Integration in Deutschland 3/2005, 21.Jg., 20. September 2005

RECHT

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Die neuen Aufenthaltstitel

 

Mit den Neuregelungen des am 01.01.2005 in Kraft getretenen Zuwanderungsgesetzes wurden die aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen vereinfacht und an das europäische Recht angepasst. Hierzu wurde die Zahl der Aufenthaltstitel von fünf auf drei reduziert sowie die Aufenthaltsgenehmigung-EU abgeschafft und durch eine deklaratorische Bescheinigung des Aufenthaltsrechtes ersetzt.

Reduzierung der Aufenthaltstitel

Das Aufenthaltsgesetz (AufenthG) sieht nur noch die drei Aufenthaltstitel Visum, Aufenthaltserlaubnis und Niederlassungserlaubnis vor. Die stets befristet zu erteilende Aufenthaltserlaubnis ersetzt die befristeten Aufenthaltstitel nach dem Ausländergesetz: Aufenthaltserlaubnis, Aufenthaltsbewilligung und Aufenthaltsbefugnis. Die unbefristete Niederlassungserlaubnis tritt an die Stelle der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis und der Aufenthaltsberechtigung. Während das Visum nach dem Ausländergesetz nur als eine Form des jeweiligen Aufenthaltstitels begriffen wurde, ist es als Konsequenz aus den gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen zum Visaverfahren nunmehr als selbständiger Aufenthaltstitel ausgestaltet.

Aus dieser Systematik folgt auch die Fortgeltung der vor dem 01.01.2005 erteilten unbefristeten Aufenthaltstitel als Niederlassungserlaubnis; die befristeten gelten fort als Aufenthaltserlaubnis, entsprechend dem ihrer Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt, z. B. die für ein Studium erteilte Aufenthaltsbewilligung als Aufenthaltserlaubnis nach § 16 AufenthG.

Bindung an den Aufenthaltszweck

Der Aufenthaltstitel wird zu den im Aufenthaltsgesetz genannten Aufenthaltszwecken erteilt und ist demgemäß an den jeweils der Erteilung zu Grunde liegenden Zweck gebunden. Diese Aufenthaltszwecke sind (nach den Abschnitten von Kapitel 2 des AufenthG):
1. Einreise (Abschnitt 2)
2. Ausbildung (Abschnitt 3)
3. Erwerbstätigkeit (Abschnitt 4)
4. Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen (Abschnitt 5)
5. Aufenthalt aus familiären Gründen (Familiennachzug) (Abschnitt 6)
6. Besondere Aufenthaltsrechte (Abschnitt 7)

Allgemeine Voraussetzungen und erweiterter Regelungsgehalt

Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen gelten für alle Aufenthaltstitel gleichermaßen (§ 5), sie werden durch spezifische Voraussetzungen für den jeweiligen Aufenthaltszweck ergänzt.

Der Aufenthaltstitel hat seit dem 01.01.2005 einen erweiterten Regelungsinhalt, da sich nach ihm nun auch die Berechtigung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit bestimmt (§ 4 Abs. 2). Damit entfällt die bisherige Arbeitsgenehmigung der Bundesagentur für Arbeit (Ausnahme für EU-(Neu-)Bürger siehe unten). Während für Visum und Aufenthaltserlaubnis die Entscheidung über die Zulassung einer Erwerbstätigkeit im Verfahren des "one-stop-governments" durch die Ausländerbehörde im Einzelfall zu treffen ist, gilt bei Besitz einer Niederlassungserlaubnis die uneingeschränkte Berechtigung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit kraft Gesetzes. In bestimmten Fällen gilt dies aber auch für die Aufenthaltserlaubnis, nämlich wenn diese an aus dem Ausland aufgenommene Personen (§ 22 Satz 3), an anerkannte Asylberechtigte und Konventionsflüchtlinge (§ 25 Abs. 1 Satz 3 bzw. Abs. 2 Satz 2), zum Familiennachzug (sofern dem Ausländer, zu dem der Nachzug erfolgt, die Erwerbstätigkeit erlaubt ist, § 28 Abs. 5), als eigenständiges Aufenthaltsrecht nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft (§ 31 Abs. 1 Satz 2), an zur Wiederkehr berechtigte Ausländer (§ 37 Abs. 1 Satz 2) oder an ehemalige Deutsche (§ 38 Abs. 4) erteilt wird.

Visum

Der Aufenthaltstitel Visum kann als sogenanntes Schengen-Visum erteilt werden, das innerhalb eines sechsmonatigen Zeitraums zu einem bis zu dreimonatigen Aufenthalt in den Vertragsstaaten des Schengener Durchführungsübereinkommens berechtigt. Für einen längeren Aufenthalt ist ein nationales Visum vorgesehen, das nur zum Aufenthalt im ausstellenden Staat und zur Durchreise dorthin berechtigt. Die Erteilung eines aus Schengen und nationalem Visum kombinierten Einreisetitels ist möglich, wenn während der ersten Zeit des Aufenthaltes voraussichtlich auch Reisen in andere Schengen-Staaten, z. B. Geschäftsreisen erfolgen sollen. Daneben gibt es Visa für die Durchreise und den Flughafentransit.

Aufenthaltserlaubnis

Die Erteilung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis ist auch weiterhin der Regelfall für die Begründung eines legalen längerfristigen Aufenthalts im Bundesgebiet. Die jeweiligen Erteilungsvoraussetzungen bestimmen sich nach denen des Aufenthaltszwecks, die die allgemeinen Voraussetzungen nach § 5 ergänzen (z. B. durch die in § 21 genannten weiteren Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit). Für die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis gelten die selben Voraussetzungen wie für ihre Erteilung. Grundsätzlich ist ein Wechsel des Aufenthaltszwecks möglich, sofern keine besonderen Regelungen gelten (z. B. während des Studiums, § 16 Abs. 2; der beruflichen Aus- und Weiterbildung, § 17 Satz 3 oder für Asylbewerber, § 10). Der Wechsel von einem Touristenaufenthalt zu einem langfristigen Aufenthaltszweck ist nur möglich, wenn ein Anspruch auf Erteilung des anderen Aufenthaltstitels besteht (§ 39 Nr. 3 Aufenthaltsverordnung).

Neu ist, dass die Verletzung der Teilnahmepflicht an einem Integrationskurs bei der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zu berücksichtigen ist und auch zur Ablehnung der Verlängerung führen kann (§ 8 Abs. 3).

Studienabsolventen und Selbständige

Die neu eingeführte Möglichkeit der Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis bis zu einem Jahr nach erfolgreichem Abschluss eines Studiums zur Suche eines angemessenen Arbeitsplatzes schafft die generelle Möglichkeit, in Deutschland ausgebildete ausländische Akademiker im Land zu halten und so deren Potenzial für die hiesige Wirtschaft zu nutzen. Während der Arbeitsplatzsuche kann - sofern die Bundesagentur für Arbeit im internen Verfahren gegenüber der Ausländerbehörde zustimmt - zur Bestreitung des Lebensunterhalts auch eine andere Erwerbstätigkeit aufgenommen werden. Der Wechsel des Aufenthaltszwecks vom Studium zur Erwerbstätigkeit ist jedoch nur möglich, wenn ein dem Studienabschluss adäquater Arbeitsplatz angenommen wird.

Mit § 21 ist zudem erstmals eine eigenständige Rechtsgrundlage für den Aufenthalt von Selbständigen geschaffen worden. Die relativ hohen Anforderungen, die durch die Erteilungsvoraussetzungen und Regelbeispiele genannt werden, betonen, dass nur das öffentliche Interesse ausschlaggebend für die Aufenthaltsgewährung sein kann und beispielsweise nicht allein der Wunsch des Ausländers, künftig "sein eigener Chef" zu sein. Allerdings lässt die Vorschrift genügend Raum für eine sachgerechte Ermessensentscheidung im Einzelfall, wenn z. B. in einer strukturschwachen Region auch bei einem Unterschreiten der im Gesetz genannten Investitionssumme und Zahl der Arbeitsplätze ein allgemeines wirtschaftliches Interesse an der geplanten Tätigkeit besteht.

Niederlassungserlaubnis

Die Niederlassungserlaubnis (§ 9) berechtigt zur unselbständigen und selbständigen Erwerbstätigkeit, ist grundsätzlich zeitlich und räumlich unbeschränkt und darf nicht mit Nebenbestimmungen versehen werden. Auf die Erteilung dieses Titels besteht bereits nach fünfjährigem Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ein Anspruch, wenn 60 Monate Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung oder vergleichbare Beiträge gezahlt wurden und weitere Voraussetzungen erfüllt sind. Als Titel, der die Aufenthaltsverfestigung dokumentiert, wird so auch der Nachweis ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache und Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet verlangt; diese können durch den erfolgreichen Abschluss eines Integrationskurses nachgewiesen werden.

Zeiten des Besitzes einer befristeten Aufenthaltsgenehmigung vor dem 01.01.2005 können auf die Wartefrist für eine Niederlassungserlaubnis grundsätzlich nicht angerechnet werden, wenn schon nach dem Ausländergesetz die spätere Aufenthaltsverfestigung ausgeschlossen war (z. B. bei Aufenthaltsbewilligung zum Studium). Lediglich der Besitz einer Aufenthaltsbefugnis (oder einer Duldung) vor dem 01.01.2005 kann auf die siebenjährige Wartefrist für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis aus humanitären, völkerrechtlichen oder politischen Gründen angerechnet werden (§ 102 Abs. 2).

Hochqualifizierte Ausländer und weitere besondere Regelungen

Hochqualifizierten Ausländern kann von Beginn ihres Aufenthalts an eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden (§ 19 Abs. 1). Die Regelung zielt auf Spitzenkräfte der Wirtschaft und Wissenschaft mit einer herausragenden beruflichen Qualifikation, um so Deutschland als Zielland für diesen weltweit umworbenen Personenkreis attraktiv zu machen. In § 19 Abs. 2 sind Regelbeispiele genannt, in denen vom Vorliegen des Kriteriums der "Hochqualifikation" auszugehen ist und die als Maßstab für andere Fälle herangezogen werden können. Deutlich wird hierbei, dass nicht jeder Akademiker per se dieses Kriterium erfüllt und so wird für die ganz überwiegende Zahl dieser Fälle eher eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Erwerbstätigkeit nach § 18 Abs. 2 und 4 AufenthG i. V. m. § 27 Nr. 1 bis 3 Beschäftigungsverordnung in Betracht kommen.

Neben den Hochqualifizierten kann nur noch an aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung der politischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland aufgenommenen Personen von Beginn an eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden. Diese kann ausnahmsweise mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage versehen werden. Derzeit fallen unter diese Regelung nur Immigranten aus der ehemaligen Sowjetunion, die im hierfür vorgesehenen Verfahren einreisen (§ 23 Abs. 2).

Besondere Regelungen für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis gelten außerdem für Selbständige (§ 21 Abs. 4), Asylberechtigte und Konventionsflüchtlinge (§ 26 Abs. 3), sonstige aus humanitären, völkerrechtlichen oder politischen Gründen Aufgenommene (§ 26 Abs. 4), Familiennnachzug zu Deutschen (§ 28 Abs. 2), ein eigenständiges, unbefristetes Aufenthaltsrecht von Kindern (§ 35) und ehemalige Deutsche (§ 38). In diesen Fällen gelten die dort jeweils genannten Voraussetzungen zusammen mit den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5. Dagegen ist § 9 Abs. 2 auf diese Sonderfälle nicht anwendbar (mit Ausnahme von § 26 Abs. 4).

EU-Bürger

EU-Bürger benötigen nurmehr eine deklaratorische Bescheinigung über das gemeinschaftliche Aufenthaltsrecht, die von Amts wegen (d. h. ohne Antragserfordernis) zu erteilen ist; Familienangehörige, die keine EU-Bürger sind, erhalten von Amts wegen eine Aufenthaltserlaubnis-EU (§ 5 Freizügigkeitsgesetz/EU). Für Staatsangehörige der am 2004 der EU beigetretenen mittel- und osteuropäischen Staaten (somit nicht für Malta und Zypern) gelten jedoch Übergangsvorschriften, sofern sie eine unselbständige Beschäftigung aufnehmen oder selbständig Dienstleistungen im Baugewerbe einschließlich verwandter Wirtschaftszweige, der Reinigung von Gebäuden, Inventar und Verkehrsmitteln sowie als Innendekorateure erbringen wollen. Die gemeinschaftsrechtliche Freizügigkeit und eine Bescheinigung hierüber erhalten sie für diese Aufenthaltszwecke nur dann, wenn ihnen zuvor die Bundesagentur für Arbeit eine Arbeitsgenehmigung-EU erteilt hat (§ 13 Freizügigkeitsgesetz/EU).

Türkische Staatsangehörige

Türkische Staatsangehörige unterliegen den selben Einreisebestimmungen wie andere Nicht-EU-Bürger. Bei ordnungsgemäßer Beschäftigung auf dem inländischen Arbeitsmarkt genießen sie auf Grund des Assoziationsrechts EU/Türkei nach bestimmten Fristen einen privilegierten weiteren Zugang zu diesem, woraus sich ein entsprechendes Aufenthaltsrecht ableitet. Dieses müssen sie durch eine deklaratorische Aufenthaltserlaubnis nachweisen (§ 4 Abs. 5)

Bescheinigungen, die keine Aufenthaltstitel sind

Asylbewerber erhalten wie bisher für die Dauer des Asylverfahrens eine Aufenthaltsgestattung, die selbst keinen Aufenthaltstitel darstellt (§ 55 Asylverfahrensgesetz). Die Duldung ist ebenfalls kein Aufenthaltstitel, sondern weist nur die vorübergehende Aussetzung der bestehenden Ausreisepflicht nach (§ 60a). Zur Vermeidung sog. Kettenduldungen soll nun-mehr aber nach 18 Monaten des Besitzes einer Duldung eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn mit dem Wegfall der rechtlichen oder tatsächlichen Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist und der Ausländer diese nicht selbst zu vertreten hat (§ 25 Abs. 5).


Autor: Peter Derst, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge

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Broschüre zum Aufenthaltsrecht

 

Stuttgart. Am 1. Januar 2005 trat in der Bundesrepublik das neue Zuwanderungsgesetz in Kraft. Die Landeshauptstadt Stuttgart hat im April 2005 die Broschüre "Das neue Aufenthaltsrecht" mit den wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema veröffentlicht. Die handliche 74-seitige Broschüre erläutert die unterschiedlichen Möglichkeiten des Aufenthalts und enthält die wichtigsten Änderungen durch das neue Gesetz. Des Weiteren beantwortet die Broschüre Fragen zur Integration und zu Übergangsregelungen. (mg)

Bezug: 
Landeshauptstadt Stuttgart, Stabsabteilung für Integrationspolitik, Eberhardstr. 61, 70173 Stuttgart, Tel.: 0711/216-7896, Fax: -5640, S/IP@stuttgart.de 

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Kopftuchverbot in Bremen

 

Bremen. Lehrerinnen dürfen an den Schulen in Bremen künftig kein Kopftuch tragen. Ein entsprechendes Verbot hat die Bürgerschaft am 24. Juni 2005 beschlossen. SPD und CDU stimmten für, die Grünen gegen die Änderung des Schulgesetzes. Im Schulgesetz heißt es nun, die öffentlichen Schulen "haben religiöse und weltanschauliche Neutralität zu wahren". Auch das äußere Erscheinungsbild der Lehrkräfte dürfe die religiösen und weltanschaulichen Empfindungen von Schülern und Eltern nicht stören oder Spannungen erzeugen und so den Schulfrieden gefährden. In der Debatte betonte Bildungssenator Willi Lemke, er wolle verhindern, dass an den Schulen Kinder ausgegrenzt werden. "Das Kopftuch verbindet nicht Menschen, sondern es trennt." Für Referendare gilt das Verbot nach der Gesetzesnovelle nur, wenn sie Unterricht erteilen.

Das Verwaltungsgericht Bremen hatte am 20. Mai 2005 das Land in einem Urteil gezwungen, eine Kopftuch tragende Muslimin zum Vorbereitungsdienst für das Lehramt zuzulassen. Es hatte seine Eilentscheidung damit begründet, dass es für einen Ausschluss der angehenden Lehrerin vom Referendariat in Bremen keine gesetzliche Grundlage gebe. Die Schulbehörde hatte der Uni-Absolventin der Fächer Deutsch und Religionskunde einen Referendariatsplatz verweigert, nachdem diese sich nicht schriftlich verpflichten wollte, im Fach "Biblische Geschichte" auf das Kopftuch zu verzichten. Die Frau war vor Gericht gezogen, weil sie ihre Grundrechte verletzt sah. Die Kammer gab der Bewerberin nun Recht und begründete seine Entscheidung damit, dass das Land nach dem Kopftuch-Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom September 2003 keine eigene Regelung zu dem Thema beschlossen habe. Solange es an einer solchen Neubestimmung fehle, könne man es einer Kopftuch tragenden Bewerberin nicht verwehren, ihre Ausbildung als Lehrerin abzuschließen, argumentierte das Gericht. Die Schulbehörde war hingegen der Ansicht, dass eine Kopftuch tragende Referendarin den Unterricht im Fach "Biblische Geschichte" unglaubwürdig erscheinen lasse. Es handelt sich dabei um ein staatlich angebotenes Unterrichtsfach, das sich laut Bremischer Verfassung an christlichen Werten orientieren soll. (esf)

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Erzieherin suspendiert wegen Kopftuch

 

Ebersbach. Eine muslimische Erzieherin ist Ende August 2005 in Ebersbach an der Fils (Baden-Württemberg) vom Dienst suspendiert worden, weil sie mit Kopftuch im Kindergarten arbeiten wollte. Nach Ende ihrer achtjährigen Elternzeit war die 31-jährige türkeistämmige Frau im Rathaus der Stadt erschienen. Nur wenn sie ihr Kopftuch bei der Arbeit ablege, könne sie ihren Dienst wieder aufnehmen, erklärte der Hauptamtsleiter. Die Stadt hatte eine Dienstanweisung erlassen, die das Tragen religiöser und weltanschaulicher Symbole in Kindergärten untersagt. Bürgermeister Edgar Wolf verwies auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Dieses hatte nach jahrelangem Rechtsstreit die Klage einer muslimischen Lehrerin aus Baden-Württemberg abgewiesen, die mit einem Kopftuch unterrichten wollte.

Demgegenüber sieht die Landesregierung nach Angaben der Berliner "tageszeitung" (taz vom 25.08.05) im Schulgesetz keine Grundlage für ein Verbot auch in Kindergärten. "Das Kopftuchgesetz gilt ausschließlich für staatliche Schulen", so der Sprecher des Bildungsministeriums, Elmar König. Kindergärten seien zwar Bildungsinstitutionen, würden aber keine Staatsbeamten beschäftigen. Und es gebe auch keine Pflicht, sie zu besuchen. "Die Kinder könnten also theoretisch dem Kopftuch entfliehen", sagte er. Dennoch begrüße das Ministerium das Vorgehen.

Von der Anwältin der Betroffenen wird bestritten, dass ihre Mandantin für den Islam missionieren wolle. Dass die Kinderpflegerin vor ihrem Erziehungsurlaub noch kein Kopftuch trug, habe ausschließlich religiöse Gründe. Sie trage es aus Dankbarkeit, da eines ihrer Kinder nach einer schweren Krankheit wieder gesund wurde. "Sobald wir die Kündigung haben, reichen wir Klage ein." Es gebe keine Rechtsgrundlage für die Kündigung, zudem sei die Dienstanweisung der Stadt grob rechtswidrig.

Das Badische Tagblatt kommentierte den Vorgang: "Allmählich sollte man sich in Baden-Württemberg, das so große Stücke auf seine liberale Tradition hält, allerdings fragen, bis in welche Niederungen man die grundgesetzlich garantierte Glaubens- und Religionsfreiheit noch beschneiden will. Denn die nächsten Schritte scheinen programmiert: Irgendwann, so steht zu befürchten, müssen sich wohl auch die Reinigungskräfte in staatlichen Einrichtungen dem bundesdeutschen Kleiderzwang beugen. Es ist schwer, in diesen Zeiten Toleranz einzufordern. Aber auch und gerade vor dem Hintergrund von Terror-Angst, islamistischen Hass-Predigern und Selbstmordattentätern darf die Gesellschaft ihre ureigenen Werte nicht völlig aufgeben." (esf)

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Religiöse Kleidung und öffentlicher Dienst

 

Saarbrücken. Bereits im Jahr 2004 ist eine Dissertation von Sonja Lanzerath erschienen, die durch die aktuelle Diskussion nicht an Aktualität verloren hat. Ihr Thema: "Religiöse Kleidung und öffentlicher Dienst - zur Zulässigkeit dienstrechtlicher Bekleidungsverbote in Schule, Gerichtsbarkeit und Polizei". Die 280-seitige Publikation ist beim Verlag Peter Lang in Frankfurt am Main erschienen und kostet 45,50 Euro. Wenngleich die Lektüre jedem empfohlen werden kann, der sich auf Bundes- oder Länderebene, in Kommunen, Schulen oder der Polizei mit dieser Fragestellung befasst, ist einschränkend zu sagen, dass die Arbeit durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts stark an Aktualität verloren hat. Dennoch lohnt das Lesen der Ausführungen zur Problematik der Grundrechtsgeltung im Beamtenverhältnis und zur Frage der Neutralität, die bei Polizei und Gerichten anders bewertet wird als in der Schule: während erstere zu strikter Neutralität auch in religiösen Fragen verpflichtet sind, herrscht Lanzerath zufolge im Schulwesen "offene Neutralität", so dass religiöse Bezüge zulässig sind. (esf)

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Was tun beim Verlust des deutschen Passes?

 

Berlin. Ende August 2005 endete die Frist, während der sich ehemals eingebürgerte Ausländer, die durch den nachträglichen Wiedererwerb ihrer alten Staatsangehörigkeit automatisch die deutsche Staatsbürgerschaft verloren haben, erneut um einen sicheren Aufenthaltstitel bemühen können. Das betrifft vor allem türkischstämmige Deutsche, die vielfach in Unkenntnis der eindeutigen Bestimmungen des zum 1.1.2000 in Kraft getretenen neuen Staatsbürgerschaftsrechts, sich nach ihrer Einbürgerung wieder einen türkischen Pass besorgt hatten. Dadurch verloren sie automatisch ihre deutsche Staatsangehörigkeit. In Berlin gibt es jedoch eine pragmatische Regelung, diesem Personenkreis wieder ein festes Aufenthaltsrecht zu sichern. Darauf hat der Berliner Beauftragte für Integration und Migration, Günter Piening, Ende Juni 2005 hingewiesen. Auf Initiative des Berliner Innensenators Körting soll den "unfreiwillig Ausgebürgerten" unbürokratisch und kurzfristig ein Aufenthaltstitel erteilt werden, soweit ein entsprechender Antrag bis zum 31. August 2005 an die Ausländerbehörde gerichtet wird. Bis Ende Juni hatte aber nur ein geringer Teil der in Frage kommenden Personen davon Gebrauch gemacht. Aus diesem Grund hat der Türkische Bund in Berlin-Brandenburg (TBB) gemeinsam mit dem Beauftragten für Integration und Migration eine zweisprachige, deutsch-türkische, Informationsbroschüre herausgegeben: "Alman vatandasligimi kaybettim - ne yapabilirim? - Was tun beim Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit?".

"Berlin hat ein starkes Interesse daran, dass seine Bürgerinnen und Bürger in Rechtssicherheit leben", so der Integrationsbeauftragte, "gerade diejenigen, die durch ihren früheren Schritt, Deutsche zu werden, gezeigt haben, dass sie ihren Mittelpunkt hier sehen, wird ihre Heimatstadt nicht im Stich lassen. Mein Appell an alle Betroffenen lautet darum: Nutzen Sie die in dieser Broschüre aufgezeigten Möglichkeiten bis zum Ablauf der Frist 31.8.2005."

John Röhe, Büro des Berliner Beauftragten für Integration und Migration

Bezug: 

Türkischer Bund in Berlin-Brandenburg, Tempelhofer Ufer 21, 10963 Berlin, http://www.tbb-berlin.de/de/frame.html 

oder 

Der Beauftragte für Integration und Migration, Pottsdamer Straße 65, 10785 Berlin, Integrationsbeauftragter@
auslb.verwalt-berlin.de
http://www.berlin.de/sengsv/auslb/
publikationen/recht.html
 

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"Brautgeld" für muslimische Ex-Frau

 

Saarbrücken. Ein deutscher Ehemann aus dem Saarland muss seiner Ex-Frau islamischen Glaubens "Brautgeld" zahlen. Das berichtet die Zeitschrift "OLG-Report" unter Berufung auf ein Urteil des Saarländischen Oberlandesgerichts (OLG) Saarbrücken. Denn nach dem Richterspruch ist eine solche Zusage, obwohl sie auf islamischem Recht beruht, auch in Deutschland rechtlich verbindlich. Das Gericht gab mit seinem Urteil der Klage einer geschiedenen Frau gegen ihren früheren Ehemann weitgehend statt. Dieser hatte sich bei Eheschließung vor einem islamischen Imam für den Fall der Scheidung zur Zahlung eines Brautgeldes (Mahar) in Höhe von rund 25.500 Euro bereit erklärt. Anschließend erfolgte zusätzlich die Eheschließung vor einem deutschen Standesbeamten. Daher war der Mann der Auffassung, er müsse das Geld nicht zahlen, denn seiner Frau stünden nur Ansprüche zu, die sich aus deutschem Recht ergäben. Dem folgte das OLG nicht. Die Richter werteten die Vereinbarung als unterhaltsrechtliche Zusage, die auch nach deutschem Recht möglich sei. Sie zogen daher den vom Ehemann bereits geleisteten Unterhalt ab und billigten der Klägerin die noch offen stehende Summe von knapp 13.000 Euro zu. (esf)

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Kein Bleiberecht für Afghanen und Kosovaren

 

Stuttgart/ Berlin. Die Innenminister der Länder wollen bald wesentlich mehr Flüchtlinge nach Afghanistan und ins Kosovo zurückschicken. Auch straffällig gewordene irakische Flüchtlinge sollen abgeschoben werden, sobald es die Sicherheitslage dort zulasse. Dies teilte der Vorsitzende der Innenminister-Konferenz (IMK), Baden-Württembergs Ressortchef Heribert Rech (CDU), am 24. Juni 2005 in Stuttgart mit. Auf der 178. Innenministerkonferenz kam es zu einem heftigen Streit zwischen Bundesregierung und unionsgeführten Ländern über Bleiberechtsregelungen für Kinder und Jugendliche. Die Minister beschlossen, dass die Zureise jüdischer Einwanderer aus Osteuropa begrenzt werden soll. Diese müssten künftig ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können und die deutsche Sprache beherrschen.

Zu den Beschlüssen der zweitägigen Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder in Stuttgart erklärte die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Marieluise Beck am 24. Juni 2005: "Die Bleiberechtsregelung für afghanische Staatsangehörige wird der Verfolgungsbiografie dieser Menschen und der äußerst schwierigen Menschenrechtssituation in Afghanistan nicht gerecht. Parteipolitisches und wahltaktisches Kalkül haben die Innenministerkonferenz in eine integrationspolitische Sackgasse geführt. Ich hätte mir eine mutige Entscheidung der Innenminister gewünscht." Beck betonte, dass viele Afghanen in den letzten beiden Jahren nicht arbeiten konnten, weil sie keine Arbeitsgenehmigung besaßen. Sie würden deshalb "durch die weiten Maschen der verabschiedeten Regelung fallen". Gerade für bei uns aufgewachsene Kinder und Jugendliche bedeute die erzwungene Rückkehr "eine persönliche Katastrophe", so Beck weiter. Auch der Verzicht auf eine Bleiberechtsregelung für Minderheitsangehörige aus dem Kosovo entbehre integrationspolitischer Rationalität. Die Entscheidung ziele "allein auf eine Erhöhung des Ausreisedrucks". Sie übergehe, dass 35.000 geduldete Minderheitsangehörige angesichts der angespannten Lage im Kosovo nicht werden zurückkehren können. Nach Auffassung von Beck sollte der erfolglose Vorschlag des Bundesinnenministers für ein Bleiberecht von Kindern und Jugendlichen "alle Seiten verpflichten, die Spielräume des Zuwanderungsgesetzes im humanitären Bereich endlich auszuschöpfen".

Schily hatte eine Regelung vorgeschlagen, mit der ausländischen Kindern und Jugendlichen, die seit langem in Deutschland leben und integriert sind, ein Bleiberecht im Sinne einer generellen Härtefallregelung gegeben wird. Mit einer solchen humanitären Lösung sollte berücksichtigt werden, dass diese Minderjährigen hier im Lande aufgewachsen und heimisch geworden sind, und dass sie meist weder einen sprachlichen noch einen kulturellen Bezug zum Heimatland ihrer nach Deutschland eingereisten Eltern haben. Nach Auffassung von Schily sollte das Schicksal der Kinder und Jugendlichen bei dieser Regelung im Vordergrund stehen, ungeachtet des Verhaltens der Eltern. "Selbst wenn die Eltern nach dieser Regelung dann mit ihren Kindern in Deutschland bleiben dürfen, ändert dies nichts daran, dass sie ursprünglich ausreisepflichtig waren, und dass ihr Aufenthalt in Deutschland rechtlich nicht hinzunehmen wäre, wenn ihre Kinder nicht hier lebten", so Schily im Vorfeld der Konferenz. Dies gelte umso mehr, als sie häufig durch Ausnutzen aller Verfahrensmöglichkeiten ihren Aufenthalt verlängert hätten, um ein Bleiberecht in Deutschland zu erhalten. Die Kinder sollten "aber nicht dafür büßen, dass ihre Eltern ihren Pflichten nicht nachgekommen sind". (esf)

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Goll für Eid bei Einbürgerung

 

Stuttgart. Der Ausländerbeauftragte der baden-württembergischen Landesregierung, Justizminister Prof. Dr. Ulrich Goll, hat Mitte Juli 2005 die Einführung eines Eides auf die Verfassung bei der Einbürgerung gefordert. Eine entsprechende Pflicht solle, wie vom Bundesrat vorgeschlagen, umgehend im Staatsangehörigkeitsgesetz verankert werden. Goll führte aus: "Wer als Ausländer die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten will, muss einen Eid auf das Grundgesetz ablegen. Das ist das Selbstverständlichste, was es in einem demokratischen Rechtsstaat gibt. Wer dazu nicht bereit ist, macht deutlich, dass er nicht gewillt ist, unsere Rechtsordnung und die Grundlagen unserer Demokratie anzuerkennen und kann daher auch nicht Deutscher werden."

Mit der Eidesleistung vor der Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit solle ein deutliches und aktives Bekenntnis der einzubürgernden Ausländer zur Werteordnung der Bundesrepublik manifestiert werden, erklärte der Justizminister und Ausländerbeauftragte. Die gegenwärtige Praxis, allein eine Einbürgerungsurkunde auszuhändigen, sei unbefriedigend. "Mit einer Eidesleistung vor der Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit soll auch von den Betroffenen ein deutliches Signal dafür gegeben werden, dass sie in der Gemeinschaft aufgenommen werden wollen und sie sich zu ihren Werten, zu der verfassungsmäßigen Ordnung unseres Staates bekennen", so Goll. (esf)

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Karlsruhe: Streit über die religiöse Erziehung

 

Karlsruhe. Ein Streit zwischen geschiedenen Eltern über die religiöse Erziehung des gemeinsamen Kindes rechtfertigt noch nicht die Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf den Vater oder die Mutter. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem am 17. Juni 2005 veröffentlichten Beschluss entschieden. Das Karlsruher Gericht gab einem pakistanischen Muslim Recht. Weil er sich mit der Mutter seines Sohnes - einer deutschen Katholikin - nicht über die religiöse Erziehung einigen konnte, hatte das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg der Mutter das Sorgerecht zugesprochen. Der BGH hob die Entscheidung auf und verwies das Verfahren an das OLG zurück; der Streit könne auch mit einer teilweisen Übertragung des Sorgerechts gelöst werden. (Az.: XII XB 33/04 - Beschluss vom 11. Mai 2005)

Während die Mutter den inzwischen dreijährigen Sohn taufen und im christlich-katholischen Glauben erziehen wollte, verlangte der Vater, das Kind in einigen Jahren selbst entscheiden zu lassen. Das bayerische OLG hatte es dagegen für nötig gehalten, dass das Kind rasch eine feste Orientierung in Fragen von Ethik und Religion benötige, weil dies zu seiner charakterlichen Entwicklung beitrage. Außerdem wachse der Junge in einem christlich geprägten Umfeld auf. Dem folgte der BGH nur bedingt. Zwar sei es eine wichtige Aufgabe der Eltern, ihren Kindern ethische Wertvorstellungen zu vermitteln. "Dies kann, muss aber nicht notwendig durch eine frühzeitige und feste Orientierung in einem bestimmten Glauben oder an einer bestimmten Konfession erfolgen." Der BGH regte an, nicht das gesamte Sorgerecht, sondern nur die Entscheidung über die religiöse Erziehung auf einen Elternteil zu übertragen. (esf)

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Urteile zu "Hasspredigern"

 

Bremen/Berlin. Wer hierzulande als Ausländer mit Hassparolen gegen Andersgläubige hetzt, u.a. Selbstmordattentate billigt und verherrlicht, muss das Land verlassen. Diese Erfahrung machte in Bremen ein als "Hassprediger" bekannt gewordener 43-jähriger Imam. In einem Eilverfahren entschied das Bremer Oberverwaltungsgericht, die Ausweisung sei zwar formal rechtswidrig gewesen, die gleichzeitige Verkürzung des Aufenthaltsrechts hingegen rechtmäßig, so dass letztendlich die Ausweisung rechtlich abgesichert vonstatten gegangen sei (Az: 1 B 128/05). Ein ebenfalls als "Hassprediger" bezeichneter Imam aus Berlin hingegen darf vorerst nicht in die Türkei abgeschoben werden. Der 59-Jährige hatte beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe Beschwerde eingelegt und bekam erst einmal Recht; angeblich seien seine militanten Äußerungen falsch übersetzt und interpretiert worden. Das Berliner Verwaltungsgericht muss nun erneut prüfen. (esf)

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Befreiung vom Schwimm-
unterricht

 

Wuppertal. Die Befreiung vom Schwimmunterricht aus religiösen Gründen ist nicht immer zulässig. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat Ende Mai 2005 entschieden, dass ein elfjähriger Muslim aus einer Realschule in Wuppertal nicht dem gemeinsam mit gleichaltrigen Mädchen durchgeführten Schwimmstunden im Rahmen des Sportunterrichts fernbleiben darf. Die religiösen Vorschriften, die der Teilnahme angeblich entgegenstünden, sah das Gericht als nicht nachvollziehbar an. Es entschied, dass in jedem Fall das staatliche Interesse an der Erfüllung des Erziehungs- und Bildungsauftrages höher zu werten sei als das in diesem Fall widerstreitende elterliche Erziehungsrecht und die Religionsfreiheit, berichtete der Newsletter "Migration und Bevölkerung" in seiner Ausgabe 6/2005. (Az: 18 K 74/05).

Etwas anders sieht es bei Mädchen, die älter als 12 Jahre sind, aus: hier wird im Schulalltag meistens Rücksicht auf andere religiöse und weltanschaulich-traditionelle Vorbehalte gegen diese Art von Schulsport genommen. Die Grundlage für diese Form des Respekts vor anderen Kulturen liegt in einem Urteil von 1993 des Bundesverwaltungsgerichts, das besagt, die Schulverwaltung sei verpflichtet, für einen schonenden Ausgleich beider Rechtspositionen …..alle ihr zu Gebote stehenden, zumutbaren und organisatorischen Möglichkeiten auszuschöpfen (Az: 6 C 8.91 -; BVerwGE 94,82). (esf)

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Erklärung zum Schächten

 

Wiesbaden. Der Integrationsbeirat der Hessischen Landesregierung hat eine Erklärung zur Problematik des religiös motivierten betäubungslosen Schlachtens ("schächten") abgegeben, in der er zum breiten Dialog aller Beteiligten auffordert. "Nach gründlicher Information erkennt der Beirat in der Elektrokurzzeitbetäubung einen Weg, den Belangen des Tierschutzes Rechnung zu tragen, aber auch religiös motiviertes Schlachten zu ermöglichen", hieß es in einem Infodienst der Integrationsabteilung des Hessischen Sozialministeriums vom August 2005. (esf)

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Stuttgart untersucht Zwangsheiraten

 

Stuttgart. "Zwangsheirat ist eine Menschenrechtsverletzung und muss als solche deutlich öffentlich geächtet werden", so Christian Storr, Leiter der Stabsstelle Ausländerbeauftragter der Landesregierung von Baden-Württemberg und Vorsitzender der Fachkommission Zwangsheirat. Ihm zufolge gibt es bislang jedoch nur sehr ungenaue Angaben zu Umfang und Ausmaß von Zwangsverheiratungen. "Unstrittig ist jedoch", sagte Storr in einer Pressemitteilung Ende Juli 2005, "dass wir uns in einem Bereich mit einer hohen Dunkelziffer bewegen". Die von der Landesregierung eingesetzte "Fachkommission Zwangsheirat" hat daher einen Fragebogen zur Erfassung von Ausmaß und Erscheinungsformen von Zwangsverheiratungen in Baden-Württemberg erarbeitet und im August 2005 eine landesweite Befragung gestartet. Der Erfassungszeitraum reicht von Januar 2005 bis Oktober 2005, Abgabetermin für die Fragebögen ist der 15. November 2005. (esf)

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Schily verbietet PKK-nahe Zeitung

 

Berlin. Im Zuge des Verbotsvollzugs und der Ermittlungen gegen den islamistischen Spendensammelverein "YATIM-Kinderhilfe e.V." (als Ersatzorganisation des bestandskräftig verbotenen "Al-Aqsa e.V.") sowie gegen die E. Xani Presse- und Verlags-GmbH als Verlegerin der türkischsprachigen PKK-Zeitung "Özgür Politika" wurden am 5. September 2005 Vereins- bzw. Verlagsräumlichkeiten, die Druckstätte der "Özgür Politika", eine Moschee sowie Wohnungen von Vereinsangehörigen durchsucht. Insgesamt kam es in acht Bundesländern zu Durchsuchungen in 66 Objekten. Beschlagnahmt wurden unter anderem das Vereinsvermögen bzw. das mobile Vermögen der Kinderhilfe und der Zeitung sowie Konto- und Geschäftsunterlagen. Das sichergestellte Material wird derzeit detailliert ausgewertet. Parallel wurden vereinsrechtliche Ermittlungsmaßnahmen gegen einen weiteren islamistischen Spendensammelverein, die "Islamische Wohlfahrtsorganisation" (IWO) sowie gegen weitere Einrichtungen aus dem Presseumfeld der PKK durchgeführt.

Bundesinnenminister Otto Schily betonte: "Die Maßnahmen sind ein weiterer massiver Schlag gegen ausländerextremistische Strukturen in Deutschland. Nach vorläufiger Bewertung werden die Exekutivmaßnahmen tiefgreifende Erkenntnisse über islamistische Spendennetzwerke sowie über illegale Strukturen der verbotenen PKK ergeben." Dem Minister zufolge geht von den Verboten ein unmissverständliches Signal aus: "Wir gehen weiter konsequent gegen jedwede Unterstützerszene islamistischen Terrors in Deutschland vor. Wir geben aber auch ein klares Signal an alle anderen Anhänger extremistischer Organisationen: in Deutschland ist kein Platz für verfassungs-, völkerverständigungs- und strafgesetzwidrige Umtriebe." (esf)

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Erste Bilanz des Zuwanderungs-
gesetzes

 

Berlin. Im August gab Bundesinnenminister Schily in Berlin erste Zahlen und Auswirkungen des neuen Zuwanderungsgesetzes bekannt. Danach sind seit Inkrafttreten des Gesetzes am 1.1.2005 rund 700 Hochqualifizierte nach Deutschland gekommen. Bei den Hochqualifizierten handele es sich laut Schily um Spezialisten, die trotz aller Bemühungen auf dem deutschen Arbeitsmarkt nicht verfügbar seien. Das Gesetz sieht für besonders Hochqualifizierte vor, dass sie von Beginn ihres Aufenthalts an einen dauerhaften Aufenthaltsstatus erhalten. Zusätzlich wird auch denjenigen eine Aufenthaltsgenehmigung erteilt, die ein Unternehmen gründen und dabei mindestens 1 Mio. Euro investieren sowie zehn Arbeitsplätze schaffen.

Erstmals können alle Neuzuwanderer an Sprach- und Orientierungskursen teilnehmen. Seit Anfang des Jahres machten von diesem Angebot rund 65.000 Zuwanderer Gebrauch. Zusätzlich haben sich mehr als 75.000 Personen für Integrations- und Sprachkurse angemeldet, die bereits schon länger in Deutschland leben ("nachholende Integration"). Neu ist, das die Kurse der bisher insgesamt 1.700 zugelassenen Kursträgern mit einer Prüfung abgeschlossen werden. Das vom Goethe-Institut entwickelte Zertifikat soll den Zuwanderern den Einstieg in den Arbeitsmarkt erleichtern. (mg)

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