in die Asylbewerberinnen und Asylbewerber zurück verwiesen werden können. Der schon im Herbst 2000 vorgelegte Richtlinienentwurf der Europäischen Kommission über die Mindestnormen von Verfahren in den Mitgliedstaaten über die Zu- oder Aberkennung der Flüchtlingseigenschaften war der letzte, noch nicht entschiedene Teil eines umfangreicheren Pakets zur Vereinheitlichung der Asylpolitik.

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Viele Mehrfachanträge von Asylbewerber/innen

Brüssel. Einen „ausgezeichneten Start“ hat die Europäische Kommission der im Januar 2003 eingerichteten EU-Datenbank (Eurodac) bescheinigt, mit der die Fingerabdrücke von Asylbewerber/innen erfasst werden (vgl. AiD 1/03). Es sei durch den Abgleich der Daten zwischen den Mitgliedstaaten gelungen, über 17.000 Personen nachzuweisen, dass sie bereits in einem anderen Mitgliedstaat einen Asylantrag gestellt haben. Nach Angaben der Kommission entsprach das rund 7 % der geprüften Anträge. Nach Angaben von Fachleuten der Kommission steige die Zahl der erfassten Mehrfachanträge kontinuierlich. Mit Hilfe der Datenbank soll festgestellt werden, welcher Staat den Asylantrag bearbeiten und den /die Bewerber/in gegebenenfalls aufnehmen muss. Wird ein Doppelantrag festgestellt, können die Behörden die Person abweisen und in das Land zurückschicken, in der sie den ersten Antrag gestellt hat. Nach den Asylbestimmungen der EU ist der Mitgliedstaat, der die Verantwortung für die Einreise des/der Asylbewerber/in trägt, zur Rücknahme verpflichtet. So sollen die korrekt beantragten Asylverfahren beschleunigt und Kosten gespart werden. Dem System sind neben den EU-Staaten mit Ausnahme Dänemarks auch Norwegen und Island angeschlossen. Seit Inbetriebnahme von Eurodac wurden 247.000 Fingerabdrücke von Asylbewerber/innen aufgenommen. Dazu kommen weitere 25.000 Abdrücke von Personen, die beim illegalen Grenzübertritt oder ohne Aufenthaltsgenehmigung aufgegriffen wurden.

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Schulpflicht für alle

Düsseldorf. In Nordrhein-Westfalen ist im Mai 2004 durch die rot-grüne Landesregierung die Schulpflicht für Asylbewerberkinder beschlossen worden. Im Schulgesetz heißt es unter § 34, Absatz 6: " Die Schulpflicht besteht für Kinder von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern und allein stehende Kinder und Jugendliche, die einen Asylantrag gestellt haben, sobald sie einer Gemeinde zugewiesen sind und solange ihr Aufenthalt gestattet ist. Für ausreisepflichtige ausländische Kinder und Jugendliche besteht die Schulpflicht bis zur Erfüllung ihrer Ausreisepflicht. Im Übrigen unterliegen Kinder von Ausländerinnen und Ausländern der Schulpflicht, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen." Bislang hatten Kinder von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern - wie in vielen anderen Bundesländern auch - lediglich ein Schulrecht.

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Saarland verbietet Lehrerinnen das Kopftuch

Saarbrücken. Das Saarland hat als drittes Bundesland nach Baden-Württemberg und Niedersachsen ein Kopftuchverbot beschlossen. Der saarländische Landtag verabschiedete am 23. Juni 2004 einstimmig ein Gesetz zum Kopftuchverbot für muslimische Lehrerinnen an staatlichen Schulen. Nach einem gemeinsamen Entwurf der CDU- und der SPD-Fraktion sollen Lehrkräfte künftig strikt zur Neutralität verpflichtet sein, wovon ein Bekenntnis zur christlich-europäischen Tradition ausgenommen ist. Die neue gesetzliche Regelung beschränkt sich somit nicht darauf, Lehrerinnen an öffentlichen Schulen das Tragen eines muslimischen Kopftuchs als politisches Symbol im Unterricht zu verbieten. Es verweist vielmehr darauf, dass jedes Einbringen religiöser Bezüge in die Schule die Glaubensfreiheit, das Erziehungsrecht der Eltern und die staatliche Neutralitätspflicht verletzen könne. Das Tragen jüdischer oder christlicher Symbole bleibt aber möglich. Zur Begründung verwiesen CDU und SPD auf die saarländische Verfassung, die festlegt, dass Schüler in öffentlichen Schulen auf der Grundlage christlicher Bildungs- und Kulturwerte unterrichtet und erzogen werden.

Gemäss dem Beschluss des Landtags heißt es nun in dem Schulordnungsgesetz: "Die Schule unterrichtet und erzieht Schüler bei gebührender Rücksichtnahme auf die Empfindungen anders denkender Schüler auf der Grundlage christlicher Bildungs- und Kulturwerte." Der Erziehungsauftrag sei so zu erfüllen, "dass durch politische, religiöse, weltanschauliche oder ähnliche äußere Bekundungen weder die Neutralität des Landes gegenüber Schülern und Eltern noch der politische, religiöse oder weltanschauliche Schulfrieden gefährdet oder gestört werden".

In der Landtagsdebatte wiesen Redner von CDU und SPD darauf hin, dass das muslimische Kopftuch nicht nur ein religiöses, sondern auch ein politisches Symbol sei. Als solches stehe es für Positionen, die im Widerspruch zum Grundgesetz und zur Landesverfassung stünden, nämlich für eine Unterdrückung der Frau und für eine Gesellschaft, in der Toleranz und Pluralismus keinen Platz hätten. Anders als in Baden-Württemberg hat es im Saarland bislang jedoch kein Ansinnen einer muslimischen Lehrerin gegeben, ein Kopftuch tragen zu wollen.

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Passfoto mit Kopftuch zulässig

Kassel. Nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Kassel vom Februar 2004 können muslimische Frauen für ihren Pass auch ein Foto mit Kopftuch einreichen. Bedingung sei allein, dass die Frau auf dem Foto „zweifelsfrei" erkennbar sei, heißt es in einem am 4. Februar 2004 bekannt gegebenen Beschluss. Eine Bescheinigung der Religionsgemeinschaft, dass der jeweilige Glaube nur ein Foto mit Kopftuch zulasse, können die Behörden danach nicht verlangen. Damit verpflichtete das Gericht die Stadt Baunatal, einer eingebürgerten früheren Türkin ihren vorläufigen Pass auch mit dem Kopftuch-Foto auszustellen. Die Stadt hatte dies abgelehnt, weil das Passrecht ein Foto ohne Kopfbedeckung verlange. Zwar seien Ausnahmen aus religiösen Gründen möglich, so die Stadt. Doch benötige sie dafür eine Bescheinigung der jeweiligen Religionsgemeinschaft. Dem Verwaltungsgericht reichte es dagegen aus, dass es eine entsprechende religiöse Lehrmeinung gibt. Die Antragstellerin habe glaubhaft dargelegt, dass sie diese Ansicht teile und nach eigener Überzeugung gegen die Gebote Allahs verstoße, wenn sie sich ohne Kopftuch fotografieren lasse. Eine Bescheinigung sei daher nicht nötig, denn das Grundrecht der Religionsfreiheit stehe jedem zu, auch ohne formelle Bindung an eine Religionsgemeinschaft. Weil die Frau klar zu erkennen sei, stünden auch Sicherheitsinteressen einem Pass nicht entgegen. Gegen den Beschluss kann die Stadt noch Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel einlegen (Az: 3 G 1916/03).

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„Scheinvaterschaften“

Düsseldorf. Ausländer, die sich durch so genannte „Scheinvaterschaften“ ein Bleiberecht in Deutschland erschleichen, sollen bestraft werden. Das fordern der nordrhein-westfälische Innenminister Fritz Behrens und sein Berliner Kollege Ehrhart Körting nach Angaben der Zeitschrift „Focus“ (Nr. 22/2004). Die Politiker haben das Problem erstmals statistisch erfassen lassen. Demnach haben in Nordrhein-Westfalen 413 vor der Abschiebung stehende Männer die Vaterschaft für ein Kind anerkannt. 388 ausländische Mütter präsentierten den Behörden vor ihrer Zwangsausreise einen deutschen Vater und erhielten daher eine Aufenthaltsverlängerung. In Berlin wurden 22 bzw. 64 solcher Fälle erhoben. Bisher sind Scheinvaterschaften straffrei. Im Juli berät die Innenministerkonferenz der Länder über das Thema. (esf)

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Einbürgerung

Bochum. In Nordrhein-Westfalen leben zur Zeit knapp zwei Millionen ausländische Staatsangehörige, von denen über die Hälfte schon mehr als acht Jahre in Deutschland lebt. Für sie könne das verbesserte Angebot der Einbürgerung gelten, betont eine im Mai 2004 gestartete Kampagne des Aktionsbüros Einbürgerung im Paritätischen NRW. Einbürgerung führe nicht zur Verleugnung der Identität und der eigenen kulturellen Wurzeln, sondern zur Gleichberechtigung, die eine wichtige Voraussetzung für Gleichbehandlung sei, sagte Projektleiter Kenan Araz. „Dennoch bleiben diese Menschen weiterhin fern davon, einen Antrag auf Einbürgerung zu stellen“. Man habe festgestellt, dass das Thema auch bei Migrantenorganisationen in den Hintergrund geraten sei. Man will nun mit einem Plakat, Flyern und Informationsgesprächen versuchen, diese Menschen zu erreichen und zu überzeugen, die deutsche Staatsbürgerschaft zu erwerben. Organisationen, die Informationsveranstaltungen organisieren wollen, können einen Referenten des Aktionsbüros dazu einladen.

Kontakt: 
Aktionsbüro Einbürgerung im Paritätischen NRW
,
Engelsburger Str. 168, 
44793 Bochum,
Tel.: 0234/9621012, Fax: 0234/683336, abe@einbuergern.de,
www.einbuergern.de

Düsseldorf. Das DGB-Bildungswerk hat Anfang 2004 zwei Handreichungen von Semiha Akin herausgegeben. Die Publikation „Staatsbürgerschaft - hier und anderswo“ informiert über die Möglichkeiten, Staatsangehöriger zu werden, klärt darüber auf, wie Staatsangehörigkeit verloren gehen kann und beschäftigt sich mit der Mehrstaatigkeit in Bosnien und Herzegowina, Deutschland, Kroatien, Polen, Serbien und Montenegro sowie der Türkei. Die zweite Publikation, „Was passiert, wenn die Staatsangehörigkeit des Heimatlandes oder des Heimatlandes der Eltern aufgegeben wurde?“ beantwortet Fragen nach Einreise und Aufenthalt, Wiedereinbürgerung sowie Immobilienerwerb in Bosnien und Herzegowina, Deutschland, Kroatien, Polen, Serbien und Montenegro sowie der Türkei. Beide Publikationen können als Download unter
http://flash.migration-online.de/
publikation._aWQ9NDMwMA_.html
eingesehen werden oder beim DGB-Bildungswerk bezogen werden.

Kontakt: 
DGB-Bildungswerk
,
Hans-Böckler-Str. 39, 
40476 Düsseldorf, 
Tel.: 0211/43011-41, Fax: -37,
www.dgb-bildung.de 

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EU-Beitritt führt auch zu Zuwanderung in die Beitrittsländer

Genf. Der Beitritt der 10 neuen EU.-Mitgliedstaaten am 1. Mai 2004 wird für die Alt-Mitgliedstaaten möglicherweise eine weniger dramatische Zuwanderungswirkung haben, als zunächst befürchtet. Nach einer im April 2004 veröffentlichten Studie der Internationalen Organisation für Migration (IOM) „Migration Trends in Selected EU Applicant Countries“ könnte es vielmehr zu einer verstärkten Zuwanderung in die Beitrittsländer kommen. Die neuen EU-Staaten würden demzufolge aufgrund der erwarteten wirtschaftlichen Konvergenz, des Wachstums und einer Verbesserung des Lebensstandards für Zuwanderer an Attraktivität gewinnen. Sie werden sich - in unterschiedlichen Abstufungen - wandeln von Auswanderungs- und Transitländern zu Einwanderungsländern. Auswanderung und westwärts gerichtete Weiterwanderung werden sich der Studie zufolge gleichwohl fortsetzen. Neue Politiken und ein neues Denken werden in den Beitrittsländern nötig sein, um die Zuwanderer wirtschaftlich und kulturell zu integrieren.

Die Tschechische Republik beispielsweise war ein Transitland, wird nun jedoch schnell zu einem Einwanderungsland. In 2002 lebten hier über 230.000 Zuwanderer, v.a. aus der Slowakei und der Ukraine, aber auch aus Polen und Vietnam. Die Zahl irregulärer Zuwanderung belief sich auf zwischen 295.000 und 335.000. IOM-Studien der vergangenen vier Jahre sagen vorher, dass die Erweiterung keine größeren Wanderungsströme in die 15 Alt-Mitgliedstaaten zur Folge haben wird. Studien über das Migrationspotenzial aus Zentral- und Osteuropa sowie die Erfahrungen früherer Erweiterungen zeigen eher, dass die Zuwanderung nach einem ersten Anstieg wieder abflacht.

Kontakt:
IOM, 17, route des Morillons, 
CH-1211 Genf 19, Schweiz, 
Tel: +41/22-7179111, Fax: -7986150, www.iom.int

Ekkehart Schmidt-Fink, isoplan

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