Integration in Deutschland 2/2006, 22.Jg., 30. Juni 2006

NOTIZEN

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Integrationsgipfel am 14. Juli im Bundeskanzleramt

 

Stuttgart/Berlin. Mit rund 70 Teilnehmern wird die Bundesregierung am 14. Juli den ersten so genannten "Integrationsgipfel" in Deutschland veranstalten. Der Gipfel im Kanzleramt sei nur der Auftakt zu einem Prozess, an dessen Ende zum Jahreswechsel ein nationaler Integrationsplan erarbeitet werden soll, sagte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Ministerin Maria Böhmer, am Mittwoch (5. Juli) in Berlin. Ziel sei es, eine gemeinsame Integrationspolitik von Bund, Ländern und Gemeinden zu entwickeln. Dabei gehe es vor allem um die Themen Spracherwerb, Bildung, Arbeitsmarkt und Frauenrechte. In dem nationalen Integrationsplan sollen Ziele, Maßnahmen und Selbstverpflichtungen genannt werden, die dann im Laufe der Legislaturperiode umgesetzt werden sollen. Böhmer wies die Kritik zurück, es würden zu wenige muslimische Organisationen zum Gipfel eingeladen. Die Staatsministerin verwies auf die geplante Islamkonferenz des Bundesinnenministeriums im Herbst. Dazu würden muslimische Verbände in aller Breite eingeladen. Bundeskanzlerin Angela Merkel will eine Stunde lang mit Teilnehmern diskutieren. Das Treffen am 14. Juli soll insgesamt vier Stunden dauern.

Im Vorfeld hatte bereits das Zentrum für Türkeistudien (ZfT) den geplanten Integrationsgipfel als "reine Show-Veranstaltung" kritisiert. "Wenn der Gipfel ernst gemeint ist, dann muss er besser vorbereitet und die Migrantenorganisationen stärker einbezogen werden", sagte ZfT-Direktor Faruk Sen in Essen. Deshalb werde er aus Protest nicht an dem Gipfel teilnehmen. In einem Memorandum (www.zft-online.de) fordert das Zentrum eine Umorientierung der Integrationsdebatte weg vom Thema Anpassung hin zum Thema Chancengleichheit für Migranten.

Im Hinblick auf den Integrationsgipfel hat die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen einen 20 Punkte umfassenden "Aktionsplan Integration" (www.nrw.de) vorgelegt. "Die zentrale Herausforderung heute lautet: Integration durch Bildung", erklärte Ministerpräsident Jürgen Rüttgers bei der Vorstellung des Aktionsplans in Düsseldorf.

Karl-Heinz Meier-Braun

Info: www.integrationsgipfel.de 

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Nouripoor rückt für Fischer nach

Berlin. Der frühere Bundesaußenminister Joschka Fischer ()BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) hat am 27. Juni 2006 sein Bundestagsmandat niedergelegt und will der Parteipolitik endgültig den Rücken kehren. Fischer wird ab Herbst eine einjährige Gastprofessur in internationaler Politik an der US- amerikanischen Elite- Universität Princeton antreten. Für ihn rückt mit Omid Nouripour ein Politiker mit Migrationshintergrund nach. Nouripoor ist seit Dezember 2002 Mitglied im Bundesvorstand von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Sein politischer Schwerpunkt ist die Rechts- und Innenpolitik, hier vor allem die Themen Zuwanderung und Rechtsextremismus. Der 1975 im iranischen Teheran geborene grüne Politiker bearbeitet zudem die Felder der Jugend-, Sport- und Kirchenpolitik. Der studierte Germanist mit den Nebenfächern Politologe und Rechtswissenschaft setzt sich ein für "die Gestaltung einer toleranten, sicheren und offenen Gesellschaft, in der Menschen religions- und generationenübergreifend mit- statt nebeneinander leben". Nouripoor ist der siebte Migrant im aktuellen Deutschen Bundestag. (esf)

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Neugründung eines ehrwürdigen Vereins

Bochum. Der Armenisch-Akademische Verein 1860 e.V., die vielleicht älteste Migrantenselbstorganisation in Deutschland, ist heute in Bochum ansässig. Die Ursprünge der Organisation lassen sich in Leipzig bis 1860 zurückverfolgen, als armenische Studierende und Akademiker einen Verein gründeten, um die Interessen ihrer eigenen Landsleute besser vertreten zu können. Zum einen sollte durch die Vereinsgründung den neu zugewanderten Studierenden eine Unterstützung und Orientierungshilfe ermöglicht und zum anderen durch das Ausleben der eigenen Kultur und Tradition das Heimweh gelindert werden.

Anfang des 20. Jahrhunderts wurde der Sitz nach Berlin verlegt, wo der Verein bis 1945 existierte. Während des 2. Weltkrieges kümmerten sich die Mitglieder in Wien auch um die armenischen Kriegsgefangenen der Roten Armee. Während der NS-Zeit kamen immer wieder NS-Funktionäre zu den Sitzungen bzw. Veranstaltungen des Vereins, um alles zu kontrollieren. Die Vereinsarbeit hatte daher einen begrenzten Handlungsspielraum. Nach dem Krieg gingen viele Armenier ins Ausland und sahen in Deutschland vorerst keine Chancen mehr. Erst als der Historiker Azad Ordukhanyan während seiner Recherchen in den Archiven auf Hinweise auf den Verein stieß und nachforschte, entschlossen sich die Akademiker, diesen Verein 2001 wieder zum Leben zu erwecken und den Namen des alten Vereins zu übernehmen sowie deren Arbeit fortzuführen. Ordukhanyan wurde zum Vorsitzenden gewählt.

Zurzeit hat der armenische Verein mehr als 100 Mitglieder aus den Ländern Armenien, Russland, Iran und Libanon. Viele haben eine musikalische Ausbildung, sind Akademiker oder Studenten. "Uns ist die Förderung der Toleranz untereinander wichtig, die durch den Aufbau von Freundschaften zwischen Deutschen und den in Deutschland lebenden Migranten erreicht werden soll", betont Ordukhanyan. Der Verein hat ein Kammerorchester gegründet, das sich auf klassische Musik mit armenischen Schwerpunkten spezialisiert hat. Auch Armine Ghuloyan, 2. Vorsitzende des Vereins und eine bedeutende Komponistin mit Welterfahrung, gehört der Gruppe an. Weitere Opernsänger und Dirigenten bereichern dieses interessante Orchester. Einen Namen dürften sie sich mit ihren Auftritten schon gemacht haben.

Neben anspruchsvollen musikalischen Darbietungen hat der Verein eine neue Herausforderung vor Augen. "Wir planen demnächst die Übersetzung wissenschaftlicher Texte deutscher Autoren, die allgemein über die armenische Kultur, Tradition und ihre Religion schrieben, ins Armenische", sagt Ordukhanyan. Die armenischen Gemeinden in der Diaspora haben stets das kulturelle Leben in Armenien bereichert und beeinflusst - mit dem Vorhaben folgt der Verein dieser Tradition.

Ali Sirin

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Spätaussiedler kehren Deutschland den Rücken

Nach Deutschland gekommen, finden sich russlanddeutsche Spätaussiedler in einer völlig fremden Welt wieder. Die meisten "schlagen sich durch". Aber es gibt auch einige, die ihre Hoffnung, sich in Deutschland einzuleben, aufgeben und in ihre Herkunftsregion zurückkehren - nach Russland, Kasachstan oder in die Ukraine. Die schlechteren Lebensbedingungen dort wollen sie in Kauf nehmen.

Johann und Polina Haber kamen mit ihrem Sohn aus dem kasachischen Dorf Pavlodar nach Köln. Damals, vor zehn Jahren, freuten sich die russlanddeutschen Senioren über den Umzug nach Deutschland, in die Heimat ihrer Vorfahren. Aber sehr schnell wurde der schöne Traum zu einem Alptraum. Heimweh, schlechte Deutschkenntnisse, der ständige Kampf mit den Behörden wegen tausender Kleinigkeiten - das alles führte dazu, dass sich die Spätaussiedler vor etwa drei Jahren dazu entschlossen, in ihr altes Dorf zurückzukehren. Für die Reise fehlt ihnen allerdings Geld.

Solche Geschichten kennen die Mitarbeiter der Wohlfahrtsorganisation "Heimatgarten" zur Genüge. Dieses Projekt der Arbeiterwohlfahrt Bremerhaven war ursprünglich initiiert worden, um Kriegsflüchtlingen zu helfen, in ihre Heimat zurückzukehren. Da sich in letzter Zeit immer mehr Russlanddeutsche an den Verein gewendet haben, wurde für sie im Oktober 2005 in Bielefeld eine spezielle Stelle eingerichtet. "Wahrscheinlich ist es die einzige in ganz Deutschland", vermutet Mitarbeiter Zafar Sharadzhabow, denn seiner Meinung nach sei das Problem noch gar nicht richtig erkannt worden. Dass es diese Rückkehr-Tendenz gibt, obwohl dies keine offiziellen Zahlen belegen, zeigt seine eigene Statistik. Über 300 Anträge von Kiel bis Freiburg hat Zafar Sharadzhabow mittlerweile bekommen, in denen Russlanddeutsche um Hilfe bitten.

Das häufigste Problem in diesem Fall ist Geld. Die meisten der Spätaussiedler, so wie die Familie Haber, haben keine Ersparnisse für die Rückkehr. Aus der langjährigen Arbeit mit Flüchtlingen kennt "Heimatgarten" hierfür eine Lösung. Die meisten Familien sind Sozialhilfe- oder Arbeitslosengeld II-Empfänger. Eine durchschnittliche Familie bekommt vom Staat im Monat etwa 1.200 Euro. Ein zwei- oder dreimonatiger Vorschuss würde reichen, damit die Familie zurückkehren und sich dort eine neue Existenz aufbauen kann, schlägt Sharadzhabow vor. Das würde nicht nur die Russlanddeutschen glücklich machen, sondern auch das Sozialsystem in den Kommunen entlasten.

So einfach ist es in der Praxis jedoch nicht. Der deutsche Staat ist nicht verpflichtet, seinen Bürgern Auslandsreisen zu bezahlen. Einige Kommunen haben sich dennoch in Einzelfällen dazu bereit erklärt, gleich mehrere Monatsraten auf einmal auszuzahlen. Aber das ist noch lange nicht der Regelfall. Die Familie Haber aus Köln hat noch keine Antwort bekommen. Das heißt, die Hoffnung, dass es klappt, ist noch da.

Nadja Baeva

Kontakt: Heimatgarten, Koordinationsstelle Bielefeld, August-Bebel-Str. 68a, 33602 Bielefeld, sharajabov@heimatgarten.de, Fax: 0521 5604713

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Wer oder was ist deutsch?

Nürnberg. Heimat, Harz und Holocaust, Schrebergärten, Stammtisch und Schäferhund, Waldestiefe, Weltschmerz und Walhalla oder Ordnung und Pünktlichkeit? "Was ist deutsch?" fragt eine am 2. Juni 2006 eröffnete Ausstellung im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg. Neben einem Alphabet, das in eines der fünf Oberthemen - "Geist" - einführt, wird die Frage auch variiert: Wer ist deutsch? Wo ist deutsch? … Die weiteren vier Ausstellungsthemen lauten Charakter, Glaube, Sehnsucht und Vaterland. Antworten geben Begriffe, die die Gesellschaft für Deutsche Sprache weltweit gesammelt hat sowie Objekte der letzten 200 Jahre aus nahezu allen Sammlungen des vor 25 Jahren eingerichteten Museums. Das ganz wird gut durchmischt und gewürzt mit Scherz, Ironie und tieferer Bedeutung. Die mit vielen Überraschungen aufwartende Präsentation ist noch bis zum 3. Oktober zu sehen. Das Begleitprogramm ist auf unterschiedliche Gruppen zugeschnitten. Unter anderem stellen die "Südstadtkids", eine Gruppe von Schülern unterschiedlichster ethnischer Herkunft, ihr modulares Begleitprgramm vor, mit dem sie sich verschiedensten Fragen gestellt haben. So kann man sich am 15. September von Pia, Ramazan und Tugba auf Türkisch, Arabisch, Singalesisch oder Deutsch durch den "deutschen Dschungel" geleiten lassen. (esf)

Infos: www.was-ist-deutsch.info, www.gnm.de 

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Werteunterricht in Berlin

Berlin. Zum Beginn des kommenden Schuljahres im Sommer 2006 wird an Berlins Schulen ab der siebten Klasse der neue Ethik- und Werteunterricht eingeführt. Damit will der Berliner Senat der wachsenden religiösen Vielfalt in Berlin Rechnung tragen, in der zudem die Mehrheit der Bevölkerung nicht religiös gebunden sei. Der neue Werteunterricht soll alle Schülerinnen und Schüler erreichen, unabhängig davon, ob sie einer Religionsgemeinschaft angehören oder religionsfern sind. Der Rahmenplan für das neue Fach sieht sechs Unterrichtsschwerpunkte vor. Mit der Entscheidung für diesen neuen Unterricht ist eine lange Debatte vorerst beendet worden. Im Vorfeld hatte es viel Kritik gegeben, unter anderem erschien es "unverständlich, weshalb die Berliner Landesregierung zwar Ethikunterricht zum Pflichtfach machen, zugleich aber Religionsunterricht völlig außen vor lassen will, anstatt ihn als Wahlmöglichkeit im Rahmen eines Wahlpflichtfachs anzubieten", so die Bundestagsabgeordnete Christa Nickels. (esf)

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Verein selbstständiger Migranten in Unna/Hamm

Lünen. Bei einer Auftaktveranstaltung hat sich in Lünen der "Verein selbständiger Migranten im Kreis Unna/ Hamm e.V." (VSM) der Öffentlichkeit vorgestellt. VSM ist ein Zusammenschluss von Unternehmerinnen und Unternehmern mit Migrationshintergrund aus der Region Kreis Unna/Hamm. Die Gründung war, so Vorsitzender Kenan Kücük, "eine Antwort auf die rege Nachfrage nach Informationen über Beratungs- und Fördermöglichkeiten für Jungunternehmer sowie nach betriebswirtschaftlichem Know-how von Seiten selbstständiger Migranten". Das VSM möchte als Forum für Informationen, Kontakte, Erfahrungsaustausch und Kooperationen zwischen Einheimischen und Unternehmern mit Migrationshintergrund werden. Damit soll auch ein Beitrag zur Integration geleistet werden. Durch Kooperation mit öffentlichen Institutionen, den Kammern und Verbänden will der VSM eine "effektive Interessenvertretung seiner Mitglieder" bieten, so Kücük weiter. (esf)

Kontakt: Verein selbständiger Migranten im Kreis Unna / Hamm e.V., Lün Tec, Heinrichstr. 51, 44536 Lünen, Tel.: 0231/9860-371, Fax: -372, info@verein-selbstaendiger-migranten.de, www.verein-selbstaendiger-migranten.de 

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