Ausländer in Deutschland 4/2002, 18.Jg., 30. Dezember 2002

EDITORIAL

und ein anschließender Kommentar zum Zuwanderungsgesetz von Prof. Dr. Karl-Heinz Meier-Braun


Liebe Leserin, lieber Leser,

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das Jahresende 2002 war durch zwei Ereignisse geprägt, die nicht nur für diejenigen, die sich beruflich mit Fragen der Migration und Ausländerpolitik beschäftigen, sondern für alle Bürger zum Teil langfristig, zum Teil kurzfristig von erheblicher Tragweite sind. Da war zum einen der EU-Gipfel am 12. - 14. Dezember in Kopenhagen, der die Erweiterung der europäischen Union auf 25 Mitglieder auf den Weg brachte und der Türkei die Tür öffnete für baldige Beitrittsverhandlungen. Ein Gastkommentar von Ozan Ceyhun, Mitglied der SPE-Fraktion im Europäischen Parlament zum Thema Türkeibeitritt finden Sie in der Rubrik Europa: "Eine europäische Perspektive für die Türkei".

Ein paar Tage später, am 18. Dezember, eine Stunde nachdem die Karlsruher Verfassungsrichter mit unerwartet klarer Mehrheit das Zuwanderungsgesetz gestoppt hatten, lag mir eine Pressemitteilung von Ozan Ceyhun vor, in der er die Sachlage kommentiert: "damit bleibt Deutschland weiterhin ohne eine gesetzliche Regelung und das ist schlimm." Fast zeitgleich ging ein E-Mail aus der Staatskanzlei in Saarbrücken ein, in dem der saarländische Ministerpräsident, Peter Müller, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts begrüßt, da das Gesetz nicht ordnungsgemäß zustande gekommen sei.

Ich möchte den ganzen Vorgang nicht weiter kommentieren - das werden andere in diesen Tagen zu genüge tun.

Die mit der Diskussion um das Zuwanderungsgesetz verbundene Neuordnung der Zuständigkeiten für Aufgaben der Integrationspolitik berührt uns - die AiD-Redaktion - allerdings auch ganz unmittelbar. So ist es zur Zeit nicht absehbar, ob AiD im kommenden Jahr in seiner bisherigen Form weiter erscheinen kann. Natürlich werden wir Sie diesbezüglich auf dem Laufenden halten. In jedem Fall empfehle ich Ihnen, im Frühjahr gelegentlich die Internetversion von AiD auf der Homepage von isoplan anzuschauen, die im Übrigen im November 2002 die Schallmauer von 250.000 Zugriffen pro Monat durchbrochen hat.

Für Ihr Interesse als Leser oder auch Onlinenutzer des AiD-Forums möchte ich mich heute herzlich bedanken. Wie sie wissen, habe ich mich in meinen Editorials bemüht, manchmal auch ein kleines Schlaglicht zu werfen auf persönliche Erlebnisse und auf die Menschen, die hinter AiD stehen. Jemand, der mit konstruktiver Kritik und Kreativität seit langen Jahren dazugehört wurde dabei nie erwähnt. Ulrike Szegeda, Mitarbeiterin des bislang zuständigen Referats des BMA hat aber ganz sicherlich wesentlich dazu beigetragen, dass "AiD" die Publikation wurde, die sie jetzt ist, die Ihr Interesse findet (siehe oben) und auf die wir als Redaktion auch ein wenig stolz sind. Ihr gilt unserer besonderer Dank.

Lassen Sie uns gemeinsam hoffen, dass die im Dezember 2002 gefallenen Entscheidungen sich langfristig als richtig erweisen.

In diesem Sinn grüßt Sie

Ihr

Dr. M. Werth, Herausgeber


Autor: Dr. Manfred Werth, isoplan

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Schöne Bescherung

Kommentar zum Zuwanderungsgesetz

"Eine schöne Bescherung" kann man da nur sagen. Heute, am 18. Dezember, den die Vereinten Nationen weltweit zum "Tag der Migranten" erklärt haben. Die ganze Arbeit der letzten Jahre, die vielen schönen Kommissionsberichte aller Parteien, die gar nicht so weit auseinander lagen, alles soll um sonst gewesen sein? Eigentlich eine Katastrophe für das Einwanderungsland Deutschland, für das Zusammenleben zwischen Einheimischen und Zugewanderten. Denn jetzt droht das Thema wieder zwischen die Mühlräder der parteipolitischen Auseinandersetzung zu geraten und dabei zerrieben zu werden. Dabei muss doch nun endlich ein Schlussstrich unter das jahrelange Hickhack in der Ausländerpolitik gezogen werden. Wir brauchen endlich ein zukunftsweisendes Konzept der Zuwanderung und der Integration. Das Verfahren im Bundesrat, nicht den Inhalt des Gesetzes hat das Bundesverfassungsgericht beanstandet. Das Zuwanderungsgesetz selbst ist bei Verbänden, Kirchen, Gewerkschaften und bei der Wirtschaft auf große Zustimmung gestoßen. Denn eines ist sicher: Deutschland braucht Einwanderer.

"Das Boot ist nicht voll, es wird immer leerer", hatte Peter Müller, der Vorsitzende der Zuwanderungskommission der CDU gesagt und auf das Problem hingewiesen, dass Deutschland zum Altersheim wird. Wer den Wirtschaftsstandort Deutschland und die Wettbewerbsfähigkeit des Landes um die "besten Köpfe der Welt" sichern will, der braucht Einwanderer. Auf dieser Grundlage hatten sich die Parteien fast schon vor nicht all zu langer Zeit geeinigt. Auf dieser Basis sollten sie sich jetzt wieder zusammenraufen. Aber die Landtagswahlen in Hessen und Niedersachen stehen vor der Tür. Und irgendwo ist immer Wahlkampf, beispielsweise im nächsten Herbst in Bayern. Die Versuchung ist also sicher wieder zu groß, das "Ausländerthema" dazu zu missbrauchen, dem politischen Gegner das Wasser abzugraben. Aber möglicherweise klappt es jetzt doch im zweiten Anlauf mit dem Zuwanderungsgesetz. Das wäre dann wirklich eine "schöne Bescherung" am Tag des Migranten, kurz vor Weihnachten im Jahre 2002, ein halbes Jahrhundert nachdem die ersten "Gastarbeiter" ins Land geholt wurden.


Autor: Prof. Dr. Karl-Heinz Meier-Braun, SWR International

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