Integration in Deutschland 4/2004, 20.Jg., 30. November 2004

STATISTIK

Ziel Deutschland

Die Zuwanderungen gehen wieder zurück

Am 1. Januar 2005 tritt das neue Zuwanderungsgesetz in Kraft, das eine umfassende Neuregelung des Aufenthaltsrechts und der Integration der Zuwanderer nach Deutschland bringen wird. Der Zeitpunkt ist Anlass, die Wanderungsbewegungen über die Grenzen Deutschlands in den letzten Jahren zu analysieren, um zu verstehen, vor welchen quantitativen Herausforderungen die Integrationspolitik der Bundesrepublik steht.

Dabei muss allerdings klar sein, dass sich das Integrationsangebot (das zugleich auch eine Aufforderung zur Annahme bedeutet) nicht nur an Neuzuwanderer richtet, sondern explizit auch an die Migranten, die sich schon länger hier aufhalten und noch "Integrationsbedarf" haben: an die sog. "Bestandsausländer" und "-aussiedler". Andererseits: auch nicht alle Zuwanderer haben gleich hohen Integrationsbedarf. Dieser hängt nicht nur von der geplanten Dauer des Aufenthalts in Deutschland ab, sondern vor allem auch von der Qualifikation, von eventuell vorhandenen Sprachkenntnissen oder von der Tatsache, ob jemand Erstzuwanderer ist oder zum wiederholten Mal nach Deutschland kommt. All diese Fälle werden unterschiedslos in der Wanderungsstatistik erfasst.

Jährlich über 800.000 Zuzüge

Nachdem in der ersten Hälfte der 90er Jahre infolge der Öffnung Osteuropas die jährlichen Zuwanderungen nach Deutschland die Millionengrenze überschritten hatten, hat sich der Zustrom von Migranten in den letzten 7 Jahren auf ein Niveau von rund 800.000 eingependelt - bei leicht fallender Tendenz. In den letzten 5 Jahren wurden jährlich rund 840.000 Zuzüge gezählt, darunter 78 % Ausländer und 22 % Deutsche. Diesem Volumen standen im gleichen Zeitraum (1999-2003) 640.000 Fortzüge gegenüber, darunter 82 % Ausländer und 18 % Deutsche. Dies ergibt einen positiven Wanderungssaldo von 200.000 Nettozuwanderern, darunter 65 % Ausländer. Anfang der 90er Jahre waren die Wanderungssalden doppelt bis dreifach so hoch: damals kumulierten sehr hohe Asylbewerberzahlen mit starken Zuzügen von Spätaussiedlern (vgl. AiD 2/03 und 1/04). Beide Trendlinien haben sich zwischenzeitlich wieder "normalisiert".

Polen wichtigstes Herkunftsland

Während in den Hauptphasen der Arbeitsmigration - also in den 60er und 70er Jahren - die Mittelmeerländer die wichtigsten Herkunfts- und Zielländer der Zu- und Fortzügler waren, hat sich in den späten 80er Jahren und vor allem in den 90er Jahren das Wanderungsgeschehen schwerpunktmäßig in die Ost-West-Richtung verlagert. Betrachtet man die letzten 3 Jahre (2001 - 2003) zusammen, so führt eindeutig Polen die Rangfolge der Herkunftsländer an, es folgen Russland, dann die Türkei vor Kasachstan und - vielleicht überraschend - den USA. Polen ist auch mit Abstand das wichtigste Ziel der Fortzügler, d. h. mit dem östlichen Nachbarn hat sich ein reger Austausch von Zu- und Abwanderungen eingespielt, der auch aus vielen temporären Aufenthalten mit befristeten Arbeitserlaubnissen herrührt (Saisonarbeiter, Werkvertragsarbeitnehmer).

Relativ geringe Rückwanderungen gibt es nach Russland und nach Kasachstan, so dass sich im Austausch mit diesen Ländern vergleichsweise hohe positive Wanderungssalden ergeben. Zwar ist die Saldenbetrachtung wichtig für die demographische Entwicklung - die Bevölkerungsvorausschätzungen des Statistischen Bundesamtes gehen in drei Varianten von Nettozuwanderungen von Ausländern in Höhe von 100.000, 200.000 und 300.000 pro Jahr aus - , die Integrationspolitik aber muss sich vorrangig auf das Volumen der Zuwanderungen konzentrieren, denn darin sind die potenziellen Bewerber für Integrationsmaßnahmen enthalten.

Verjüngung durch Zuwanderer

Mobile Personen sind im Durchschnitt jünger als die Gesamtbevölkerung eines Landes. Das trifft auch für die Zuwanderer nach Deutschland zu, das sich bekanntlich in einem Prozess der Überalterung befindet. Zwei Vergleiche verdeutlichen den Trend; 25 % aller Zuzügler im Jahr 2002 waren junge Erwachsene zwischen 18 und 25 Jahren, in der Gesamtbevölkerung liegt dieser Anteil nur bei 8 %. Von den Zuwanderern insgesamt waren 77 % unter 40 Jahre, in der Bevölkerung macht diese Altersklasse nur 48 % aus. Die Zuwanderung bremst also den Alterungsprozess etwas ab, stoppen kann sie ihn allerdings nicht.


Autor: Martin Zwick, isoplan

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