Integration in Deutschland 2/2005, 21.Jg., 15. Juni 2005

GLOSSE

Gini, oh Gini

 

Kennen Sie den so genannten Gini-Koeffizienten? Nein? Auch nicht schlimm. Er ist ein statistisches Maß für Ungleichheit, entwickelt von einem italienischen Statistiker namens Corrado Gini. Er beschreibt auf einer Skala von 0 bis 1 die Relation zwischen einer empirischen Kurve und der Gleichverteilungs-Diagonalen. Je höher der Wert, umso ungleicher die Verteilung. Verstanden? Nein? Ist doch ganz einfach: haben die einen alles und die anderen nix, sagen wir mal in Swasiland, dann ist der Wert = 1; haben alle gleich viel (oder auch gleich wenig), ist der Wert = 0.

Warum ich Ihnen das erzähle? Na ja, schauen Sie mal in den "2. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung", der kürzlich im Bundestag vorgestellt wurde. Da kann man schon viel Interessantes entdecken: so lag z.B. der Gini-Koeffizient der Verteilung des Nettovermögens in Deutschland 2003 bei 0,68. Ganz schön ungleichgewichtig (siehe oben) und dazu noch in der Tendenz steigend. Gini, o Gini, möchte man sagen: 50 % der Haushalte in Deutschland verfügen gerade mal über 4 % des Nettovermögens, auf die oberen 10 % der Haushalte entfallen fast 47 %. 9,3 % der Haushalte leben in "dauerhafter Armut". 3,13 Mio. Haushalte sind laut Bericht überschuldet.

Hoch ist das so genannte "Armutsrisiko", vor allem natürlich der Arbeitslosen, aber auch einer zunehmenden Zahl junger Menschen und nicht zuletzt der Migranten. So ist das Armutsrisiko von Personen mit Migrationshintergrund zwischen 1998 und 2003 von 19,6 % auf 24 % gestiegen. Es liegt damit deutlich über der Armutsrisikoquote der deutschen Bevölkerung (12,4 %). Betroffen sind vor allem Zuwanderer türkischer Herkunft, dabei überdurchschnittlich viele Jüngere, Ältere und Frauen. Hauptursache hierfür, stellt der Bericht der Bundesregierung lapidar fest, ist die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit unter Migrantinnen und Migranten: bei einer durchschnittlichen Arbeitslosenquote von 20,4 % beläuft sich der Langzeitarbeitslosenanteil auf 33,4 %. Soviel zur "Armutsseite".

Auf der anderen Seite der Skala sieht es schon wesentlich freundlicher aus. Zwar steht, wie der Bericht betont, die "jüngere deutsche Reichtumsforschung vor ausgeprägten konzeptionellen Hürden"...und "es besteht kein Konsens darüber, was Reichtum an Vermögen konkret sein soll" (S. 45). Tröstlich ist aber immerhin, dass "von 1998 bis 2003 eine Steigerung der Anzahl der Privathaushalte mit einem Nettogesamtvermögen ab einer Million DM bzw. 511.292 Euro von rund 1,1 auf rund 1,6 Mio." festgestellt werden kann. Gini lässt grüßen.


Autor: Dr. Manfred Werth, isoplan

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