Ausländer in Deutschland 3/1999, 15.Jg., 30. September 1999

SCHWERPUNKT:
DEUTSCH ALS ZWEITSPRACHE

Weitere Dokumente dieser Ausgabe zum Schwerpunkt "Deutsch als Zweitsprache":
Forschung, Literatur


Am Anfang ist das Wort

Spracherwerb und Integration

Fremdsprache Herkunftssprache

"Für seine neue Karriere als Moderator muß Mehmet noch viel lernen - unter anderem Türkisch" titelte der Berliner Tagesspiegel (5.12.98). Mehmet, der abgeschobene 14jährige, gebürtiger Münchner mit türkischem Paß besucht einen Türkischkurs (und machte aus Versehen vor laufender Kamera bei Kral-TV Istanbul das karriereschädigende Eingeständnis, bis jetzt habe er für türkische Popmusik nicht viel übrig gehabt.): Mangelhafte Kenntnisse der Herkunftssprache sind für sogenannte Rückkehrerkinder oft ein Problem, auch für die "freiwilligen" und diejenigen in Begleitung ihrer Eltern. Es zeigt sich, daß die gewohnten Begriffe nicht treffen: Hier geborene und aufgewachsene Kinder von Migranten sind keine "Rückkehrer", sie gehen in ein ihnen fremdes Ausland. Und was ihre Erst-, was die "Zweitsprache"?

 

"Rheinisch lernen mit dem Tagesspiegel", das konnten im Juli zehn Tage lang die Leser der großen Berliner Tageszeitung. Eine Artikelserie zur Vorbereitung auf die Immigranten aus Bonn, deren Integration mit dem Regierungsumzug in Berlin ansteht. Rheinisch als "Zweitdialekt"? Mit ein paar Sätzen wie "et kütt, wie et kütt" und "isch kann nit klare (klagen)" kann man das natürlich gar nicht lernen. Doch die Texte der kleinen Serie bieten mehr und anderes: augenzwinkernde Einblicke in die "Fremdheit" der Neu-Berliner und in sympathische Aspekte ihrer rheinischen Herkunftskultur. Damit wird der "Sprachkurs" spielerisch zu einem Willkommensgruß, der Modellcharakter haben könnte.

Die kleine Serie im Tagesspiegel macht auf amüsante Weise deutlich, was im Zusammenhang mit Sprache und Integration wichtig ist: Aufeinander zugehen fängt mit Spracherwerb an. Nur über diesen Weg wird es möglich, sich mit der "anderen" Kultur auseinanderzusetzen. Wörter und Sätze lernen allein heißt noch nicht verstehen; der kulturelle Zusammenhang des Gesagten ist unverzichtbare Zusatzinformation. Und: Integration von Migranten ist eine Herausforderung auch für die Alteingesessenen: Deren Offenheit und Interesse ist ebenso gefragt wie seitens der Migranten. Im Tagesspiegelmodell wird dies pointiert: Hier nähern sich sogar zuerst die Einheimischen der Sprache und Kultur der Einwanderer. Und das macht kein bißchen Angst, die Ex-Rheinländer könnten sich deshalb künftig dem Hochdeutschen oder dem Verständnis von Berliner Eigenarten verweigern. Modell oder Utopie? Inwieweit lassen sich solche Prinzipien auf die Integration von Migranten fremdsprachlicher Herkunft übertragen?

Ein Jahr vor dem "Rheinischkurs" hatte der Tagesspiegel einen "kleinen Türkischkurs" abgedruckt, die Urform dieser Version interkultureller Annäherung. Auch der Türkischkurs vermittelte nur weniger türkische Sprachkenntnisse; in erster Linie lud er mit amüsanten kleinen Geschichten zum Ausflug in eine andere Denkweise ein. "Da saß mir der Schalk im Nacken", erinnert sich die Journalistin Suzan Gülfirat, wenn sie sich an die Entwicklung der Idee erinnert. Viele Leser aber verstanden keinen Spaß, manche drohten mit Abo-Kündigung, danach erst meldeten sich zustimmende, begeisterte Leser.

"Die sollen erst mal Deutsch lernen", der Satz dürfte in der Bevölkerung Deutschlands noch weit verbreitet sein, und er steht auch für eine Grundhaltung: Integration haben die Migranten zuerst zu leisten. Ein eindeutiger - einseitiger - Arbeitsauftrag. Diejenigen Deutschen, die Nachbarn und Arbeitskollegen mit freundlichem "Merhaba" symbolisch Achtung und Sympathie erweisen, die vielleicht sogar Türkisch-Kurse bei der VHS besuchen, sind sicher in der Minderheit.

Kursangebot und Spracherwerb

Aber hat diese relative Einseitigkeit denn geschadet? Den Satz "Die sollen erst mal Deutsch lernen" würde vermutlich die große Mehrheit der Migranten in Deutschland zurückweisen, nicht allein wegen seines abfälligen Grundtons, sondern auch wegen der pauschalen Unterstellung, das sei nicht geschehen bzw. geschehe nicht. Die frühen Zeiten der Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte sind längst vorbei, als den frisch Eingereisten ein wenig Basisdeutsch am industriellen Arbeitsplatz plus Bezeichnungen für Lebensmittel zu genügen schien. Das glaubten damals Anwerbende wie Angeworbene. Doch schon um 1973, zur Zeit des Anwerbestopps, wurde klar, daß die Integration der hier Lebenden - und Bleibenden - ohne Deutschkenntnisse nicht gelingen würde: Zusammenleben geht nun mal über das Verständnis von Arbeitsanweisungen und von Unfallwarnungen am Arbeitsplatz hinaus.

Die Notwendigkeit einer umfassenden Sprachförderung für alle Familienmitglieder wurde erkannt: 1974 institutionalisierte der Bund entsprechende Angebote mit der Gründung des "Sprachverbandes - Deutsch für ausländische Arbeitnehmer e.V.". Bis heute werden dessen Deutschkurse gefördert aus öffentlichen Mitteln. Die jährliche Förderung von rund 25 Mio. DM wurde im Entwurf des Bundeshaushaltsplans 1999 auf 34 Mio. DM erhöht. Um das Kursangebot weiter zu verbessern, hat das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (BMA) eine Studie zur Evaluierung der Sprachförderung für ausländische Arbeitnehmer in Auftrag gegeben. Der im März 1999 von Social Consult vorgelegte Bericht enthält Empfehlungen, wie noch paßgenauer auf die Bedürfnisse der Lernenden wie auch des Arbeitsmarktes eingegangen werden sollte (vgl. S.5). Doch schon das bisherige Angebot ist auf Seiten der Migranten wertgeschätzt worden. Hunderttausende haben inzwischen Sprachkurse durchlaufen, jährlich nehmen über 60.000 Personen an Kursen teil.

Fast alle sprechen Deutsch...

Wie steht es heute um die Deutschkenntnisse bei Migranten? 1995 befragte Sigma Migranten aus der Türkei, dem ehemaligen Jugoslawien, Italien und Griechenland. Die Erhebung war repräsentativ; sie erfaßte Personen unabhängig davon, ob sie bereits an Sprachkursen teilgenommen hatten oder nicht. Sigma stellte fest: Die Sprachsituation gibt sowohl Anlaß zu Pessismismus wie zu Optimismus. Einige gute Nachrichten zuerst: Mit deutlich über 90 % verfügt der überwiegende Teil der Migranten aus den großen Anwerbestaaten über Deutschsprachkenntnisse - nach eigenen Angaben, die sich übrigens mit der Einstufung der Interviewer weitgehend decken. In fast allen Teilgruppen, unterschieden nach Geschlecht, Alter, Staatszugehörigkeit, hat sich das Niveau der Sprachkenntnisse im Fünfjahresvergleich kontinuierlich verbessert. Auch die Teilnahme an Sprachkursen hat kontinuierlich zugenommen. Eine Ausnahme bilden die unter 25jährigen Türken - was die Studie darauf zurückführt, daß die zweite und dritte Generation ohnehin von Kindesbeinen an integriert ist, auch in Bezug auf Spracherwerb. Auf die Frage, warum man keinen Deutschkurs besucht habe, lautet 1995 erstmals die häufigste Antwort: Man spreche genug Deutsch. Antworten wie "keine Zeit" oder "kein Interesse" sind im Laufe der Jahre erheblich seltener geworden. Und in der aktuellen Social Consult-Befragung gibt sogar jeder vierte Sprachkursteilnehmer an, mehr die deutsche Sprache als die der Herkunftskultur zu sprechen. Allerdings steht es um das Niveau schriftlicher Deutschkenntnisse deutlich schlechter.

... aber wie gut?

Genaues Hinsehen ist heute erforderlicher denn je. Eine knappe Million ausländische Schüler besucht in Deutschland eine allgemeinbildende Schule, d.h. jeder zehnte der Schülerinnen und Schüler hat eine ausländische Staatsbürgerschaft (9,4%). Migrantenkinder verließen 1997 dreimal so häufig wie deutsche Schüler allgemeinbildende Schulen ohne Abschluß. In Zeiten steigender Arbeitslosigkeit verlieren ausländische Arbeitnehmer in stärkerem Maße ihre Arbeitsplätze als deutsche. Und es sind diejenigen mit einem durchschnittlich geringeren Qualifikationsniveau. "Defizitäre Sprachkompetenz" nennt Helga Herrmann vom Institut der deutschen Wirtschaft als einen wesentlichen Faktor der geringen Ausbildungsbeteiligung bei ausländischen Jugendlichen.

Dies, obwohl Sigma gerade bei Jugendlichen der großen Migrantengruppen einen positiven Trend ausgemacht hat: Sie sprechen nach einer Fünfpunkte-Skala in zunehmender Tendenz gut bis sehr gut deutsch (unter 25jährige Italiener: 71,6%, Griechen: 66,7%, Türken: 62%, ehem. Jugoslawen 50,6%) und liegen damit deutlich über dem Durchschnitt ihrer Landsleute (Italiener: 52,9%, Griechen: 48,7%, Türken: 45,7%, ehem. Jugoslawen: 38,3%. Die niedrigeren Werte bei ehem. Jugoslawen sind durch verstärkte Neuzuwanderungen von Kriegsopfern und -flüchtlingen im letzten Jahrzehnt erklärbar). Allerdings scheinen viele junge Migranten solch "gutes" bis "sehr gutes" Deutsch an ihrem Arbeitsplatz für nicht unbedingt erforderlich zu halten. Denn eine deutlich höhere Zahl - immerhin zwischen 84 bis 91% der 15 bis 25jährigen - gibt an, mit ihren Deutschkenntnissen den Anforderungen am Arbeitsplätzen gerecht zu werden. Das spricht nicht dafür, daß sie die Notwendigkeit von Fort- und Weiterbildung erkannt hätten - die ohne gute Sprachkenntnisse in Wort und Schrift kaum zu leisten sind.

Auch die über 45jährigen haben im Langzeitvergleich ihre Sprachkenntnisse verbessert, in erwiesenem Zusammenhang mit der jeweiligen Aufenthaltsdauer. Doch die Älteren sind eine der sprachlichen Problemgruppen, die deutlich unter dem Durchschnitt bleibt. Ältere Türken etwa liegen mit nur 21,4% guten bis sehr guten Sprachkenntnisse generell zurück, im Vergleich mit jüngeren, aber auch mit den anderen untersuchten Nationalitäten. Diese Befunde sind nicht allein problematisch im Hinblick auf Arbeitsplatzsicherheit (Qualifikationsprobleme plus "Alter" - eine doppelte Einschränkung), sondern auch im Hinblick auf die Zukunft: Wie wird sich die wachsende Generation der ausländischen Senioren im System der Altenhilfe zurechtfinden?

Beim Spracherwerb von Frauen gibt es zwei gegenläufige Tendenzen: Im Vergleich zu Männern sind sie deutliche Spitzenreiterinnen, wenn es um "sehr gute" Deutschkenntnisse geht. Das gilt für alle untersuchten Nationalitäten, wobei Türkinnen den größten Vorsprung vor ihren männlichen Landsleuten (20,1% vs.15,6%) haben. Gleichzeitig aber sind auch die Problemfälle häufiger weiblich, und wiederum ist der Unterschied zwischen den Geschlechtern hier extrem bei den türkischen Migranten: 13,1% der Frauen sprechen sehr schlecht bis kein Deutsch, unter den Männern sind das nur 5,5%.

Stagnation aufbrechen

Die statistischen Differenzierungen verweisen darauf, daß sich "Problemgruppen" nicht nach einfachen Merkmalen wie Staatsangehörigkeit oder Geschlecht definieren lassen. Spezifisch auf bestimmte Gruppen zugeschnittene Kurse werden mehr denn je gebraucht, das ist auch ein Ergebnis der Social Consult-Studie. Keinesfalls sollte auch an denjenigen gespart werden, die nicht, noch nicht oder nicht mehr im Erwerbsleben stehen. Sie gehören zu den durchaus eifrigen Teilnehmern der Deutschkurse des Sprachverbands: 43% der derzeitigen wie der ehemaligen Kursteilnehmer geben an, "Hausfrau" bzw. "Hausmann" zu sein. Mehr als die Hälfte von ihnen war in Deutschland noch nie erwerbstätig, wobei jeder zweite von ihnen keine Arbeitserlaubnis besitzt. Meist sind oder werden sie jedoch - Eltern bzw. Großeltern, und ihre mehrsprachige Erziehungsarbeit legt den Grundstein für die Integration der Folgegenerationen. Mehrsprachigkeit schon im Kindergarten, wie sie in Modellprojekten gefördert wird, wirkt vorteilhaft auf die weitere Sprachentwicklung (vgl. Box S. 3).

Bei älteren und auch bei kranken Menschen kann "Sprachlosigkeit" geradezu lebensbedrohlich werden, wenn ärztliche und pflegerische Hilfe an Kommunikation scheitert. Es braucht aber gar keine Schreckensszenarien, um Sprachkursen einen Sinn jenseits der Arbeitswelt zu bestätigen: Insgesamt jeder zweite Teilnehmer lernt Deutsch explizit auch deshalb, um sich im Alltag besser zurechtzufinden. Social Consult stellt nun fest, daß Sprachkursteilnehmer, die länger als zwei Jahre in Deutschland gelebt haben, zwar über Deutschsprachkenntnisse verfügen. Doch ohne Schulung sind diese unsystematisch und "fossiliert", also über die Jahre auf einem frühen Lernniveau stehengeblieben. Allerdings, so der ermutigende Hinweis, haben diese Kursteilnehmer nicht mehr und nicht weniger Schwierigkeiten, gutes Deutsch zu lernen, als Neuzuwanderer. Daß ältere Migranten nach Jahrzehnten kein Deutsch mehr lernen wollten, muß im übrigen in Frage gestellt werden. Allerdings haben sie eine gewisse Abneigung gegen "normale" Kurse: In fortgeschrittenem Alter zurück auf eine Schulbank, das ist nun mal nicht jedermanns Sache. Am liebsten lernen sie Deutsch in Verbindung mit anderen, bei gemeinsamen Aktivitäten.

Zwang oder Einladung?

Zweifellos aber werden beste sprachliche Integrationchancen geschaffen, wenn bereits Neuzuwanderer unmittelbar nach der Einreise Deutschsprachkurse besuchen können. Oder sollte es heißen: "müssen"? Unsere niederländischen Nachbarn verfahren in der Tat nach dem Verpflichtungsprinzip. Neuzugewanderte durchlaufen Einstufungstests, und sogenannte Integrationskurse schließen sich an. Dort werden nicht nur Sprachkenntnisse vermittelt, sondern auch allgemeinbildendes Wissen über Staat, Kultur, Geschichte des Landes. Mit der Verpflichtung zur Teilnahme, so die Befürworter des "niederländischen Modells", kommen auch diejenigen in den Genuß der Integrationskurse, an die ansonsten schwerer heranzukommen wäre: Nachgezogene Ehegatten etwa, sie werden nicht selten von der Familie der Schwiegereltern bzw. deren Haushalt absorbiert, und ihre Integration bleibt oft jahrelang auf deren kulturelle Enklave reduziert. Andererseits widerspricht erzwungener Sprachkursbesuch pädagogischen Erkenntnissen: Erfolg stellt sich am ehesten ein, wenn die Motivation zum Lernen eigener Erkenntnis entspringt. Ob bei dem noch jungen niederländischen Ansatz positive oder negative Effekte überwiegen, muß sich erst noch zeigen.

Die deutschen Sprachkursangebote sind ein wesentlicher, aber kein hinreichender Weg zur Integration. Der spezifische Zuschnitt auf bestimmte Zielgruppen und weitere Verbesserungen des Angebots, wie sie aus den Ergebnissen der Evaluation der Sprachförderung gefolgert werden, wird das Angebot weiter verbessern. Information und vielleicht etwas nachdrücklichere Einladung vor allem der neu Einreisenden dürfte in diesem Zusammenhang ebenfalls geboten sein. An türkische Zuwanderer richtet sich nun ein neues Faltblatt, erstellt im Auftrag des BMA, und spricht unter anderem dieses Thema deutlich an.

Wieso aber nutzen generell nicht alle, die die Möglichkeit hätten, die äußerst preisgünstigen Sprachkursangebote? Warum geben sich noch allzuviele zufrieden mit unter Umständen nur ein paar radebrechenden Sätzen und ziehen sich dann ins herkunftsprachliche Umfeld zurück? Wie ist es zu schaffen, daß das Angebot der Deutschsprachkurse von der Mehrheit derjenigen, die zumindest Nachholbedarf an Sprachunterricht haben, besser genutzt wird? Wenn man an das Modell "Rheinisch-" und insbesondere "Türkischkurs" für Einheimische denkt, wird es darum gehen, Sprachkurse als - äußerst wichtigen - Teil eines umfassenderen Integrationsangebots deutlich zu machen. Ein Integrationsangebot auch von Seiten der deutschen Bevölkerungsmehrheit. Auch das läßt sich verbessern.


Autorin: Marie-Luise Gries, isoplan

Foto: Ekkehart Schmidt

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Eine Familie, drei Sprachen

 

Fremde Wörter

Nicht nur Migranten, auch Wörter haben ihre Geschicke und ihre Geschichte: "Da wandert ein fremdes Wort in eine andere Sprache ein und wird dort vielleicht als augen- und ohrenfälliges Fremdwort geschätzt oder auch verpönt, vielleicht mehr oder weniger zurechtgestutzt, herausgeputzt, als Lehnwort eingebürgert. Da kommen Wörter unversehens in Mode und wieder ausser Mode, werden vergessen und wiederentdeckt. Und dieses bunte Leben der Wörter erstreckt sich anders als das kurzlebige Menschenleben über Jahrhunderte und Jahrtausende und über alle Völker und Sprachen hinweg, so weit jeweils Handel und Wandel reichen."

Zitat: Klaus Bartels - Wie Berenike auf die Vernissage kam (Wissenschaftliche Buchgesellschaft).

 

Susanne spricht mit ihren Kindern Deutsch, auch wenn es ihr anfangs schwer fiel, sich konsequent gegen die anders-sprachige Umgebung an ihrem tunesischen Wohnort zu behaupten. Beim Familienbesuch in Deutschland zahlt sich diese Standhaftig-keit aus, mit den Großeltern können sich die Kinder problemlos verständigen. Mit ihrem Vater unterhalten sich die Kinder auf Ara-bisch, Susanne und ihr Mann sprechen unter-einander wiederum Französisch. Eine Familie, drei Sprachen - geht das, und ist das gut für die Kinder?

Linguisten waren sich lange Zeit in der Beantwortung dieser Fragen uneins. Von Schäden für die kognitive Entwicklung war da die Rede, und davon, daß die Kinder am Ende keine Sprache wirklich beherrschen würden. Dabei ist Mehrsprachigkeit weltweit eher die Regel als die Ausnahme - bedingt u.a. durch große Migrationsbewegungen, die offizielle Mehrsprachigkeit vieler Staaten und nicht zuletzt die gestiegene individuelle Mobilität. Die Fragestellung lautet heute deshalb anders: Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit der Erwerb mehrerer Sprachen optimal gelingt? - War die Beschäftigung mit bilingualer Sprachent-wicklung bislang vor allem Gegenstand wissenschaftlicher Betrachtung, so arbeitet der Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V., derzeit an einer Veröffentlichung, die sich mit dem mehr-sprachigen Alltag in der Familie befaßt: Wie stellen Eltern sicher, daß die Kinder die Sprachen richtig trennen? Wie können Kindergärten und Schule die Mehrsprachig-keit der Kinder unterstützen? Sind drei Sprachen zu viele für ein Kind?

Zu diesen Fragen gibt die iaf-Autorin Elke Burkhardt Montanari Anregungen und Hinweise unter Berücksichtigung der jahrzehntelangen Erfah-rungen binationaler Familien. Sie erklärt: "Im Gehirn entwickeln sich zwei Sprachen offensichtlich nicht als zwei un-abhängige Systeme. Schon Interferenzen sind dafür interessante Indizien. Es gibt noch einen weiteren Hinweis: Werden in einer Sprache große Fortschritte gemacht, so ziehen diese Fortschritte auch welche in der/den anderen Sprachen nach sich - bei günstigen Bedingungen." Zu diesen Bedin-gungen gehört vor allem, daß die Kinder mindestens eine Sprache gut und richtig lernen. Eine Sprache, die korrekt gelernt wurde, ist eine optimale Grundlage für das Erlernen weiterer Sprachen. Dabei ist es wichtig, daß auch die außerfamiliäre Umge-bung die sprachliche Entwicklung eines Kindes unterstützt. Ein weiteres Projekt der iaf zielt deshalb auf die Entwicklung von didaktischem Material zur Förderung von Mehrsprachigkeit im Kindergarten ab. Damit trifft es durchaus das öffentliche Interesse, denn die Beherrschung mehrerer Sprachen wird auch in Deutschland zunehmend zu einer Schlüsselqualifikation im Beruf. Bi-linguale Kinder und Jugendliche dürfen sich also glücklich schätzen über eine zusätzliche Kompetenz, die sie "so nebenbei" erworben haben.

Kontakt:
iaf-Bundesgeschäftsstelle
Elke Burkhardt Montanari
Ludolfusstr. 2-4
60487 Frankfurt/Main
Tel.: 069/713756-0
Fax: 069/7075092
http://www.verband-binationaler.de


Autorin: Veronika Kabis-Alamba, iaf

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Medienangebote zum Deutschunterricht

 

Fachzeitschriften des Sprachverbands:

  • Deutsch lernen - Zeitschrift für den Sprachunterricht mit ausländischen Arbeitnehmern - 4 Hefte jährlich, Abo: 32 DM;
  • Bildungsarbeit in der Zweitsprache Deutsch - 8,80 DM, Abo 3 Hefte jährlich 21 DM, Bestelladresse: Schneider Verlag, Wilhelmstraße 13, 73666 Baltmannsweiler, Inhalte: http://www.uni-mainz.de/Sprachverband/, Redaktion: DfaA, Raimundistraße2, 55118 Mainz;
  • Materialsammlungen:  Computergestütztes Deutschlernen von Ausländern für die Berufs- und Arbeitswelt - herausgegeben vom Bundesinstitut für Berufsbildung, 29 DM;
  • Deutsch für Ausländer - kommentierte Bibliographie berufsbezogener Lehrmaterialien, herausgegeben von Günther Kühn, 38 DM. Bestelladresse: W.Bertelsmann Verlag, PF 10 06 33, 33506 Bielefeld;
  • Arbeitssprache Deutsch - 8 Themenbände für einen berufsorientierten Deutschunterricht. Bestelladresse: Verlag Dürr + Kessler, PF 11 06 41, 93019 Regensburg.

Online:

  • "Internet-Service für den Unterricht Deutsch als Fremdsprache" (Institut für Internationale Kommunikation), u.a. online-Einstufungstest: http://www.deutsch-als-fremdsprache.de/
  • Unmittelbar nutzbare Angebote und Fortbildungsinformationen bietet die Homepage des Goethe-Instituts: http://www.goethe.de/;
  • Viele gute Informationen und Links zu DaF, Deutsche Schulen in der Türkei, Türkischlernen etc. auf der Homepage von Karl Kirst: http://kudu.sim.net.tr/kkirst/;
  • Sprachspiele für den Unterricht bietet Torsten Schulz auf seiner privaten Homepage http://members.aol.com/TorSchulz/liste. Die Spiele sind für das Erlernen verschiedenster Sprachen geeignet, auch für Deutsch.

On Air:

  • Deutschkurs im Hörfunk: Montag bis Freitag 21.50 bis 22:05 Uhr bei Radio Multikulti (SFB 106,7)

Autoren: Marie-Luise Gries, Ekkehart Schmidt, isoplan

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Fischers Fritze ...

 

"Dieses Türkisch ist doch eine dumme Sprache. Man muß sie erst lernen, ehe man sie versteht. Habe die englische Sprache sogleich verstanden, schon als Kind."
(Sir David Lindsay in "Der Derwisch", Karl May)

Ja wenn es denn so einfach wäre mit dem Sprachenlernen. Ist es aber nicht, noch nicht einmal bei der sogenannten Muttersprache. Und deshalb haben vor allem Kinder großen Spaß an Sprechübungen mit Zungenbrechern.

Versuchen Sie es mal:

Bu duvari badanalamali mi, badanalamamali mi? (türkisch)
Sollen wir diese Wand weißwaschen, oder sollen wir sie nicht weißwaschen?

Na vrh brda vrba mrda. (serbisch/kroatisch)
Die Weide am Ufer bewegt sich stark.

En cap cap el que cap en aquet cap. (katalanisch)
Was in diesen Kopf paßt, paßt in keinen Kopf.

Trois tortues trottaient sur un trottoir très étroit. (französisch)
Drei Schildkröten trotteten auf einem sehr engen Trottoir.

Como pouco coco como, pouco coco compro. (portugiesisch)
Da ich wenig Kokosnüsse esse, kaufe ich wenig Kokosnüsse.

Tokyo tokkyo kyoka-kyoku kyou kyuukyo kyoka kyakka. (japanisch)
Das Patentamt von Tokyo wies heute die Erlaubnis eilig zurück.

Blaukraut bleibt Blaukraut und Brautkleid bleibt Brautkleid.

The sixth sick sheik's sixth sheep's sick. (englisch)
Das sechste Schaf des kranken Scheichs ist krank.

Un chasseur sachant chasser doit savoir chasser sans son chien de chasse. (französisch)
Ein Jäger, der jagen kann, muß ohne seinen Jagdhund jagen können.

Fischers Fritze fischt frische Fische.

How much would a woodchuck chuck if a woodchuck could chuck wood?

Wir Wiener Waschweiber würden weiße Wäsche waschen, wenn wir wüssten, wo warmes weiches Wasser wär.


Autorin: Marie-Luise Gries, isoplan

Übrigens: Diese kleine Auswahl entstammt der grössten Zungenbrechersammlung der Welt, erstellt von Martin Reck: 1430 Beispiele aus 61 Ländern. Von Afrikaans: "Wat was wat voor wat was?" bis Zulu: "Zaka zulu buka baju nampak bulu."
Schaun Sie mal nach unter http://www.uebersetzung.at , Link: "Humor"!

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