Integration in Deutschland 4/2006, 22.Jg., 15. Dezember 2006

RELIGIONEN

*) Diese Beiträge wurden im Druck-Exemplar nicht veröffentlicht!


Die Bahá'i: Einheit in der Vielfalt

Die unbekannte Weltreligion

Der Bab, Baha'u'llah und Abdul'baha

Historisch sind für die Bahá'i drei Iraner von Bedeutung: der Bab, Baha'u'llah und Abdul'baha. Um 1844 erwarteten zwei schiitische Bewegungen die Rückkehr des (verschwundenen) 12. Imams - dem "Mahdi". Eine Gruppe, das Babitum, bezog sich auf Sayyid A. M. Shirazi (1819-1850), der sich zuerst zum direkten Mittler oder "Bab" (arab. "Tor") des Mahdi erklärte. Die von ihm geführte Bewegung wurde vom Schah brutal bekämpft, der Bab 1850 hingerichtet. Er hatte den Anspruch erhoben, ein Gesandter Gottes zu sein mit dem Auftrag, auf das baldige Erscheinen eines weiteren Offenbarers hinzuweisen, der die Erfüllung der Verheißungen aller Religionen - die Erscheinung eines endzeitlichen Welterneuerers - erfüllen würde. Diesen Anspruch einer nachislamischen Gottesoffenbarung konnte und wollte die islamische Orthodoxie im damaligen Persien nicht dulden. Die Anhänger der Babi-Religion wurden grausam verfolgt.

Auf den Bab folgte Baha'u'llah (1817-1892), der als einer der führenden Anhänger des Bab gefangen genommen wurde und die letzten 40 Jahre seines Lebens in Verbannung lebte. Der Schah und die Geistlichkeit verbannten den in ihren Augen abtrünnigen Baha'u'llah (arab.: "Herrlichkeit Gottes") zunächst nach Bagdad. Dort verkündete er 1863, dass er der vom Bab verheißene Offenbarer sei. In der von ihm neu gestifteten Religion ging das Babitum weitgehend auf. Seine Botschaft war die der Einheit Gottes, der Religionen und der Menschen. Schließlich starb er als Gefangener in der Gefängnisstadt Akko (Palästina, heute im Süden Israels). Dass sich die Bahá'i beim Gebet gen Israel richten, liegt daran, dass dort ihre heiligen Stätten liegen. Im Norden des Landes befindet sich auf dem Berg Karmel in Haifa auch der Schrein des Bab und das "Universale Haus der Gerechtigkeit" als weltweites Verwaltungszentrum der Bahá'i.

Abdulbaha, der Sohn Baha'u'llahs, gilt den Bahá'i als Vorbild. Er übernahm 1892 die Führung der Religion, die sich vor allem in Asien schnell verbreitete. 1911-1913 machte er die junge Religion durch seine Reisen in Europa (u.a. in Stuttgart) und Amerika bekannt.

 

"Die religiöse Gemeinschaft der Bahá'í verdient unsere besondere Hochachtung. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts in Persien gegründet, ist sie heute dort die größte religiöse Minderheit. In der übrigen Welt hat sie heute mehrere Millionen Anhänger. Sie lehrt nicht nur, wie manche Religionen, den Frieden zwischen den Menschen und fordert die Überwindung des Kampfs zwischen den Mächtigen, sondern sie lehrt und praktiziert auch den Frieden zwischen den Religionen."

Prof. Dr. Carl Friedrich v. Weizsäcker, 1983

"(Der) Charakter des Bahá'í-Glaubens als Religion und der Bahá'í-Gemeinschaft als Religionsgemeinschaft (ist) nach aktueller Lebenswirklichkeit, Kulturtradition und allgemeinem wie auch religionswissenschaftlichem Verständnis offenkundig."

Aus einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Februar 1991 (BVerfGE 83, S. 353)

 

Sie sind nur eine kleine, kaum bekannte religiöse Minderheit - und doch ist ihre Gemeinde, was den kulturellen Hintergrund angeht, die wohl vielfältigste Glaubensgemeinschaft in Deutschland. Seit 100 Jahren leben Bahá'i hier. Vor allem in den 1970er- und 80er-Jahren fanden viele als Flüchtlinge aus dem Iran in Deutschland Aufnahme. Die meisten sind gut integriert - über ihren Beruf und ihren Glauben.

Der Bahá'ismus wird wegen seines universellen Anspruchs auch als jüngste Weltreligion bezeichnet. Entstanden ist er Ende des 19. Jahrhunderts im Iran. Die 6 Millionen Gläubige leben in 218 Ländern und haben sich in über 10.000 "Geistigen Räten" organisiert. Sie stammen aus mehr als 2.100 ethnischen Gruppen und leben - vom Ursprungsland Iran abgesehen - vor allem in Indien, Afrika und Südamerika. Die größten Bahá'i-Gemeinden der westlichen Welt sind die der USA und Kanadas. In Deutschland leben seit 1905 Bahá'i. "Momentan sind es rund 5.000, die in ca. 900 Orten leben und etwa 110 Geistige Räte gebildet haben", erzählt Hedye Fuchs vom Büro für Öffentlichkeitsarbeit des "Nationalen Geistigen Rats" (NGR), der seinen Sitz im Taunus hat. Hier entstand 1964 das erste europäische Bahá'í-"Haus der Andacht".

Über den hohen Anteil der zugewanderten Bahá'i in Deutschland kann Hedye nichts Genaueres sagen. Bekannt ist ihr aber, dass die Bahá'i in Deutschland aus rund 70 unterschiedlichen Nationen stammen. Vier der neun Mitglieder des deutschen NGR haben einen Migrationshintergrund - die meisten sind Iraner, die zum Teil schon seit mehr als 40 Jahren in Deutschland leben. Zu Ehen zwischen Angehörigen verschiedener Völker und Kulturen wird in den Bahá'i-Lehren ermutigt. Auch in Deutschland führen viele Bahá'i binationale Ehen. Die Partner müssen nicht zum Bahá'ismus übertreten, werden sich der Faszination dieses Glaubens jedoch kaum entziehen können.


„Haus der Andacht“ in Langenhain (oben)
Ferah Aksoy-Burkert mit Tochter Naomi (unten)

"Alle Religionen sind eine", sagt Ferah Aksoy-Burkert. Die Deutsch-Türkin, deren Eltern ehedem aus dem Iran in die Türkei ausgewandert sind, um ihre Religion zu verbreiten, glaubt: "Es ist der immer gleiche Gott, der zu verschiedenen Zeiten Boten - als Religionsstifter - gesandt hat." Ihre von Baha'u'llah (siehe Box) gestiftete Religion sei die jüngste in dieser Abfolge, erklärt die mit einem Christen verheiratete Psychotherapeutin.

Da in dieser Lehre alle Religionen letztlich einen Ursprung haben, können Bahá'i jüdischer, christlicher, muslimischer, buddhistischer oder hinduistischer Herkunft weiterhin die Lehren ihrer Propheten ehren und in Baha'u'llah den angekündigten Erlöser oder Fortentwickler sehen, erklärt Ferah. Er verkündete, dass jede Religion die Menschheitsentwicklung um einen notwendigen Schritt weiterführe. Die Menschheit müsse heute - bei aller Verschiedenheit der Nation, Religion, ethnischem oder sozialen Herkunft zu einer organischen Einheit zusammenwachsen, wenn sie überleben wolle. Klare Gedankengänge, die auch Nichtgläubige in ihren Bann schlagen können.

Symbol der Bahá'i ist ein neunzackiger Stern. Die Zahl neun symbolisiert als höchste einstellige Zahl Vollständigkeit. Auch die "Häuser der Andacht" haben neun Eingänge: Dies steht dafür, dass jeder Gläubige anderer Religionen zu den Bahá'i kommen kann. Sie halten die "ewigen Wahrheiten" der "vorausgegangenen" Religionen hoch und erkennen den göttlichen Ursprung ihrer Stifter - von Moses bis Mohammed - rückhaltlos an. Der sehr aktuelle Gedanke der "Einheit in der Vielfalt" ist hier der geistige Wegweiser: Unterschiede der Völker und Kulturen sollen als Reichtum bewahrt bleiben. Einheit bedeute, dass man in allen wichtigen Angelegenheiten eine gemeinsame Sicht und Handlungsweise entwickle.

Ferah nimmt den Interessierten einfach einmal mit zu einem Treffen der Saarbrücker Gemeinde. Bei den Bahá'i gibt es kein Priestertum und keinen Klerus, sondern gewählte Gremien, die für alle Gemeindebelange verantwortlich sind. Nach dem Prinzip, dass allein die persönliche Eignung zählt, wird in jeder Gemeinde jährlich ein "Geistiger Rat" gewählt, in jedem Land ein "Nationaler Geistiger Rat". In diesen Gremien und in den regelmäßigen 19-Tage-Festen wird die Bahá'i-Beratung praktiziert. Man beginne mit einem Gebet und versucht dann, aus allen Ideen und Vorschlägen gemeinsam die optimale Lösung zu erarbeiten. Die im Geist der Einigkeit getroffenen Mehrheitsentscheidungen würden dann von allen unterstützt, erklärt Ferah. Worum es dabei geht? Heute werden zum Beispiel die Vorbereitung einer Podiumsdiskussion zu Menschenrechtsverletzungen im Iran, aber auch Fragen der Kindererziehung thematisiert.

Auffällig für den Besucher ist, wie ruhig und ausgeglichen die meisten wirken und sich austauschen. Obwohl man derzeit sehr beunruhigt ist über die Situation der Bahá'i im Iran. Mit etwa 300.000 Mitgliedern stellen sie die größte nicht-muslimische Minderheit. Der Bahá'ismus ist dort offiziell verboten, während Christen und Juden Minderheitenrechte besitzen. Nach Massenverhaftungen im Sommer 2006 kommen Erinnerungen an frühere Pogrome hoch. Mit öffentlichen Veranstaltungen in vielen deutschen Städten machen sie auf die bedrohliche Lage im Iran aufmerksam.


Autor: Ekkehart Schmidt-Fink, isoplan

Kontakt: Der Nationale Geistige Rat der Bahá'í in Deutschland e.V., Eppsteiner Straße 89, 65719 Hofheim, Tel.: 06192/9929-0, Fax: -9, info@bahai.de, www.bahai.de (dort links zu vielen Gemeinden mit eigener Webseite); www.bahaiyouth.de (eigene Jugend-Webseite); Internationale Bahá'í-Gemeinde: www.bahai.org

[ Seitenanfang ]


Zwölf ethische Grundsätze der Bahá'i

 

1. Die ganze Menschheit ist als Einheit zu betrachten.

2. Alle Menschen müssen die Wahrheit selbständig erforschen.

3. Alle Religionen haben eine gemeinsame Grundlage.

4. Die Religion muss die Ursache der Einigkeit und Eintracht unter den Menschen sein.

5. Die Religion muss mit Wissenschaft und Vernunft übereinstimmen.

6. Mann und Frau haben gleiche Rechte.

7. Vorurteile jeglicher Art müssen abgelegt werden.

8. Der Weltfriede muss verwirklicht werden.

9. Beide Geschlechter müssen die beste geistige und sittliche Bildung und Erziehung erfahren.

10. Die sozialen Fragen müssen gelöst werden

11. Es muss eine Welthilfssprache und eine Einheitsschrift eingeführt werden

12. Es muss ein Weltschiedsgerichtshof eingesetzt werden.

Quelle: www.bahai.de 

[ Seitenanfang ]


Riten und Feiertage

 

Bahá'i sind zur Monogamie verpflichtet und haben vor der Heirat die Zustimmung der Eltern einzuholen. Zu binationalen Ehen wird ermutigt.

Alkohol und Drogen sind verboten, ebenso wie Askese, Mönchstum, Beichte, Feuerbestattung, Glücksspiel und Bettelei.

Darüber hinaus sind die Gläubigen zu Gehorsam gegenüber der Regierung ihres Landes verpflichtet. Die Teilnahme von Baha'i an parteipolitischen Aktivitäten ist nicht erlaubt. Begründet wird dies dadurch, dass die Mechanismen der Parteipolitik im Widerspruch zu den Bahà'i-Prinzipien stehen.

Gottesdienstliche Rituale bestehen nicht. An jedem Monatsersten nach dem Baha'i-Kalender, der das Jahr in 19 Monate zu 19 Tagen einteilt, halten die Gläubigen das "Neunzehntagefest" ab, das aus drei Teilen besteht: einem Andachtsteil, bei dem aus den heiligen Schriften gelesen wird, einem Beratungsteil und einem geselligen Teil. Es ist das Herzstück des Gemeinlebens. Es wird alle 19 Tage, zu Beginn jedes Bahá'i-Monats, als Andachtsveranstaltung der örtlichen Gemeinde begangen. Es verbindet einen Gottesdienst mit der Beteiligung der Basis an Entscheidungsprozessen und froher Geselligkeit.

Die Bahá'í-Feiertage beziehen sich größtenteils auf Ereignisse aus dem Leben des Bab und Bahá'u'lláhs. Sie werden in der Gemeinde gefeiert. Festgelegte Rituale gibt es nicht. Die Feiern bestehen meist aus einer Andacht und einem geselligen Teil. Im Bahá'i-Jahr gibt es neun heilige Tage, an denen nicht gearbeitet wird. Sie fallen immer auf die gleichen Tage:

21. März Neujahrsfest (Naw-Rúz)
21. April 1. Tag des Ridván-Festes* (Erklärung** Bahá'u'lláhs)
29. April 9. Tag des Ridván-Festes
02. Mai 12. (letzter) Tag des Ridván-Festes
23. Mai Erklärung des Báb*
29. Mai Hinscheiden Bahá'u'lláhs
09. Juli Märtyrertod des Báb
20. Oktober Geburt des Báb
12. November Geburt Bahá'u'lláhs

*) Das Ridván Fest umfasst die 12 Tage, die Bahá'u'lláh außerhalb von Bagdad in einem Garten verbrachte, kurz vor der beschwerlichen Verbannungsreise nach Istanbul.

**) Die "Erklärung" eines Offenbarers bedeutet, dass er sich erstmals als Gottesbote zu erkennen gibt. Mit der "Erklärung" eines Menschen nimmt dieser den Glauben an.

Quelle: www.bahai.de 

[ Seitenanfang ]


Verfolgung im Iran

 

Nach den Verfolgungen der Frühzeit des Glaubens im 19. Jahrhundert, kam es auch während der Regierung der beiden Pahlavi-Schahs (1926-1979) immer wieder zu staatlicher und klerikaler Verfolgung. Seit der iranischen Revolution und der Etablierung der Islam. Republik wird die Existenz von Bahá'is im Iran staatlicherseits zumeist geleugnet. Gleichzeitig wird jedoch alles unternommen, um diese Glaubensgemeinschaft zu zerstören.

Die UN-Sonderberichterstatterin für Menschenrechte und Religionsfreiheit, Asma Jahangir, hat am 20. März 2006 eindringlich vor einer zunehmenden Verfolgung der Bahá'i im Iran gewarnt. Ihr lag ein geheimes Memorandum des oberste religiösen Führers Ayatollah Khamenei vom 29. Oktober 2005 vor, in dem Polizei und Religionsgarden angewiesen wurden, die Bahá'i engmaschig zu überwachen. Diese Informationen dienen, so Jahangir, "als Grundlage für zunehmende Verfolgung". Sie sollte Recht behalten: Im Sommer 2006 kam es zur größten willkürlichen Massenverhaftung seit den 1980er-Jahren, als das Regime nach der Islamischen Revolution besonders scharf gegen die als Häretiker angesehenen Bahá'i vorgingen. Mehr als 200 Bahá'i im Iran wurden allein in den letzten 20 Jahren nur aufgrund ihres Glaubens hingerichtet. Viele flohen. Den jüngsten Verhaftungen vorweg ging eine Serie von bislang über 30 Artikeln der offiziellen Teheraner Tageszeitung "Kayhan", in denen die Bahá'í und ihre Religion systematisch öffentlich diffamiert und verurteilt wurde. Radio und Fernsehen schlossen sich mit ähnlichen Beiträgen an. "Die Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte zeigen, dass solche öffentlichen Kampagnen in Presse, Rundfunk und Fernsehen stets Gewalt, Mord und Totschlag an Männern, Frauen und Kindern zur Folge gehabt haben", betonte Dr. Michael Busch auf einer Veranstaltung im September 2006 in Saarbrücken. Der Trierer Jurist stellte seinem eindringlichen Vortrag den Hinweis voran, dass es ihm und den Bahá'i nicht um "eine Iran- oder Koranschelte" gehe.

Verfolgung aus Gründen der Religion ist den Bahá'í im Geburtsland ihres Glaubens - dem Iran des 19. Jahrhunderts - jedoch nicht fremd. Gemäß der Verfassung der Islamischen Republik Iran aus dem Jahr 1980 werden ihnen sämtliche Bürgerrechte vorenthalten. Dies führte in der Folgezeit zu einer Welle von Hinrichtungen, Verhaftungen und Diskriminierungen. Die gesamte Gemeinde wurde durch ein Dekret des iranischen Generalstaatsanwaltes verboten, soziale Einrichtungen wie Krankenhäuser und Schulen geschlossen, Heilige Stätten und Friedhöfe bis in die jüngste Zeit geschändet, zerstört, enteignet oder im Sinne der Revolution verwendet. Bahá'í im Iran ist es verboten, in öffentlichen Verwaltungen zu arbeiten und an Hochschulen zu studieren. Renten an Bahá'í werden nicht ausbezahlt, wie ihnen auch Handel und Gewerbe tagtäglich erschwert werden. (esf)

[ Seitenanfang ]


Geschichte der Bahá'i in Deutschland

 

In Deutschland fasste die Bahá'í-Gemeinde ab 1905 Fuß. Seit 1923 gibt es rechtlich verfasste Bahá'í-Gemeinden und einen Nationalen Geistigen Rat. Diese aus neun Personen bestehende Körperschaft repräsentiert die Gemeinde auf bundesweiter Ebene und wurde seither jährlich in freier, geheimer Wahl aus dem Kreis aller in Deutschland lebenden Bahá'í neu gewählt. Eine Ausnahme bildeten die Jahre 1937 bis 1945 wegen des durch einen Sondererlass Himmlers verfügten Verbots der Bahá'í-Gemeinde, das auf die im Bahá'í-Glauben verankerten Gedanken der Völkerverständigung und der Toleranz unter den Religionen zurückzuführen war.

Die Bahá'í verstehen sich als "Menschen, die in einer offenen und lebendigen Gemeinschaft daran arbeiten, die Einheit der Menschheit zu fördern". Vielfältige Aktivitäten (z.B. Forum Langenhain) von Gruppen und örtlichen Gemeinden werden von dem jährlich gewählten Nationalen Geistigen Rat der Bahá'í in Deutschland e.V. geleitet. Dieses Gremium hat seinen Sitz in Hofheim-Langenhain (Taunus). Dort befindet sich auch ein Haus der Andacht. Es ist dem Gebet ohne Ritus gewidmet und steht allen Menschen zur stillen Einkehr offen. In ihrer wechselvollen Geschichte hat sich die Deutsche Bahá'í-Gemeinde immer wieder zu wichtigen Themen der Zeit mit Statements zu Wort gemeldet.

Historische Entwicklung:
1905 Erster Bahá'í in Deutschland; In Deutschland gibt es als 23. Land der Erde Bahá'í
1905 Erste Bahá'í-Vorträge, gehalten in Stuttgart
1909 Der "Selbstverlag der Bahá'í-Vereinigung" veröffentlicht erste Bahá'í-Schriften
1913 Abdu'l-Bahá, der älteste Sohn Bahá'u'lláhs, besucht auf seinen Reisen durch Europa auch Deutschland
1914-18 Während des Ersten Weltkrieges ist die Tätigkeit der Bahá'í durch die Kriegswirren beeinträchtigt
1919 Gründung des Bahá'í-Verlages in Stuttgart; Gründung der Zeitschrift "Sonne der Wahrheit"
1921 Erste Bahá'í-Konferenz in Esslingen
1922 Erste Wahl für den "Rat der Neun in Stuttgart"
1923 Erster "Geistiger Nationalrat". Deutschland hat als 2. Land der Erde einen Nationalen Rat
1924 Erster Bahá'í-Vortrag im Rundfunk
1925 Gründung der Bahá'í-Kinderzeitschrift "Rosengärtlein"
1926 Gründung des Nationalen Bahá'í-Büros in Stuttgart
1930 Die Journalistin Martha Root lehrt den Glauben an deutschen Universitäten
1931 Einweihung des Bahá'í-Heims in Esslingen
1932 Erste einwöchige Sommerschule
1934 Der "Geistige Nationalrat" ändert seinen Namen in "Der Nationale Geistige Rat der Bahá'í in Deutschland und Österreich"
1935 Treuhandschaftserklärung des Nationalen Geistigen Rates und Eintragung ins Vereinsregister
1936 Letzte Sommerschule in Esslingen vor der Verbotszeit
1937 Mai: Verbot des Bahá'í-Glaubens durch SS-Chef Himmler; Juni: Bekanntmachung des Verbots in den Tageszeitungen, Hetzartikel in der Presse
1939-44 Hausdurchsuchungen, Verhöre, Prozesse und Gefängnis für einige Bahá'í; Beschlagnahme von Büchern und Archivmaterial
1945 Amerikanische Militärregierung gestattet Neuorganisation der Bahá'í in Stuttgart, weitere Gebiete folgen im Laufe des Jahres
1946 Erste Nationaltagung nach der Verbotszeit; wieder Sommerschule in Esslingen; erste Jugendsommerschule in Heppenheim
1948/49 Erste Winterschule der Jugend in Murrhardt
1951 Einweihung des Bahá'í-Zentrums in Frankfurt am Main
1957 Kauf des Geländes für das Haus der Andacht in Hofheim/Langenhain Ts.
1958 Internationale Konferenz in Frankfurt, Messegelände
1959 Bildung des Nationalen Geistigen Rates der Bahá'í in Österreich
1960 Grundsteinlegung für das Haus der Andacht in Hofheim/Langenhain Ts.
1964 Einweihung des Europäischen Bahá'í-Hauses der Andacht in Hofheim/Langenhain Ts.
1967 Internationale Konferenz in Frankfurt, Jahrhunderthalle Höchst
1972 Konferenz in Plön
1974 Einweihung des neuen Nationalen Bahá'í-Zentrums in Hofheim/Langenhain Ts. als erstes Nebengebäude des Haus der Andacht
1980 50. Nationaltagung der Bahá'í in Deutschland
1986 Bahá'í-Friedenskonferenz in Duisburg
1987 Das Haus der Andacht wird zum Hessischen Kulturdenkmal ernannt
1992 Gedenkfeier zum hundertsten Todestag von Bahá'u'lláh in der Paulskirche in Frankfurt
1996 Gründung des Bahá'í Frauen Forums (BFF)
1997 Gründung der Zeitschrift "Tempora"
1998 Festakt in Wiesbaden zum 75jährigen Bestehen des Nationalen Geistigen Rates
2000 Bahá'í-Gemeinde ist vertreten im Global House bei der Expo2000 in Hannover
2005 Hundertjahrfeier der Bahá'í in Deutschland

Quelle: www.bahai.de 

[ Seitenanfang ]


Die Bahá'í im interreligiösen Dialog

 

"Verkehret mit den Anhängern aller Religionen im Geiste des Wohlwollens und der Brüderlichkeit." Die Bahá'í nehmen diesen Auftrag ihres Religionsstifters zum interreligiösen Dialog sehr ernst. Daher initiieren sie interreligiöse Begegnungen und wirken daran mit, wo immer sich die Gelegenheit bietet, auf örtlicher, regionaler, nationaler und internationaler Ebene. Diese Haltung gegenüber anderen Religionen wurde bereits in den ersten Jahren des Wirkens dieser jungen Religion deutlich, als sie das in ihrem Ursprungsland, dem Iran, weit verbreitete Konzept der rituellen Unreinheit von Andersgläubigen aufhob und für dessen gesellschaftliche Überwindung eintrat.

Die theologische Grundlage für diese Haltung findet sich in der Glaubensüberzeugung der Bahá'í, dass alle großen Offenbarungsreligionen aus derselben Quelle stammen. Gott, der Schöpfer, begleitet, führt und erzieht die Menschen im Verlauf der Religions- und Menschheitsgeschichte durch Propheten bzw. Religionsstifter, d.h. Gott offenbart sich in allen großen Religionen. Diesen Gedanken gibt es auch in anderen Religionen: so knüpft das Christentum am Judentum an, beruft sich auf die Zehn Gebote und erkennt die Heilige Schrift des Judentums als "Altes" bzw. "hebräisches" Testament an. Auch der Islam baut auf dem Judentum und Christentum auf und beruft sich auf Abraham als den Urvater, der den Monotheismus, den Glauben an einen einzigen Gott, gelehrt hat. So beziehen sich Religionen in natürlicher Art und Weise auf ihnen vorangegangene, bestätigen die gemeinsamen Werte und führen deren Lehre fort. Schwieriger wird in aller Regel der Umgang mit nachfolgenden, jüngeren Religionen. Bahá'u'lláh lehrt, dass die Religionen wie die Glieder einer Kette miteinander verbunden sind und aufeinander folgen, sowohl in Bezug auf die Vergangenheit, als auch im Hinblick auf die Zukunft. Auch nach ihm werden weitere göttliche Erzieher folgen.

Die Haltung der Bahá'í-Religion gegenüber anderen Religionen geht somit über Toleranz im Sinne des Duldens hinaus. Religionsstifter wie Moses, Buddha, Christus, Mohammed und Bahá'u'lláh werden alle als Boten Gottes und Verkünder der Wahrheit verehrt. In den Bahá'í-Häusern der Andacht wird aus den Heiligen Schriften aller Hochreligionen gelesen.

Bahá'í Büro für Öffentlichkeitsarbeit

[ Seitenanfang ]


Literaturtipps

  • Aitmatow, Tschingis: Begegnung mit einem Bahá'i. Gespräch zwischen Tschingis Aitmatow und Feizollah Namdar, Horizonte Verlag, Stuttgart 1994

  • Bahá'í-Verlag (Jg.): Lobpreis Gottes. Aus den verborgenen Worten Bahá'u'lláhs sowie aus Gebeten Bahá'u'lláhs, des Bab und ‚Abdu'l-Bahás, Bahá'í-Verlag, Hofheim 1987

  • Bahá'i International Community (Hg.): The Bahá'i Question. Cultural Cleansing in Iran, New York 2005 (http://question.Bahá'i.org)

  • Bahá'u'lláh: Die verborgenen Worte. Texte zur Meditation, Horizonte Verlag, Stuttgart 1993

  • Esslemont, J. E.: Baha'u'llah und das neue Zeitalter, 1976

  • Figl, Johann: Die Mitte der Religionen, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1993

  • Hutter, M.: Die Bahá'i. Geschichte und Lehre einer nachislam. Weltreligion, 1994

  • Nationaler Geistiger Rat der Bahá'i in Deutschland e.V. (Hg.): Die Bahá'i-Religion. Größte religiöse Minderheit im Iran. Dokumentation zur Verfolgung der Bahá'i im Iran, Hofheim-Langenhain, 3. Aufl. 1981

  • Internationale Bahá'i-Gemeinde (Hg.): Die Bahá'i. Die Bahá'i-Religion und ihre weltweite Gemeinde im Überblick, Hofheim 2006

  • Schäfer, U.: Der Bahá'i in der modernen Welt. Strukturen eines neuen Glaubens, 1981

  • Tehrani, Nafisa: Die falsche Religion. Die Verfolgung der Bahá'i im Iran. In: die tageszeitung, 17.Mai 2006, S.5

  • Vereinte Nationen: Sonderberichterstatterin für Religions- und Glaubensfreiheit besorgt über die Behandlung der Anhänger des Bahá'i-Glaubens im Iran. Pressemitteilung vom 20. März 2006.

[ Seitenanfang ] [ Nächste Seite ] [ Vorherige Seite ]

© isoplan-Saarbrücken. Nachdruck und Vervielfältigung unter Nennung der Quelle gestattet (bitte Belegexemplar zusenden).

Technischer Hinweis: Falls Sie diese Seite ohne das Inhaltsverzeichnis auf der linken Seite sehen, klicken Sie bitte HIER und wählen Sie danach die Seite ggf. erneut aus dem entsprechenden Inhaltsverzeichnis.