Integration in Deutschland 3/2004, 20.Jg., 28. September 2004

RECHT

Aktuelle Gesetze und Gerichtsurteile

*) Dieser Beitrag wurde im Druck-Exemplar nicht veröffentlicht!


Zuwanderungs-
gesetz verkündet

Nach dem parteiübergreifenden Beschluss des Deutschen Bundestages vom 1. Juli 2004 und der am 9. Juli 2004 erfolgten Zustimmung durch den Bundesrat ist das Zuwanderungsgesetz (ZuwG) am 30. Juli vom Bundespräsidenten ausgefertigt und am 5. August im Bundesgesetzblatt (BGBl I S. 1950) verkündet worden. Bereits am Tag nach der Verkündung werden die Ermächtigungen zum Erlass von Rechtsverordnungen in Kraft treten. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um Regelungen zur Durchführung des Gesetzes, zur Ausgestaltung und Durchführung der Integrationskurse sowie zur Aufnahme von Beschäftigungen im Rahmen des gesetzlichen Anwerbestopps.

Die Bundesregierung wird nun umgehend die erforderlichen Verordnungsentwürfe ausgestalten und in das Verfahren geben, das für einige Verordnungen die Zustimmung des Bundesrates vorsieht, um sicherzustellen, dass die Verordnungen am 1. Januar 2005 zum Vollzug des Gesetzes rechtzeitig anwendbar sind, hieß es seitens des Bundesministeriums des Innern.

Einige Teile des ZuwG sind bereits am 1. September 2004 in Kraft getreten. Dies betrifft insbesondere Aufgabenzuweisungen an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) im Integrationsbereich. Das BAMF soll künftig vor allem in diesem Bereich als Kompetenzzentrum fungieren. Die erforderlichen Umstellungsmaßnahmen seien zügig angelaufen. Darüber sind ab dem 1. September die Weisungsunabhängigkeit der Einzelentscheider beim BAMF in Asylverfahren entfallen sowie das Amt des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten aufgelöst worden. Dies soll zu einer Beschleunigung der Verfahren und zu einer Vereinheitlichung der Entscheidungspraxis führen. Die Hauptinhalte des Zuwanderungsgesetzes und damit insbesondere die Regelungen, auf deren Basis ausländerrechtliche Entscheidungen getroffen werden, werden zum 1. Januar 2005 in Kraft treten.

Bundesinnenminister Otto Schily erklärte dazu in Berlin: "Mit dem Zuwanderungsgesetz wird erstmals ein Rechtsrahmen vorgegeben, durch den die Zuwanderung im Ganzen gesteuert und wirksam begrenzt werden kann. Dies ist eine historische Zäsur. Es ist ein Gesetz, das Zuwanderung entlang unserer wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Interessen in Deutschland ermöglicht." (esf/BMI)

Einzelheiten zu Inhalten des Zuwanderungsgesetzes und zu den wesentlichen Änderungen gegenüber der jetzigen Rechtslage finden sich im nachfolgenden Artikel sowie unter www.bmi.bund.de (http://www.bmi.bund.de/dokumente/
Artikel/ix_95111.htm
).

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Das Zuwanderungs-
gesetz

Was ändert sich?

In diesem Sommer hat das Zuwanderungsgesetz endlich die letzte Hürde genommen: Das jahrelang umstrittene Gesetz wurde von Bundestag und Bundesrat verabschiedet und kann somit zum 1. Januar 2005 in Kraft treten. Der zustande gekommene Kompromiss ist ohne Zweifel besser als der über zwei Jahre andauernde Schwebezustand, in dem nicht klar war, wie sich Deutschland zu Fragen der Zuwanderung und Integration positionieren will. Welche Neuerungen bringt das Gesetz?

Das Zuwanderungsgesetz ist ein umfassendes Regelwerk über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern in Deutschland.

Neue Strukturen

Die bisherigen fünf Aufenthaltstitel werden auf zwei reduziert: eine (befristete) Aufenthaltserlaubnis und eine (unbefristete) Niederlassungserlaubnis.Das neue Aufenthaltsrecht orientiert sich fortan nicht mehr an Aufenthaltstiteln, sondern an Aufenthaltszwecken: Ausbildung, Erwerbstätigkeit, Familiennachzug, humanitäre Gründe.

Viele wichtige Aufgaben werden künftig dem neuen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge(BAMF) übertragen, das aus dem bisherigen Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge hervorgeht (siehe nebenstehendes Interview). Dazu zählen u.a. die Entwicklung und Durchführung von Integrationskursen für Ausländer und Spätaussiedler, die Führung des Ausländerzentralregisters, wissenschaftliche Forschung über Migrationsfragen sowie Koordinierung der Information über die Arbeitsmigration zwischen den Ausländerbehörden, der Bundesagentur für Arbeit und den deutschen Auslandsvertretungen.

Arbeitsmigration

Hoch qualifizierte Ausländer - etwa Wissenschaftler/innen oder Computerfachleute - können von Anfang an eine unbefristete Niederlassungserlaubnis erlangen.

Eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit ist im Regelfall an die Voraussetzung geknüpft, dass der Ausländer mindestens eine Million Euro in Deutschland investiert und zehn Arbeitplätze schafft.

Student/innen wird künftig die Möglichkeit eingeräumt, nach erfolgreichem Studienabschluss bis zu einem Jahr lang in Deutschland einen Arbeitsplatz zu suchen.

Von besonderer Bedeutung ist, dass das bisherige doppelte Genehmigungsverfahren (Aufenthalt und Arbeit) durch ein internes Zustimmungsverfahren ersetzt wird. Die Arbeitgenehmigung wird künftig in einem Akt mit der Aufenthaltserlaubnis von der Ausländerbehörde erteilt, sofern die Arbeitsverwaltung intern zugestimmt hat.

Humanitäre Zuwanderung

Mit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes wird der Flüchtlingsstatus künftig auch bei nichtstaatlicher bzw. geschlechtsspezifischer Verfolgung gewährt.

Als Instrument der "Feinsteuerung" wird die Duldung beibehalten. Zur Vermeidung von sogenannten "Kettenduldungen" soll jedoch eine Aufenthaltserlaubnis bei Abschiebungshindernissen erteilt werden, wenn die Ausreisepflicht nicht innerhalb von 18 Monaten vollzogen werden konnte. Der Aufenthaltstitel soll nicht verliehen werden, wenn ein Verschulden des Ausländers vorliegt (z.B. Identitätsverschleierung).

Neu ist darüber hinaus die Aufenthaltsgewährung in Härtefällen. Danach darf die oberste Landesbehörde auf Ersuchen einer von der Landesregierung eingerichteten Härtefallkommission anordnen, dass einem vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer abweichend von sonstigen Erteilungs- und Verlängerungsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Einrichtung einer Härtefallkommission liegt im Ermessen der Länder.

Kindernachzug

An der bisherigen Regelung zum Familiennachzug wird festgehalten. Danach haben Kinder von Asylberechtigten oder Flüchtlingen nach der Genfer Flüchtlingskonvention bis zum achtzehnten Lebensjahr einen Anspruch darauf, zu ihren Eltern nach Deutschland zu ziehen. Sie müssen jedoch die deutsche Sprache beherrschen und es muss gewährleistet scheinen, dass sich das Kind aufgrund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in Deutschland integrieren kann. In den übrigen Fällen beläuft sich die Altersgrenze für den Kindernachzug auf 16 Jahre, wobei jedoch das Kindeswohl und die familiäre Situation zu berücksichtigen sind.

Integration

Mit dem Zuwanderungsgesetz wird die Integration von auf Dauer in Deutschland lebenden Ausländern in das wirtschaftliche, kulturelle und gesellschaftliche Leben in Deutschland gefördert. Somit beginnt Deutschland eine gezielte Integrationspolitik. Gegenstand dieser sind im Kern Sprach- und Integrationskurse, die die Ausländer an die Sprache, die Rechtsordnung, die Kultur und die Geschichte in Deutschland heranführen. Das Angebot gilt auch für bereits hier lebende Ausländer. Wer an den Kursen nicht teilnimmt, kann seine Aufenthaltserlaubnis verlieren oder mit der Verminderung von Sozialleistungen sanktioniert werden.

Sicherheit

Insbesondere die Sicherheitsaspekte waren Gegenstand der langwierigen Verhandlungen über das Zuwanderungsgesetz. Mit dem neuen Gesetz wird nun eine Abschiebungsanordnung gegen jene Ausländer eingeführt, die als gefährlich gelten. Diese kann von obersten Landesbehörden, in besonderen Fällen auch vom Bund ausgesprochen werden, wenn eine sogenannte "tatsachengestützte Gefahrenprognose" vorliegt.

Falls der Vollzug der Abschiebung an Abschiebungshindernissen scheitert, sollen Meldeauflagen, Einschränkungen der Freizügigkeit und strafbewehrte Kommunikationsverbote erhöhte Sicherheit bringen. Schleuser werden im Falle einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung aus Deutschland ausgewiesen. Darüber hinaus wird eine Ausweisung dann ermöglicht, wenn gesichert scheint, dass ein Ausländer einer Vereinigung angehört oder eine Vereinigung fördert, die den Terrorismus unterstützt. Ausweisungen können auch im Falle "geistiger Brandstiftung" ("Hassprediger" etc.) vollzogen werden.

Asylverfahren

Mit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes wird die aufenthaltsrechtliche Stellung von Inhabern des sog. "kleinen Asyls" der von Asylberechtigten angeglichen. Beide Gruppen erhalten zunächst einen befristeten Aufenthaltstitel, der nach drei Jahren zu einer Verfestigung führen kann, wenn die Voraussetzungen weiterhin bestehen. Das sog. "kleine Asyl" ist künftig ausgeschlossen, wenn ein Ausländer erst nach Verlassen des Heimatlandes Gründe schafft, die ein Asyl in Deutschland rechtfertigen.

Die Entscheidungsverfahren über das Asyl werden vereinfacht, das bisherige Amt eines Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten wird abgeschafft.

Spätaussiedler

Spätaussiedler und deren Familienangehörige, die nach Deutschland einwandern, müssen künftig Grundkenntnisse der deutschen Sprache nachweisen.


Autorin: Vanessa Franz, isoplan

Literaturhinweis:
Die Walhalla Verlagsgruppe hat pünktlich zur Verabschiedung des Zuwanderungsgesetzes ein neues Arbeitshandbuch "Zuwanderungs- und Freizügigkeitsrecht" veröffentlicht. Das Handbuch stellt Informationen zur schnellen und rechtssicheren Umsetzung der neuen Vorschriften bereit, erläutert Neuregelungen praxisnah an Fallbearbeitungen und enthält die kompletten Rechtsvorschriften. Darüber hinaus finden sich Merkblätter, Vordrucke und Netzwerkadressen darin.
Das Arbeitshandbuch kann zum Preis von 69 Euro bezogen werden unter: Tel.: 09 41- 56 84 0, Fax: 09 41-56 84-1 11 oder unter walhalla@walhalla.de

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Zuwanderungs-
gesetz ist ein positives Signal

Zum Beschluss des Bundesrates zum Abschluss der Debatte um das Gesetz zur Steuerung und Begrenzung von Zuwanderung (Zuwanderungsgesetz) erklärte Bernd Hemingway, der Leiter der Berliner Verbindungsstelle der International Organization for Migration (IOM) am 8. Juli 2004:

"Ich begrüße den heutigen Beschluss des Bundesrates, das Zuwanderungsgesetz zu verabschieden und den Kompromiss ab Januar 2005 umsetzen zu wollen, nachdrücklich!
Ich freue mich sehr, dass die langwierigen Diskussionen nun ein Ende haben und nun durch den lange erhofften Paradigmenwechsel mit der gemeinsamen wichtigen Arbeit in den zukunftsgestaltenden Themenbereichen Migration wie Integration begonnen werden kann. Die Bundesrepublik braucht ein aktives Migrationsmanagement, eingebettet im europäischen Rahmen. Dieses Gesetz ist ein unerlässlicher Schritt auf dem Weg dorthin. IOM wird auch weiterhin ein starker wie verlässlicher Partner in allen Bereichen des Migrationsmanagements für die Bundesrepublik sein.

Besonders begrüßen wir alle Neuregelungen zum Bereich Arbeitsmigration. Als weltweit agierende Organisation, die besonders im Bereich Arbeitsmigration tätig ist, wissen wir aus jahrzehntelanger Erfahrung: Die Integration von Migranten in nationale Arbeitsmärkte dient dem Wohle aller! Weltoffenheit nützt der deutschen Wirtschaft wie auch Deutschland generell.

Ich sehe es als großen Fortschritt an, dass Integrationsmaßnahmen besser abgestimmt werden und nach dem Grundsatz "Fördern und Fordern" verfahren wird. Der Rechtsanspruch auf einen Integrationskurs ist das politisch richtige Signal! Durch die Anerkennung der Genfer Flüchtlingskonvention für Opfer nichtstaatlicher wie geschlechtsspezifischer Verfolgung wird auch die europäische Harmonisierung der Asyl- und Flüchtlingspolitik gestärkt."

Die IOM ist die im Migrationsbereich weltweit tätige zwischenstaatliche Organisation. IOM leistet Hilfs- und Dienstleistungen im Bereich des Migrationsmanagements auf nationaler und internationaler Ebene. Zu ihren Hauptaufgabengebieten zählen:
- Migration und Entwicklung
- Förderung von Migration
- Migrationskontrolle
- Hilfe bei Flucht und Vertreibung

Der IOM gehören zur Zeit 105 Staaten als Mitglieder an, weitere 27 Staaten und 70 nicht-staatliche Organisationen haben Beobachterstatus. Die Zentrale der IOM ist in Genf/CH; IOM verfügt über 150 Büros in mehr als 100 Ländern. Seit ihrer Gründung 1951 hat die IOM weltweit über 11 Millionen Menschen bei ihrer Migration assistiert und betreut, davon mehr als einer halben Million Menschen in Deutschland.

In der Bundesrepublik Deutschland ist die IOM seit 1954 vertreten. Seit 2003 leitet Bernd Hemingway die Mission. Die Arbeitsschwerpunkte der Verbindungsstelle in Deutschland liegen in den Bereichen Freiwillige Rückkehr, Arbeitsmigration / Integration sowie Bekämpfung des Menschenhandels. (IOM)

Kontakt: IOM Berlin, Press Officer Danijela-Jelena Medved, Inselstraße 12, 
10179 Berlin, Tel: 030/27877814

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