Integration in Deutschland 1/2005, 21.Jg., 31. März 2005

RECHT

Aktuelle Gesetze und Gerichtsurteile

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Das neue Arbeitserlaubnis-
recht

Die Arbeitsmigration im neuen Zuwanderungsrecht

Zentrale Fragen der Arbeitsmigration sind seit 1. Januar 2005 im Aufenthaltsgesetz (AufenthG) geregelt. Es dient laut § 1 der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern. Präzisiert werden die gesetzlichen Regelungen durch die "Verordnung zur Durchführung des Zuwanderungsgesetzes", durch die "Beschäftigungsverordnung - BeschV" sowie die "Beschäftigungsverfahrensverordnung - BeschVerfV".

Der Grundsatz lautet: Ausländische Arbeitnehmer dürfen eine Beschäftigung in Deutschland nur ausüben, wenn der Aufenthaltstitel es erlaubt (§ 4 Abs. 3 AufenthG).

Zulassungsbedingungen

Hinsichtlich der Zulassungsbedingungen ist der Qualifikationsgrad, der für die Ausübung der angestrebten Beschäftigung erforderlich ist, maßgeblich. Für Hochqualifizierte (im Sinne des § 19 AufenthG) wird der Arbeitsmarktzugang deutlich erleichtert. Hochqualifizierten kann von Anfang an ein dauerhafter Arbeitsmarktzugang in der Form einer Niederlassungserlaubnis (§ 9 AufenthG) gewährt werden. Bei dieser handelt es sich um einen unbefristeten Aufenthaltstitel. Sie berechtigt zur Ausübung jeder Erwerbstätigkeit, ist zeitlich und räumlich unbeschränkt und darf nicht mit Nebenbestimmungen versehen werden.

Für (durchschnittlich) qualifizierte und nicht qualifizierte Arbeitsplätze und Bewerber wird der Anwerbestopp vorbehaltlich genau geregelter Ausnahmen aufrechterhalten. Gleichwohl haben Gesetz- und Verordnungsgeber auch für solche Arbeitsplätze und Bewerber die Zulassungsmöglichkeiten zum Teil erleichtert. So kann etwa (nach § 16 AufenthG) die Aufenthaltserlaubnis ausländischer Studenten nach erfolgreichem Abschluss des Studiums für maximal ein Jahr zur Suche eines diesem Abschluss angemessenen Arbeitsplatzes verlängert und danach ein Beschäftigungszugang eröffnet werden.

Zulassungsverfahren

Mit dem Aufenthaltsgesetz ist auch das Verwaltungsverfahren geändert worden. Ein Kernelement der Neuregelung ist die Einführung des so genannten "one-stop-governments"-Prinzips. Dies bedeutet, dass im Bereich der Arbeitsmigration die bisher von zwei verschiedenen Behörden parallel durchgeführten Genehmigungsverfahren (zur Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung) durch eine einzige Erlaubnis ersetzt werden. Ab dem 01. Januar 2005 erteilen die Ausländerbehörden mit der Aufenthaltserlaubnis auch die Erlaubnis zur Aufnahme einer Beschäftigung, ggfls. mit Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit. Grundsätzlich ist damit die Ausländerbehörde direkter Ansprechpartner für Drittstaatsangehörige.

Eine Arbeitsgenehmigung in Form eines separaten Verwaltungsaktes gibt es weiterhin im Rahmen der Übergangsregelungen für die Staatsangehörigen aus den neuen EU-Mitgliedsstaaten. Für diese wird eine "Arbeitsgenehmigung-EU" erteilt.

Wichtig: der Aufenthaltszweck

Je nach Aufenthaltszweck ergeben sich aus der Aufenthaltserlaubnis unterschiedliche Rechtsfolgen, etwa hinsichtlich des Familiennachzuges, der Erwerbstätigkeit oder dem Zugang zu sozialen Leistungen. Der Aufenthaltszweck ist aus dem Aufenthaltstitel ersichtlich. Neben dem Aufenthalt zum Zweck der Erwerbstätigkeit (Abschnitt 4, §§ 18 ff AufenthG) sieht das AufenthG insbesondere folgende Aufenthaltszwecke vor: Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung (Abschnitt 3; §§ 16 und 17), Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen (Abschnitt 5, §§ 22 - 26 AufenthG), Aufenthalt aus familiären Gründen (Abschnitt 6, §§ 27-36 AufenthG) sowie besondere Aufenthaltsrechte (Abschnitt 7, §§ 37 und 38 AufenthG).

Zustimmungsfreie Beschäftigung

Der erste Abschnitt der Beschäftigungsverordnung regelt die Tätigkeiten, in denen auf die Zustimmung durch die Dienststellen der Bundesagentur für Arbeit verzichtet werden kann. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Beschäftigungen, für die auch nach dem bis zum 01.Januar 2005 geltenden Arbeitsgenehmigungsrecht (§ 9 Arbeitsgenehmigungsverordnung - ArGV) eine Befreiung von der Arbeitsgenehmigungspflicht vorgesehen war. Zu den seitens der Arbeitsverwaltung zustimmungsfreien Beschäftigungen zählen u.a. folgende Tätigkeiten: Aus- und Weiterbildungen (§ 2 BeschV), Beschäftigung von Führungskräften (§ 4 BeschV), Tätigkeit in Wissenschaft, Forschung und Lehre (§ 5 BeschV), Kaufmännische Tätigkeiten (§ 6 BeschV), Ferienbeschäftigungen von Studenten (§ 10 BeschV), kurzfristig entsandte Arbeitnehmer (§ 11 BeschV).

Für Arbeitsplätze oder Arbeitnehmer mit Qualifikationen unterhalb der Schwelle der Hochqualifizierten nach § 19 AufenthG erlauben die §§ 25-31 BeschV - in Anlehnung an das bisher geltende Recht - die Zulassung zu bestimmten Tätigkeiten. Diese Zulassungen können befristet oder unbefristet erfolgen. Die unbefristeten Beschäftigungsmöglichkeiten eröffnen auch die Aufenthaltsverfestigung zur Niederlassungserlaubnis nach § 9 AufenthG. Zu diesen Zulassungsmöglichkeiten zählen insbesondere die:

  • Zeitliche begrenzte Zulassung von Sprachlehrern und Spezialitätenköchen (§ 26 BeschV);

  • Zulassung von IT-Fachkräften (§ 27 BeschV). Die als "Green Card" bekannte bisherige Regelung wird als Zulassung zu qualifizierten Beschäftigungen im IT-Bereich fortgeführt;

  • Zulassung von leitenden Angestellten und Spezialisten (§ 28 BeschV);

  • Zulassung von Pflegekräften (§ 30 BeschV);

  • Zulassung im internationalen Personalaustausch (§ 31 BeschV).

Zweck der Beschäftigungsverfahrensverordnung ist es, sowohl für alle Zustimmungen der Arbeitsverwaltung geltende Zuständigkeits- und Verfahrensregelungen zu treffen als auch den Arbeitsmarktzugang von im Inland lebenden Ausländern zu regeln. Im ersten Abschnitt (§§ 1-4 BeschVerfV) sind die Grundsätze für zustimmungsfreie Beschäftigungen geregelt. Abschnitt 2 (§§ 5-9 BeschVerfV) normiert Zustimmungen zu Erlaubnissen zur Ausübung einer Beschäftigung ohne Vorrangprüfung. Der dritte Abschnitt (§§ 10 und 11 BeschVerfV) hat die Zulassung von geduldeten Ausländern zur Ausübung einer Beschäftigung zum Inhalt.

Die Verordnung sieht im zweiten Teil Zuständigkeits- und Verfahrensregeln über die Zustimmung zur Ausübung einer Beschäftigung durch die Bundesagentur für Arbeit vor. Ein abschließender dritter Teil (Schlussvorschriften, §§ 15 - 17 BeschVerfV) legt insbesondere Übergangsbestimmungen und das Inkrafttreten der Verordnung zum 01. Januar 2005 fest.

Wer als Arbeitgeber ausländische Arbeitnehmer ohne entsprechenden Aufenthaltstitel mit Arbeitsmarktzugang beschäftigt, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße von bis zu 500.000 €Euro geahndet werden kann (§ 404 Abs. 2 Nr. 3 SGB III). Wird diese Handlung vorsätzlich begangen und erfolgt eine Beschäftigung von ausländischen Arbeitnehmern in größerem Umfang und/oder zu Arbeitsbedingungen, die in einem auffälligen Missverhältnis zu den Arbeitsbedingungen vergleichbarer deutscher Arbeitnehmer stehen, kann dies als Straftat mit einer Freiheitsstrafe geahndet werden (§§ 10, 11 SchwarzArbG). Der ausländische Arbeitnehmer begeht ohne die vorherige Einholung eines geeigneten Aufenthaltstitels eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße von bis zu 5.000 €Euro geahndet werden kann (§ 404 Abs. 2 Nr. 4 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - SGB III).


Autor: Dr. Torsten Christen, Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit

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Einbürgerung hinfällig bei Doppelstaatlern

 

Saarbrücken/Düsseldorf. Viele türkischstämmige Personen haben sich in Deutschland einbürgern lassen und dafür ihre türkischen Staatsangehörigkeit aufgegeben, diese jedoch nach dem 31.12.1999 beantragt und wiedererworben. Auch andere Gruppen, wie etwa vor 1991 aus der Sowjetunion Ausgesiedelte, haben sich seit dem 1.1.2000 neue Pässe der Nachfolgestaaten ausstellen lassen. Die ursprüngliche Einbürgerung ist mit Annahme einer anderen Staatsangehörigkeit jedoch hinfällig geworden. Denn seit dem neuen Staatsangehörigkeitsrecht vom 1.1.2000 geht die deutsche Staatsangehörigkeit sofort verloren, ohne dass es auf die Kenntnis des Betroffenen oder der deutschen Behörden ankommt.

Den deutschen Behörden ist zum Beispiel bei der Beantragung eines neuen Personalausweises, der Anmeldung einer Eheschließung, dem Familiennachzug oder der Einbürgerung des Ehegatten vereinzelt bekannt geworden, dass Eingebürgerte nachträglich ihre frühere Staatsangehörigkeit freiwillig wiedererworben haben. Zwar sind alle Ausländer/innen ab dem 1.1.2000 bei ihrer Einbürgerung mit einem bundeseinheitlichen Merkblatt sowie in Gesprächen über diese einschneidenden Folgen unterrichtet worden. Dennoch ist vielen die neue Rechtslage nicht bewusst, zumal bis Ende 1999 der Erwerb einer weiteren Staatsangehörigkeit folgenlos möglich war, sofern der ständige Aufenthaltsort Deutschland blieb.

Auch in Nordrhein-Westfalen haben eingebürgerte Deutsche automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit verloren, weil sie eine weitere Staatsangehörigkeit beantragt und erworben haben, teilte das Innenministerium in Düsseldorf am 12. Februar 2005 mit. "Betroffene sollten sich so rasch wie möglich bei ihrer Ausländer- oder Einbürgerungsbehörde beraten lassen", riet Innenminister Dr. Fritz Behrens. Das Innenministerium hat die zuständigen Ausländer- und Einbürgerungsbehörden jetzt darüber informiert, welche rechtlichen Möglichkeiten es in solchen Fällen gibt und darum gebeten, auf dieser Grundlage zu beraten. "Die Ausländerbehörden werden bei ihrer Entscheidung wohlwollend berücksichtigen, dass die Eingebürgerten bereits seit vielen Jahren rechtmäßig in Deutschland gewohnt haben", versprach Behrens.

"Eine generelle Amnestie für die Betroffenen ist nicht möglich, da der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit vom Gesetz zwingend vorgegeben ist", erklärte Behrens. Notwendig sei also ein erneutes Einbürgerungsverfahren, bei dem allerdings jeder Einzelfall wohlwollend geprüft werde. Voraussetzung für dieses Verfahren sei zunächst, dass die früher Eingebürgerten, "die ja jetzt wieder Ausländer sind", einen Aufenthaltstitel erlangen. In einigen Fällen können ihm zufolge die Voraussetzungen für eine sofortige Wiedereinbürgerung erfüllt sein. Andere müssten bis dahin eine Wartezeit von drei Jahren überbrücken. In jedem Fall gelte auch für eine erneute Einbürgerung, dass grundsätzlich die fremde Staatsangehörigkeit vorher aufgegeben werden müsse und dass die besonderen sicherheitsbezogenen Voraussetzungen zu beachten seien. (esf)

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Kein Anrecht auf Familienasyl für nur religiös Verheiratete

 

Frankfurt a.M. Ehepartner, die in einer nach religiösem Ritus geschlossenen Ehe leben, die staatlich jedoch nicht anerkannt ist, haben in Deutschland keinen Anspruch auf Familienasyl. Das Bundesverwaltungsgericht wies Mitte Februar 2005 die Revision einer staatenlosen Kurdin aus Syrien zurück, berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z. vom 23.02.05). Sie habe ihren Mann - ein anerkannter Asylbewerber mit dem sie drei Kinder hat - in Syrien nach yezidischem Ritus geheiratet. Der syrische Staat erkenne eine solche religiöse Ehe aber nicht an. Die Yeziden sind eine sehr alte Religionsgemeinschaft, die in Syrien - wie in der Türkei und bislang auch im Irak - Opfer der Arabisierungs- bzw. Türkisierungspolitik des Staates sind. Letztere gelten - anders als Yeziden aus Syrien - in Deutschland in der Regel als gruppenverfolgt. Das Bundesverwaltungsgericht stellte fest, die Klägerin könne, wie alle staatenlosen Kurden, die Syrien "illegal verlassen", nicht mehr nach Syrien zurückkehren. Dieses Rückkehrverbot beruhe nicht auf politischen Gründen. Deshalb sei Syrien nicht mehr der Staat des gewöhnlichen Aufenthalts der Klägerin und damit nicht mehr Verfolgerstaat im Sinne des Asylrechts (Az.: 1 C 17.03). (esf)

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Vorerst keine Abschiebungen in Flutregionen

 

Berlin. Bundesminister Schily hat seinen Länderkollegen Mitte Januar 2004 in einem Rundschreiben empfohlen, für einen Zeitraum von zunächst drei Monaten keine Abschiebungen nach Sri Lanka, Somalia, zu den Malediven, in die indonesische Provinz Aceh sowie in die von der Flutkatastrophe betroffenen Regionen Indiens durchzuführen. Dies entspricht einer Anregung des UNHCR und der Haltung anderer europäischer Staaten. Damit soll nach dem Willen Schilys Rücksicht genommen werden auf die verheerenden Schäden in den Krisengebieten sowie auf die Wiederaufbauarbeiten. (BMI)

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Beschneidung droht - Ausweisung gestoppt

 

Kassel/Berlin. Das Verwaltungsgericht Kassel hat Anfang Februar 2005 die Abschiebung dreier Mädchen nach Togo gestoppt, weil ihnen dort die Zwangsbeschneidung droht. Das Einwanderungsgesetz gewähre Abschiebeschutz auch, wenn die Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit allein ans Geschlecht anknüpfe, begründete das Gericht. Dies berichtete die tageszeitung (taz vom 09.02.05) auf der Grundlage einer dpa-Meldung (Az.: 2 G 138/05.A). (esf)

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Schily verbietet türkischen Verlag Yeni Akit

 

Berlin. Bundesinnenminister Otto Schily hat die in Mörfelden-Walldorf ansässige Yeni Akit GmbH verboten. Die Gesellschaft ist Verlegerin der türkischsprachigen Europa-Ausgabe der "Anadoluda Vakit" (deutsch: "Die Zeit in Anatolien"). Dies teilte das Ministerium am 25. Februar 2005 mit. Die Zeitung publizierte in der Vergangenheit mehrfach volksverhetzende Artikel, die sich insbesondere gegen den Staat Israel, Juden und die westliche Gesellschaftsordnung richteten. Das Verbot wurde sofort vollzogen. In enger Zusammenarbeit mit dem Bundesland Hessen wurden Beweismaterial und Vermögenswerte der Yeni Akit GmbH beschlagnahmt. Die Zeitung erschien bis Ende 2004 in einer Auflage von etwa 10.000 Exemplaren.

Dazu erklärt Bundesinnenminister Schily: "Die Yeni Akit GmbH verbreitet unter dem Deckmantel angeblich ‚seriöser Berichterstattung' anti-jüdische und anti-westliche Hetze." Es sei für eine wehrhafte Demokratie nicht hinnehmbar, dass eine Organisation durch derartige "Berichterstattung" den in Deutschland lebenden türkischsprachigen Leserkreis durch anti-jüdische und anti-westliche Propaganda aufhetze. Wie die Vielzahl der erschienenen Artikel deutlich aufzeige, handele es sich hierbei nicht um Einzelfälle, sondern "um eine systematisch betriebene Volksverhetzung, die ich keinesfalls dulden werde", sagte Schily. Trotz einer Vielzahl von Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft in den vergangenen Jahren haben sich der Gesellschafter und die Geschäftsleitung des Verlags nach Angaben des Ministers "keineswegs einsichtig gezeigt, sondern vielmehr die Intensität und Häufigkeit der Artikel volksverhetzenden Inhalts spürbar verschärft". Die grundrechtlich garantierte Meinungs- und Pressefreiheit habe einen hohen Stellenwert; angesichts der wiederholten Angriffe gegen die Menschenwürde einzelner Volksgruppen in den Artikeln der "Anadoluda Vakit" sei das Verbot gleichwohl "erforderlich und angemessen". Rechtsgrundlage für das Verbot sind die §§ 3 und 17 VereinsG in Verbindung mit § 130 StGB (Volksverhetzung). Nach Angaben des Innenministeriums wird damit erstmals im Zusammenhang mit volksverhetzenden Äußerungen aus islamistischen Kreisen eine Kapitalgesellschaft verboten. (esf/BMI)

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Kopftuchverbote: Fortsetzung

 

Düsseldorf. In Nordrhein-Westfalen wird es vorerst kein generelles Kopftuchverbot für muslimische Lehrerinnen geben. SPD, Grüne und FDP lehnten am 17. März 2005 im Landtag den auf ein Kopftuchverbot zielenden Gesetzentwurf der CDU aus verfassungsrechtlichen Bedenken ab. Schulministerin Ute Schäfer (SPD) sieht wegen der geringen Zahl von Lehrerinnen mit Kopftuch in Nordrhein-Westfalen "momentan keinen dringenden Handlungsbedarf für eine gesetzliche Regelung". Die CDU hatte gefordert, Lehrern religiöse und weltanschauliche Bekundungen zu verbieten, die mit der Menschenwürde und Gleichberechtigung von Mann und Frau nicht zu vereinbaren seien. Christliche Symbole, wie das Tragen von Priester- und Nonnentracht, sollten von dem Verbot ausdrücklich ausgenommen sein. Redner von SPD, FDP und Grünen betonten, eine solche Bevorzugung des Christentums sei mit der Verfassung nicht vereinbar. Die SPD ist beim Thema Kopftuchverbot gespalten. Ein Teil der Fraktion sei für ein Verbot, der andere dagegen, sagte eine Abgeordnete. Auch in der FDP gibt es keine einheitliche Position, während die Grünen ein Kopftuchverbot ablehnen.

Ende März will die Landtagsfraktion der hessischen CDU einen Entwurf einbringen, nach dem das Kopftuch aus dem gesamten öffentlichen Dienst verbannt werden soll. Bislang ist es nur Beamtinnen verboten. Während die hessische SPD den Entwurf noch prüft, kommt von den Grünen einhellige Ablehnung. Keinen Handlungsbedarf sehen derweil die ostdeutschen Länder. Auch Hamburg und Schleswig-Holstein halten eine gesetzliche Regelung nicht für notwendig - wenngleich Forderungen danach in der Hamburger CDU nicht verstummen. In Bremen will die Große Koalition aus SPD und CDU bis Ende März in öffentlichen Foren darüber diskutieren lassen, bevor die Regierung eine Entscheidung trifft. Zuletzt hatte Bayern am 11. November 2004 Lehrkräften das Tragen von Kleidungsstücken verboten, die "als Ausdruck einer Haltung verstanden werden können, die mit den verfassungsrechtlichen Grundwerten und Bildungszielen der Verfassung einschließlich den christlich-abendländischen Bildungs- und Kulturwerten nicht vereinbar ist". (esf)

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Integrations-
beauftragte drängen auf Gesetz

 

Magdeburg. Die Ausländer- und Integrationsbeauftragten der Bundesländer haben auf ihrer am 18. März 2005 in Magdeburg zu Ende gegangenen Frühjahrskonferenz die zügige Verabschiedung des Antidiskriminierungsgesetzes gefordert. Der Beschluss hat folgenden Wortlaut:

1. Die Konferenz der Beauftragten der Länder für Integration und Migration hält die zügige Verabschiedung eines Antidiskriminierungsgesetzes für überfällig. Erfahrungen in anderen europäischen Ländern zeigen, dass Diskriminierungen mit Hilfe eines solchen Gesetzes wirksam begegnet werden kann. Sie sehen darin einen Beitrag auf dem Weg zu einer diskriminierungsfreien Gesellschaft, eine Verpflichtung auf Grundlage der Menschenrechte und eine Unterstützung bei der Integration der hier lebenden Menschen unterschiedlicher Herkunft, Religion und Weltanschauung.

2. Das Antidiskriminierungsgesetz ist überfällig, um die auch von Deutschland mit beschlossenen EU-Richtlinien umzusetzen und es schafft Rechtssicherheit zur Durchsetzung des vom Grundgesetz gebotenen Gleichheitsgrundsatzes.

3. Für die Ausländer-, Integrations- und Migrationsbeauftragten der Länder ist der bessere Schutz vor Diskriminierungen eine entscheidende Voraussetzung, die gleichberechtigte Teilhabe der Migrantinnen und Migranten sicherzustellen. Die von Kritikern befürchtete bevorstehende Klageflut lässt sich nach Meinung der Ausländerbeauftragten weder aus ähnlichen Vorgaben der Vergangenheit noch aus Erfahrungen der anderen europäischen Länder ableiten. Dort, wo diskriminierungsfrei gearbeitet wird, wird es mehr Vertrauen und mehr Transparenz geben.

4. Die Ausländerbeauftragten fordern die Bundesregierung auf, bei der Umsetzung der durch die EU-Richtlinie geforderten "Unabhängigen Stelle" eine enge Kooperation mit den Ländern und den Nichtregierungsorganisationen sicherzustellen.

Elke Pohl, Büro des Integrationsbeauftragten des Berliner Senats

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