Integration in Deutschland 4/2006, 22.Jg., 15. Dezember 2006

PROJEKTE


Sprachpaten für Kinder

 

Sie treffen sich auf dem Spielplatz, gehen gemeinsam in den Zoo, ins Schwimmbad oder auch mal ins Museum: Fast "nebenbei" bringen so ehrenamtliche Sprachpaten ihren kleinen Schützlingen im Grundschulalter die deutsche Sprache näher. In einem Pilotprojekt des Kinderschutzbundes Karlsruhe soll auf diese Weise nicht nur die sprachliche, sondern auch die soziale und schulische Integration gefördert werden. "Die Idee kam ursprünglich von einer Grundschullehrerin aus Karlsruhe", erklärt Petra Mann vom Kinderschutzbund: Die Pädagogin Brigitte Cromme hatte ihr die Idee zugetragen und war dazu durch die Lektüre von AiD 4/2005 inspiriert worden. Das Heft hatte sich in einem Schwerpunkt mit Migranten im deutschen Bildungssystem beschäftigt und auch über Kinder im Grundschulalter und deren teilweise mangelnde Deutschkenntnisse berichtet.

Seit Mai dieses Jahres läuft das Projekt. Es wurde zunächst an der Pestalozzi-Schule in Ettlingen bei Karlsruhe ausprobiert, an der auch Brigitte Cromme Lehrerin ist. Mittlerweile wird es jedoch auch in einer weiteren Schule im Stadtgebiet von Karlsruhe durchgeführt, es gibt noch weitere interessierte Stellen. "Wir rennen hier offene Türen ein", fasst Petra Mann, Fachbereichsleiterin Familienhilfe und Fachbereichsleiterin Sprachpaten beim Kinderschutzbund Karlsruhe, zusammen. Auch der Karlsruher Sozialdezernent interessiere sich für das Projekt, das mittlerweile dem Bundesvorstand des Kinderschutzbundes vorgetragen wurde und von anderen Ortsverbänden übernommen werden kann.

"Informelles Lernen" heißt das pädagogische Konzept, das den wissenschaftlichen Hintergrund für das Projekt bildet: "Studien haben erwiesen, dass bei Kindern ein Großteil des Lernens am besten nebenbei abläuft", erklärt Petra Mann. Deshalb dürften die Treffen mit den Sprachpaten nicht mit der herkömmlichen Hausaufgabenbetreuung oder Nachhilfe verwechselt werden. Trotzdem werde auch schon mal lesen oder Diktat geübt.

Obwohl es sich nicht ausschließlich an Migrantenkinder wendet, hätten doch 80 % der von den Lehrkräften mit Hilfe eines Erfassungsbogens als "förderungswürdig" eingestuften Kinder einen Migrationshintergrund, erklärte Mann. Sei ein passender Pate für das jeweilige Kind gefunden, würden die Eltern vom Klassenlehrer über die Möglichkeit der Förderung durch die Sprachpaten informiert. "Ungefähr drei Viertel der Eltern stimmen den Treffen mit den Sprachpaten zu", so Mann. Die Rückmeldungen sind bis jetzt von beiden Seiten positiv. "Manchmal ergeben sich sogar auch noch andere Dinge", sagte Petra Mann. So sei einem Sprachpaten aufgefallen, dass sein Schützling eine starke Sehschwäche habe.

"Trotzdem haben Sprachpaten nicht nur Freude, sondern manchmal auch Frust", erklärt Mann: Schließlich testeten die Kinder ihre Grenzen aus. An der Pestalozzi-Schule gibt es zurzeit etwa 10 Schülerinnen und Schüler, die sich durchschnittlich einmal pro Woche für zwei bis drei Stunden mit ihren Paten treffen. Die Paten werden vom Kinderschutzbund betreut und versicherungsrechtlich abgesichert. Unter ihnen sind viele Ruheständler, aber auch jüngere Leute sind dabei. Finanziell möglich geworden war das Projekt durch eine größere Zuwendung an den Kinderschutzbund Karlsruhe in der Zeit, in der auch die Idee zu den Sprachpaten entwickelt wurde. In der Zukunft hofft Petra Mann, das Projekt mit Hilfe von neuen Unterstützungen vielleicht noch ausweiten zu können.

Gibt man das Stichwort "Sprachpaten" bei Google ein, so zeigt sich, dass es im Bundesgebiet weitere Projekte gibt, die sich ähnlich benennen, teilweise aber an andere Altersgruppen richten. Dazu gehört zum Beispiel das des Vereins "Pflaster" in Halle mit einer ausführlichen Homepage (www.sprachpaten.de). Ein weiteres Beispiel ist "Balu und Du" (www.balu-und-du.de), das in etwa zehn Städten vertreten ist.


Autorin: Gabriele Höfling

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Elternschule hilft bei Spracherziehung

 

Ein Integrationsprojekt im hessischen Landkreis Marburg-Biedenkopf sorgt derzeit für viel positive Resonanz. In der Industriestadt Stadtallendorf, in der besonders viele Türken und türkischstämmige Deutsche leben, wie auch in der Gemeinde Breidenbach, läuft seit 2005 das Programm "VIP-School - Visiting Immigrant Parents - Aufsuchende Elternschule für Zuwanderer-Familien mit Vorschulkindern". Kernziel des mit EU-Mitteln aus dem INTI-Programm angeschobenen kommunalen Projekts ist die Unterstützung der Eltern vor allem bei der Spracherziehung ihrer Kinder - und ein "Sich-mehr-Zutrauen und Öffnen" der jungen Erziehungsberechtigten, wie Eyyubi Kalay, der pädagogische Leiter des Projektes, betont. Nach der 18-monatigen EU-Förderung wird das VIP-Projekt zunächst bis 2009 je zur Hälfte vom Land Hessen sowie dem Kreis finanziert.

Ein Schuljahr lang besuchen zweisprachige Mitarbeiter des kommunalen Integrationsbüros, alle mit Migrationshintergrund und selbst Eltern, die rund 45 Familien zuhause und geben ihnen ein Programm sowie Lernhilfen und Tipps an die Hand. Ausgangspunkt ist dabei, dass nur eine starke Erstsprache, hier also Türkisch, die Grundlage für das Erlernen der Zweitsprache Deutsch ist. Beherrschen beide Elternteile beide Sprachen, so wird empfohlen, mit ihrem Kind konsequent in jeweils einer Sprache zu kommunizieren - etwa die Mutter Türkisch und der Vater Deutsch. Ist das Deutsch der Eltern unzureichend, empfehlen die Mitarbeiter die Erziehung daheim in Türkisch. "In diesen Fällen zeigen sich die Eltern aber oft motiviert, ihrerseits intensiver Deutsch zu lernen", betont Claus Schäfer, Leiter des Integrationsbüros. Ergänzt werden die Hausbesuche durch wöchentliche Mutter-Kind-Gruppen, bei denen die Beteiligten die Wochenaufgaben und auch Probleme gemeinsam reflektieren können.

Die Eltern arbeiten dabei jede Woche ebenfalls eine Art Hausaufgabe ab, die je ein Thema umfasst. So widmet sich eine der 40 Lerneinheiten etwa dem Thema Bücher. Dabei können Eltern ihren kleinen Kindern erläutern, was Bücher sind, ihnen Buchstaben zeigen, über Form, Bilder oder Farben sprechen. Das Handmaterial ist stets in beiden Sprachen gehalten - und hilft oft auch den Eltern, die eine oder die andere Sprache weiter zu lernen. Viel Spielerisches ist dabei, hilfreiche Hinweise etwa zur Fernseherziehung, die Heranführung an Klänge und Musik sowie auch die Integration der Väter. "Ein merklicher Erfolg ist schon, dass Väter mit ihren Kindern spielen", bemerkt Kalay. Denn diese würden in traditionell lebenden Familien die Erziehung der Kinder allzu oft den Müttern überlassen.

Ein solcher aktiver Vater ist der 31-jährige Kaan Alp, der mit seiner Frau Hatice am Programm teilnimmt. Ihr dreieinhalbjähriger Sohn Kubilay spricht sowohl Türkisch als auch Deutsch. "Vor dem Kindergartenbesuch haben wir besonders viel Deutsch gesprochen, damit er eine gute Grundlage hat. Mittlerweile, nach drei Monaten, spricht er viel besser, etwa beim Spielen. Und es wird immer mehr", freut sich Hatice Alp. "Deutsch steht für uns an erster Stelle, aber da wir und unsere Kinder türkischstämmig sind, sollen sie natürlich auch Türkisch lernen", sagt Kaan Alp. Seine Frau fügt hinzu: "Die regelmäßigen Aufgaben des Programms motivieren uns, aktiv mit dem Kind zu arbeiten."

Wie Pädagoge Kalay betont, ist die Voraussetzung für den Erfolg die Überwindung der Distanz: das Aufsuchen der Eltern und ihrer Kinder, die sich ansonsten oft nicht trauen, den ersten Schritt zu machen. Sind sie erst einmal eingebunden, gewinnen die Eltern offenbar schnell Vertrauen und gehen die (Sprach)Erziehung ihrer Kinder sehr aktiv an. "Man muss sich zuerst selbst verändern, um es auch dem Kind beibringen zu können", sagt Hatice Alp.

Kontakt: Integrationsbüro, Claus Schäfer, 06428-449657


Autor: Jan Opielka

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kiq: Interkulturelle Trainings

 

In der Welt von heute ist der erfolgreiche Umgang mit kultureller Vielfalt die zentrale Herausforderung für Unternehmen und Organisationen. Kommunikation und Zusammenarbeit mit Menschen anderer kultureller Herkunft ist zur Normalitat für immer mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geworden. Mit einem 2006 neu konzipierten Fortbildungs- und Beratungsangebote unterstützt das kiq-Netzwerk Unternehmen und öffentliche Verwaltungen dabei, die Herausforderungen kultureller Unterschiede zu meistern und die Potenziale kultureller Vielfalt zu entdecken und zu nutzen. Kiq ist ein interdisziplinär besetztes Team von Experten für unterschiedliche Kulturen und interkulturelle Herausforderungen. In dem Netzwerk haben sich neben isoplan CONSULT - mit über 20 Jahren Erfahrung in der Durchführung von integrationsbezogenen Seminaren - zwei stärker organisationspsychologisch ausgerichtete Institutionen zusammen geschlossen: ABConsulting und RADIUS Kommunikation & interkulturelle Zusammenarbeit. (esf)

Kontakt: kiq-Netzwerk c/o isoplan CONSULT, Susanne Druck, Martin-Luther-Straße 20, 66111 Saarbrücken, Tel.: 0681 / 9 36 46 - 22 druck@isoplan.de, Web: www.kiq-training.de  oder www.abconsulting-training.de, www.isoplan.de, www.radius-team.com

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