Integration in Deutschland 1/2006, 22.Jg., 31. März 2006

RECHT

*) Diese Beiträge wurden im Druck-Exemplar nicht veröffentlicht!


Schäuble kündigt Gesetzes-
änderungen an

 

Berlin. Anfang Januar hatte Bundesinnen-minister Dr. Wolfgang Schäuble angekündigt, dass das Bundesinnenministerium (BMI) bestrebt sei, in Zukunft die Ausreisepflicht bei nicht bleibeberechtigten Personen „noch effektiver durchzusetzen“. Das BMI hat darüber hinaus einen umfassenden Gesetzentwurf zur Änderung des Aufenthaltsrechts für Ausländer erarbeitet, mit dem teilweise überfällige Anpassungen an europäische Richtlinien vorgenommen und nationaler Änderungsbedarf umgesetzt werden soll. Ziel des Entwurfs ist es vor allem, Zwangsprostitution und Zwangsehen innerhalb der Europäischen Union zu unterbinden. Außerdem soll durch verbesserte Datenerfassung der Missbrauch des Aufenthaltsrechts vermindert werden. Nach Auskunft des BMI befindet sich der Gesetzentwurf des BMI in der Abstimmung mit den anderen Ressorts. Noch im ersten Quartal dieses Jahres solle er dem Kabinett vorgelegt werden und bis zum Sommer Bundestag und Bundesrat. (esf)

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Caritas befürchtet Verschärfungen

 

Berlin. Die Bundesregierung hat Ende Januar den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vorgelegt. Der Deutsche Caritasverband (DCV) kritisiert, dass die Umsetzung der EU-Richtlinien zur Verschärfung des Ausländerrechts genutzt werden soll. Der vorliegende Referentenentwurf verstärke den polizei- und sicherheitsrechtlichen Charakter des Ausländerrechts. Die Bundesregierung, die die Richtlinien „eins zu eins“ umsetzen wollte, gehe damit unnötigerweise über die bindenden Vorgaben der Richtlinien hinaus, so DCV-Vertreterin Dr. Elke Tießler-Marenda.

Besonders kritisch sieht der DCV die vorgesehenen Verschärfungen bei der Familienzusammenführung mit dem Ziel, Schein- und Zwangsehen zu bekämpfen und die Integration zu verbessern. Diesen Zielen komme hohe Relevanz zu. Nach Einschätzung der Caritas seien aber die vorgesehenen Regelungen zur Erreichung dieser Ziele ungeeignet und nicht verfassungskonform: Das Heraufsetzen des Nachzugsalters auf 21 Jahre und die generelle Forderung nach deutschen Sprachkenntnissen beträfe alle Paare, die am Anfang ihrer Ehe mit ausländischen Partnern bzw. in der Phase der Familiengründung stehen. Der DCV bewertet dies als einen unverhältnismäßigen Eingriff in den Schutz von Ehe und Familie, der unterbleiben müsse. Um den von Zwangsverheiratung Betroffenen wirklich zu helfen, müsse nach Auffassung der Caritas die Rechtstellung der Opfer deutlich verbessert werden. Dies könne durch ein eigenständiges Aufenthaltsrecht der jeweiligen Person erreicht werden. Außerdem müssten im Interesse der betroffenen Frauen Beratungs- und spezifische Hilfsangebote geschaffen werden. Darüber hinaus ist es aus Sicht der Caritas wesentlich, die im Koalitionsvertrag genannten Prüfaufträge im Zusammenhang mit in Deutschland aufgewachsenen Kindern und Jugendlichen sowie für die Themen "Illegalität" und „kommunales Wahlrecht für Menschen aus Drittstaaten“ schnell in die Tat umzusetzen. (esf)

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Yeziden nicht mehr als Gruppe verfolgt

 

Nürnberg. Das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein hat mit einem Urteil vom 29. September 2005 festgestellt, dass die Annahme einer Gruppenverfolgung von glaubensgebundenen Yeziden nicht mehr gerechtfertigt ist. Auch nach Kenntnis des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sind für die letzten Jahre keine Verfolgungshandlungen gegen die in der Türkei verbliebenen Yeziden mehr feststellbar. Hinweise auf Verfolgungstatbestände haben nach Auffassung des BAMF keine Relevanz bzw. kommen nicht in der Dichte vor, die es rechtfertigen würde, weiterhin von einer Gruppenverfolgung dieser religiösen Minderheit auszugehen. In einem Artikel in Ausgabe 1/06 des vom BAMF herausgegebenen Einzelentscheider-Briefs wird insbesondere auf die Folgen der Entscheidung zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der EU verwiesen: Die politischen Umstände der Vergangenheit, die zu einer fehlenden Schutzwilligkeit der Behörden geführt haben, würden heute nicht mehr bestehen. (esf)

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BVG bestätigt Verbot der „Hizb ut-Tahrir“

 

Leipzig. Das Bundesverwaltungsgericht hat am 25. Januar das Betätigungsverbot gegen die panislamische Vereinigung „Hizb ut-Tahrir" bestätigt. Der Bundesminister des Innern hatte der Organisation am 15. Januar 2003 jegliche Betätigung in Deutschland untersagt. Die Gruppierung richtete sich durch ihre bis in den Hochschulbereich hinein betriebene Gewaltpropaganda und ihre antiisraelische sowie antijüdische Hetze gegen den Gedanken der Völkerverständigung. Bundesinnenminister 
Dr. Wolfgang Schäuble begrüßte die Entscheidung: „Deutschland darf keinen Raum bieten für völkerverständigungswidrige und menschenverachtende Hetze, wie sie von Mitgliedern der ‚Hizb ut-Tahrir‘ im Rahmen von öffentlichen Veranstaltungen, in Flugblättern und anderen Veröffentlichungen wie zum Beispiel der Zeitschrift ‚Explizit‘ ausging.“ Das nunmehr unanfechtbare Betätigungsverbot sei ein wirksames Mittel, um den Versuchen solcher Organisationen entgegenzuwirken, „geistige Brandstiftung“ bei den in Deutschland lebenden Muslimen zu betreiben. (esf)

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Recht auf Bildung auch für Kinder ohne Pass

 

Osnabrück. Die Menschenrechtsorganisation Terre des Hommes sorgt sich um die Bildung von Flüchtlingskindern und illegal in Deutschland lebenden Kindern. Im Saarland, in Hessen und in Baden-Württemberg seien Kinder aus Asylbewerberfamilien oder aus geduldeten Familien nicht schulpflichtig, kritisierte Terre des Hommes am 17. Februar 2006 in Osnabrück. Zudem würden Kinder ohne Papiere in Deutschland vom Recht auf Bildung ausgeschlossen. Ihr Schulbesuch dürfe nicht dadurch in Frage gestellt werden, dass die Schulleiter ihren Aufenthalt an die Ausländerbehörde melden müssten. Die Organisation äußerte sich aus Anlass des Besuchs des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen, Vernor Muñoz. Im Saarland hat die Landesregierung schon Mitte Januar 2006 entschieden, das Recht zum Schulbesuch für Flüchtlingskinder auszuweiten. Ein entsprechender Antrag wurde im Landtag eingebracht. Künftig sollen auch Kinder von Asylbewerbern ohne abgeschlossenes Verfahren in die Schulbesuchspflicht einbezogen werden. (esf)

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Betäubung vor dem Schlachten zulässig

 

Köln. Der Präsident der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB), Cakir, hat nach Angaben der türkischen Zeitung „Hürriyet“ vom 11. Januar 2006 das Schlachten von Opfertieren unter vorheriger Betäubung als mit den rituellen Vorschriften des Islam vereinbar bezeichnet. Das rituelle Schächten der Tiere, das nach streng vorgeschriebenen Regeln stattfindet, könne dabei zugunsten einer vorangegangenen Bewusstlosigkeit der Tiere aufgegeben werden, um den Tieren nicht zu viel Schmerzen zu bereiten, so die Zeitung. (esf)

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Broschüren zu rechtlichen Fragen

 

Bonn. Der Informationsverbund Asyl e.V. hat Anfang 2006 eine Broschüre „Nach dem Asyl - Ratgeber für die Arbeit mit Flüchtlingen und geduldeten Personen" herausgegeben. Der Ratgeber stellt die Rechte der Betroffenen je nach Ergebnis des Asylverfahrens dar. Er kostet 7,50 Euro und ist zu beziehen über www.ibis-ev.de. Auch die Suchdienstleitstelle des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) hat eine Broschüre zu rechtlichen Fragen herausgegeben. Die Publikation „Familienzusammenführung: Rechtsgrundlagen für die Einreise und den Aufenthalt in Deutschland" erläutert die Rechtsgrundlagen für den Familienzuzug zu verschiedenen Migrantengruppen. Die Broschüre kann beim DRK bestellt oder im Internet als pdf-Datei unter www.drk.de/suchdienst/index.html eingesehen und ausgedruckt werden. (esf)

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Zugangs-
beschränkung für Osteuropäer

 

Berlin. Das Bundeskabinett hat die Zugangsbeschränkungen für Arbeitnehmer aus osteuropäischen EU-Staaten auf dem deutschen Arbeitsmarkt um drei Jahre bis 2009 verlängert. Die Runde stimmte am 22. März 2006 einem entsprechenden Vorschlag von Bundesarbeitsminister Franz Müntefering zu, wie sein Ministerium mitteilte. (esf)

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"Gleiche Distanz zu allen Religionen"

 

Frankfurt/Main. Die Richterin des Bundesverfassungsgerichts, Christine Hohmann-Dennhardt, hat eine strenge Beachtung der Trennung von Religion und Staat gefordert und sich gegen die Vorstellung einer christlichen Leitkultur gewandt. Die Religionsfreiheit setze voraus, dass der Staat sich mit keiner Religionsgemeinschaft verbünde, sondern sich von jeglicher kirchlichen Einflussnahme trenne, sagte sie nach einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (F.A.Z. vom 13.02.06). Auf einem Symposium des Adolf-Arndt-Kreises der Friedrich-Ebert-Stiftung am 12. Februar 2006 in der Frankfurter Universität fragte sie, was das Eigene sei, das vor Verfremdung bewahrt werden solle. Aufgrund der spezifischen Vergangenheit Deutschlands könne kaum das Nationale beschworen werden. Statt dessen werde "unser kulturelles Erbe aufgefahren und zur ‚Leitkultur' erhoben, an der sich alles auszurichten habe". Diese trage das Banner "Rettet das christliche Abendland!" und nehme als nicht gerade neue Losung diesmal eine andere Bedrohung ins Visier: "Was über Jahrhunderte bis in die Neuzeit dem Judentum galt, richtet sich jetzt gegen den Islam und seine Riten, Bräuche und Sitten, die mit den türkischen Gastarbeitern Einzug in unser Land gehalten haben." Der Staat, so Hohmann-Dennhardt, müsse die Autorität seiner Gesetze gegenüber allen Religionsgemeinschaften und ihren Gläubigen gleichermaßen reklamieren. So könne er das Kopftuch aus öffentlichen Gebäuden verbannen, müsse dann aber "um der gleichen Freiheit der Religionen willen alle religiösen Symbole verbieten". Gehe es dem Staat aber darum, eine grundrechtswidrige Beeinflussung anderer zu unterbinden, so müsse er "zuhören, was die Kopftuchträgerin sagt". Die Verfassungsrichterin betonte, dass Neutralität des Staates nicht Wertneutralität bedeute, Maß aller Dinge sei die Würde des Menschen. Auch im Kampf gegen Gewalttäter dürfe der Staat seine Neutralität nicht über Bord werfen. Denn "gerade sie macht ihn überlegen im Kampf gegen Gewalt und Terror und ist der Schlüssel, solche Konflikte auf Dauer beilegen zu helfen". Statt den "Kampf der Kulturen" zu beschwören, solle man ihm besser "mit Bedacht und Argumenten die Schwerter nehmen". (esf)

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