Integration in Deutschland 4/2006, 22.Jg., 15. Dezember 2006

ARBEITSPLATZ DEUTSCHLAND

Ikea: Vielfalt nicht nur im Sortiment

Multikulturelles Personal ist geschätzt

Bei Ikea Deutschland sind nicht nur die Produkte vielfältig, sondern auch die Mitarbeiter - und das ist so gewollt. Der schwedische Möbelgigant mit eigener "Ikea-Kultur" setzt immer mehr auf Diversity. Sein Argument: "Die Gesellschaft wird vielfältiger. Wenn wir ein Spiegel der Gesellschaft sind, können wir deren Bedürfnisse besser verstehen und auch befriedigen."

 


Multikulti wird von Ikea und seinem Personal gelebt.

"Diversity - der Ikea Way": Dieser Slogan steht in großen Lettern über dem Diversity Statement, das Ikea 2001 international formuliert hat. Seitdem ist ein entsprechendes Management-Konzept in den Geschäftsplänen der Einrichtungskette verankert. Es ist Unternehmensziel, "mit der Ikea-Kultur das Potenzial jeder einzelnen Person zu realisieren und die Unterschiedlichkeit aller wertzuschätzen".

Etwa die Unterschiedlichkeit von mehr als 12.000 Mitarbeitern, die derzeit in den 38 Einrichtungshäusern in Deutschland beschäftigt sind. 1.288 dieser Beschäftigten sind nicht deutscher Nationalität. Die Anzahl der Mitarbeiter mit Migrationshintergrund schätzt Ikea Deutschland allerdings wesentlich höher. "Intern rechnen wir damit, dass wir mehr als 2.500 Mitarbeiter mit Migrationshintergrund beschäftigen", sagt Diversity Managerin Xenia Mohr und ergänzt: "Weil die Belegschaft ein Spiegel der Kunden am Standort sein soll, gibt es an einem Standort wie Berlin einen höheren ,Ausländeranteil` als beispielsweise am eher ländlichen Standort Walldorf."

Ein attraktiver Arbeitgeber sein

Dieses Konzept kommt allerdings nicht nur den Kunden zugute. Bei Ikea geht man davon aus, dass der oft zitierte ,war of talents` immer größer wird. Dazu Xenia Mohr: "Die Ressourcen auf dem Arbeitsmarkt werden sich verknappen. Zukünftig werden sich Bewerber stärker nach den sozialen Faktoren für ein Unternehmen entscheiden. Bereits heute nennen beispielsweise Universitätsabsolventen Life-Balance-Angebote als einen der Hauptentscheidungsfaktoren. Wenn wir in diesen Bereichen eine Atmosphäre schaffen, die Mitarbeitern die Entfaltung ihrer Individualität ermöglicht, dann werden wir Fachkräfte im Unternehmen halten und neue gewinnen können." Gleichzeitig ist sich Ikea sicher, dadurch die Geschäftsergebnisse (Jahresumsatz im Geschäftsjahr 2006: 2,95 Milliarden Euro) zu verbessern und die Konkurrenzfähigkeit zu stärken.

Weil diese Meinung und das Diversity-Statement stark nach außen vertreten werden, muss Ikea nicht um Migranten werben, um kulturelle Vielfalt auszubauen. "Wir haben bereits heute eine gute Mischung, weil wir nach Werten rekrutieren", sagt Xenia Mohr und verweist auf das Ziel, Menschen mit Migrationshintergrund das Thema Weiterbildung und Karriere näher zu bringen. "Heute haben wir mehr Teilnehmer in den Führungskräfte-Programmen als noch vor fünf Jahren", so die Diversity Managerin.

Barrieren verhindern und beseitigen

Kein Wunder. Immerhin hat sich Ikea in seinem Diversity-Statement einige Aufgaben zugeschrieben. "Wir verpflichten uns, Barrieren zu beseitigen, die unsere Mitarbeiter davon abhalten, das ganze Spektrum ihrer Kompetenz voll nutzen zu können", erklärt Xenia Mohr. Eine Barriere könnte sprachlicher Art sein. Auch hier zeigt man sich bei dem Möbelhaus flexibel. Mitarbeitern, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, werden Sprachkurse angeboten. "Und wer mit der Schriftsprache Deutsch Probleme hat, kann Prüfungen auch mündlich ablegen - zu sprechen ist eben leichter als zu schreiben", sagt Xenia Mohr. Auch damit Mitarbeiter aufgrund von Sprachproblemen nicht bereits zu Beginn scheitern, rekrutiert Ikea nicht nach Ausbildung, Schulnoten oder Zeugnissen. "Wer bei uns arbeiten möchte, muss zu unserer Firmenkultur passen. Wir nennen das Rekrutierung nach Werten", erläutert Mohr.


Die Belegschaft – ein Spiegel der Kunden am Standort

Und die Rekrutierung nimmt kein Ende. Für 2007 plant Ikea, Einrichtungshäuser in Hannover, Augsburg und Frankfurt Nieder-Eschbach zu eröffnen. Ist ein Mitarbeiter erstmal im Ikea-Team, wird er gefördert - auch um die kulturelle Vielfalt zu forcieren. So wird deutschen Mitarbeitern die Möglichkeit geben, Auslandserfahrung zu sammeln. "Zurzeit arbeiten 27 Deutsche für einige Zeit im Ausland. Außerdem schicken wir Mitarbeiter in letzter Zeit häufiger als Short Term Transfer weg. Das heißt, sie wechseln nicht dauerhaft die Organisation, sondern nur für einige Wochen", berichtet Xenia Mohr und nennt das Beispiel der deutschen Logistiker, die in Tokio den Aufbau eines Einrichtungshauses unterstützt haben.

Ob die Ikea-Beschäftigten mit den Konzepten des Unternehmens einverstanden sind, wird in einer sogenannten Voice Befragung in Erfahrung gebracht. In Bezug auf das Thema Diversity hat das Unternehmen einen Index von 77 % erreicht, vor einem Jahr lag der Wert noch bei 73 %. Der Index gibt an, welche Prozentzahl an teilnehmenden Mitarbeitern die Fragen positiv beantwortet haben. 79 % Zustimmung gab es auf die Frage, ob in der jeweiligen Abteilung Anregungen von Menschen mit unterschiedlicher Herkunft, Einstellung und unterschiedlichen Persönlichkeiten erwünscht sind. 80 % stimmten mit "Ja" bei der Frage, ob kompetente Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund bei Ikea eine Führungsposition erreichen können. "Unsere Abteilung besteht aus einer idealen Mischung von unterschiedlichen Menschen. Das hilft uns, unsere Ziele zu erreichen": Dieser Aussage konnten 71 % der Befragten zustimmen.

Das schmeckt: Diversity-Dinner

Allerdings bringen sich Mitarbeiter nicht nur in ihren Abteilungen ein. In einigen Einrichtungshäusern etwa stellt ein Kollege sein Heimatland in der Mitarbeiter-Zeitung vor. Die Restaurants bieten den Mitarbeitern dann in einer Woche des entsprechenden Monats so genannte "Diversity-Dinner", typische Gerichte des jeweiligen Heimatlandes. Aber auch ohne "Diversity Dinner" werden andere Essgewohnheiten respektiert. So gibt es deutschlandweit die Empfehlung, immer drei Gerichte anzubieten - eins davon vegetarisch, eins ohne Schweinefleisch. Für den einen Beschäftigen nichts Besonderes, für den anderen etwas ganz Entscheidendes.


Autorin: Kerstin Dillmann

Literaturtipp aktuell zu Ikea: Olivier Bailly/ Jean-Marc Caudron und Denis Lambert: "Ikea für die Welt", in: Le monde diplomatique, Dezember 2006, S. 1, 14-15

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