Integration in Deutschland 1/2006, 22.Jg., 31. März 2006

STATISTIK

*) Diese Beiträge wurden im Druck-Exemplar nicht veröffentlicht!


Deutsche Wanderungen

 

Die Europäische Kommission hat das Jahr 2006 zum Europäischen Jahr der Mobilität von Arbeitskräften erklärt. Durch diese Aktion sollen Bewusstsein und Verständnis für den Nutzen einer Auslandstätigkeit in einer neuen Beschäftigung geweckt werden. Einigen Regionen der EU wird bis 2010 eine Erwerbsquote von etwa 80 Prozent prognostiziert (Eurostat). Ohne einen nennenswerten Zustrom von Arbeitskräften wird es dort voraussichtlich zu einem erheblichen Arbeitskräftemangel kommen. Bei einer Arbeitslosenquote in Deutschland von zwölf Prozent stellt dies für einen Teil der Bevölkerung eine mögliche Perspektive dar. Handwerker, Ärzte, Ingenieure und Wissenschaftler gehören zu den gefragtesten Berufsgruppen. 

Im Jahr 2004 verließen 151.000 Deutsche das Land. Im gleichen Zeitraum zogen 178.000 Deutsche in die Bundesrepublik. Hinter den Vereinigten Staaten als Zielland Nr. 1 für die Deutschen (13.000 Zuzüge) kommt die Schweiz mit 12.800 zugewanderten Deutschen. Wie auch für Polen und Österreich haben sich die Zahlen für die Schweiz innerhalb der letzten zehn Jahre verdoppelt. Gerade die Schweiz und Österreich bieten sich wegen der fehlenden Sprachbarrieren und der Nähe zu Deutschland besonders an. Aber auch die Türkei, China und Schweden haben innerhalb dieser Zeit enorm an Attraktivität für die Deutschen gewonnen, teilweise verdreifachten sich die Zustromszahlen aus der Bundesrepublik. Von den 50er Jahren an bis zum Ende der 80er Jahre gab es in den Wanderungszahlen von Deutschen keine große Änderungen. Mit Beginn der 90er Jahre stiegen dann vor allem die Zahlen der Zu- aber auch der Fortzüge stark an. Während die Zuzüge von Deutschen in die Bundesrepublik in den letzten Jahren stetig sanken, gehen immer mehr Deutsche ins Ausland.

In Zeiten einer hohen Arbeitslosigkeit in Deutschland (die durchschnittliche Arbeitslosenquote betrug im Jahr 2005 11,7 Prozent) verlassen viele das Land, um ihre berufliche Perspektive zu verbessern. Zum Vergleich: im Jahr 2005 betrug die durchschnittliche Arbeitslosenquote in Öster-reich 5,2 Prozent, in der Schweiz sogar nur 3,8 Prozent. Nach einer Statistik der Bonner Zentralstelle für Arbeitsvermittlung (ZAV) wurden vor allem deutsche Köche, Kellner und Zimmermädchen in die Schweiz und nach Österreich vermittelt, vor allem Arbeitslose aus dem Osten Deutschlands. Ein Viertel der insgesamt fast 46.000 deutschen Gastarbeiter in Österreich ist mittlerweile im Tourismus beschäftigt. Gesucht werden aber auch Ingenieure und Handwerksmeister, Schweißer oder hochqualifizierte Fachkräfte im Gesundheitswesen. Die Bezahlung ist vergleichbar mit der Situation in Deutschland und eine Arbeitserlaubnis ist nicht erforderlich. 

Norwegen bietet inzwischen Kurse für Sprache und Landeskunde an, um arbeitslose deutsche Maurer, Dachdecker und Zimmerer anzuwerben. Auch die Agentur für Arbeit vermittelt Arbeitssuchende über das Kooperationsnetz EURES (European Employment Services) ins Ausland. Das EURES-Netz, dem die öffentlichen Arbeitsverwaltungen der Länder des Europäischen Wirtschaftsraumes und der Schweiz sowie Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände angehören, wird von der Europäischen Kommission koordiniert.

Betrachtet man die Zahlen, hat die Abwanderung noch kein volkswirtschaftlich bedrohliches Maß erreicht. Bedenklich ist jedoch der Saldo der Wanderungsbewegungen unter qualitativen Gesichtspunkten: diejenigen, die das Land verlassen, sind meist junge, hochmotivierte und hoch qualifizierte Deutsche. Über Berufsgruppen oder Abwanderungsmotive machen die Statistiken bisher keine Angaben, Beruf und Gründe für den Wohnortwechsel werden nicht erfragt. 

Aber nicht alle bleiben in der Ferne. Entweder war der Aufenthalt von Beginn an befristet, es ergaben sich neue Chancen in der Heimat oder die eigenen Erwartungen an das Land und die bessere Situation wurden nicht erfüllt. So weisen Länder mit einem hohen deutschen Zustrom in der Regel auch eine erhöhte Rücwanderung von Deutschen in ihre Heimat auf. Somit ist Deutschland beides: sowohl Einwanderungs- als auch Auswanderungsland.


Autorin: Miriam Gebert, isoplan

[ Seitenanfang ]


Deutsche in der Türkei

 

Ein Bäcker, der deutsches Brot backt und inzwischen auch unter den Türken großen Zuspruch findet; eine Kosmetikerin, die zusammen mit ihren drei Angestellten einen florierenden Beauty-Salon unterhält und viele Altersruheständler, die es sich an der türkischen Riviera gut gehen lassen. Allesamt deutsche Auswanderer, die in Alanya einen neuen Lebensabschnitt begonnen haben. Fast unbemerkt hat sich in den vergangenen 15 Jahren eine deutsche Auswanderer-Gemeinde etabliert: Die Statistik zählt rund 4.000 deutsche Haus- oder Wohnungsbesitzer. Sie treffen sich in Vereinen und bei Stammtischen, sie können zwischen vier deutschsprachigen Zeitungen wählen und der örtliche TV-Kanal sendet für sie täglich Neuigkeiten aus der Region – auf Deutsch, versteht sich. Sonntags versammelt sich im Kulturzentrum von Alanya eine kleine Christengemeinde zum Gottesdienst und für die Verstorbenen wurde ein eigener Friedhof eingerichtet.

Im Rahmen des Filmfestivals Türkei-Deutschland, das vom 7. - 19. März 2006 in Nürnberg stattfand, hat das deutsch-türkische Filmemacherpaar Gülseren Suzan und Jochen Menzel ein Film-Feature über die deutsche Gemeinde an der türkischen Riviera vorgestellt. Gedreht im Mai 2005, fragt „Auf nach ALANYA! - Neue Heimat Türkei“ nach dem Verhältnis der ausgewanderten Deutschen zu ihren türkischen Nachbarn, nach Integration und Parallelgesellschaften und zeigt in 43 Minuten amüsante Ausschnitte aus dem türkisch-deutschen Alltag. Auch wenn die „Neu-Alanyaner“ – der Bürgermeister hält das Wort „Ausländer“ für unpassend – das mediterrane Klima und die Gastfreundschaft ihrer türkischen Nachbarn sehr schätzen, meckern sie doch ganz gerne und bleiben meist unter sich. (esf)

[ Seitenanfang ]


Zuwanderung gleicht Geburtendefizit nicht aus

 

Wiesbaden. Die Einwohnerzahl in Deutschland ist nach einer Schätzung des Statistischen Bundesamtes im Jahr 2005 leicht zurückgegangen. Ende 2005 lebten ungefähr 82,45 Millionen Menschen in Deutschland, 50.000 weniger als im Vorjahr. Das Geburtendefizit, das heißt der Überschuss der Zahl der Sterbefälle gegenüber der Zahl der Geburten, sei größer geworden. Die Einwanderung nach Deutschland hat das Geburtendefizit nicht ausgleichen können. Für 2005 schätzt das Statistische Bundesamt, dass 90.000 bis 100.000 Personen mehr nach Deutschland eingewandert als ausgewandert sind. Im Jahr 2004 waren dies noch 83.000 Personen. Während 2004 insgesamt 780.000 Menschen nach Deutschland zogen (600.000 Ausländer und 120.000 Deutsche), verließen 697.000 das Land (547.000 Ausländer und 150.000 Deutsche). Für 2005 liegen noch keine abschließenden Zahlen vor. Während 2004 jedoch 30.000 mehr Deutsche aus Deutschland auswanderten als einwanderten, scheint sich diese Entwicklung im ersten Halbjahr 2005 nicht fortgesetzt zu haben: 63.900 Deutsche kamen ins Land, 65.400 zogen fort. Die tatsächliche Zahl der in Deutschland lebenden Menschen dürfte höher liegen als die genannte Zahl 82,45 Millionen, da diejenigen, die sich kürzer als drei Monate im Land aufhalten - Touristen, Saisonarbeiter oder ausländische Praktikanten - und Personen ohne regulären Aufenthaltsstatus nicht erfast sind. Nach Angaben eines Sprechers der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung liegt die Zahl der "Illegalen" in Deutschland zwischen 100.000 und einer Million. (esf)

[ Seitenanfang ]


Aussiedlerzuzug weiter rückläufig

 

Berlin. 2005 sind 35.522 Spätaussiedler und Angehörige nach Deutschland gekommen, annähernd 40 % weniger als 2004 (59.093 Personen). Damit setzt sich der Rückgang der Spätaussiedlerzahlen fort. Kamen 1996 noch 178.000 Aussiedler nach Deutschland, so war deren Zahl in den Jahren seit 2000 unter 100.000 geblieben. Dieser Trend wird sich nach Einschätzung des scheidenden Aussiedlerbeauftragten Hans-Peter Kemper weiter fortsetzen. Denn auch die Zahl der neuen Aufnahmeanträge hat mit 21.306 gegenüber dem Vorjahr (34.560) um gut 38 % abgenommen.

Wie im gesamten Jahr 2005 blieb die Zahl der eingereisten Spätaussiedler und ihrer Familienangehörigen auch im Januar 2006 deutlich hinter der Vergleichszahl des Vorjahres zurück. Dies teilte der neue Aussiedlerbeauftragte der Bundesregierung, Dr. Christoph Bergner, am 13. Februar 2006 mit. Wurden im Januar 2005 noch 1.664 Neuankömmlinge in der Erstaufnahmeeinrichtung des Bundesverwaltungsamtes Friedland registriert, waren es im Januar 2006 nur noch rund 545. Damit ist die Zahl der Einreisenden erneut um rund 67% zurückgegangen und bewegt sich erstmalig seit Beginn der 1990er Jahre nur noch im dreistelligen Bereich. Ebenfalls deutlich - wenngleich weniger stark - ist im Januar 2006 die Anzahl der neu gestellten Aufnahme- und Einbeziehungsanträge zurückgegangen. Während im Januar 2005 noch 1.995 Neuanträge beim Bundesverwaltungsamt eingegangen waren, waren es im Januar dieses Jahres noch 1.493 und damit rund 25 % weniger.

Der Rückgang hat vielfältige Ursachen: Familienzusammenführungen sind inzwischen zu einem großen Teil abgeschlossen. Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung in den Aussiedlungsgebieten, die Förderungen auf kulturellem, sprachlichem, sozialem, medizinischem und wirtschaftlichem Gebiet sowie die verstärkte Förderung der Bildung und Intensivierung von Städtepartnerschaften zwischen Kommunen in Deutschland und in den Herkunftsgebieten haben zur Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Lage geführt und den Menschen eine Zukunftsperspektive in den Herkunftsgebieten eröffnet. Zugleich haben die Demokratisierungsprozesse in den osteuropäischen Staaten zu einer Stabilisierung der Lage der deutschen Minderheiten beigetragen. Mit einigen Staaten wurden außerdem vertragliche Übereinkommen über den Minderheitenschutz abgeschlossen.

Viele Antragsteller erfüllen zudem die sprachlichen Voraussetzungen für eine Aufnahme als Spätaussiedler nicht mehr. Des Weiteren wurden die Einbeziehungsvoraussetzungen für Familienangehörige geändert. Seit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes müssen diese in einem Sprachtest Grundkenntnisse der deutschen Sprache nachweisen. Im Jahr 2005 wurden insgesamt 1.468 Personen zu einem Sprachstandstest eingeladen; hiervon seien 871 Personen zum Test erschienen, von denen nur 216, also knapp 25 % den Test bestanden hätten. Bergner betonte: "Ich empfehle allen Angehörigen den Besuch von kostenlosen, flächendeckend angebotenen Sprachkursen. Ohne Sprachkenntnisse kann die Integration nicht gelingen."

Seit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes haben neben den Spätaussiedlern auch alle mit ihnen nach Deutschland gekommenen Familienangehörigen einen gesetzlichen Anspruch auf kostenlose Teilnahme an einem Integrationskurs. Im Jahr 2005 hat das Bundesverwaltungsamt 33.804 Teilnahmeberechtigungen ausgestellt. Der Kurs umfasst einen jeweils 300-stündigen Basis- und Aufbausprachkurs sowie einen Orientierungskurs von 30 Stunden, in dem Kenntnisse der Rechtsordnung, Kultur und Geschichte Deutschlands vermittelt werden. Soweit erforderlich, wird der Integrationskurs durch eine sozialpädagogische Begleitung sowie durch Kinderbetreuungsangebote ergänzt. Weitere staatliche Integrationsangebote sind die Migrationserstberatung für erwachsene Zuwanderer und der Jugendmigrationsdienst für junge Zuwanderer bis 27 Jahre. Daneben gibt es vielerorts auch wohnumfeldbezogene Projekte vor allem zur gesellschaftlichen Integration, die durch Verbände, Vereine, Initiativen und Stiftungen durchgeführt und von der Bundesregierung gefördert werden. (esf)

[ Seitenanfang ]


Russlanddeutsche zum Bleiben veranlassen

 

Moskau. Die deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) hat Ende Februar 2006 im Moskauer Russisch-Deutschen Haus ihr Förderprogramm für die deutsche Minderheit in Russland vorgestellt, berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z. vom 01.03.06). Das von 19 über das ganze Land verteilten Projektbüros verwirklichte Programm pflegt die deutsche Kultur, betreut sozial Schwache, betreibt Aufklärung in Sachen Gesundheit und bemüht sich um die Ausbildung junger Menschen. Dabei liegt ein Schwergewicht auf Berufsfachschulen, weil Russland einen gesteigerten Bedarf an Facharbeitern hat, erklärte die Sektionsleiterin Berken Feddersen, die in der GTZ zuständig ist für die Deutschen in Osteuropa und Zentralasien. In Russland leben heute noch rund 600.000 Deutschstämmige. Das größte Auswandererkontingent von Russlanddeutschen kommt aus dem ländlichen Raum, weil es dort kaum Arbeit gibt. Mit dem Förderprogramm will man die verbliebenen Russlanddeutschen zum Bleiben veranlassen, sagte Feddersen. (esf)

[ Seitenanfang ] [ Nächste Seite ] [ Vorherige Seite ]

© isoplan-Saarbrücken. Nachdruck und Vervielfältigung unter Nennung der Quelle gestattet (bitte Belegexemplar zusenden).

Technischer Hinweis: Falls Sie diese Seite ohne das Inhaltsverzeichnis auf der linken Seite sehen, klicken Sie bitte HIER und wählen Sie danach die Seite ggf. erneut aus dem entsprechenden Inhaltsverzeichnis.