Ausländer in Deutschland 4/2002, 18.Jg., 30. Dezember 2002

Forschung

Repräsentativstudie 2001

Zur Situation ausländischer Arbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen

Im Jahr 1980 wurden sie ins Leben gerufen: Die Repräsentativstudien des Bundesministeriums für Arbeit, die in Fünfjahresschritten Entwicklungen und Veränderungen in verschiedenen Bereichen des Alltagslebens der ausländischen Arbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen aufzeigen und Strukturveränderungen deutlich machen sollen. Jetzt liegt die Studie für das Jahr 2001 vor, durchgeführt von der MARPLAN-Forschungs-
gesellschaft in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Politik- und Sozialforschung "polis".

Bei den Studien handelt es sich jeweils um Längsschnittvergleiche, im Rahmen derer eine Stichprobe der Wohnbevölkerung aus Türken, ehemaligen Jugoslawen, Italienern und Griechen zu ihren sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Verhältnissen befragt werden. Hinzu kommt eine Untersuchung zur Situation polnischer Werkvertragsarbeitnehmer, Gastarbeiter und Saisonarbeiter (siehe Box in der Rubrik "Europa"). Um die Vergleichbarkeit der Studien zu gewährleisten, sind die inhaltlichen Fragestellungen und die methodische Anlage seit 1980 kaum verändert worden. Im Folgenden sollen einzelne zentrale Aspekte der Studie näher beleuchtet werden.

Schulische und berufliche Situation

Für den Erfolg am Arbeitsmarkt sind schulische und akademische Bildung in Deutschland unabdingbar. Demnach ist es wichtig, nach der Schulbildung der ausländischen Wohnbevölkerung zu fragen. Ein Fünftel bis ein Drittel der (früheren) Erwerbstätigen hat in Deutschland eine Schule besucht. Von den Ausländern unter 25 Jahren haben knapp 60 % eine Schule / Hochschule in Deutschland besucht. Damit weichen die Zahlen nicht von den Ergebnissen 1995 ab. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass ausländische Frauen eine höhere Quote an Schul-/Hochschulbesuchen in Deutschland aufweisen als ausländische Männer. Der am häufigsten erzielte Schulabschluss ist nach wie vor der Hauptschulabschluss, gefolgt von Mittlerer Reife und Abitur. Der Anteil der Griechen mit Abitur liegt mit 12,4 % stark über den Quoten der anderen Nationalitäten. Mehr als zwei Drittel der ausländischen Arbeitnehmer und früher Beschäftigten hat nach dem Schulbesuch eine Berufsausbildung begonnen. Positiv zu bewerten ist die Tatsache, dass der Anteil derer, die trotz ihrer Bemühungen keine Ausbildungsstelle erhalten haben, weiterhin rückläufig ist. Positiv ist ebenfalls, dass 2001 nur noch vereinzelt erwähnt wurde, der Arbeitgeber habe explizit einen Ausländer abgelehnt, was 1995 noch 11 % der Befragten angaben. Unterschiede zur deutschen Bevölkerung gibt es hinsichtlich der beruflichen Stellung, denn im Vergleich zu deutschen Arbeitnehmern sind unter den Ausländern überproportional viele Arbeiter vertreten, wenn auch der Angestelltenanteil gestiegen ist. Branchenspezifische Scherpunkte bilden das Verarbeitende Gewerbe, das Baugewerbe, der Handel sowie der Dienstleistungssektor. Die Anteile der Ungelernten sind bei allen Nationen seit 1995 nahezu konstant, während sie im Zeitraum 1985 bis 1995 sehr stark zurückgegangen sind. Ebenso gab es hinsichtlich der Facharbeiteranteile große Veränderungen von 1985 bis 1995, jedoch kaum welche von 1995 bis 2001. Die Anteile der Angelernten sind seit 1995 hingegen weiterhin stark zurückgegangen (außer bei den ehemaligen Jugoslawen).

Sprachkenntnisse

Fast alle befragten ausländischen Mitbürger verfügen über deutsche Sprachkenntnisse (95-98 %). Der Großteil ist dabei der Ansicht, mittelmäßige bis sehr gute Deutschkenntnisse zu haben. Die Männer sind des Deutschen eher mächtig als die Frauen (Ausnahme: ehemalige Jugoslawen). Seit 1985 haben sich die Sprachkenntnisse der Italiener und Griechen kontinuierlich verbessert, die der ehemaligen Jugoslawen verschlechtert. Bei den Türken hat der Anteil derer, die sehr gut Deutsch können zugenommen, während der Anteil der gut sprechenden abgenommen hat. Der starke Zusammenhang zwischen jüngerem Lebensalter und sehr guten beziehungsweise guten Deutschkenntnissen zeigte sich auch 2001 bestätigt.

Die Studie legt neben der Beleuchtung von verschiedenen Lebensbereichen ein besonderes Augenmerk auf bestimmte Zielgruppen. So werden bei den Unter-25-jährigen Aspekte des Schulbesuchs, der Berufseinmündung sowie der Zukunftsplanung betrachtet, ebenso die Situation der älteren Ausländer, der Arbeitslosen und der nicht-erwerbstätigen Frauen. Die Ergebnisse zu der schulischen und beruflichen Situation der jüngsten Befragungsgruppe weichen nicht wesentlich von den Ergebnissen im Hinblick auf ausländische Erwerbstätige ab.

Situation älterer Ausländer...

Die Befragten älter als 45 Jahre stellen mit einer Stichprobenpopulation von knapp 35 % die größte Altersgruppe unter den Befragten und sind auch im Hinblick auf die "alternde Gesellschaft" von besonderer Bedeutung. 70 bis 80 % der männlichen älteren Ausländer kamen als Arbeitnehmer nach Deutschland, 55 bis 76 % der Frauen hingegen im Rahmen der Familienzusammenführung. Sehr stark gestiegen ist in dieser Gruppe der Anteil der Rentner (bei den Griechen zeigt sich hingegen nur ein leichter Anstieg).

... Arbeitsloser

Insgesamt sind 6 % der Befragten arbeitslos gemeldet, gegenüber 7,25 % im Jahr 1995. Während bei der letzten Studie die älteren Ausländer (45 Jahre und älter) den größten Anteil der Arbeitslosen stellten, kommen 2001 aus dieser Altersgruppe die wenigsten Arbeitslosen. Am höchsten ist der Anteil der 25- bis 29-jährigen an den Arbeitslosen. Im Rahmen des Themenkomplexes Arbeitslosigkeit zeigt sich ein sehr starker Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeitsrisiko und geringer schulischer Bildung bzw. beruflicher Qualifizierung.

... und nicht-erwerbstätiger Frauen

Auffällig ist bei dieser Gruppe, dass bei den Frauen aller vier Nationalitäten die Erwerbstätigkeit seit 1985 kontinuierlich zurückgegangen ist. Hier sind die Folgewirkungen einer tiefgreifenden Veränderung der sozialen Struktur der weiblichen Ausländerpopulation zu beobachten. Insgesamt sind durchschnittlich 61 % der Frauen nicht erwerbstätig. Sehr stark angestiegen ist seit 1985 der Anteil der Hausfrauen (53 bis 66 % der nicht-erwerbstätigen Frauen), der Anteil der arbeitslos gemeldeten Frauen ist hingegen sehr stark zurückgegangen.

Wichtige Erkenntnisse

Was ist nun die wesentlichen Erkenntnisse der Studie? Wichtig ist die Beobachtung, dass sich seit 1980 die deutsche und die ausländische Bevölkerung seit dem Ende der Gastarbeiteranwerbung 1973 immer mehr angeglichen haben. Ebenso nähern sich die Ausländerquote unter den beschäftigten Arbeitnehmern und der Anteil der ausländischen Bevölkerung an der Wohnbevölkerung immer mehr an. Anfang der 1970er Jahre war der Anteil beschäftigter ausländischer Arbeitnehmer fast doppelt so hoch wie der Ausländeranteil an der gesamten Wohnbevölkerung. Ende der 1990er betrug dieser Unterschied weniger als einen Prozentpunkt. Die Beteiligung der ausländischen Bevölkerung am Erwerbsleben in Deutschland hat sich derer der deutschen Wohnbevölkerung angeglichen. Speziell seit der letzten Repräsentativuntersuchung 1995 hat sich die Struktur der ausländischen Wohnbevölkerung zusätzlich insofern verändert, als die durchschnittliche Aufenthaltsdauer in Deutschland weiter angestiegen ist, die Ausländerpopulation insgesamt gealtert ist und immer mehr Ausländer, insbesondere der zweiten und dritten Generation, hier geboren sind.

Generell lässt sich als Ergebnis der Studie festhalten, dass die Strukturveränderungen in der ausländischen Wohnbevölkerung im Zeitraum 1985 bis 1995 sehr viel deutlicher ausfielen als von 1995 bis 2001.


Autorin: Vanessa Franz, isoplan

Die Studie kann beim Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit als CD-Rom bezogen werden unter www.bma.bund.de, Stichwort Publikationen.

[ Seitenanfang ] [ Nächste Seite ] [ Vorherige Seite ]

© isoplan-Saarbrücken. Nachdruck und Vervielfältigung unter Nennung der Quelle gestattet (bitte Belegexemplar zusenden).

Technischer Hinweis: Falls Sie diese Seite ohne das Inhaltsverzeichnis auf der linken Seite sehen, klicken Sie bitte HIER und wählen Sie danach die Seite ggf. erneut aus dem entsprechenden Inhaltsverzeichnis.