Integration in Deutschland 2/2006, 22.Jg., 30. Juni 2006

PRAXIS

Ford lebt Diversity voll aus

Auch Dienstleister ziehen nach

Für die Ford Motor Company ist Diversity fester Bestandteil der Unternehmenspolitik – auch in Deutschland. Doch längst beschränkt sich die Umsetzung des Management-Ansatzes nicht auf die Automobilbranche oder den Industriesektor. Diversity hält branchenübergreifend Einzug in die Arbeitswelt.


Türkische Mitarbeiter/innen im Einsatz für Ford

Den „Sonderpreis Diversity“ beim Wettbewerb „Deutschlands bester Arbeitgeber“ haben sich die Ford-Werke verdient. Der Automobilhersteller, der weltweit agiert und alleine in Deutschland Menschen aus 57 Nationen be-schäftigt, hat sich seit 1996 Diversity Management auf die Fahnen geschrieben. Seit 1961, als die ersten türkischen Mitarbeiter eingestellt wurden, hat Ford Initiativen entwickelt, um den neuen Mitarbeitern das Einleben in einen völlig anderen Kulturkreis zu ermöglichen.

Über den Preis habe man sich gefreut. „Es zeigt, dass unser Engagement nicht nur von unseren Mitarbeitern anerkannt und geschätzt wird, sondern auch von außen wahrgenommen wird“, sagt Alicia Alvarez, Ford-Diversity Managerin Deutschland.

Doch Diversity ist für Ford mehr als dieser Sonderpreis: Es ist mittlerweile eine Selbstverständlichkeit. So wie der hohe Stellenwert kultureller Vielfalt und Toleranz im Unternehmen. Alvarez nennt ganz konkrete Gründe: „Unsere Belegschaft ist multikulturell, und die verschiedenen Erfahrungen und Kenntnisse leisten einen wichtigen Beitrag zum Erfolg des Unternehmens. Toleranz ist eine Grundvoraussetzung, damit die Potenziale und Erfahrungen der Mitarbeiter effektiv genutzt werden können.“

Trainings bereiten 
die Belegschaft vor

Das Managementkonzept umzusetzen gelingt allerdings nicht von heute auf morgen. Ford hat einiges unternommen, um Diversity zum Erfolg zu führen. „Um den Mitarbeitern die Inhalte und die Umsetzung des Ansatzes zu vermitteln, gab und gibt es so genannte Diversity Awareness Trainings.“ Gleichzeitig wurde die Stelle einer Diversity Managerin geschaffen, die als Leiterin des deutschen Diversity Büros für die strategische Umsetzung innerhalb der Ford-Werke GmbH zuständig ist. „Unterstützt wird das Büro vom Deutschen Diversity Council, den funktionalen Councils der einzelnen Fachbereiche sowie funktionsübergreifenden Mitarbeiternetzwerken“, erläutert Alicia Alvarez.

Eines dieser Mitarbeiternetzwerke ist die Ford-Freizeit-Organisation, kurz FFO. „Es gehört nämlich zur Firmenphilosophie, weltweit nicht nur Gesetze, Sitten und Gebräuche in den jeweiligen Ländern, in denen Ford präsent ist, zu respektieren, sondern sich auch in das jeweilige soziale Umfeld zu integrieren“, betont Alvarez. Der Dachorganisation FFO sind daher 44 Vereine und Interes-sengruppen angeschlossen. „Diese erfüllen bei der sozialen Betreuung durch die Unterstützung von Unternehmenszielen wie zum Beispiel Teamarbeit, Identifikation mit der Firma, Motivation und Respekt vor der Verschiedenheit der Mitarbeiter und ihrer Fähigkeiten eine wichtige, die Diversity-Strategie stützende Funktion“, sagt sie.

Mehr türkische Mitarbeiter gewinnen

Ein weiteres Netzwerk ist die „Turkish Resource Group - TRG“ (Foto). Ihr Ziel ist es, die Marke Ford in Deutschland und der Türkei noch attraktiver zu gestalten. „Weiteres Ziel ist es, im Rahmen des Recruitments qualifizierte, türkischstämmige Mitarbeiter zu gewinnen sowie den Anteil Mitarbeiter türkischer Herkunft im Angestellten- und Managementbereich zu steigern“, erklärt Diversity-Managerin Alvarez. Um das zu erreichen, organisiert die TRG Informationsveranstaltungen in Schulen und ermöglicht Schülern und Eltern einen Einblick in die Ausbildungsberufe bei Ford.

Unabhängig davon werden Mitarbeiter mit Migrationshintergrund prinzipiell durch Stellenanzeigen-Schaltung in nationalen und ausländischen Zeitungen rekrutiert. Ebenfalls eine Maßnahme, die sich auszahlt, „denn die Kunden reagieren positiv auf unser Diversity Management“. Gleichzeitig profitiert das Unternehmen selbst. „Die vielfältige Mitarbeiterstruktur ermöglicht den Zugang zu neuen Märkten, da unsere Mitarbeiter ihre Erfahrungen bezüglich der Ansprache und Bedürfnisse von beispielsweise ausländischen oder homosexuellen Kunden einbringen“, sagt Alvarez und nennt einen weiteren Vorteil: „Durch den Einsatz bunter Teams erhöht sich die Produktivität, Fluktuation und Fehlzeiten sind geringer.“

Führungskräfte coachen

Unzählige Vorteile, die sich nach und nach etwa auch die Dienstleistungsbranche zu Nutzen machen will. Zur grundlegenden Sensibilisierung für vielfältige Unterschiede führt beispielsweise der Cateringdienstleister Aramak Workshops für Auszubildende durch. Diese sol-len die Akzeptanz und Integration verbessern. Auch bietet Aramak seinen ausländischen Führungskräften ein spezielles Coaching an.

Die Deutsche Telekom setzt gezielt Vertriebspersonal mit Migrationshintergrund ein, um kulturell vielfältige Kunden bestmöglich zu beraten. So gibt es in einem Berliner T-Punkt eine Kundenberatung in sechs Sprachen.

Die Commerzbank Frankfurt setzt ebenfalls auf Diversity Management. Seit Ende der 1980er-Jahre spielt Chancengleichheit dort eine immer größere Rolle. Bezüglich kultureller Vielfalt sei man allerdings noch am Anfang. Doch die Maßnahmen des Bankunternehmens können sich sehen lassen. Ein dreiköpfiges Team kümmert sich seit Anfang der 1990er-Jahre um die Umsetzung des Diversity Managements. „Wir wollen für neue und unsere jetzigen Mitarbeiter, die aus 76 Nationen kommen, ein attraktiver Arbeitgeber sein. Gleichzeitig wissen wir, dass sich manche gezielt da bewerben, wo sie sich wegen der größeren Vielfalt im Betrieb besser aufgehoben fühlen“, sagt Barbara David, die das Trio leitet. Sie ergänzt: „Außerdem haben wir selbst Vorteile dadurch. Heterogene Teams sind produktiver.“

Auch aus diesem Grund gibt es seit kurzer Zeit ein Pilotprojekt zum Thema Gebetsraum. „Wir wurden von Mitarbeitern darauf aufmerksam gemacht und haben nun einen Raum zum Rückzug geschaffen, in dem alle Religionen Platz finden“, erläutert David. Die Speisepläne in der Kantine haben sich längst auf eine multikulturelle Belegschaft eingestellt: Kleine Buchstaben geben beispielsweise an, ob Schweinefleisch in dem Menü enthalten ist. „Das alles ist im Hinblick auf kulturelle Vielfalt ein zarter An-fang, den wir allerdings weiter ausbauen. So, wie wir beispielsweise Männer und Frauen mit dem Notfallkindergarten bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf unterstützen“, betont David.

Die Toleranz wird jedoch bereits in Gänze gelebt. Elisabeth Girg, die Davids Part bei der Deutschen Bank in Frankfurt erfüllt, bringt diese Tatsache auf den Punkt: „Es geht um eine Haltung, darum, jedem Menschen mit Offenheit und Respekt gegenüberzutreten, ob er lange Haare hat, eine andere Hautfarbe oder doppelt so alt ist, wie man selbst.“


Autorin: Kerstin Dillmann

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